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Dark water

Rondra
29. Heuert 1461

Ruhig hat Rondra das Geschehen bisher verfolgt, viel mehr als hier und da ein Nicken, oder eben das Herbeiholen der Schuhe ist nicht nötig gewesen. Stattdessen hat sie sich primär darauf beschränkt Kelian und ihre Tochter zu beobachten. Die Gefühle die sie dabei hegt sind gemischt. Natürlich ist da Mutterstolz und Freude – wie könnten sie ihr nicht gefallen, diese Blicke die Johanna ihrem Liebsten entlockt? Wie sollte es nicht in ihrem Sinne sein dass die beiden sich verstehen? Andererseits drängen sich düstere Gedanken auf. Johanna braucht sicherlich einen männlichen Ansprechpartner, gerade jetzt. Aber ob ausgerechnet er dafür der Richtige ist? Ist nicht alles schon kompliziert genug? Vielleicht hält sie sich auch deshalb etwas bedeckt und lässt die beiden einfach machen, immerhin ist es auch nicht ihre Verabredung, sondern die von Johanna und Kelian – und dass sie ganz gut miteinander fertig werden ist klar ersichtlich.
Nun allerdings sieht sich die Fuggerin gezwungen einzugreifen, um den Aufbruch voran zu treiben, sonst würde man in der größten Mittagshitze durch die staubige Stadt laufen, keine allzu verlockende Aussicht.
„Tragen darf man solch einen Bogen aber nur, wenn man richtiges Schuhwerk trägt, Johanna Fugger.“ Der Tonfall mildert die Worte ab, genauso wie das Schmunzeln, mit dem sie die Tochter bedenkt. Diese folgt und so sind die Schuhe nun doch schnell da wo sie hingehören.
Als es an den kleinen Bogen geht, gelingt es ihr der Tochter in all der Aufregung den Pefferkuchen unauffällig aus der Hand zu nehmen. Er verschwindet schließlich unter dem Leinentuch, das den Inhalt des kleinen Weidenkorbes bedeckt, der ihr von der Magd gereicht wird.
Johanna und der Bogen. Stolz trägt die Kleine ihn, mit der nötigen Ehrfurcht und natürlich nicht ohne sich genau zeigen zu lassen wie man ihn richtig trägt. Der Anblick vertreibt die Wolken der letzten Tage ein wenig, Wolken die durch das quälende ins Bett bringen aufgezogen sind. Es ist besser geworden, ein ganz klein wenig. Die Blauaugen suchen die Grauen, ein kurzer, weicher Blick, Zustimmung, Freude und Dankbarkeit liegen zu gleichen Teilen in ihm. Ja, langsam entspannt sich Rondra tatsächlich ein wenig. Nachdem Laverna Kind und Bogen noch ausgiebig in der Küche bewundern musste, öffnet Rondra schließlich mit dem Korb am Arm die Haustür, tritt durch das Vorgärtchen und bleibt erst auf der Gasse stehen. Abwartend wendet sie sich, diesmal ist der Blick den sie Kelian über Johannas Kopf hinweg zuwirft fragend und ein wenig neugierig.
„Nun Kelian, welchen Weg wollt Ihr einschlagen?“ heute scheint der Vorname irgendwie angebracht, sie würde es nicht fertig bringen ihn den ganzen Tag vollkommen steif anzureden, auch wenn sie gar nicht vorhat allzu viel zu reden, sie würde ohnehin kaum zu Wort kommen. Doch tatsächlich hat sie das eine oder andere unverfängliche Thema im Hinterkopf. Sie hat sich gedanklich vorbereitet, damit sich kein unangenehmes Schweigen ausbreiten kann. Als ob es das würde. Ein leises Lachen bricht aus ihr heraus, als ihre Augen wieder Johanna erfassen, die mit bierernstem Gesicht neben sie tritt – der Bogen könnte anscheinend kaputtgehen wenn sie hopst, springt oder spricht. Nein, Rondra glaubt trotzdem eher dass dies die Ruhe vor dem Sturm ist.

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Kelian_


Perfect World
29.07.1461


Stetes Beobachten, Zuhören, Schmunzeln. Alles wechselt sich ab und wenn ich nicht tiefere Einblicke hätte, dann wüsste ich nicht einmal um die dunklen Wolken. Nein, es wäre eine Mutter mit ihr Tochter, mit einem normalen Verhältnis. Dies werden sie auch wieder sein, ich bin mir sicher und meine Bemühungen gehen in dieselbe Richtung. Allerdings sind auch mir schon ähnliche Gedanken gekommen wie Rondra und die Frage, die sich für mich gestellt hat, ist wohl, ob ich bereit dazu wäre. Genauso wie sie sehe ich hierbei noch größere Probleme auf uns zusteuern. Natürlich, wie könnte es auch anders sein? Nur, was wäre die Lösung dafür? Einfach wieder aus ihrem Leben verschwinden? Wäre es dafür nicht vielleicht schon wieder zu spät? Nein, ich weiß es nicht und vielleicht müssten wir darüber einmal reden. Nun jedoch sollte ich mich wohl auf den weiteren Ablauf des Tages konzentrieren und so wird der kleinen Blonden erst einmal haargenau erklärt, wie sie den Bogen halten kann, wie man ihn normalerweise trägt. Da sie den Bogen ja aber nur jetzt tragen soll, ist dies unnötig - zumindest aus der jetzigen Sicht - und so verlassen wir schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit das Haus. Rondra mit dem Korb, Johanna mit dem kleineren Bogen und ich schließlich mit dem Langbogen auf dem Rücken. Sowohl den fragenden, als auch den sehr viel sanfteren Blick davor habe ich aufgefangen. Meine eigene Reaktion war eher verhalten, wenn auch deswegen nicht weniger aussagekräftig. Wir hätten später Zeit für uns, wenn alles gut geht. Ob eine Mutter auf ihre Tochter eifersüchtig werden kann? Ich denke eigentlich nicht. Warum lasst Ihr Euch nicht überraschen, Rondra? Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. Oder könnt Ihr es nicht? Das Lächeln vertieft sich, als ich ebenfalls die Kleine entdecke und letzendlich stimme ich in das Lachen mit ein. Wie könnte ich auch nicht? Es gibt einen Grund und das Lachen meines Weibes treibt mich noch mehr dazu an. Fast ein wenig spöttisch adressiere ich meine Worte an das kleine Mädchen. Vergiss nicht zu atmen, er geht schon nicht so schnell kaputt. Nach einem kleinen Moment des Beobachtens, verbeuge ich mich vor den beiden Frauen, grinsend. Die Damen wollen Bogenschießen gehen, dann folgen sie mir. Ja, dass sollen sie und so drehe ich mich einmal um mich selbst, um dann den Weg Richtung Stadttor und gleichzeitig des Waldes einzuschlagen. Nein, natürlich würden wir das grüne Meer nicht in Beschlag nehmen, aber erstmal würde uns die Straße dorthin dienen. Ich finde mich neben den Weibern ein und wende mich an den kleinen Blondschopf. Ich erinnere mich noch an einige Dinge, die sie mir erzählt hat und wäge ab, was wohl am unverfänglichsten wäre. Zuerst denke ich an die neue Sprache, die sie lernen möchte, aber da sie wahrscheinlich an Leom erinnert, wähle ich ein anderes Thema. Wie hat dir Leoben gefallen, Johanna? Hast du schon Geheimgänge gefunden? Interessiert mich wirklich, denn da kommt der kleine Junge in mir hervor. Eigentlich ist es traurig, dass auch wir uns unter solchen Umständen kennenlernen müssen, denn wir würden uns wahrscheinlich auch ganz famos verstehen.

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Johanna_fugger


29. Heuert 1461

Atmen, ja es ist nicht ganz einfach das alles unter einen Hut zu bekommen und vor lauter Konzentration entgeht dem Mädchen der Spott des neuen Freundes vollkommen. Gehorsam nickt sie und atmet tief und hörbar ein. „Mutter lässt sich nicht gern überraschen, sie behält lieber selbst die Kontrolle…“ offen wiederholt das Kind, was sie einst aufgeschnappt hat, in diesem Fall war es wohl von Laverna. Der entsetze Blick der Mutter und das damit einhergehende entrüstete Schnauben lässt sie nachdenklich die Stirn runzeln, bevor sich Johanna in Bewegung setzt. Das Erwachsene manchmal immer so ein Drama um Tatsachen machen müssen. Entgegen ihrer sonstigen Art läuft sie sehr sittsam und achtsam neben dem Engländer die Gasse entlang. Sichtlich mit sich und der Welt im reinen, zumindest für den Moment scheint alles eitler Sonnenschein zu sein. Ein Sommertag wie er im Buche steht und wie geschaffen dafür bleibende Kindheitserinnerungen zu schaffen – heute hoffentlich einmal wieder welche von der guten Sorte.
Gerade ist das Grüppchen aus dem Stadttor hinaus, allzu häufig geht die kleine Fuggerin diesen Weg nicht, denn wenn sie Graz einmal hinter sich lässt, dann zumeist in der Kutsche. Weshalb die Braunen auch größer und größer werden, das Gedränge nimmt zu, man gibt darauf Acht beieinander zu bleiben, wobei die Kleine manches Mal vor lauter kucken das Laufen vergisst. Oh, das Treiben am Stadttor ist wieder etwas ganz anderes als das auf dem Markt, das sie bereits ganz gut kennt.
Ratternde Räder, die plötzlich verstummen, aufgeregte Stimmen wenn die Wachen ein Gefährt kontrollieren wollen, das lautstarke Fluchen eines Wagenführers, weil es wieder zu langsam voran geht. All das Stimmengewirr gepaart mit dem Gackern einiger Hühner, die wohl auf den Markt sollen. Nein, so aufregend ist es nichtmal auf der Massenburg gewesen.
Ach ja, Leoben. Erst als sie das Tor hinter sich gelassen haben, und es nicht mehr ganz so viel zu sehen gibt fällt dem Mädchen die Frage des Großen wieder ein. Der erste Teil ist leicht zu beantworten, sehr leicht und so beginnt der kleine Blondschopf wieder zu plappern, die Worte plätschern nur so über die Lippen.
„Leoben habe ich eigentlich gar nicht gesehen. es mag ein bisschen belehrend klingen, aber wenn man es genau nimmt spricht sie die Wahrheit und es gilt das Wissen um die geografischen Gegebenheiten in der neuen Heimat weiterzugeben. Allein schon der Tonfall entlockt der größeren Blonden, auf Kelians anderen Seite wieder ein leises Lachen. Oh nein, Rondra gibt sich im Augenblick gern mit der Rolle der recht stillen Zuhörerin zufrieden. Auch das gibt neue, bisher unbekannte Einblicke in Kelians Wesen und sie ist gespannt wie der Tag weiter verlaufen würde. „Die Massenburg ist Leoben ein wenig vorgelagert, auf einem Berg, dem Massenberg.“ Klingt irgendwie logisch und da sie es selber weiß nickt Johanna gewichtig. „Soll ich es dir aufmalen? Es ist nett, man sieht die Mur von oben, sie macht da eine Schleife und so ist Leoben von allen Seiten geschützt, entweder vom Fluß, oder von uns.“ Ja, irgendwem auf der Burg scheint Johanna mächtig gut zugehört zu haben. Sie nimmt den Blick vom Weg vor sich, um den Kopf nach schräg oben zu wenden und Kelian ein stahlendes Lächeln zuzuwerfen. „Aber die Burg gefällt mir. Sie ist soooooo riesig. Größer als Eysteten früher und viel spannender. Sie hat gleich zwei Ställe und es gibt ein Fallgitter, aber das wollte niemand für mich runterlassen…. Wir haben gleich drei Zimmer, Nora und ich. Mama auch und Papa hat sogar einen Balkon, zum Innenhof.“ kurz verstummt das Geplapper und die Braunen gehen zur Mutter, denn irgendwie ist diese Sache dem Mädchen nicht ganz klar und so werden die Lippen einen Augenblick ein schmaler Strich. „Zumindest glaube ich dass er ihm gehört.“ aber wenn er ihm gehört und er vielleicht nicht wiederkommt, würde er ihn mitnehmen? Kann man einen Balkon mitnehmen? Fast schon will sie die Frage stellen, doch der Mund klappt wieder zu. „Hmmmm.“ kommt es stattdessen nachdenklich. Ein Zeitpunkt für die Mutter um einzugreifen, viel ist es nicht, nur die leise, aufmunternde Wiederholung der zweiten Frage. Sie ahnt was das Mädchen umtreibt, aber weder will sie den Tag verderben bevor er richtig begonnen hat, noch diese Angelegenheit überhaupt vor Kelian ansprechen, zumindest nicht wenn es sich verhindern lässt. „und die Geheimgänge?“ es wirkt wie ein kleiner Stubs auf die Tochter, fast sofort hellt sich das Gesichtchen wieder auf, wenngleich sie auch unentschlossen ist. Würde sie solch ein Wissen hinausposaunen, vor der Mutter? Hach, das würde ja den halben Spaß verderben. Mütter sind für solche Geheimnisse nun wirklich nicht gemacht. Andererseits will die Kleine die Aufmerksamkeit der beiden Erwachsenen nicht verlieren. „Wir waren gerade mal fünf Tage dort! Viel zu wenig Zeit um alles zu sehen.“ eine sehr diplomatische Antwort. „Aber angeblich gab es früher mal einen versteckten Gang hinunter zur Kirche, unten am Berg. Aufregend, nicht wahr? Einer der Burschen hat’s erzählt, im Stall…“ wieder ein leises Schnauben der Großen, ja, sie hat bereits gehört dass Johanna die halbe Burg auf Trab gehalten hat, dass sie dabei allerdings auch Konversation mit den Stallburschen betrieben hat, ist ihr neu – und nicht ganz Recht. „Sonst gibt es wohl einige versteckte Türen, für die Mägde und Diener vor allem. Hmmm, vielleicht suchen wir gemeinsam, wenn du mal vorbei kommst? Tust du doch?“

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Kelian_


Perfect World
29.07.1461


Schritt für Schritt bahnen wir uns den Weg hinaus aus der Stadt. Man merkt, dass es die letzten Tage sehr heiß gewesen ist und dass auch dieser keine Ausnahme davon werden würde. Die Menschen sind angespannt, Vieh muss auf den Markt, soll vorher nicht verrecken. Staub wirbelt immer wieder auf, die Soldaten haben viel zu tun, die Ordnung zu halten während sich die Leute versuchen in die Stadt zu quetschen, immer mehr, damit es noch heißer, noch staubiger wird. Ich für meinen Teil finde es weniger aufregend, eher lästig. Staub dringt in die Lunge, lässt mich ein wenig husten, typischerweise ziehen sich meine Brauen zusammen und erzeugen mein bekanntes Stirnrunzeln. Wir haben zu lange gebraucht um loszukommen und sind somit in die nächste Welle an Menschen geraten, die hinein möchte. Well, wir möchten hinaus, aber was macht das für die draußen einen Unterschied, scheinen sie doch jeden Zentimeter zu nutzen. Es behagt mir nicht, auch wenn Enge zu Menschen mir an sich wenig ausmacht - wie auch? Ich bin jahrelang auf den Schiffen dieser Welt unterwegs gewesen und selbst wenn es jemals so gewesen wäre, dann hätte ich es mir dort wohl abgewöhnen müssen. Immer wieder fallen meine Blicke abwechselnd auf die Große und dann auf die Kleine. Meine Augen strahlen trotz dieser kleinen 'Komplikation', auch wenn vielleicht nur Rondra dies sehen kann.
Ich atme erleichtert aus, als wir endlich hinaus sind aus diesem staubigen Ungetüm von Stadt und vor uns blumige Wiesen liegen und in einiger Entfernung der Wald. Wir würden den Schatten von diesem suchen, bevor wir uns zu der ausladenden Wiese aufmachen, die ich für uns ausgesucht habe. Sie liegt im Schatten, keine Sonne die uns zu sehr aufheizen würde. Sie ist weitläufig genug, als dass der Langbogen zeigen kann, wie weit so ein Pfeil reicht. Sie ist hübsch, geeignet um was zu Essen und um zu toben. Außerdem habe ich so etwas wie Zielscheiben vorbereitet, dass wir mit dem Kurzbogen schießen könnten. Alles in allem verspricht es ein schöner Tag zu werden. Obwohl ich Johanna zuhöre, nutze ich ihr Geplapper noch anderweitig. Wie zufällig - bedingt durch das Schwingen des Armes beim Gehen - trifft meine Hand Rondras Arm. Es ist ein Glanzstück an Schauspielerei, denn während meine Finger vorsichtig und nur für eine Sekunde an der Haut entlangstreichen, wendet sich mein Kopf erschrocken ihr zu. Von weitem könnte es aussehen, als ob meine Lippen eine Entschuldigung formulieren, aber tonlos mit einem leichten Grinsen im Gesicht, zeigen meine Lippen ganz andere Worte. 'War Absicht.' Natürlich war es dies, ein Aufzeigen der Tatsache, dass ich sie keineswegs vergessen habe.
Ich selbst setze erst an, als Johanna mir endlich eine Gelegenheit gibt, eine richtige Erwiderung anzubringen, vorher waren nur leise Ah's und Mh's angebracht worden. Soso, auf der Massenburg warst du also. Vielleicht solltest du es mir wirklich malen, es klingt wirklich traumhaft. Leoben wirst du dir aber auch noch anschauen müssen. Dort gibt es sicher genauso viel zu entdecken, wie auf der Burg. Seen, Waldstücke, die Menschen die nun zu dir und deiner Mutter gehören. Sicherlich auch Kinder in Johannas Alter, aber ich lasse sie unerwähnt, denn ich bin mir recht sicher, dass sie mit denen eben nicht spielen darf. Warum auch? Es sind dreckige, kleine Diebe - in den meisten Fällen. Ein kurzer Blick trifft wieder das große Weib, sowohl ob des Erwähnens des Vaters, als auch ob der Tatsache, dass Johanna drei Zimmer und zwei Kinder erwähnt. Sich selbst und Nora. Wieder eine Frage, die sich auftut. Wie sie wohl auf die neuerliche Schwangerschaft reagieren würde? Ein weiteres Geschwisterkind? Sicherlich würde ich es aus erster Hand erfahren. Alles? Du wirst sicher niemals alles entdecken, wenn die Burg so groß ist, wie du sagst. Solch alte Gemäuer bewahren ihre Geheimnisse meist recht gut - noch besser als kleine Mädchen. Ein verstehendes Grinsen trifft den kleinen Blondschopf, auch mir wäre es im Traum nicht eingefallen Erwachsenen - vor allem nicht der Mutter - von meinen zu erzählen. Umso mehr ehrt die halbe Einladung, die ich da bekomme. Nur, sollte ich sie annehmen? Wir sind da wieder bei der Ausgangsfrage, die wir uns schon gestellt haben, jeder für sich selbst. Das klingt toll, versteckte Gänge, Türen, vielleicht geheime Räume oder eine Schatzjagd. Ich werde versuchen es einzurichten, nur muss ich noch fürchterlich viele Wappen anfertigen. Eine schlechte Ausrede und vor allem keine auf Zeit, aber vielleicht erstmal brauchbar, um das Kinderherz nicht allzu sehr zu enttäuschen, immerhin gibt es Hoffnung, an die sie sich krallen kann. Was hat dir denn am Besten gefallen auf der Burg? Ablenken, weiter reden lassen. Im Schatten des Waldes angekommen, schlage ich einen Pfad ein, der uns so langsam um die Stadt führen und sich in ein paar hundert Metern gabeln würde, um eben genau diese Rundtour weiter zu gehen oder ein kleines Stück durch ein Stück Wald, bevor sich auf der anderen Seite eben diese Wiese auftuen würde. Eine meiner Entdeckungen beim Holzfällen - mehr durch Zufall.

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Johanna_fugger


29. Heuert 1461

Ein Hin und Herwogen an Stimmen und Blicken scheint es zu sein. Unterschwelliges, was dem kindlichen Geist der Kleinen vollkommen verborgen bleibt. Die wie zufällig herbeigeführte Berührung und die Antwort der Mutter darauf zum Beispiel – ein leichtes Zucken der Braue und dann ein Lächeln, scheinbar leichthin und andeutend dass es nicht der Rede wert ist sich zu entschuldigen und das in Wirklichkeit begleitet wird durch ein kleines, helles Aufblitzen der Blauaugen. Nein, auch für die bedrückten Blicke bezüglich des Vaters entgehen ihr. Aber wie sollten sie auch nicht, es gibt so viel zu sehen. Die Wiese mit den Wildblumen, mehr als einmal wollen die Beinchen am liebsten den Weg verlassen um einen Strauß zu sammeln, aber heute geht das nicht, es gilt den Bogen zu tragen. „Am besten gefallen…“ nachdenklich legt sich die Stirn der kleinen Blonden in Falten und der Mund verzieht sich grüblerisch. Vieles ist da gewesen was sie begeistert hat, das Fallgitter eben. Es fällt schwer da eine Auswahl zu treffen und sich zu entscheiden. „Die Türme, man hat so einen wunderbaren Ausblick. Glaubst du dass man bei solch einem Wetter bis Graz kucken könnte? Oooh und die Speisekammern. Der Koch meinte sie seien leer, aber ich fand sie sehr voll. Da duftet es ganz wunderbar.“ Tatsächlich bleibt ihr Mundwerk einen Augenblick stehen als sie an all die Leckereien dort denkt und den würzigen Duft. Doch lang ist es nicht, da fällt ihr schon wieder etwas ein.„Und im Kaminzimmer gibt es oben eine Galerie, es macht Spaß hinunter zu sehen, einmal habe ich Laverna damit ganz furchtbar erschreckt.“ Ein fröhliches Kichern bricht aus ihr heraus, bevor sich Johanna schnell die Hand vor den Mund hält, nein eigentlich ist es gar nicht lustig gewesen, im Nachhinein. Es hat wirklich Ärger gegeben, denn Laverna ist keine die sich auf der Nase herumtanzen lässt – die Galerie jedenfalls durfte sie für den Rest des Aufenthaltes nicht mehr betreten. Langsam heben sich ihre Schultern, nein, sie kann sich wirklich nicht entscheiden und je länger sie darüber nachdenkt, desto schwieriger wird es. „vielleicht fällt es mir beim nächsten Mal leichter, sicherlich habe ich noch nicht genug gesehen. Wappen könntest du auch dort malen, oder nicht?“ Munter geht der Reigen aus Gedanken weiter, und so wie sie ihr einfallen verlassen sie auch ihren Mund – und plötzlich ist da ein ganz neuer Gedanke. „Oder hast du eine Familie?“ Ganz neue Möglichkeiten tun sich da plötzlich auf. „Kinder?“ hoffnungsvoll ist der Unterton, anscheinend hofft sie auf neue Spielgefährten, denn Katerina wird immernoch schmerzlich vermisst. „Es… es gibt einige Gäste….“ selbst die größte Plappertasche merkt irgendwann wenn sie zu schnell redet – und natürlich ist es ungebührlich gleich eine gesamte Familie einzuladen, auch wenn es einfach so aus ihr heraussprudelt – und so verliert sich ihre Stimme langsam. Langsam ist in diesem Fall nicht schnell genug. Gerade noch erleichtert darüber dass sie gerade die ersten schattenspendenen Bäume erreichen, kann Rondra auf Kelians anderen Seite nun nur mit Mühe und Not ein Stöhnen unterdrücken, ihr Gesicht verliert einiges an Farbe und nur mit äußerster Willenskraft kann sie die aufsteigende Übelkeit niederkämpfen. „Johanna!“ schärfer als vielleicht nötig bellt sie den Namen ihrer Tochter heraus, die erschrocken zusammenfährt. Deutlich ruhiger, aber nicht weniger tadelnd geht es auch gleich weiter. „Du kannst doch nicht andere Menschen ungefragt derart in Beschlag nehmen.“ Die Rüge zumindest lässt das Mädchen einen Augenblick zerknirscht verstummen, plötzlich fühlen sich die Ohren ganz heiß an und irgendetwas scheint besonders spannend an ihren Schuhspitzen zu sein. Aber die weitere Standpauke bleibt heute zu ihrem großen Erstaunen aus. Sicherlich liegt es daran dass Rondra selbst noch mit der Fassung ringt und sie den Eifer und die Unbekümmertheit ihrer Tochter kennt. Unwohl wechselt die Fuggerin den Korb von der einen Hand in die andere, während Kelian ein schneller Seitenblick streift. Nein, der Tag soll deshalb nicht verdorben werden, vielleicht ist es auch nur ihre eigene Empfindlichkeit die ihr gerade einen Streich spielt.

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Kelian_


Perfect World
29.07.1461


Langsam bahnen wir uns den Weg durch den Schatten am Wald entlang. Ein Schritt vor den anderen, dass Tempo von den kleinen Beinen des Mädchens bestimmt, immerhin besteht schon noch ein großer Größenunterschied zwischen der Kleinen und mir, ja sogar zwischen Mutter und Tochter. Ich warten den Augenblick ab, bis sie endlich wieder anfängt zu reden, unbekümmert, plappernd. Es ist erfrischend, wenn auch anstrengend und sie den ganzen Tag zu haben und dies jeden Tag erscheint als keine leichte Aufgabe - arme Laverna - aber für einen Tag so wie wir beide es heute machen, ist es genau die richtige Dosierung für den Anfang. Fast war mir klar, dass sie keine einzelne Sache benennen würde können und so wird mein Grinsen von mal zu mal breiter. Hm bis nach Graz schauen? Vielleicht wenn du dich ganz dolle anstrengst, dann kannst du sicher das Schloss sehen. Allerdings muss es dafür sicher ganz klar sein, die Massenburg ist doch ein ganzes Stück weg. Oh und die Steiermark ist recht bergig. Nein, ich weiß nicht. Da musst du schon dolles Glück haben. Nein, natürlich nicht, sie würde wohl unter keinen Umständen bis nach Graz schauen können, aber allein die Vorstellung, wie sie sich oben auf dem Turm anstrengt erheitert mich. Aber sei vorsichtig auf den Türmen, man fällt tief, wenn man erst einmal fällt. Richtig und auch wenn es mir nicht zusteht, so kann ich mir doch sicher Sorgen machen, denn letztendlich würde es mich ja doch wieder einholen. Ich nutze das nächste Schweigen, um leise lachend zu meinen.Na, bekommst du Hunger? Schon mir läuft allein bei dem Gedanken an würziger Wurst das Wasser im Mund zusammen, dabei habe ich es nicht einmal gerochen. Allein die Vorstellung, wie es früher in der Kombüse gerochen hat, mit dem Wissen gepaart, dass die Speisekammer um einiges größer wäre, lässt mein Herz schneller schlagen. Die letzte Wahl, dessen was ihr am besten gefallen hat, lasse ich unkommentiert, leicht lächelnd, während wieder ein kurzer Blick Rondra trifft, wie um mir zu bestätigen, dass es Ärger gehagelt hat. Das plötzliche Verstummen des Kicherns und des Plapperns deuten darauf hin und ich kann nicht anders, als einfach zu lächeln. Sie ist ein herrliches Kind, so rein und voller Freude. Bestimmt, fällt es dir beim näch... Oh, meine Augen weiten sich einen kleinen Moment, als meine Ausrede so unverblümt abgeschmettert und gegen mich verwendet wird. Auf der Massenburg? Äh... Die erste Antwort bleibe ich schuldig, sie würde sie wohl aber nicht mehr zu hören bekommen, denn die nächsten beiden Fragen erwischen mich ein wenig kalt. Nicht so sehr wie Rondra, deren Reaktion ich zuerst gar nicht bemerke. Warum auch? Im ersten Moment stört mich die Frage nicht einmal, es ist legitim und im ersten Moment recht einfach zu beantworten. Jedoch verfliegt dieser Moment, als Johannas Name neben mir so unverhofft scharf erklingt und die folgenden Worte gesprochen werden, denn es lässt mich einen Blick auf Rondra werfen. Dass sie an Farbe verloren hat, dies fällt mir sofort auf, der Rest ist mir nicht so klar, aber es lässt mich nachdenken. Nun, genauer betrachtet ist die Frage unsensibel und ein wenig aus dem Blauen heraus. Auf der anderen Seite vielleicht auch doch nicht ganz unerwartet. Ein zweiter Blick zu meinem Weib und die Frage, ob ich eine Familie habe, wird ungleich schwerer. Ist sie meine Familie? Irgendwie schon und eben doch nicht. Es macht es nicht wirklich einfacher, diese Frage eventuell zu beantworten ohne angespannt zu wirken. Ich will ansetzen die Frage trotz der Zurechtweisung zu beantworten, als mir etwas ganz anderes in den Sinn kommt. Zum einen, was für ein schlechter Mensch ich bin, zum anderen wie unaufmerksam ich dieser Tage durch die Welt gehe in dem Bestreben möglichst viel von Rondra zu haben. Auch ich werde ein wenig blasser, etwas sehr untypisches für mich. Der Todestag meiner Familie würde sich bald jähren, wieder einmal und wäre es nicht durch die Frage aufgeworfen worden, so hätte ich es sicher vergessen. Ich würde fluchen, wäre das Kind nicht dabei und so verziehen sich nur meine Mundwinkel und die Stirn legt sich unglaublich stark in Falten. Allerdings bin auch ich nicht gewillt den Nachmittag hier schon lustig oder angenehm enden zu lassen und nun diese Stimmung durch den Tag zu transportieren, weshalb meine Hand aufmunternd an Johannas Schulter zu liegen kommt und leicht drückt, bevor ich sie wieder wegnehme. Leise murmel ich, mehr zu Rondra als zu dem Mädchen. Schon gut. Mag sie es auf was auch immer münzen. Nein, ich habe keine Familie Johanna, ich muss dich enttäuschen. Ebenfalls Rondra und mich, was dies angeht. Wieder einmal lässt uns die Welt spüren, wie es sein wird und doch schmerzt es nicht so sehr, wie es in dem Moment sollte, da meine Gedanken geteilt sind. Zurück in einer Vergangenheit, die ich die letzten Wochen erfolgreich verdrängt habe. Selbst der Anblick Johannas schmerzt nun - normalerweise kann ich es recht gut ausblenden. Allerdings bin ich mir auch bewusst, dass es nun nicht gerecht wäre, dies vorherrschen zu lassen, also nehme ich ein neues Thema auf, damit alle beide wieder zu anderen Gedanken kommen. Ich bin mir sicher, dass die kleinere dabei leichter zu beeindrucken ist als die größere der Frauen. Sag Johanna wie hat es dir eigentlich bei den Murtals gefallen? Du warst doch einige Zeit dort, nicht wahr? Es ist ein unverbindlicher Ton, den ich angeschlagen habe und nachdem ich dem Mädchen eine Aufgabe zum Denken gegeben habe, wende ich mich der Mutter zu. Leiser meine ich. Soll ich den Korb nehmen? Ihr seht blass aus...wir können auch anhalten und Ihr trinkt einen Schluck. Bedauern, dass ich sie nicht in meinen Arm nehmen kann, jede noch so kleine Berührung abgewägt werden muss, durchflutet mich, ändern kann ich es allerdings nicht und so hängt nur der Blick auf ihr. Wir sind allerdings auch bald da. Ja, tatsächlich denn trotz dessen, dass wir so langsam sind, habe ich die beiden mittlerweile in das kleine Stück Wald hereingeführt und sofort umfängt uns kühlere Luft. Wenn man sich ein wenig anstrengt, dann könnte man in einer Entfernung schon wieder ein bisschen helleres Licht erspähen. Unser Zielort. Vielleicht würde bald wieder das Lachen des Mädchens durch die Welt schallen.

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Johanna_fugger


29. Heuert 1461

Erst die starke Hand auf ihrer Schulter veranlasst Johanna den Blick von den Schuhspitzen zu heben und vorsichtig zwischen einigen Haarsträhnen hindurch hinauf zu spähen. Nein, er scheint nicht böse oder verärgert. Rasch huschen den Braunen weiter, viel sieht sie von der Mutter, aber die grollenden Worte sind verstummt, wenn sie wirklich verstimmt ist dauernd die Predigten länger. Allerdings verwirrt das Schweigen von drüben die Kleine auch ein bisschen. „Das tut mir leid…“ ein leises murmeln ist es nur und ob sie nun ihre voreilige Art meint, oder dass er keine Familie sein nennen kann bleibt offen.
Die Murtals. Natürlich ist sie bei ihnen gewesen, doch für das Kind liegt das schon wieder eine gefühlte Ewigkeit zurück. Die neuen, aufregenden Eindrücke überlagern den Besuch, alles scheint im Moment ausgerichtet auf das Ausbleiben des Vaters und diese großartige Burg, ein riesiger Spielplatz, voller Abenteuer und Rätsel die entdeckt und gelöst werden wollen. Aber natürlich will sie die Frage dennoch aufrichtig beantworten, sie ist erzogen worden zu antworten wenn sie gefragt wird. Nachdenklich runzelt sich die Stirn des Kindes, so angestrengt dass sich eine steile Falte zwischen den hellen Brauen bildet.
Auf der anderen Seite des Kerls ist es Rondra die sich langsam wieder fängt. Der Korb. Seine Frage lässt ihren Blick auf ebendiesen sinken. Er ist nicht allzu schwer, denn Laverna hat es zwar gut mit ihnen gemeint, doch hat sie nicht die übertriebene Fürsorge ihrer Mutter geerbt, wäre es Marie gewesen, sie hätten vermutlich einen Lastenesel mitnehmen müssen. Bei dem Gedanken ziehen sich die Mundwinkel der Blonden wieder sachte nach oben, nur Sekunden später beginnt sie den Kopf zu schütteln und lenkt die Blauaugen wieder aufwärts, bis sie Kelians Gesicht erreichen. Keine Familie. Eigentlich ist der Augenblick der Verärgerung längst vorbei – und eher ist es Überraschung gewesen, sie selbst hat mit dieser Frage nicht gerechnet, weshalb sie sie erwischt hat wie ein betäubender Schlag auf den Hinterkopf. Keine Familie. Natürlich nicht, denn egal wie sehr sie sich auch aufeinander einlassen, sich gegenseitig versprechen und sich an dieses winzige Glück in seinen vier Wänden klammern – reduziert man alles herunter und betrachtet es nüchtern, so ist sie nun mal die Geliebte und so würde es bleiben, würden nicht mehrere Wunder auf einmal geschehen.
Dunkle Gedanken, die sich aber höchstens in ihren Augen ein wenig spiegeln.
„Es geht schon wieder, es ist nur die Hitze…“ Tatsächlich nimmt das Unwohlsein ab, zu Gunsten von Müdigkeit, die Beine fühlen sich an als seien sie mit Blei ausgegossen, die Muskeln schmerzen und wollen an liebsten ihren Dienst verweigern. Nichts was der Fuggerin neu wäre, ähnlich war es vor Jahren auch, als sie Johanna unter dem Herzen trug. Vielleicht hätte sie doch Laverna mitschicken sollen, so hätten sie auch das befremdliche Gefühl umgangen sich wie fast Fremde behandeln zu müssen. „Ich habe genau gehört wie ihr euch über Speisekammern unterhalten habt. Denkt nicht einmal im Traum daran ich würde euch nun diesen Korb freiwillig überlassen.“ Ihr Lächeln wird tiefer, wenn es sich auch etwas angestrengt in ihre Züge gräbt. Tatsächlich kommt von Johanna daraufhin ein leises glucksendes Kichern. „Auf der Massenburg hat der Koch sich in der Küche lautstark beschwert dass Mama ihm innerhalb von vier Wochen die Speisekammer leeren würde… und dann hat er gefragt ob es in Graz nichts zu essen gibt.“ einen Schnauben der Großen ist die verächtliche Antwort. Halb amüsiert, halb beleidigt ist ihre Miene, denn das klingt ja geradezu als würde sie demnächst aufgehen wie ein Hefekloß. „Wenn der Kerl so weitermacht werde ich wohl bald einen neuen Koch brauchen – oder nach Marie schicken lassen.“ der kleine Jubelsturm von Johanna daraufhin, lässt Rondra nun wirklich wieder grinsen. Während das Mädchen noch über diese Aussicht grübelt, schenkt die Mutter ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Begleiter. „Es geht schon…“ sie nickt bekräftigend. „Ich werde mir einfach gleich ein schattiges Plätzchen unter einem Baum suchen und euch dabei zusehen wie ihr Pfeilen hinterherjagt….“ Nein, weit würde es wohl nicht mehr sein. Deutlich flutet nun in nicht mehr allzu weiter Ferne das helle Sonnenlicht zwischen den Bäumen hindurch auf den Pfad. Sie hat eine leise Ahnung dass sie wirklich fast am Ziel sind, aber da er vor der Haustür die Führung für sich beansprucht hat, hütet sich Rondra das in Worte zu fassen.
Anscheinend hat Johanna nun genug über die Murtals nachgegrübelt, denn nun fordert ihre sich hebende Stimme wieder die Aufmerksamkeit.
„Es sind nicht die Murtals. Es sind die Murtal-Fugger.“ Wieder wird Kelian belehrt, fast ein bisschen überheblich. Es mag für ihn vielleicht keinen Unterschied machen, Johanna hingegen ist auch in ihrem Alter schon fest genug im Spinnennetz ihrer Welt gefangen, um zu wissen dass es sehr wohl ein Unterschied ist und dieser kleine Unterschied die Anverwandten an sie bindet – oder vielmehr an die Mutter. „Katerina war zuerst krank, da war es ein bisschen fad. Es ist ein riesen Anwesen, aber… ich weiß nicht, nicht halb so lustig wie bei uns. Katerina, die Tante und natürlich Lienhart sind wundervoll und es war schön dort. Den Onkel habe ich kaum zu Gesicht bekommen, er war ebenfalls erkrankt, ich glaube Tante Sofia hat sich arge Sorgen gemacht. Es ist alles ein wenig anders dort, strenger. Aber das macht nichts, so lange nur Katerina da ist.“ Katerina und ihr Pony, oh wie wundervoll sie sich mit dem Bogen ergänzen würden. Nun, vielleicht nicht jetzt, aber vielleicht später. „Kann man reiten und Bogenschießen?“ es wäre äußerst schade wenn man sich für eins davon entscheiden müsste. Allerdings sieht der Bogen doch ein bisschen groß dafür aus. Ach, wahrscheinlich war die Frage furchtbar dumm. „Nein, wohl eher nicht…“ beantwortet sie sich Johanna selbst ein wenig beschämt.

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Kelian_


Perfect World
29.07.1461


Die kleinen braunen Augen treffen auf graue, die in keinem Falle unfreundlich aussehen, im Gegenteil. Kleine Lachfalten bilden sich um sich, zeigend, dass sich auch mein Mund zu einem Lächeln verzogen hat. Was kann sie schon dafür, dass meine ursprüngliche Familie tot ist und meine mögliche neue unerreichbar. Es gibt nichts, was dir Leid tun müsste, was nicht ist, kann ja noch werden, hm? Allerdings kann ich trotz allem dann keine neuen Spielkameraden für Johanna aus dem Hut zaubern, denn die Kinder würden immer uninteressanter für die Blonde werden bis sie dann vielleicht wieder aus anderen Gründen interessant werden. Das Mädchen mit den Gedanken in guten Händen wissend, drehe ich den Kopf wieder zu meinem Weibe, meiner Familie, die ich niemals so bezeichnen könnte. Ihr Blick wird erwidert, mein Mund öffnet sich um etwas zu sagen, bevor er sich dann wieder ohne Worte schließt. Ich kann die Gedanken, die ihr durch den Kopf gehen förmlich greifen und doch bleibt jede Antwort darauf verwehrt. Wäre überhaupt eine nötig? Sie weiß es doch mindestens genauso gut wie ich, wie ich empfinde und was möglich ist. Würde sie jemandem die Frage nach Familie mit meinem Namen beantworten? Wohl kaum. Well, in Ordnung. Es klingt ein wenig gepresst und widerstrebend, als ob ich kurz davor bin ihr den Korb aus der Hand zu reißen, was wohl den nächsten Worten auch Auftrieb verleiht. Ihr meint also, Johanna und ich müssen uns später das Essen erkämpfen? Ich lache leise, ob der Vorstellung, beruhigt, dass auf beiden Seiten wieder ein Lächeln hervorbricht. Nur, was ist ein leises Lachen, wenn man solch Dinge hört, die einem die Tochter da präsentiert und so breche ich in schallendes Lachen aus, welches wahrscheinlich auch die letzten trüben Gedanken fortwischt. Denkt Ihr nun, w-i-r würden Euch allein mit dem Korb lassen? Da müssen wir ja nach den Aussagen Angst haben, dass Ihr ihn schon leergefuttert habt, wenn wir 'den Pfeilen hinterhergejagt' sind. Ich fürchte, wir müssen eine andere Lösung dafür finden. Als feixend könnte man meinen Blick bezeichnen und wenn wir jetzt alleine wären, würde ich mit Sicherheit weiter gehen. So aber belasse ich es dabei, ein breites Schmunzeln auf meinen Lippen, während ich mich schon wieder Johanna zuwende. Ich denke den Eindruck haben alle von deinem neuen Onkel - dass er streng ist. Sowie ein schlechter Mensch, der es nicht verdient zu atmen und jemand, der nur seinen Vorteil sucht. Auch so jemand, der nie von uns erfahren sollte. Allein bei der Vorstellung, dass er von diesem Treffen hier erfahren könnte lässt es mir eiskalt den Rücken runter laufen. Dieses letzte 'Gespräch' hat durchaus Eindruck auf mich gemacht und ich würde mich an ihm rächen. In jedem Fall. Das Geplappere über die Murtals verpasse ich ansonsten weitestgehend, erahne aber wenigsten die Frage, die sie mir gestellt hat. Well, yes. Du musst natürlich viel üben, du solltest den Bogen richtig beherrschen und auch das Pferd, aber an sich... Nur eben keinen Langbogen, dazu würde man solch einen nehmen, wie du ihn trägst. Absolut keine dumme Frage und mit meinen letzten Worten treten wir auf die Wiese. Ein Teil - der auf dem wir uns befinden - liegt noch in der Sonne. Das Gras steht recht hoch, aber wo macht es dies um die Jahreszeit nicht? Überall stehen Blumen, wir sind komplett umrundet von Wald und just, als ich mit beiden Weibern hier stehe, kommt mir der Gedanke, dass man dies hier auch zu anderen Zwecken gebrauchen könnte. So...wir gehen also Bogenschießen und Ihr versucht den Korb nicht ganz leer zu essen? Oder möchtet Ihr es auch einmal probieren? Fragend der Blick auf der Blonden, die ansonsten ein wunderschönes Schattenplätzchen in unserer Nähe finden würde, gerade geeignet um uns zu beobachten - oder zu schlafen.

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Johanna_fugger


29. Heuert 1461

Da sickert wieder das glockenklare Lachen über die Lippen des Mädchens, vollkommen unbeschwert, hell und rein. Die Vorstellung wie man gemeinsam von der Mutter den Essenskorb erkämpfen könnte, lässt sie erheitert Kieksen. Sie haben viel zu lange nicht mehr herumgetollt, so richtig. Früher kam das häufiger vor, doch die Erinnerung daran ist schon mit einem milchigen Schleier überzogen, nicht mehr ganz klar greifbar.
Nicht allem was der Große sagt würde Johanna zustimmen. Der Onkel ist zwar streng, aber einfach wundervoll, zumindest was sie bisher von ihm mitbekommen hat. Großzügig, warmherzig und behandelt Katerina und sie keineswegs wie störende kleine Bälger. Ja, sie hat August schon ein wenig in ihr kleines Herzchen geschlossen, weshalb sie auf Kelians Worte auch heftig den Kopf schüttelt.
„Onkel August war krank als ich dort war.“ wiederholt die Kleine bedrückt, denn das war wirklich sehr, sehr schade. „Er ist nicht allzu streng, er ist gerecht und ganz furchtbar nett. Katerina hat großes Glück mit ihm.“ Oh ja, das hat die Cousine. Direkt neidisch ist Johanna auf den Stiefvater nicht, denn bis vor kurzem gab es da nun wirklich keinen Grund dazu, nun allerdings vielleicht doch? Ach, ganz tief in sich zweifelt sie die Worte der Mutter schlichtweg an. Sie können nicht der Wahrheit entspringen, vermutlich hat sie irgendetwas falsch verstanden, mal wieder.
Üben mit dem Bogen zu schießen und zu reiten. Das würde sie sicherlich tun, wenn sie die Möglichkeit dazu bekommt. Ihr Blick wir träumerisch, denn schon sieht sie sich auf dem Rücken eines prachtvollen Pferdes über die Wiese donnern, natürlich mit gespanntem Bogen und jedes Ziel treffend. Ach, solche Träume sind doch viel schöner als das elendige sticken und Briefe schreiben, womit Laverna ihr ständig in den Ohren liegt.
Die Wiese ist erreicht und natürlich kommt Johanna das Gras noch höher vor als den Erwachsenen. Wenn das was sie vorhaben nicht so spannend wäre, sie würde vorschlagen verstecken zu spielen. Es würde langen sich einfach hinzulegen, im richtig hohen Gras und keiner würde sie sehen können. Jetzt kann es ihr fast nicht schnell genug gehen und die Beinchen wollen keinen Augenblick stillstehen, aufgeregt tritt Johanna von einem Bein auf das andere, zappelig darauf wartend dass es endlich, endlich losgehen kann. Schließlich gibt sie dem Drang nach und macht einige Schritte auf die Wiese. Nicht weit fort, aber es ist lustig wie die Halme um die Beine streichen, sich an das Kleid schmiegen und zum Teil sogar bis an die herunterhängenden Hände reichen. Im Gegensatz zu Kelian ist ihr der Korb mit dem Proviant gerade vollkommen gleich, das würde sich sicherlich ändern, spätestens wenn sie müde und erschöpft ist, aber daran ist jetzt noch gar nicht zu denken.
Rondra tut es der Tochter gleich, sie hat nicht vor in allzu großer Nähe des Weges zu bleiben, auch wenn dieser anscheinend nicht allzu oft genutzt wird. Ein schattiges Plätzchen abseits ist eher ihr Geschmack. Kelian wird ein kühler Blick unter der gehobenen Braue zugeworfen, natürlich eine einzige Neckerei, denn sein schallendes Lachen und die Sticheleien haben das Weib zurück in die Glückseligkeit des Augenblicks getrieben.
„Ihr müsst ein ganz vortrefflicher Schütze sein, wenn Ihr Euch mitten im Wald so sehr um diesen Korb und seinen Inhalt sorgt, Kelian. Man sollte meinen zur Not müsstet Ihr in der Lage sein Euch Euer Mahl selbst zu schießen…“ An einem umgestürzten Baum am Rand der Wiese macht sie Halt. Die Wiese ist von hier aus gut zu überblicken und gleichzeitig liegt der Platz im Schatten – ideal für sie. Den Korb stellt sie auf den Stamm, bevor sie sich umwendet und Kelian keck mustert. „Ich verspreche Euch, Ihr werdet hier nicht verhungern, sollte ich mich tatsächlich nicht beherrschen können, werde ich für Euch Beeren sammeln, Ehrenwort.“ damit schwingt sich die Blonde neben den Korb, ordnet ein wenig das Kleid und scheint für den Augenblick zufrieden. „Ich würde es tatsächlich gern versuchen, vor Jahren habe ich bereits einmal geschossen, spaßeshalber bei einem Wettkampf. Aber Ihr solltet zuerst Johannas Neugier befriedigen, sonst wird sie ungeduldig und das wollt Ihr sicher nicht.“ Verschmitzt zwinkert sie Kelian zu, vielleicht einen Tick zu vertraulich, doch wer sollte es hier bemerken? Johanna ist ganz mit sich beschäftigt und damit die Wiese zu inspizieren und ansonsten dürfte kaum jemand nah genug sein um es zu bemerken.

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Kelian_


Perfect World
29.07.1461


Die Ansichten über den Murtal könnten nicht weiter auseinander gehen. Ich für meinen Teil habe mir meine Meinung recht gut gebildet, sei es durch die Aussicht im Kerker dessen zu landen oder durch das Veilchen oder die Drohungen, die er ausgesprochen hat. Sei es dem Umstand geschuldet, dass der Kerl ein Bild von mir verlangt ohne bereit ist zu bezahlen und seine hochmütige, überhebliche Tochter mit darauf soll, so dass ich das Anwesen betreten müsste - niemand möchte dem feinen Fräulein zumuten mein Haus betreten zu müssen. Ein unverbindliches Brummen ist deshalb die Antwort für die Kleine, um dieses Thema einfach abzuhaken. Familie Murtal und ich werden keine Freunde mehr und daran ändert auch das erkaufte Fugger im Namen nichts, so sehr ich Sofia auch mag. Die Zusammenarbeit mit ihr hat bisher immer gut geklappt, jedoch würde sie nicht darüber hinausgehen, denke ich.
Na tob schon los... Mit einem Grinsen ist es gesagt, denn in mir selbst steigen die Gelüste danach mich im Gras zu wälzen, barfuss darüber zu tollen, das weiche Grün an meinen Füßen zu spüren. Noch ist dies aber nicht möglich und meine Schritte begleiten Rondra auf dem Weg zu ihrem auserwählten Platz. Ein leises Schnauben ereilt sie. Ich muss zugeben, dass der Korb mir recht egal ist, sein Inhalt hingegen nicht. Es klang ganz vorzüglich, was Eure Tochter mir angepriesen hat. Mein Lächeln wird ein wenig tiefer, gefangen in diesem kleinen Augenblick der nur uns gehört, da Johanna noch ganz mit der Wiese beschäftigt ist. Mir wäre der Korbinhalt lieber, aber würde es niemals wagen von Euch gesammelte Beeren zu verschmähen. Dann amüsiert Euch gut beim Zusehen - sicherlich wird Eure Tochter bald solch eine Meisterschützin wie ich. Ein Zwinkern für sie, bevor ich einige Schritte rückwärts gehe. Der Bogen findet seinen Weg von meinem Rücken, ich lege ihn für einen Moment ins Gras um tatsächlich meine Schuhe und Strümpfe loszuwerden. ...eine meiner Macken... Ich murmel es, man könnte fast meinen verlegen, auch wenn sie längst um sie weiß. Mit dem ungespannten Bogen in der Hand, sammle ich unterwegs Johanna ein und wir begeben uns ein ganzes Stück an den äußeren Rand. Dann mal los. Also, dass man einen Bogen spannen muss, weißt du ja. Dies hier ist wie du auch weißt ein englischer Langbogen. Sie sind sehr schwer zu spannen, man braucht viel Kraft dazu. Es wird in englischen Pfund gemessen... Nach dieser kleinen Einleitung lehne ich mich auf den Bogen mit meiner gesamten Kraft und vor allem Körpergewicht. Mit großer Anstrengung befestige ich die Sehne, so dass sie gespannt ist und mit einem fast stolzen Grinsen wird die Kleine gefragt. Was denkst du, wie weit wird der Pfeil fliegen, wenn wir ihn abschießen? Naja, wir...sie ist nicht einmal groß genug um dort hinzugelangen, wo ich den Pfeil anlege, aber dafür haben wir den kleinen Bogen dabei, dass ich ihr das Schießen im Kleinen beibringen kann. Bei ihrer Zukunft wäre sie wahrscheinlich sowieso nie in der Lage dazu, solch einen Langbogen abzufeuern. Auch ihre Mutter nicht, aber das Gute dabei ist, dass ich sie anfassen muss, damit wir es zusammen könnten - insofern sie den Langbogen überhaupt benutzen wollen würde.

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Johanna_fugger


29. Heuert 1461

Er zieht Schuhe und Strümpfe aus! Johanna steht wirklich einen Moment der Mund offen, bevor ihr überraschter Blick die Mutter sucht. Gerade noch rechtzeitig kann die größere Blonde ein halbwegs verdutztes Gesicht machen und die Schultern verwundert heben. Natürlich kennt sie die Macke von ihm – zu Anfang ist sie darüber ähnlich überrascht gewesen wie Johanna jetzt, doch mittlerweile gehören seine nackten Füße einfach zu ihm. Mehr noch, sie liebt diese Macke und eher ist es ungewohnt ihn mit Schuhen zu sehen. Doch hier ist nun nicht der Ort um verliebt zu starren, weshalb Rondra die Augen niederschlägt und eingehend ihre Hände betrachtet. Ungehöriger Wappenmaler.
Immer größer scheinen die Rehbraunen der Kleinen zu werden, je stärker sich Kelian auf den Bogen lehnt und je augenscheinlicher seine Anstrengung dabei wird. Schnell wird auch ihr klar dass sie dazu wohl kaum in der Lage sein wird, heute nicht und sicherlich auch nicht in den nächsten…. Ach nein, wohl tatsächlich nie.
Das Gesichtchen wird lang und länger. Nun, wenn sie ganz viel an sich arbeitet reicht ihr vielleicht auch ihm beim Schießen zuzusehen – und die Frage wie weit der Pfeil fliegen würde weckt natürlich ihre Neugier. Konzentriert und abschätzend geht der Blick über die Wiese. Auf dem Markt hatten sie darüber geredet ob man ihn bis Augsburg schießen könnte – das ist sicherlich übertrieben, wie sich Johanna heute eingesteht. Aber, Bogen und Schütze sind so unglaublich groß. Vor Aufregung bilden sich rote Flecken auf ihren Wangen, denn blamieren will sich das Mädchen nun auch nicht. Der rechte Daumen findet seinen Weg an den Mund, ohne es selbst zu bemerken gräbt Johanna die Schneidezähne in den Nagel. Wie weit?
„Bis zur Mitte der Wiese, vielleicht ein wenig länger.“ Das ist für sie bereits ein recht weites Stück, doch die funkelnden Augen zeugen von der Unsicherheit ob der eigenen Antwort. Gespannt blickt sie hinauf zu ihm, echte Bewunderung steht in ihren Augen, die ob der Sonnenstrahlen leicht blinzeln. So etwas hat sie nun wirklich noch nie erlebt.
Längst ruht Rondras Blick wieder auf den beiden, es fällt schwer die Gesichtszüge gespannt, aber neutral zu halten. Es gelingt nicht ganz, immer wieder heben sich die Mundwinkel zu einem zärtlichen Lächeln, bis sie sich dessen bewusst wird und sich selbst zur Ordnung ruft – nur um kurz darauf das Mienenspiel von neuem zu beginnen. Wie sollte dieser Anblick aber auch nicht herzerwärmend sein? Beide haben so offensichtlich Freude bei der Sache und Johanna hat die letzten Tage genug wegstecken müssen, das aufgeregte Strahlen auf ihrem Gesicht ist Balsam für die Mutter und wenn es sein müsste würde Rondra diesen Balanceakt noch Stunden fortführen, um die Tochter glücklich zu sehen.
Sie selbst ist auch neugierig, einen Langbogen hat Rondra noch nicht in Aktion gesehen, tatsächlich würde sie es gern selbst versuchen – natürlich würde sie es nicht schaffen, doch allein die Kraft dahinter zu spüren wäre ein Versuch wert. Später, denn es war ernst gemeint, die Zeit jetzt soll allein Johanna gehören.


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Kelian_


Perfect World
29.07.1461


Das Mienenspiel ob meiner nackten Füße bleibt mir verborgen. Für mich ist es nichts außergewöhnliches, es ist eine Macke, die ich vom Schiff mitgenommen habe. Im Sommer, an den heißen Tagen sind wir sowieso immer barfuss gelaufen und ich auch oft darüber hinaus, was mir oft Schelte eingebracht hat. Irgendwann hat es sich immer mehr ausgeweitet und ich mag es, mit meinen Füßen die Dinge darunter zu spüren. Sei es in meinem Haus, das Holz zu fühlen, wie es sanft unter meinen Sohlen wegstreicht oder nun hier die Grashalme, wie sie sich widerspenstig beugen und doch zärtlich meine Haut entlangstreichen. Wenn ich es sehen würde, so würde ich sicherlich lachen und beiden empfehlen, es einmal zu probieren, denn es fühlt sich ganz herrlich an.
Das Glitzern der Augen Johannas wird nicht minder von meinen erwidert. Ich bin in einem Element unterwegs, welches ich lange Zeit gemieden hab und welches ich somit nun umso mehr begrüße. Kinder. Ein Mädchen, ähnlich wie es meine Tochter war nur besser erzogen und blond. Meine Mundwinkel ziehen sich ein wenig nach oben, mein Gesicht hat etwas von Spitzbubigkeit. Weiter. Ohja, weiter, die Wiese würde gerade so ausreichen, vielleicht würden einige der Pfeile sogar im Wald verschollen bleiben. Aber, was kümmert es mich, wenn das Gesicht des Mädchens glücklich strahlt. Solange ich ein wenig helfen kann, ohne dass es zu offensichtlich wird, mache ich es auch. Bleib schön bei mir, ja? So ein Pfeil kann sich schonmal verirren und nachdem wir die Dinge geklärt haben, ziehe ich gemächlich den ersten. Normalerweise würde ich einen Handschuh an der linken Hand tragen - was auch noch Schwierigkeiten geben könnte, meine Abormalität die linke Hand zu benutzen - jedoch werden wir heute wohl nicht soviel schießen, dass ich mich verletzen werde. Wieder erkläre ich leise. Den Pfeil ziehst du aus dem Köcher über den Rücken, manche haben sie auch an der Seite befestigt. Du musst gut und schnell an sie herankommen. Dann legst du ihn so... Meine Hände vollziehen gleichzeitig, was meine Stimme da verheißt und so sieht sie, wie ich den Bogen erhoben habe, um nun dann den Pfeil in Position zu bringen. ...an und dann zielst du wo du ihn haben möchtest. Ein Langbogen ist nicht dafür gemacht präzise einen einzelnen Feind abzuschießen, sondern ein großes Gebiet abzudecken. Well...aufgepasst, ich lass den ersten los. Mit nicht weniger Anstrengung als beim Spannen der Sehne, spanne ich nun auch den Bogen mit seinem Pfeil, bevor ein leises Sirren erklingt und eben dieser davonfliegt. Er fliegt weit, viel weiter als sie gedacht hat, aber nicht so weit wie ich meinte. Einige Meter trennen ihn noch vom Wald. Hm. Es geht weiter, ich bin mir sicher. Ein weiterer Pfeil findet seinen Weg in meine Hand, die Finger fahren die Federn entlang, bevor ich wieder dieselben Bewegungen vollführe und ein zweiter Pfeil wenige Meter weiter, dafür aber ein beträchtliches Stück neben dem ersten niederkommt. Pfeil drei und vier folgen mit denselben Bewegungsabläufen in kurzen Abständen, bevor ich doch recht erschöpft innehalte und den fünften ziehe. Ich gebe ihn Johanna in die Hand, zum Anschauen. Zum einen, weil es wohl spannender ist als mir auf Dauer zuzusehen, zum anderen weil mein Atem doch auch deutlich schneller geht. Wir können froh sein, dass wir nicht in den Krieg mussten. Hast du es dir so vorgestellt? Wenn du dich sattgesehen hast am großen Bogen, dann können wir zum wichtigen Teil des Tages übergehen. Ach richtig, sie weiß ja noch gar nichts von ihrem Glück und wie es aussieht hat sie die aufgestellten 'Zielschieben' auch noch nicht entdeckt. Mit diebischer Freude lädt sich mein Gesicht voll. Männer, wir werden vielleicht groß, aber nie richtig erwachsen.

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Johanna_fugger


29. Heuert 1461

Aufregung, Neugier und ein gleichzeitig eine gehörige Portion Respekt und ein wenig Angst (die nie eingestanden werden würde) ergeben ein seltsames Gemisch an Gefühlen in der Brust der kleinen Fuggerin. Natürlich würde sie bei ihm bleiben, wer weiß was passieren würde wenn sie nun nicht artig wäre, am Ende verlässt einer der Pfeile seine Flugbahn und… Nein, nein, lieber möglichst nah an Kelian bleiben – und das tut Johanna, wunderlich dass er überhaupt den ersten Pfeil abschießen kann, denn sie schmiegt sich so eng an sein hinteres Standbein wie nur irgend möglich. Natürlich lugt sie trotzdem neugierig zum Bogen hinauf und die Angst verfliegt so schnell wie sie gekommen ist. Als hätte der erste Pfeil sie mit fortgenommen. Jubelnd springt der Blondschopf zur Seite und klatscht begeistert in die Hände. „Oh Kelian, sieht mal! Hast du das gesehen?!“ Auf und ab springt sie vor lauter Freude wie weit der Erste geflogen ist. Doch dabei bleibt es nicht, einer nach dem anderen wird an die Sehne gelegt und hinterher geschickt. Hin und her geht Johannas Kopf, immer zwischen dem Schützen und den Pfeilen hin und her. „Mutter, hast du gesehen wie weit er schießen kann? Ist er nicht un-glaub-lich?“ Natürlich meint Johanna in erster Linie den Langbogen, ihr Blick zeigt es deutlich. Die Mutter nickt zustimmend, wobei die Blauaugen eher weniger auf den Bogen gerichtet sind. [„Aber ja, natürlich ist er das, Liebling.“ kommt die Zustimmung zurück.
Rondra ist in diesen Minuten rundum glücklich. Längst ist die Fassade ihres Gesichtes gebröckelt und hat Risse bekommen. Risse und Ritzen aus denen ihre Liebe zu Kelian nur so herausstrahlt. Aber wie hätte das auch nicht passieren sollen, bei diesem Anblick? Natürlich ist sie auch an der Flugweite der Pfeile interessiert, ihr Blick kehrt aber immer recht schnell zum Schützen zurück. Die geschmeidige Bewegung mit welcher der nächste Pfeil aus dem Köcher gezogen wird, wie er mit der linken Hand an die Sehne gelegt wird und schließlich die Kraft die benötigt wird um die Sehne zu spannen und den Pfeil auf die Reise zu schicken. Nichts entgeht der Blonden. Die leichten Bewegungen des Hemdes wenn seine Muskeln sich anspannen und wieder lösen, wie könnte sie sich sattsehen? Je länger sie ihm zusieht desto weicher und verträumter wird ihr gesamter Gesichtsausdruck und umso stärker beginnt die Sehnsucht in ihrem Bauch zu vibrieren. Kein unangenehmes Gefühl, ein leichtes Kribbeln im Bauch, ein Ziehen was ihr deutlich zeigt dass es viel zu lange her ist. Süße, quälende Sehnsucht.
Johannas Augen liegen so grotesk es klingen mag fast auf dieselbe Art und Weise auf dem Langbogen – und dann auf dem Pfeil in ihrer Hand. Vorsichtig streichen die kleinen Finger über die Befiederung, die Braunen beobachten wie sich die Federn leicht auffächern und wieder zusammen kletten. Dann geht es den glatten Schaft entlang, bis hin zur Pfeilspitze. Ehrfürchtig und ganz vorsichtig erkundet sie auch diese, kurz schwebt ihr Zeigefinger über der Spitze, doch sie traut sich nicht ihn dagegen zu tippen, aus Angst sich zu verletzen.
„Zum wichtigsten Teil?“ ein wenig abwesend sprudelt die Frage über die roten Lippen und nur langsam löst sich Johannas Blick von dem Geschoss in ihrer Hand. „Ach…“ es klingt enttäuscht, irgendwie, denn in ihrem Kopf formt sich die Einsicht dass die Vorstellung damit beendet ist. „Das Männer immer nur ans Essen denken müssen….“ der leise Vorwurf wird begleitet von einem abgrundtiefen Seufzer – ja, da spricht ihre gesamte weibliche Erfahrung. Hinüber schweift der Blick zur Mutter. „Aber sie hat noch nicht einmal ausgepackt….“bittend suchen die Braunen die Grauen.


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Kelian_


Perfect World
29.07.1461


Vor Stolz schwillt meine Brust ein wenig an. Ich bin mir nicht wirklich bewusst, dass Johannas Bewunderung eher dem Bogen gilt als mir - denn was ist das Stück Holz schon ohne den Menschen - und vor allem ist da ja noch die Bekundung der Mutter, die doch wohl mir gelten muss? Ich riskiere nur einen kleinen Blick, doch er reicht um zu wissen, dass ich sie meiden sollte. Ein kurzes Lächeln, eigene Gedanken die abschweifen und schon schaue ich wieder weg, zu meiner anderen kleineren Bewunderin. Ich meine, wie sollten wir erklären, wenn ich plötzlich zu Rondra stürme und sie küsse, nur weil ich mich mal wieder nicht zurückhalten kann? Nein, es ist besser, wenn ich sie mehr als weniger ignoriere und die Unterhaltung zwischeneinander den Weibern überlasse. Leugnen, dass mir ihr Gesichtsausdruck und die Worte gefallen, kann ich jedoch wirklich nicht. Da ist wie beschrieben die Brust, die noch ein wenig breiter wird, ein zufriedenes Grinsen und ein unbedingtes Nicken dazu. Wobei nicht alles mit meiner Eitelkeit zu tun hat. Nicht wahr? Er ist klasse. Der Bogen und ohne es zu wissen, da haben Kind und ich einen Konsenz erreicht. Der Bogen ist also unser Held.
Die weitergehende Bewunderung der Fuggerin verpasse ich, was wohl auch gut so ist. Längst habe ich den Blick abgewandt, Johanna zu die immer noch ganz aus dem Häuschen ist und erst durch den Pfeil still stehen bleibt. Ich beobachte, wie die Finger ehrfürchtig über das Stück Holz fahren, die Gefiederung erkunden und schließlich vor der Pfeilspitze Halt machen. Gutes Kind. Meine diebische Freude auf dem Gesicht verwandelt sich schlagartig, als ich höre, was sie zu sagen hat. Essen? Ich lache wirklich, natürlich nicht über sie und zuerst geht der Blick zurück zu Rondra. Sie ist un-glaub-lich. Positiv gemeint, bevor ich mich wieder Johanna zuwende. Essen können wir später. Wo ist denn dein Bogen, junger Schütze? Mein Gesichtsausdruck ist gespielt streng geworden, nichts was man missverstehen könnte, denn die Grauen haben die Braunen gefunden und blitzen vergnügt. Ich dachte du möchtest lernen wie man mit einem Bogen umgeht und dies wäre das Wichtigste an diesem Tag, aber wenn du essen willst... Natürlich kenne ich die Antwort und dennoch mache ich einen kleinen Schritt Richtung Mutter und Korb, als ob sie mich gerade auf die Idee gebracht hat, dass Essen sehr viel besser wäre als den kleinen Bogen mit ihr zusammen auszuprobieren. Essen hätte wirklich etwas, aber in jedem Fall würde ich den Bogen zurückbringen, damit er uns nicht im Wege rumhängt. Was dabei alles möglich wäre, werde ich ausloten, denn der Plan ist, noch vorher die Pfeile einzusammeln und wer wäre für solch eine Aufgabe nicht besser geeignet als der kleine Wirbelwind. Nochmal ein wenig an Kraft verlieren, damit das Stillstehen gleich nicht ganz so sehr schwer fällt.

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Johanna_fugger


29. Heuert 1461

Schneller als die Pfeile gerade eben über die Wiese hinweg geschossen sind, stößt Johanna nun ihre Worte aus. „Nein, oh nein. die freie Hand schießt blitzschnell nach vorn, um Kelian am Hemdstoff seines Ärmels festzuhalten. „Ich habe keinen Hunger.“ die Stimme ist dabei dermaßen überzeugt, dass es klingt als wäre sie der Ansicht überhaupt nie wieder Hunger zu haben. Essen ist so etwas nebensächliches, fast schon lästig und vor allem muss man dabei stillsitzen. Gar nicht ihr Geschmack, auch wenn so ein Picknick auf einer Waldwiese sicherlich nett ist, aber man muss eben Prioritäten setzen und in diesen Fall ist das nicht sonderlich schwierig. „Hier ist er!“gemeint ist natürlich der kleine Bogen, auf ihrem Rücken. Eilig nimmt sie ihn herunter, den immer noch haltenden Pfeil dabei ein paar Mal gefährlich nachlässig durch die Luft schwenkend. Alles ein bisschen viel für ihre Hand-Augen-Koordination, zumal sie aufgeregt ist und die leichte Sorge dazu kommt, er könne tatsächlich jetzt essen wollen. Doch die Kleine schafft es den Bogen abzunehmen und sich dabei nicht das Gesicht zu zerschrammen. Triumphierend hält sie den Bogen nach oben, während ihr langsam aufgeht dass sie selbst wohl damit schießen soll. „Ich soll’s tatsächlich lernen?“ man sollte meinen die Kulleraugen können nicht noch größer werden, sie tun es aber. Sie schweifen von seinem Gesicht zum Bogen in ihrer Hand und dann zum Pfeil in der anderen, hin und wieder zurück. „Damit?“ Natürlich damit, oder nicht? Aber irgendwie… suchend sieht sie den Bogen an, dann auf die Wiese und schließlich zu Kelian. „Aber die Sehne fehlt.“ Natürlich weiß der kleine Schlaukopf dass er den großen Bogen auch erst hier gespannt hat, aber wer weiß, am Ende hat er für den zweiten Bogen keine dabei?


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