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Grafschaft Leoben - Die Massenburg

Kelian_


Sick and Tired
26.02.1462


An jedem anderem Morgen wäre dies ein willkommenes Spiel. Zunächst erntet sie aber auf ihr 'Schlafmütze' nur ein weiteres Brummen. Ich will nicht, sie soll gehen und vor allem soll das helle Licht weg. Schwerfällig drehe ich mich ein wenig, es fühlt sich an als ob ich bereits neunzig Jahre oder vielleicht auch einhundert bin, mindestens und kein Jahr weniger. Dass sie noch da ist, bemerke ich nur, als sie wieder auf das Bett krabbelt und alles fürchterlich zum Wackeln bringt. Das tut weh. Wieder brumme ich erst nur leise. Ihre Finger fühlen sich wundervoll kalt an, ihre Lippen wären auch nicht unwillkommen. Wie gesagt, an jedem anderen Morgen hätte dies hier einen anderen Ausgang. Ich würde sie wahrscheinlich zurück in meine Arme ziehen, sie noch auffordern ein wenig zu bleiben. So aber mache ich eben den Brummbär. Meine Augen öffne ich erst als sie feststellt, dass ich Fieber habe. Ziemlich schwerfällig geht das Öffnen von statten, um sie anzuschauen. Lebendig sieht wirklich anders aus. Trüb sind sie, so wie das eben ist, wenn man krank ist, so ganz ohne Glanz. Leise, fast atemlos murmel ich in ihre Richtung. Ich muss sicherlich sterben. So würde sie sich bestimmt doppelt anstrengen mich zu versorgen, denn genau dies muss sie ja jetzt machen. Sie ist mein Weib, ich ihr Kerl. Ich bin krank, sie nicht... Oh! Du solltest gehen. Dich nicht anstecken. Da meine Kehle so trocken ist, muss ich leise Husten. Trotz des Umstandes, dass sie gehen soll, halte ich sie vorsichtig fest. Meinen Griff würde ich nun wahrlich nicht als zu fest bezeichnen, ich kann es gar nicht. Mir ist ganz heiß. Weshalb ich natürlich die Decke versuche wegzuschieben - nackter Oberkörper bei schwitzendem Körper erscheint nicht gesund. Kopfweh und Durst. Mir tut alles weh... Ein leises Stöhnen lässt vermuten, dass es gleich zu Ende mit mir geht - vielleicht sollte sie mich doch mal schnell küssen, bevor es zu spät ist? Du musst gehen...dich anziehen. Ja, es muss ja trotzdem nicht sein, dass man sie hier erwischt oder? Meine Hand hat sie allerdings immer noch nicht losgelassen. Ich bin so matt, dass selbst das Atmen mir schwerfällt. In einem Anfall von Heldentum folgt schließlich wieder etwas atemlos, wie gesagt sie muss wirklich nicht erwischt werden, aber mit einem kleinen Grinsen auf den Lippen, welches allerdings als solches wohl kaum zu erkennen ist. Ich bleib einfach hier und warte auf dich oder eines der Mädchen, ich bin ein Mann, ich halte das aus. Mein leidender Blick und meine Körpersprache, nämlich dass ich mich nun zusammenrolle und ihre Hand loslasse, die sagt etwas gänzlich anderes. Nunja, manches Mal...

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Rondra
26.02.1462

Natürlich wird er gleich sterben, ganz sicher. Ihre Mundwinkel zucken amüsiert, immerhin schien er gestern Abend zwar recht verstimmt, aber dennoch recht lebendig. Aber nein, Kranke lacht man nicht aus, schon gar nicht wenn es der eigene Geliebte ist. Deshalb verblasst das Grinsen und macht gerade rechtzeitig als die Grauen beginnen wieder an der Welt teilzunehmen einen liebevollen Lächeln Platz. „Sterben willst du mir? Oh, das verbiete ich dir. So leicht stielst du dich nicht aus der Affaire.“ Immerhin ist das mit dem Verbieten kein direktes Neuland, sowas haben sie bereits vor Marburg getan.
Doch der Blick in die matten Grauen lässt jeden weiteren Scherz ungesagt. Nein, es steht sicherlich nicht lebensbedrohlich um ihn, oder? Aber offensichtlich geht es ihm ziemlich mies. Die vermeintlich kühle Hand legt sich an seine linke Gesichtshälfte, vorsichtig tasten die Finger über die Haut. Blässlich ist er, was seine neuste Narbe noch deutlicher emportreten lässt, ja, der Abdruck des Steigbügels springt ihr förmlich ins Auge.
„Was ich muss oder nicht, das lass meine Sorge sein, ich bin die Herrin hier.“ Trotz der herrischen Aussage ist es leise gesprochen. Ein leichtes Nachgeben der Matratze kündigt wohl an dass sie sich erhoben hat. Hinüber geht das Weib, zum Waschtisch. In das restliche saubere Wasser von gestern tunkt Rondra ein Leintuch, bis es ganz nass ist, nur um es dann mit schnellen Handgriffen wieder auszuwringen. Zurück zum Leidenden, wo zuerst vorsichtig das Gesicht abgetupft wird – und der Lappen schließlich auf der Stirn zu liegen kommt. Zu trinken will sie ihm das möglicherweise abgestandene Wasser nicht mehr geben. Die Decke allerdings wird nachdrücklich wieder über seine Brust gezogen. Vielleicht sollte sie ihm ein Hemd aufdrängen. Es wäre besser als hier womöglich in der Kälte zu liegen. Zumindest der Kamin sollte eingeheizt werden. Gedacht getan, immer noch im Morgenmantel, wie auch sonst, geht es zum Kamin. Adelig ist sie, ja. Aber eben auch Kaufmannstochter und die Sache mit dem Feuer im Kamin beherrscht der Blondschopf, zumindest wenn sie konzentriert arbeitet wie jetzt. Die Asche von gestern schiebt sie an den Rand der Feuerstelle, ausputzen müsste jemand anderes. Kleinere Holzstücke hinein geschichtet, größere Scheite bereitgelegt und dann zur Zunderbüchse gegriffen. Es dauert ein bisschen, doch dann beginnen die ersten kleinen Flammen an den Scheiten zu lecken. Na bitte. Dann wieder der Gang zum mittlerweile eher Siechenden. Männer! Da stehen sie im Schlachtfeld ihren Mann und im Bett meinen sie sterben zu müssen. „Gib mir… eine Viertelstunde. Ich muss mich wirklich anziehen und du brauchst frisches Wasser und Leinen und etwas zu trinken….“ Ja, und wenn er schonmal kommen sollte, sollte auch Conrad zumindest Bescheid wissen. Wenn es tatsächlich etwas Ähnliches ist wie letztes Jahr, nicht auszudenken wenn übermorgen die halbe Burg krank auf ihren Schlafstätten liegt. Ein sanfter Kuss auf seine Wange, wenn sie sich anstecken sollte ist es sicherlich ohnehin bereits zu spät, dann eilt das Weib aus seinen Gemächern. Dieses Mal nicht allzu besorgt darum dass man sie sehen könnte. Die Strecke in ihre Zimmer ist in Rekordzeit zurückgelegt und so schnell wie sie ihren Morgenmantel herunter hat, kann ihr die Zofe nicht einmal guten Morgen wünschen. Schnell sind die Anweisungen gegeben, sie soll Leinen und Wasser für den Gast besorgen lassen und Tee, aber ja von den guten Blättern und etwas zu Essen in Auftrag geben. Kein üppiges Frühstück, Brot, vielleicht Brühe. Ja, so schnell wird man von der Zofe zur Dienstmagd degradiert, aber eigentlich ist es doch eine gewisse Ehre. Waschen und anziehen kann Rondra sich allein, die Zofe soll sich nur eilen, sie selber würde gleich nach ihm sehen. Ach ja, und ein Hemd, sie soll ein Hemd besorgen, aber ein weiches und es soll weit sein! Ja, auch Rondra kann Befehle geben. Noch ist das Weib nicht zur Tür raus, als es auch nochmal weitergeht. Johanna, die Kleine darf nicht in seine Nähe, sie soll den Kindermädchen Bescheid geben. Was für ein besinnlicher Morgen auf der Massenburg.
Tatsächlich dauert es zwanzig Minuten bis Rondra wieder Kelians Zimmer betritt. Immerhin, Wasser und Leinen sind schon da, das Hemd wird gerade gebracht.
„Ich mache das schon, verschwinde.“ wird die wohl gerade zuständige Magd etwas rüde angepflaumt. Wäre ja aber auch noch schöner und in diesem Fall ist es dann tatsächlich egal was getratscht wird. Sofern Kelian nicht plötzlich übermäßig dagegen arbeiten kann, wäre zumindest sein Oberkörper bald gewaschen und bekleidet und seine Waden mit feuchten Tüchern umwickelt. Das Fieber muss schließlich runter und soll nicht weiter steigen. „Tee und Brühe habe ich geordert, etwas Brot… dann solltest du versuchen zu schlafen, bis Conrad Zeit hat um nach dir zu sehen…“

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Kelian_


Sick and Tired
26.02.1462


Nein, nein ich bin wirklich sehr krank. Der Tod scheint wirklich nicht so unwahrscheinlich, zumindest in meinen Augen. Die Hitze frisst sich durch meinen Körper, die Kehle fühlt sich mit jedem Atemzug noch ein wenig trockener an. Kein Wunder, dass ich so leide. Ihre kühle Hand ist wie ein Eisblock an meiner Haut, weshalb sich mein Kopf in ihre Richtung dreht, ich mich vorsichtig an sie schmiege. Sie will nicht gehen? Gut, dann muss sie eben mein Jammern ertragen. Ich bin sicherlich nicht undankbar, dass sich meiner jemand annimmt und noch mehr, dass ich jemanden habe, bei dem ich mein unendliches Leid herauslassen kann. Der Lappen schließlich, er wird wieder mit einem Brummen quittiert, bevor ein unwilliges Knurren meine Kehle verlässt. Warum schiebt sie denn die Decke wieder herauf? Es ist heiß genug - genauso wie das Knistern im Kamin. Das ist ja unerträglich. Allerdings bin ich viel zu schwach, um meinem Unmut nun lautstark kund zu tun, weshalb ich einfach nur die Kühle auf meiner Stirn genieße. Krank sein ist so anstrengend! Ich warte hier leidend, denk daran wenn du weg bist. Wie gemein, aber mir ist es nicht einmal bewusst. Ich leide ja wirklich. Sehr sogar.
Nachdem sie das Zimmer verlassen hat, schließe ich immer wieder die Augen, bevor sie aufflattern weil wieder eine Gans von Magd hereinkommt, um irgendetwas zu bringen. Leinen, Wasser und so weiter. Mehr als Dösen ist nicht drin, vor allem da zwischendrin auch noch Magenkrämpfe einsetzen. Eine Hand auf der Stirn damit der Lappen nicht fällt, die andere auf meinem Bauch sehe ich sicher aus wie der sterbende Schwan. Hin und wieder sind meine Augen offen, aber dies ändert sich schließlich als eine der Mägde gedankenlos den Vorhang öffnet. So schnell wie sie wieder verschwindet, kann ich gar nicht krächzen, dass sie ihn wieder zuziehen soll. Das helle Licht schmerzt in meinen Augen, egal ob nun geschlossen oder offen. Es hilft meinem Kopf nicht gerade, so dass Rondras neuerliche Ankunft für mich ein Glücksmoment darstellt, trotz meiner schweren Krankheit oder gerade wegen? Auch, wie sie wohl eine andere Magd gleich wieder verjagt - Hach, unter anderen Umständen würde ich das sehr, sehr ansprechend finden. Sie würde wahrscheinlich um eine Knutscherei nicht herumkommen, wenn nicht sogar mehr. Aber, heute ist wirklich gar nicht an sowas zu denken. Leise murmel ich. Der Vorhang...er muss zu. Ja, denn er macht mir Aua, um es mal in sehr leidenden Worten zu beschreiben.
Wie sie richtig vermutet hat, kann ich mich kaum wehren, würde es allerdings auch nicht machen, wenn ich es könnte. Ja, es ist irgendwie nicht ganz männlich, dass sie mich wäscht, aber ihre zärtlichen Hände machen das wieder gut. Der Lappen auf meiner Brust fühlt sich ebenso gut an, wie der auf meiner Stirn. Kühle umgibt mich für einen Moment, bevor das Fieber wieder die Oberhand gewinnt. Leise stöhne ich. Die Wadenwickel um die Beine helfen ebenso, doch der schwierigste Teil besteht mir noch bevor. Ich ächze, ja jaule fast, als ich mich mit ihrer Hilfe aufsetze, das Hemd über meine Haut gezogen wird. Es ist keines von meinen, weicher und auch größer. Schon wieder so ein Hüne wahrscheinlich. Schwer geht mein Atem, sofort bricht der Schweiß aus allen Poren. Es ist aber auch wirklich anstrengend sich aufzurichten. Ich lasse mich regelrecht zurück ins Bett fallen, was ein weiteres Stöhnen zur Folge hat. Ich soll schlafen? Ja, das werde ich auch machen. Leise nuschel ich. Schaust du nach Mira? Sei vorsichtig... Ja, denn das die langsam zur Furie wird, ist wohl ganz natürlich. Kaum ist die Decke wieder richtig über mich gezogen, da schließe ich die Augen und schlummer wieder ein. Unruhiger Schlaf wie schon in der Nacht.
Der weitere Tag bringt nicht wirklich Besserung für mich mit. Ganz im Gegenteil, als ich die erste Mahlzeit erhalte, würge ich sie nur kurz darauf wieder hervor. Zum Glück in die Schüssel, in der sie mir gebracht wurde. Die Schmerzen werden schlimmer, ich döse oder schlafe. Den ein oder anderen wachen Moment verbringe ich jammernd, ein Versuch aufzustehen und selbst nach Mira zu schauen, wird aus vielen Gründen unterbrochen. Zum einen komme ich jämmerlich langsam voran, es tut mir alles weh dabei. Der Kopf, meine Beine, meine Brust, mein Bauch. Zum anderen werde ich von einer recht erbosten Rondra abgefangen, welche mich sofort wieder zurück ins Bett bringt. Die Androhung, dass auch mein Zimmer ein geschlossener Bereich werden könnte, wirkt zwar nicht so gut, aber der, dass ich es wohl kaum bis zu Mira geschafft hätte.
Am Abend dann ist es Rondra, die an meinem Bett sitzen und mir erzählen muss, was den Tag über so passiert ist. Leidend bin ich immer noch und wahrscheinlich würde sich dies mit zunehmender Genesung auch noch mehr machen, bevor ich wieder ihr zuverlässiger Kerl sein würde. Männer, die krank sind, sind eben doch wie kleine Kinder. Vielleicht sogar schlimmer.

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--John_of_cromwell
Am Nachmittag des 26. Februar 1462 – … und andere Quälereien

Haben die Schritte auf dem Gang schon schwer getönt, dröhnen sie jetzt noch um einiges lauter, als der Mann weiter in den Raum hineingeht, da keine Tür, keine Wand mehr zwischen Ehemann und seinem Weib ist. „Helllichter Tag und du räkelst dich im Bett.“ Der anzügliche Blick, der über das Gesicht der Schwarzhaarigen zu deren kaum verhüllten Leib gleitet, zeigt, dass dem Kerl das alles andere als missfällt. „Hast auf mich gewartet, ja?“ Der Ausdruck in ihrem Gesicht sagt was anderes und gerade das bringt sein Blut in Wallung.
Grinsend sieht der Kerl auf das Weib, das einen anregenden Anblick bietet. „Dann zeig dich auch.“ Eine Pranke greift nach der Decke, um sie dann mit einem Ruck wegzuziehen, damit nichts diesen Leib verhüllt – bis auf das dünne Leibchen.
Mirabel
Am Nachmittag des 26. Februar 1462 – Entgiftung und andere Quälereien


Die Angst steht dem Weib ins Gesicht geschrieben, als der Ehemann da auf sie zukommt, ihr gar die Decke vom Leib reißt und so den zitternden Körper seinen lüsternen Blicken frei gibt. Mira ist wie gelähmt, ist es ein Schock, dass John offensichtlich doch noch lebt. Nein… wispert sie daher nur leise wie ein verschrecktes Reh und blickt mit großen Augen zu dem Kerl auf. Himmel, der sieht noch so aus wie damals. So groß, so bedrohlich, so alt, so….. Ekel erregend!
Heftig schluckt die Schwarzhaarige, der es schlagartig übel wird. Sie will nicht, dass er sie so sieht. Sie will nicht, dass er sie wieder gegen ihren Willen anfasst. Sie will nicht, dass er ihr wieder Schmerzen zufügt. Genau das ist der Grund, warum Mira dann ganz unerwartet aus dem Bett heraus springt und zu rennen beginnt. Der restliche Raum ist verschwunden, nur die Schlafstatt steht noch da und alles andere scheint aus Schwärze zu existieren. In weiter Ferne scheint ein Lichtball zu flackern, der vielleicht Schutz verspricht, weshalb die Räuberin immer schneller läuft. Sie trägt plötzlich Stiefel, Hosen, ein Hemd, doch als sie das Köpfchen dreht, erkennt sie voller Panik, dass sie einfach nicht von der Stelle kommt, egal wie schnell sie auch läuft….


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--John_of_cromwell
Am Nachmittag des 26. Februar 1462 – … und andere Quälereien

…und als sie’s Köpfchen wieder wendet, steht er vor ihr und scheint den ganzen Gang auszufüllen. Die Füße stehen weit auseinander, die Hände sind in die Hüften gestemmt. Ein Koloss. Ein Vorbeikommen unmöglich. Dazu müsste das Weibelein schon durch den Kerl rennen, dabei wär’s ihr anzuraten, wegzulaufen, um den zupackenden Pranken zu entkommen. „Eine Hose?“ Dem Kerl scheint der Kopf schier zu platzen vor Wut. Speichel fliegt aus seinem Mund, als er die zwei Worte dem Weib ins Gesichtchen schreit, dass er an den Haaren dich an sich herangezogen hat. „Du wagst es mir mit einer Hose unter die Augen zu treten? Habe ich dir nicht Benimm eingebläut? Brauchst noch eine Lektion?“ Wie er das tun will, wird klar, als die freie Hand nach der Schnalle des Gürtels greift.
Rondra
27. 02. - 01.03.1462

Es ist der Donnerstag Abend gewesen, der für die Fuggerin die Krankheit bereit hielt. Treppauf und treppab ist es den ganzen Tag gegangen. Zwischen Krankenzimmer, dem gefangenen Gast, dem Kinderzimmer und dem Arbeitszimmer geht es hin und her. Rundherum wie ein Brummkreisel, kein Wunder dass der Blondschopf am Ende des Tages vollkommen erschöpft ins Bett sinkt. Der Gedanke dahinter ist nur ein halbes Stündchen zu ruhen, vielleicht auch eine ganze, bevor es dann wieder zu Kelian gehen soll. Doch aus der einen Stunde werden zwei, drei, vier… Mitten in der Nacht ist es, als Rondra wie gerädert endlich wieder aufwacht und doch lieber gleich wieder die Augen schließt. Der Körper scheint von innen zu versengen. Das Nachthemd klatschnass auf dem mit Gänsehaut überzogenen Körper. Der Schädel will platzen und die Lippen gleichen einem Reibeisen. Die Augenlider scheuern bei jeder Bewegung, als würde Sand unter ihnen liegen und die Augen reizen. Der leise, krächzende Ruf lockt die Zofe an, die treue Seele, welche sich schon gewundert hat dass die allnächtlichen Schritte hinaus ausgefallen sind. Zweifelsohne, das Weib befindet sich in guten, treusorgenden Händen. Ein frisches Hemd und dann erfährt Rondra ungefähr die selbe Behandlung welche sie selbst Kelian erst gestern hat angedeihen lassen.
Dem Kerl mitteilen lassen dass es ihr nicht möglich ist sein Bett aufzusuchen, in dieser Nacht unmöglich, es würde Dinge öffentlich machen, die zwar recht öffentlich sind, aber verschwiegen und diskret genug.
Die Krankheit nimmt ihren Lauf, weniger heftig und langwierig als beim Engländer, aber vielleicht liegt es auch einfach daran dass sie eben ein Weib ist – wer weiß und letztendlich ist es auch unerheblich. Über ein Tag verstreicht im Dämmerzustand. Essen und trinken, daran ist nicht zu denken, alles kommt retour und letztendlich entscheidet sich die Fuggerin schließlich dazu die Krankheit einfach auszuhungern, sofern sie nicht wochenlang andauern würde. Schlafen und Wachen wechselt sich ab, Fieberträume, wirres Zeug, ein buntes Kaleidoskop des vergangenen Jahres und bunt gemischt dazu Szenen einer eigentlich ungewissen Zukunft. Samstag um die Mittagstunde ist es, als Rondra schließlich ein mal wieder erwacht und nicht mehr das Gefühl hat zwischen Brennen und Vereisung zu schwanken.
„Evalina?“ krächzend kommt es aus der ausgedörrten Kehle, natürlich ist die Zofe gemeint. Mühsam hebt sich der Blondschopf aus den Kissen. Besser, deutlich besser als die letzten anderthalb Tage und trotzdem beginnen schwarze Punkte vor ihren Augen einen lustigen Reigen zu tanzen. Schwindel packt sie und so sinkt sie mit einem Seufzen zurück. Kein Wunder, der Magen ist leer und fühlt sich immer noch an wie ein geschundenes, schwarzes Loch. Aber immerhin mittlerweile wieder ein hungriges schwarzes Loch. „Wasser… bitte.“ vielleicht hört sie es ja. Rondras Lippen jedenfalls gieren nach Flüssigkeit, einen wirklich schönen Anblick bieten sie nicht. Rau, an einigen Stellen etwas aufgeplatzt und rissig. Da hilft auch die Zunge nichts, welche wie ein dicker, fremder Klumpen in ihrem Mund sitzt. Sie würde es nicht schaffen zu benetzen. Die Versuchung die rauen Stellen mit den Lippen zu bearbeiten ist groß, würde die Schönheit aber definitiv auch nicht wieder herstellen.
Natürlich erhält der Blondschopf weiter jegliche Pflege die sie haben kann. Nicht Eva allein ist es. Nein, auch Kelian hat es an ihr Bett geschafft und vertreibt ihr die Zeit. Blasser und dünner als gewohnt, aber die Hauptsache ist, dass er da ist.
Doch lange hält es die Fuggerin nicht mehr im Bett. Schwach, aber vollkommen davon überzeug das Richtige zu tun lässt sich Rondra schließlich waschen und ankleiden. Graz. Sie sind fieberfrei und allgemein nur noch recht wacklig auf den Beinen, es wäre an der Zeit in der Hauptstadt nach dem Rechten zu sehen und sei es nur für einige Stunden.

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Kelian_


The old days are gone
02.03.1462


Ein Abend, der zum Vergessen ist. Ich habe es gleich gesagt, welch unsinnige Idee nach Graz zu fahren, wenn man gerade ein paar Stunden auf den Beinen ist. Aber nein, Frau Gräfin musste ihren Dickschädel ja durchsetzen. Manchmal, manchmal da könnte ich sie erwürgen.
Die Nacht war wenig erfreulich, weniger weil die Krankheit mir noch nachhängt, wohl eher weil die Gedanken gewirbelt sind. Das Gespräch mit Borona, die Tatsache, dass ich alleine in dem geräumigen Bett liege, einzelne Aussagen, das Ende des Abends. Das Gefühl, sie in meinen Armen in der Kutsche zu halten, zu sehen wie die Müdigkeit sie überfällt. Schweigen, vielleicht nicht ganz einvernehmlich, es liegt eine Nuance in der Luft, die ich selbst nicht fassen kann. Ich bin erbost und eben doch nicht, aus anderen Gründen, die man vielleicht vermuten mag und eben doch - daher vielleicht auch die Notwendigkeit einen Brief zu schreiben, weshalb sich in der Burg für den außenstehenden Betrachter sicherlich unwissend von mir das lustige Bild ergeben würde, dass Rondra und ich beide für uns da sitzen und ob derselben Sache einen Brief schreiben. Man kann eben nicht aus seiner Haut und auch, wenn ich sicherlich da wäre, um ihr zuzuhören, müssen wir uns nichts vormachen: Ich bin nicht mehr der Kerl, der einfach so aufgetaucht ist und ihr ihre Sorgen entlockt, weil ich sie betrunken gemacht - oder für sie gekocht habe. Ich bin nur allzu beteiligt, weshalb ich sie einfach in Ruhe lasse. Vielleicht ist es auch ein 'aus dem Weg gehen', aber mein Weg führt mich zu Mira, bevor wir später zu Harry aufbrechen würden, naja vielleicht besser zu seiner Krönung.

    B.,

    auch, wenn wir uns heute Abend sehen, so möchte ich nicht versäumen dir noch zu schreiben. Nicht, um nun unbedingt auf deinen Brief zu antworten, den du mir schriebst, eher ob des gestrigen Abends. Ich weiß nicht, ob ich mich bei dir entschuldigen sollte, doch war es wohl zu erwarten, dass Rondra über dich herfällt mit diesen Informationen.
    Ich weiß nicht, ob es mir missfällt, ich fühle mich seltsam bei diesem Thema. Rondra und ich sind nun doch schon recht lang befreundet, viel länger als dass wir den Gefühlen füreinander nachgegeben haben. Ich denke ich bin doch eher gespalten, was all dies angeht. Weißt du, warum das Symbol für die Ehe der Ring am Finger ist? Weil der Ring unendlich ist. Er hat keinen Anfang und kein Ende. Genau so sollte es mit einer Ehe sein. Die Dinge, die da also zur Sprache kommen sind in dieser Hinsicht schon traurig für mich und schwer zu verstehen. Ich fühle mich wirr. Ich weiß gar nicht genau, wo ich anfangen soll.
    Ich bin ehrlich, ich würde dir gerne verbieten, dass du dich mit diesem Kerl unterhältst - was natürlich Schwachsinn ist. Du bist erwachsen, du kannst Umgang haben mit wem du möchtest. Ich selbst, ich kann den Kerl nicht leiden, wobei natürlich viel Antipathie dadurch mitschwingt, dass er Rondra hat sitzen lassen. Wobei ich ihm eigentlich dankbar dafür sein sollte, ich hätte nie gedacht, dass jemand wie ich Chancen bei dem Weib hat. Aber letztendlich, hat er ihr Schreckliches angetan. Manchmal glaube ich, ich bin noch lange nicht fertig den Scherbenhaufen wieder zusammenzufügen, den er hinterlassen hat und manchmal, so wie gestern, da überkommt mich das Gefühl, dass ich niemals damit fertig sein werde. Wer vergisst schon, was ihr passiert ist? Betrogen, gehetzt, gedrängt und am Ende verlassen. Keine Briefe, nichts und dann ein Brief von der Kirche. Die Scheidung, die damit einhergeht, dass die Inqui nach ihr greift - du kannst mir davon erzählen, was für ein lieber Kerl er ist: Ich glaube es ihm nicht. Ich halte es auch nicht für Zufall, dass diese beiden Dinge mit einander einhergehen.

    Ja, ich sollte mich entschuldigen. Es tut mir Leid Borona, dass ich dich in vielerei Hinsicht mit in diese Geschichte gezogen habe. Ich denke, ich fühle mich bedroht von den alten Geschichten, von diesem Kerl. Er verlässt seine Frau auf schändliche Weise, um dann doch wieder im selben Herzogtum zu leben? Ich weiß nicht, ehrlich. Ich zweifle nicht an Rondra und sicher nicht an meinen Gefühlen zu ihr und doch, doch scheint da etwas zu sein. Vielleicht war es zu früh? Ich hätte ihr Zeit geben sollen all dies zu verdauen ohne meine Person, die mehr als ein Freund geworden ist. Die Beendigung einer Ehe verdaut man nicht eben in ein paar Monaten, vor allem nicht mit den neuerlichen Problemen, die aufgetreten sind. Nein, B., ich liebe sie über alles - ich bin es nur Leid immer und immer wieder dieses Thema durchzukauen, den Schatten zu sehen, den sein Name auf ihr Gesicht bringt, sie am nächsten Morgen zu sehen, wenn sie kaum geschlafen hat und jedes Mal von neuem die Probleme zu beseitigen, die der Kerl für uns heraufbeschwört. ER ist derjenige, der weggelaufen ist und seinen Pflichten als Ehemann nicht nachgekommen ist, WIR sind diejenigen, die daran immer wieder gemessen werden. Sie wird von der Inqui verfolgt, er bekommt die Kinder zugesprochen, weil er in den letzten Monaten ein so fürsorglicher Vater gewesen ist? Es zieht mir das Herz zusammen, wenn ich Johanna über 'Väter' und ihre Angewohnheit zu sterben oder zu verschwinden, reden höre. Ihn hat niemand behelligt, er ist glücklich mit seinem neuen Weib - soweit ich es zu verurteilen vermag. Rondra und mir sind keine fünf Minuten gegönnt, in denen wir das Glück einfach nur genießen können.

    Well, ich weine. Verzeih mir, dafür, dass wir dich gestern so überfallen haben und du heute auch noch diesen Brief von mir bekommst. Ich werde mir nächste Woche Zeit für dich nehmen, ein Abend nur wir beide - ich werde Rondra nach Leoben schicken oder mehr Wachen von Leoben mitbringen, damit sie gut behütet ist. Es ist nicht so, dass ich deine Probleme vergessen habe oder ignorieren möchte.

    K.

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Rondra
02.03.1462 >>

Sind die Lebensgeister erst einmal wieder hergestellt – und mögen sie noch so schwach sein – so hilft es nichts, Pflicht ist Pflicht. Weshalb die blonde Gräfin auch an jenem Sonntag bereits früh aus den Federn ist und vollständig angekleidet. Im Arbeitszimmer sitzt sie, einen Becher Tee neben all den Papieren. Blass und etwas schmal, geschuldet der erst gerade eben überstandenen Krankheit. Übernächtigt dank des Kerls. Wer hätte gedacht dass es noch einmal eine Nacht in ihrem Leben geben würde in welcher nicht Kelian dafür verantwortlich ist dass sie keine Ruhe findet? Rondra nicht und es mag ihr nicht gefallen. Die Nacht ist geprägt von unruhigem Herumgewälze. Schlaf findet sie, doch sind die Phasen kurz und oft kommt’s ihr vor als hätte sie wach gelegen. Spät ist das Paar gestern Abend von seinem kleinen Ausflug nach Graz zurück nach Leoben gekehrt. In der Kutsche recht schweigend, kein ganz einvernehmliches Schweigen, aber auch kein wirklich unangenehmes. Ein seltsames Zwischending. Auch diese Nacht ist der Blondschopf dem Engländer fern geblieben. Nicht absichtlich, viel hätte Rondra darum gegeben in seinen Armen Ruhe zu finden, die einen oder anderen Gedanken mitzuteilen und sich ihm weiter zu versichern und sich die Bestätigung zu holen. Bestätigung die eigentlich nicht notwendig ist, auf keiner Seite und doch gut tut. Doch es hatte nicht sein sollen, der Körper noch zu matt von der Krankheit um nachts durch die Flure zu wandern.
Doch nun also am Schreibtisch. Der Universitätsplan ist bereits erstellt und auch schon wieder überarbeitet, er wird zur Seite gelegt. Einiges gäbe es zu tun, doch ist es schließlich der private Brief, nach dem Rondra greift. Er kam vor einigen Tagen auf Leoben an, doch die Krankheit kam dazwischen und bisher fand er keine Antwort. Grotesk dass er nun beantwortet werden würde und doch ganz anders als noch am gestrigen Tag von ihr gedacht.
Nochmal gleiten die Blauaugen über den Brief, der eine so vertraute Handschrift trägt.




Meine liebe Rondra,

es tut mir leid dass ich einmal mehr schlechte Nachrichten für dich habe. Ich denke Kelian hat dich informiert, was ich im Wirtshaus aufgeschnappt habe.
Nun ist tatsächlich ein Kerl mit diesem Namen in Bruck aufgetaucht. Groß, blond, war wohl längere Zeit nicht hier. Angeblich ist er hier um toten freunden das letzte Geleit zu geben.
Ich hoffe nur es ist lediglich eine Verwechslung, aber habt ein wachsames Auge auf Johanna. Ich werde Augen und Ohren offen halten und dir bescheid geben, sobald ich etwas Neues erfahre.

Deine Arioste


Ein tiefer Seufzer, dann wird ein neues Papier hervorgezogen und eine neue Feder gegriffen. Kurz starren die Blauaugen nachdenklich ins Nichts, dann tunkt sich die Federspitze resolut in das Tintenfässchen. Ein Mal angesetzt scheint die Feder gar nicht mehr stillstehen zu wollen, stetig ist das leise Kratzen über dem Papier, wo sich Wort an Wort reiht und so den Platz immer weiter füllt.



Liebste Arioste,

verzeih dass erst heute Antwort auf deinen Brief kommt. Diese neue Krankheit hatte Leoben in den letzten Tagen stark im Griff, auch ich lag einige Zeit fiebernd im Bett. Doch die meisten von uns sind genesen, oder zumindest auf dem Wege dorthin. Eine lästige Angelegenheit, aber immerhin hat das Fieber Johanna verschont. Gestern waren wir für kurze Zeit in Graz, um dort nach dem rechten zu sehen. Seltsam wie sich die Dinge derzeit nahtlos ineinander fügen, doch ich will von vorn beginnen.
Wir trafen im Horseshoe Borona und es stellte sich heraus, dass sie Leom ebenfalls bereits gesehen und gesprochen hat, in Graz. Da sie ihn kennt, ist eine Verwechslung leider vollkommen ausgeschlossen.
Es verwirrt mich, ich verstehe nicht was er in der Steiermark möchte, oder sich erhofft, denn Borona erklärte er wolle sich in Bruck niederlassen. Es ist geradezu lächerlich, nach all dem was geschehen ist annehmen zu können wir könnten gemeinsam im Herzogtum leben, einvernehmlich. Aber das soll mir erst einmal gleich sein, ich werde Bruck einfach meiden, Leoben liegt der Stadt zwar nahe, aber ich lege keinen Wert auf nette Wirtshausplausche mit ihm.
Ach ich weiß ja wie das klingt. Doch es überrascht mich einfach.
Er ging fort Arioste, auf reisen, wollte Richtung Spanien oder Griechenland und irgendwann zurückkehren. Ich blieb in Graz mit Johanna und Nora – und ohne es zu diesem Zeitpunkt zu wissen mit einem weiteren Kind unter dem Herzen. Er wollte mich mitnehmen, doch nach all den Strapazen der Englandreise und dem unsäglichen Heimweh damals, nach der Steiermark, war es mir unmöglich ihn zu begleiten. Zumal unsere Ehe zu diesem Zeitpunkt in einem Zustand war, der mehr als kritisch war.
Ich erwähnte es bereits, im ersten Monat des letzten Jahres betrog er mich, wenige Wochen nach unserer Rückkehr aus England. Ich gebe zu, in den Wochen vor diesem Betrug war ich sicherlich kein Weib welches ihrem Mann uneingeschränkt zur Verfügung steht. Zuerst das Kindbett und die Rückreise, es ging mir schlecht, in jeglicher Hinsicht. Endlich wieder in der Steiermark machte mein Körper nicht mehr mit und von Anfang Julmond bis Mitte des erstens hütete ich das Bett und sah mich nicht in der Lage aufzustehen, geschweige denn am öffentlichen Leben teilzunehmen. Das erledige Leom ausgiebig für uns und nach einem dieser geselligen und feuchtfröhlichen Wirtshausabende überkam es ihn und er suchte das Hurenhaus in Graz auf.
Ach, nichts was ich ihm vorgeworfen hätte. Das eben jene Möglichkeit in einer Ehe besteht stellte ich bereits fest bevor wir verheiratet waren – damals wies er das entrüstet weit von sich.
Er beichtete mir dass er bei einer Hure gewesen ist und ich nahm es hin. Ich wollte ihm verzeihen, aber ich fürchte in dieser Hinsicht habe ich mich selbst überschätzt – ich konnte in den folgenden Wochen den Gedanken nicht loswerden das er mich durch eine Käufliche ersetzt hat, bei der ersten kleinen Schwierigkeit.
Er hingegen konnte genau dies wohl nicht nachvollziehen und bereits drei Wochen nach diesem Vorfall begegnete er mir mit Ungeduld, wenn ich mal wieder nicht vergessen konnte. Vertrauen muss sich nach solch einem Bruch wieder herstellen, etwas was sicherlich Jahre dauern kann. Er gab mir nicht einmal Monate. Ich will nicht herumweinen. Ich bin mir bewusst dass wir uns sicherlich beide bemüht haben, es letztendlich aber nicht gereicht hat, was bedauerlich ist. Ich hätte an der Ehe bis in alle Ewigkeit festgehalten. Eine Ehe ist nicht lösbar. Umso erstaunter war ich als schließlich durch die Kirche auf sein Ansinnen die Scheidung begann. Vorher hatte ich kein Wort nach seiner Abreise erhalten. Zumindest nicht direkt durch ihn. Gerald de Metz schrieb mir dass er sich in Marburg in den Schenken herum trieb. Doch da man über Tote nicht schlecht reden soll, werde ich es nicht weiter ausführen.
Irgendwie landete er in Nürnberg, jedenfalls saß er dort schließlich im Rat und so erfuhr ich durch die KAP von seinem Verbleib – was ein Segen war, denn so wusste ich schließlich in meiner Not wo ich Nora hinschicken konnte.
Liebes, Borona konnte es mir gestern nicht sagen, aber weißt du ob er sie bei sich hat? Ich muss gestehen, sie ist der einzige Grund weshalb ich einen Kontakt mit ihm in Betracht ziehe. Weißt du’s?
Verwirrend fand ich dass Borona mir unmissverständlich erklärte er habe ein neues Weib an seiner Seite. Das allein verstört mich nicht. Nein, es wundert mich nicht einmal. Er ist äußerst gutaussehend und versteht es mit den Menschen umzugehen. Ich war ihm selber recht schnell verfallen damals. Es soll Ronda von Wahlasé sein. Sie ist schon seit unserer Rückkehr eine Freundin von ihm, an seiner Seite wähnte ich allerdings bisher ihre Mutter. Ich denke sie war ihm eine Stütze in jener Zeit, wie es Kelian für mich wurde. Ein Freund, ein Außenstehender mit dem man reden kann und der zuhört.
Seltsam, dass sich die Dinge da anscheinend in ähnliche Richtungen entwickelt haben. Sie sprach davon dass sie wohl bereits seit längerer Zeit ein Paar sind, was durchaus einen Sinn ergibt, sie brachen zur selben Zeit aus der Steiermark auf und beide hatten Posten im Nürnberger Rat, während Bakila in Österreich landete.
Aber das tut nun wirklich nichts zur Sache und letztendlich sind es viele Worte um dir zu sagen: Ja, es handelt sich tatsächlich um den halbverschollenen Leom, weißt du etwas von Nora? Ich weiß nicht inwieweit wirklich Gefahr für Johanna von ihm ausgeht. Doch wir sind im Augenblick besser bewacht als die steirische Burg und Kelian weicht außerhalb Leobens nicht von meiner Seite, genauso wie der treue Arnest. Johanna könnte nicht besser geschützt sein.
Wir werden später wieder Richtung Graz aufbrechen. Ganz wohl ist mir noch nicht, aber ich kann mich auf den Beinen halten – und der Herzog wird nun mal nicht alle Tage gekrönt. Eine seltsame Angelegenheit und so sehr ich Harry mag, es fühlt sich falsch an dies als kleine Zeremonie innerhalb des Kronrates und seiner Vasallen zu tun. Man sollte ein Volksfest vermuten, welches mehrere Tage geht und vielleicht einen ausgerufenen Feiertag für das Herzogtum. Gerade Harry hätte ich für volksnaher gehalten.
Weißt du bereits ob und wann du wieder in der Hauptstadt sein wirst? Ich vermisse dich und muss häufig an unsere letzten Worte denken. Nein, ich bin nicht glücklich damit, es hätte keinen Zweck dir etwas anderes weißmachen zu wollen, du kennst mich wie keine andere. Aber muss es mich glücklich machen? Ich denke nicht. Dich muss es letztendlich glücklich machen und das scheint der Fall zu sein, nicht wahr?
Ich hoffe wir sehen uns bald wieder. Ich weiß, der Brief ist lang geworden und ein wenig wirr. Doch der letzte Abend hat Dinge in mir aufgerührt von denen ich es nicht erwartet hätte und Kelian ist im Augenblick gerade sehr schweigsam. Verwunderlich ist es nicht, mittlerweile ist er eben nicht mehr ganz so unbeteiligt an mir und meinem Leben wie noch vor einem Jahr. Immerhin waren wir verheiratet und die Situation ist schwierig, um es vorsichtig zu formulieren.

Herzliche, aber müde Grüße von der Massenburg
Deine Rondra


Als hätte sie den Brief bereits zu Fuß selber nach Bruck getragen fühlt sich Rondra, als die Feder schließlich ruhig neben dem Papier auf den Tisch sinkt. Längst beginnt der neue Tag in der Burg, leiser, gedämpfter Lärm dringt aus dem Hof hinauf zu ihr.
Umsichtig wird der Brief gefaltet, das Siegelwachs erhitzt und schließlich ihr Siegel hinein gedrückt.
Evalina wird aufgesucht, die junge Frau soll den Botenreiter unterrichten damit er sich bereit macht, die Gräfin hat Briefe die überbracht werden sollen.

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Mirabel
Am Nachmittag des 26. Februar 1462 – Entgiftung und andere Quälereien


Mit voller Wucht prallt Mira gegen den Ehemann, der da plötzlich vor ihr steht und es ist einzig seinen Pratzen zu verdanken, die sie packen, dass das Weib nicht rücklings auf dem Hosenboden landet. Schwarze Strähnen werden gefasst und das zierliche Etwas an den Kerl heran gezerrt, damit der Speichel nur so in ihr Gesicht fliegen kann, während er sie anschreit. Zum Teufel, er stinkt sogar noch immer so aus dem Maul wie damals! Angewidert verzieht sie das Gesicht, kämpft den bitteren Geschmack der Galle hinunter und kneift die Äuglein zusammen vor Schmerz, der sich auf ihrer Kopfhaut ausbreitet.

Es dauert einen kleinen Moment, bis sie begreift, was er gesagt hat, sieht ihn deshalb an und wundert sich gar, dass er eine Hand von ihr nimmt. Doch als sie erblickt, wohin diese wandert, beginnt sie sich in seinem Griff zu winden. Nein, nein, hör auf! Lass mich los! beginnt sie zu fordern, doch klingt es nicht bestimmend, sondern eher unterwürfig und flehend, weshalb ein Bitte…. dem Ganzen folgt. Bitte nicht mit dem Gürtel! Nicht mit dem Gürtel! Das ist fast noch schlimmer als mit dem Rohrstock! Eine kleine Hand fast nach dem Gelenk das das schwarze Haar hält, die andere nach seinem Gelenk, das zur Gürtelschnalle wandert. Angst. So viel Angst, was er ihr wieder antun wird! Ich… ich tu’s nie wieder! Wirklich! bettelt sie weiter und hasst sich selbst für ihre körperliche Schwäche.


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--John_of_cromwell
Am Nachmittag des 26. Februar 1462 – … und andere Quälereien

Ja“, fast sanft klingt die Stimme. Nur kennt das Weib ihren Mann gut genug, um zu wissen, dass sie ihn gerade dann am meisten zu fürchten hat. Er ist nicht nett. Nicht zu ihr. Es gibt keinen Grund, denn gerade ihre Furcht macht sie anziehend und sie kann nicht fort. Sie ist seins.
Du wirst es nie wieder tun.“ Mit einem schleifenden Geräusch gleitet der Gürtel über den Stoff der Hose. Ihr kleines Händchen hindert ihn nicht daran. „Und das werde ich dir jetzt ein für alle Mal beibringen.“ Wie sehr er sich darauf freut, zeigt das diabolische Grinsen, das alle Zähne, die er noch hat, entblößt.

Ein harter Stoß lässt das Weib zu Boden gehen. Steinboden, der ihr die bloßen Knie aufschürft. Ihre Hose, der Anstoß für seinen Zorn, ist verschwunden. Ebenso Stiefel und Hemd. Dafür trägt sie das Kleid, was er sonst so liebt an ihr. Hochgeschlossen mit vielen Schnüren – es ist ein Gefängnis aus Stoff. Jetzt ist es hochgerutscht, weshalb ihre Knie Bekanntschaft mit den harten Boden machen. Ein Schmerz, den er sie gleich schnell vergessen machen wird.
Der Arm mit dem Gürtel schwingt nach oben und lässt diesen knallend auf sie niedergehen.
Tunny
Schweigen.

Schweigen kann vielerlei gedeutet werden. Manchmal ist ein Schweigen eine Art der Zustimmung. Auf die Frage, ob Tunny ein weiteres Bier will, brauch er nicht antworten. Die Wirte, die er zeit seines Lebens kennengelernt hat, haben recht schnell gemerkt, dass der Metzger immer was zum Saufen haben will, bis er unter dem Tisch liegt. Oder in der Hoffnung, den Schankraum zu verlassen, gegen die Wand läuft, statt den 'echten' Ausgang zu nehmen. Trinkfest ist der Söldner. Doch lange nicht unfehlbar.

Schweigen kann jedoch auch als Ablehnung gedeutet werden. Wenn man das Gesprächsthema dermaßen unwürdig empfindet, dass man es nur noch mit völliger Nichtachtung strafen kann. Oder eine Person dermaßene Fehler begangen hat, dass jedes weitere Wort überflüssig ist. In jedem Falle sind es Differenzen, die durch das Schweigen zum Ausdruck gebracht werden. So wie es Mirabel handhabt, als sich Tunny regelmäßig bei ihr blicken lässt. Tunny beeindruckt es jedoch nicht im geringsten. Es bestätigt nur, dass Mirabel noch immer nicht verstanden hat, wofür die Ohrfeige war. Oder sie war einfach nachtragend. Wohlmöglich würde sie eine Entschuldigung fordern? Eine weitere Erklärung? Wohl eher eine Flasche Whiskey. Der Metzger beherrscht das Schweigen eine Weile länger als Mirabel. Weshalb es ihm nichts ausmacht, sie auch völlig schweigend zu besuchen. Ohne ein Wort das Zimmer zu betreten. Sie zu mustern. Ihr gegebenenfalls Essen und Trinken – Wasser – zu bringen. Und sich an die Wand zu lehnen. Die Arme in gewohnter Art und Weise vor der Brust zu verschränken.

Das Vertrauen, dass Kelian Tunny entgegenbringt, ist hoch. Immerhin besitzt Tunny den Schlüssel zum Zimmer. Zumindest, bis er es einmal verlassen wollen würde. Nach der ersten Nacht war der Söldner gar nicht auf den Gedanken gekommen, Mirabel allein zu lassen. Sie sollte nicht allein um ihr Leben ringen. Wenn Tunny einen Fehler bei ihrem Verband begangen hätte, wollte er zugegen sein, wenn es passiert. Damit er sein Scheitern direkt vor Augen haben würde. Den Tatsachen ins Gesicht blicken könne. Dem Herrn ist es zu verdanken, dass Mirabel ihren Selbstmordversuch überlebt hat.

Nach dem ersten Gespräch, dass Tunny, Kelian, Mirabel und stellenweise auch Rondra führen konnten, ließ man Mirabel zunächst mit Rondra allein. Denn auch, wenn Tunny seinem Kreis nicht von der Seite weichen will, wo die Probleme erst richtig losgehen: Der Körper verlangt seinen Tribut. Kaum hat Tunny zusammen mit Kelian zum ersten Mal seit langem etwas Essen zu sich genommen, ist der unmittelbare nächste Schritt der ins eigene Gastzimmer, nachdem man sich vom Engländer verabschiedet und ihm zum ersten Mal überhaupt gedankt hat. Tunny entledigt sich nicht einmal seiner Oberkleidung. Wie ein gefällter Baum fällt der Metzger ins Bett, der plötzlich von all der Müdigkeit und Erschöpfung erschlagen wird. Mit der Erkenntnis, dass Mirabel überlebt, löste sich auch ein Teil der Anspannung. Weshalb er sofort in einen tiefen Schlaf fällt.

Während der ersten Tage, in denen sich Kelian und Tunny gegenseitig abwechselten, hatte Tunny immer wieder Stunden, in denen er sich entweder seiner Pflichten widmen oder gar über die verschiedensten Dinge sinnieren konnte. Er hätte Leoben verlassen und seine selbstgesteckten Ziele verwirklichen können. Neue Leute für die Liga anwerben. Sich bei Adam erkundigen, ob es etwaige Fortschritte bezüglich seines Attentates gab. Die lang ersehnten Freunde in Bruck willkommen heißen.

So vieles hätte Tunny tun können.

Und doch kehrt er jedes Mal in sein Gästezimmer zurück. Legt sich auf das Bett. Und ist mit den Gedanken einige Zimmer weiter.

In den kommenden Tagen, in denen sich Kelian seltener blicken ließ, da er seine Krankheit auskurieren sollte, nahm Tunny in völliger Selbstverständlichkeit alleine die Aufgabe wahr, Mirabel zu besuchen. Und ihre wohl beschissensten Launen zu ertragen. Sehnlichst will das Weib, was man ihr vorenthält. Gesöff. Und sie leidet. Und wie! Schreien tut sie danach. Die wenigen Sachen, die man in ihrem Zimmer gelassen hat, verarbeitet die Schreinerin in Spee in äußerst dezenter Weise zu Kleinholz. Und als wäre ihre selbsterkorene Umdekoration ihres Gästezimmers nicht genug, verhielt sie sich wie ein Tier, sobald Tunny das Zimmer betrat. Schweigend Beäugt Tunny jedesmal das Schauspiel, dass ihm geboten wird. Ihr Rückzug. Gepaart mit dem fokussierten Blick, der den Metzger trifft. Als würde sie bald darauf zum Ansprung ansetzen, um Tunny zu überwältigen und anschließend in die ersehnte Freiheit zu gelangen. Solange sie jedoch in der Lage ist, geschwind vor ihm zu flüchten, beweist sie, dass Leben in ihr steckt. Ihr Gekratze am linken Handgelenk wird ebenso zur Kenntnis genommen. Und als weiteres Zeichen ihrer Sucht eingestuft.

Nachmittag. Zeit für die nächste Ladung Wasser. Was normalerweise das Personal erledigen würde, dass ohnehin damit betraut gewesen ist, sich um die Halunkin zu kümmern, erledigt Tunny kurzerhand selbst. Dem Dienstmädchen hat er dabei nicht gerade eine Wahl gelassen. Kurzerhand hat er sie vor der Tür im Gang abgefangen und ihr den Wasserkrug abgenommen, um ihr zu verstehen zu geben, dass er sich darum kümmern würde. Möglichkeit zum Protest ließ er dabei nicht. Er will ohnehin wieder in die Höhle der Löwin. Um sich erneut der feindseeligen Blicke auszusetzen. Sich darüber zu vergewissern, dass sie noch immer sauer auf ihn ist.
Oder einfach ausgedrückt: Dass sie noch immer lebt.
Langsam drückt er die Türklinke hinunter. Und macht sich daran, die Tür zu öffnen. Seine Vorsicht ist dem Wasserkrug geschuldet. Er will immerhin nichts verschütten. Der erste Blick, den Tunny durch den Raum werfen kann, lässt ihn vermuten, dass Mirabel schläft. Kein Herumgespringe. Keine Furie. Eine erträgliche Menge Kleinholz. Eine äußerst willkommene Abwechslung.

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Mirabel
Am Nachmittag des 26. Februar 1462 – Entgiftung und andere Quälereien


Es ist ein kleines stilles Gebet, das das Weib gen Himmel entsendet, während ihr Mann zu ihr spricht und dabei das schleifende Geräusch zu hören ist, während er den Gürtel aus den Schlaufen zieht. Sie meint auf einmal keine Luft mehr zu bekommen, kann es nicht recht zuordnen, bis der Kerl ihr einen Stoß versetzt und sie zu Boden stürzt. Schmerz flammt in den Knien auf, die auf dem harten Steinboden aufgeschürft werden und Mira noch angestrengter nach Luft japst. Das Kleid, das sie auf einmal trägt, scheint sich mit jeden Atemzug noch enger zuzuschnüren, engt den Brustkorb ein, weshalb eine Hand an den hochgeschlossenen Hals fast und beginnt an dem Stoff zu zerren. Doch Erleichterung soll sie nicht erhalten, durchzuckt in dem Moment erst ein Knallen die Luft, dem explosionsartig Schmerzen im zierlichen Leib folgen, welche das Weib zum Schreien bringen…

Schreiend fährt die Schwarzhaarige in dem Bett hoch, atmet heftig und stellt dabei nur unterbewusst fest, dass die eigene Rechte an ihrem Hals liegt, als hätte sie versucht, etwas von dort zu entfernen. Haare kleben in feuchten Strähnen an ihrer Stirn, ebenso wie auch das Leibchen neuerlich von Schweiß durchtränkt ist. Äuglein sind vor Entsetzen weit aufgerissen, starren in den Raum hinein und es dauert ein wenig, eh sie begreift, dass das alles nur ein Traum war, sie noch immer auf Leoben und ihr Ehemann tot und begraben ist. Das Herz in ihrer Brust rast wie wild und Lider senken sich, so dass sie die Bettdecke anstarrt, nichts und wieder nichts um sich herum wahr nimmt und stattdessen mit den Tränen kämpft. Zum Teufel, es war so real. Als wäre er wirklich hier gewesen. Den Gestank, den er immerzu verbreitet hatte, meint sie sogar jetzt im wachen Zustand noch riechen zu können und auch die Schmerzen als der Gürtel sie im Traum getroffen hat…



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Tunny
Bedächtig setzt Tunny einen Schritt vor den Anderen. Schließt mit der noch freien Hand die Tür hinter sich. Und tritt an das Bett heran. Um den Wassserkrug unweit des Bettes auf dem Boden abzustellen. Noch liegt Mirabel da. Scheinbar schlafend. Ob sie träumt? Offensichtlich. Jedoch nicht gerade gutes. Tunny hat zweifelhafte Erfahrung mit Albträumen. Er kann nachvollziehen, wie beschissen es Mirabel gerade gehen muss. Der Entzug war keine einfache Angelegenheit. Er ahnt nicht im geringsten, wie schlimm die Geister sind, die Mirabel in ihrem Traum verfolgen. Aber er weiß, dass sie genauso viel Schlimmes wie er erlebt haben muss. Dass sie so ist, wie sie ist, hat schließlich seinen Grund. So, wie Tunny ist, wie er ist. Jeder ist Produkt seiner Vergangenheit. Auch Mirabel, die gerade zu ruhen scheint.
Jedoch nicht lange.
Der Schrei, den Mirabel von sich gibt, fährt Tunny bis ins Mark. Lässt ihn für einen Moment überrascht innehalten. Parallel dazu sieht er mit an, wie sie aus ihrem unruhigen Schlaf hochfährt. Erst jetzt nimmt Tunny ihre recht Hand wahr, die an ihrem Hals liegt. In einer scheinbar seltsamen Gestik. Als hätte sich etwas um ihren Hals geschnürt, was sie zu entfernen gedachte. Ihre Erscheinung macht klar, wie beschissen es ihr gehen muss. Der entsetzte Gesichtsausdruck. Die Haare, die ihr im Gesicht kleben bleiben. Der Schweiß, der das gesamte Leibchen durchtränkt hat, indem sie dort halb aufgerichtet sitzt.
Ein Anblick, der zu Demut einlädt.
Einige Leute wären angewidert von Mirabel. Würden ihren Zustand als absolut erbärmlich bezeichnen. Sie allein schon aufgrund ihres Schweißgestanks in gesundem Maße meiden. Und dafür Sorge tragen, nicht länger als nötig mit ihr zu tun zu haben.
Hauptsächlich würden sie sie ihrem Schicksal überlassen.
Eine Tatsache, die auch Tunny nicht von sich abweisen kann. Er kommt zwar regelmäßig, hat jedoch kein einziges Wort zu ihr gesagt. Mit ihr einen stillen Kampf ausgefochten. Sich auf ein besonders idiotisches Spiel eingelassen. Weil er sich gekränkt gefühlt hat. Und es sich nicht eingestehen wollte.
Verdammt. Sie ist sein Kreis. Er kann sie nicht weiter im Stich lassen. Gerade nicht Tunny. Er weiß zu gut, wie beschissen es sein kann, alleine durch die Hölle zu gehen. Auch, wenn er zu dem Zeitpunkt selbst keine Hilfe angenommen hat. Er hatte sie gebraucht. Und auch erhalten. Gegen seinen Willen hat man sich mit ihm befasst. Ihn einfach nicht in Ruhe gelassen. Meeran hat immer darüber schwadroniert, dass man den Schmerz nicht allein ertragen würde. Jeder hätte sein Päckchen zu tragen. Der Gedanke, dass man gemeinsam mit den Anderen leidet, hatte damals etwas positives. So pervers es sein mag. Es hatte die Erkenntnis schaffen können, dass man doch nicht allein war.
Entschlossen setzt er sich auf das Bett. Begibt sich unmittelbar in den Einflussbereich Mirabels. Und beginnt mit den gleichen Worten zu argumentieren, wie es seinerzeit Meeran getan hat."Es ist vorbei. Für den Moment.". Mit diesen Worten will er seine linke Hand nach ihrer rechten Schulter ausstrecken, um sie dort abzulegen. Sie damit völlig in die reale Welt zurückzuholen. Und sie sanft in seine Richtung zu drehen. Um sie anschließend in die Arme nehmen zu können, sofern sie es nicht abblocken würde. Denn Tunny weiß nur zu gut, wie abweisend ein Mensch in diesem Zustand sein kann. Auch, wenn er gerade das Gegenteil bitter nötig hat. Weshalb er es bei Mirabel zumindest versuchen will. Sie soll sich nicht länger vor ihren Gefühlen verstecken. Vor ihm die Harte markieren. Sie soll Mensch sein. Rauslassen, was man rauslassen muss. Sofern sie bereit dazu ist.

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Mirabel
Am Nachmittag des 26. Februar 1462 – Entgiftung und andere Quälereien

Nicht nur riechen, nein sogar auch hören kann sie ihn im wachen Zustand! Zumindest meint das die Schwarzhaarige, als Tunnys Stimme ertönt. Denn in ihren Ohren klingt es wie das drohende Grollen ihres Mannes. Ja… vorbei für den Moment. Doch was wäre als nächstes gefolgt? Ein Hieb ins Gesicht? Ein Tritt in den Bauch? Oder hätte er sie einfach wieder brutal bestiegen? Lider werden ganz geschlossen, bevor sich Hände anheben, um diese vor das Gesicht zu legen, als sich jäh die Matratze zu bewegen beginnt und sich sogar eine Hand auf ihre Schulter legt.
Heftig zuckt das Weib deshalb zusammen, nimmt die Hände vom Gesicht, reißt die Äuglein auf und blickt direkt in das Gesicht des Metzgers. Nicht ganz wach – oder so sehr von der Halluzination gefangen? – erkennt sie diesen nicht, verziehen sich seine Züge zur verhassten F.ratze, weshalb kleine Hände abermals nach oben fahren, um seine Hand wegzuschlagen und Mira wieder panisch zu schreien beginnt. Lass mich! Fass mich nicht an! Du tust mir nicht mehr weh! Ob Tunny es erkennt? Das Entsetzen in ihren Augen? Wie sich ihr Atem beschleunigt? Ihr Puls zu rasen beginnt?
Teufel nochmal, der Traum verfolgt sie scheinbar bis ins Jetzt, lässt sie die Qualen ihrer Vergangenheit weiter durchleben, damit sie womöglich zu neuer Stärke finden kann. Denn sie hatte sich einst in jenen Tagen irgendwann einmal geschworen, sich nie wieder unterjochen zu lassen. Nie wieder sollte ein Kerl sie grundlos schlagen dürfen. Nie wieder in die Laken zwingen….


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