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Dark water

Rondra
29. Heuert 1461

Oh, natürlich sind sie nicht zum Zielen gemacht, das ist im Eifer des Gefechts tatsächlich entfallen, wie töricht und in diesem Augenblick kommt sie sich nicht gescheiter vor als die eigene fünfjährige Tochter. Natürlich hat er Recht, wie auch nicht? Aber das ändert nichts daran dass sie den Bogen noch einmal in Aktion sehen will, oder vielmehr sehen und spüren.
Ganz umfangen von ihm und doch erstaunlicherweise mit dem Kopf bei der eigentlichen Aufgabe. Es ist perfekt in diesem Augenblick. Nichts, gar nicht würde sie jetzt ändern wollen und dann sind da seine Worte. Sie machen die Blonde still, sehr still, aber auf eine gute Art und Weise. Ihr Mund ist trocken, das Herz macht einige freudige Sprünge, doch bevor Rondra dem etwas entgegnen kann, spürt sie den Zug seiner Hand auf der Sehne. Also erst den Pfeil. So ganz mag ihre Aufmerksamkeit auch diesmal nicht auf dem Geschehen liegen. Nach diesem Geständnis, was kaum eines ist, denn eigentlich wissen sie längst wie es um sie steht und doch wird’s kaum ausgesprochen, kreisen die Gedanken in ganz andere Richtungen als der surrende Pfeil. Natürlich hat sie sich zumindest soweit konzentriert dass sie zumindest die Richtung anpeilt und auch das Gefühl des Bogens in den Händen wahrnimmt – doch dies Gefühl ist deutlich überlagert von dem Bewusstsein seines Körpers an ihrem. Diesmal verschließt sie die Augen nicht und das gemeinsam abgefeuerte Geschoss denkt nicht mal im Entferntesten daran in der Scheibe zu landen. Es geht darüber hinaus und landet mit einem leisen Knacken im Unterholz des beginnenden Waldes. Rondra nickt, diesen zumindest würden sie wohl wiederfinden, wenn die Stelle nicht widererwartend unwegsam ist.
Sekunden bleibt sie einfach still stehen, ohne sich zu regen. Das Heben und Senken seiner Brust an ihrem Rücken ist so deutlich zu spüren, Zeichen der Nähe und selbst jetzt eine unglaubliche Geborgenheit ausstrahlend.
Ja, sie schaffen heute eine Erinnerung – und das Weib dass sie diese mit sich herumtragen würde und von ihr zehren würde an Tagen der Trennung, Tagen der Zweifel und Traurigkeit, die sicherlich irgendwann wieder über sie hereinbrechen würden. Viel zu selten ist es ihnen vergönnt solche strahlenden Erinnerungen zu kreieren. Es ist nicht ihre Schuld, es liegt an der Art ihrer Liebe, aber gerade das macht diesen Tag zu etwas sehr besonderem und die Erinnerung zu etwas mit unschätzbarem Wert, für Rondra. Es sind schon so viele Erinnerungen aus den letzten Wochen und Monaten, die meisten davon in seinem Haus geboren. Es ist zu einem Heim für sie geworden, wenn auch ein heimliches und die kleinen fest verankerten Szenen in ihrem Herzen will sie alle nicht missen, im Gegenteil, sie ist nur allzu bereit diesem Kapitel ihres Lebens noch weitere Seiten hinzuzufügen. Doch die Seiten, die sie außerhalb seiner vier Wände geschrieben haben, haben etwas an sich was sie besonders berührt, vielleicht weil es nicht so viele sind. Die Doppellilie, Abende im Löwen, verschwommen auch die Hochzeit, die Hütte im Wald, mit Johanna auf dem Markt – und nun die Waldwiese.
Nach einer gefühlten Ewigkeit schweift ihr Blick kurz hinüber zu der Schlafenden. Ein mittelgroßer grün goldener Punkt auf der Decke – immernoch friedlich schlummernd. Liebes Kind, fast ist diese nicht vorhandene Zweisamkeit wie ein kleines Geschenk.
Rondras Hand löst sich vom Holz des Bogens und zögerlich auch von der Sehne, doch sie muss es wohl tun, wenn sie sich umdrehen will und der Wille ihn anzusehen ist mächtig. Die Blauaugen liegen hell und zärtlich auf seinem Gesicht, als seine Worte wieder in ihrem Herz zu schwingen beginnen. Sie liebt ihn. Wie kann etwas so klar und einfach sein und doch gleichzeitig so kompliziert und aussichtslos? Manches Mal hat sich Rondra schon gefragt ob es einfach der Rausch des Neuen, des Schwierigen und Verbotenen ist, was die Gefühle für ihn derart hochschlagen lassen. Ob es so sein würde wie mit vielen Verliebtheiten, nach einiger Zeit abgeflaut und abgestanden. Wie kalter Tee, der zuerst durchaus noch zu schmecken weiß, aber schnell, sehr schnell seine Bitterstoffe freisetzt und bald ungenießbar wird. Das Weib weiß sehr genau wovon sie spricht, oder vielmehr woran sie denkt. Oh, nicht einmal ein Engländer könnte solchen Tee mögen. Ist es so eine Verliebtheit? Rondra zweifelt daran, auch wenn sie das Gefühl nicht richtig zu umschreiben vermag. Um bloße Verliebtheit zu sein, fehlt ihnen die Leichtigkeit, die diesem Gefühl innewohnt, die Unbefangenheit mit der man es normalerweise auslebt. Das Ablegen des Eherings hat mit all dem wenig zu tun. Die Gefühle waren vorher da und sind unberührt geblieben von der Aufhebung ihres Bundes. Es mag seltsam sein, doch viel hat sich nicht geändert, all das mag nun etwas weniger skandalös sein – doch es ändert nichts daran dass ihre Liebe nicht offen zu zeigen ist, auch kein noch so ziemliches werben. Das ist der Grund weshalb Rondra ihr Liebe nicht in Worte fasst, die Angst die Aussichtslosigkeit könnte noch quälender werden, wenn sie die Gefühle beim Namen nennt.
Sein Gesicht auf diese Weise in der Sommersonne zu sehen ist neu. Begeistert saugen ihre Augen die neuen Farbnuancen seiner Grauen auf. Neuland. Wie sich wohl sein dichtes Haar anfühlt, wenn es von der Sonne aufgeheizt ist? Der Geruch seiner Haut? Jetzt, nach einigen Stunden hier draußen auf der Waldwiese, verwöhnt von den warmen Sonnenstrahlen. Ihr Blick senkt sich versonnen, er bleibt auf seiner Halskuhle liegen, wo sein Herzschlag seine Haut sachte beben lässt. Es verwundert vermutlich nicht dass Rondras Verlangen die Lippen nun genau dort zu platzieren ihr deutlich ins Gesicht geschrieben steht.
„Es…“ Ach nein, das soll sie nicht sagen, fällt Rondra wieder ein. „Ich soll mich nicht entschuldigen, hm?“ leise und etwas rau gemurmelt, mit einem Hauch Belustigung in der Stimme. Johanna schläft, oder nicht? Verschwommen in den Augenwinkeln ist der regungslose Punkt sichtbar. Ein kurzes absichern, denn vollkommen wahnsinnig ist die Blonde nicht, zumindest noch nicht. Rasch schiebt sich ihr Kinn nach vorn und ein Stückchen nach oben, überbrückt die Distanz zu ihm, sodass sich ihre Lippen für einen kurzen Augenblick vorsichtig auf seine legen können, einen winzigen Augenblick bitte nur. Vorsichtig, weil sich Rondra bewusst ist dass küssen nicht dazu gemacht ist Verlangen zu stillen. Er sollte nur einen Wimpernschlag andauern, doch wehe wer einmal damit angefangen. Ein sachtes Streicheln ihrer Lippen, mehr sollte es nicht werden, doch es fällt unendlich schwer sich selbst im Griff zu behalten, denn ihre Gedanken werden bestätigt, es fühlt sich betörend gut an ihn hier zu küssen.

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Kelian_


Perfect World
29.07.1461


Rondra...nicht... Weder bestimmt, noch besonders energisch kommen die Worte über meine Lippen, als ich erraten habe, was sie vor hat. Nein, Umdrehen ist das erste Übel in dieser Reihe von schlechten Entscheidungen und doch wehre ich mich wirklich nur bedingt dagegen. Nur noch ein Kopfschütteln, was das Entschuldigen angeht, ein Sinken lassen des Holzes und der Sehne als sich ihr Wunsch so deutlich auf ihrem Gesicht widerspiegelt und schließlich ein Ergeben in mein Schicksal. Nur ein Liegen, ein Berühren der Lippen am Anfang bevor sie sich langsam anfangen zu bewegen, wie von alleine und ohne mein Zutun. Längst schon ist der Bogen aus meiner Hand geglitten und es fehlt nicht viel, sie würde lernen wie ich rieche, wie sich mein Haar nach solch einem Tag in der Sonne anfühlt. Meine Gedanken rasen, sind weit unseren Handlungen voraus und sie helfen mir nicht. Genauso wie wir hier stehen, nur gleiten meine Hände über ihr Kleid, öffnen in einem Zug die Schnüre nur um zärtlich ihre Schultern zu berühren und das Kleid abzustreichen. Ein sanftes Hin- und Herwogen zwischen Leidenschaft und Zärtlichkeit, ein Aneinanderpressen der Körper bevor schließlich endlich die Sachen weichen müssen. Das Wissen um die Nackheit unter dem teuren Stoff, die eigene Erregtheit ob der Dauer des lang ersehnten Wiedersehens.
Trotz dieser wunderschönen Vorstellung, trotz meines Wissens wie schön es zwischen den Blumen wäre, dass es neue Dinge zu entdecken gäbe, wiederhole ich meine Worte. ...nicht. Schon längst hat sich meine Hand an ihren Hals gelegt, sie fester an mich gezogen ohne dass ich auch nur etwas bewusst wahrgenommen hätte davon. Es ist einfach passiert. Weil ich sie liebe, weil ich sie zu jeder Zeit begehre, weil - ja weil sie einfach sie ist. Ich trete einen Schritt zurück, meine Finger gleiten langsam ihre Haut entlang, den wenigen Ausschnitt den sie finden können nutzend, bevor ich noch einen Schritt rückwärts mache. Es fällt mir bei Weitem nicht einfach, aber ich habe den Part des Vernünftigen übernommen. Tonlos, mit einem verheißungsvollem Lächeln formen meine Lippen. Heute Abend. Mein Gesicht nimmt einen schuldhaften Ausdruck an. Als ob ich etwas angestellt hätte, was ich zutiefst bereue. Es sind zwei Dinge. Zum einen, dass wir beide uns nicht über die ganze Wiese in diesem Moment küssen bis wir die beiden Pfeile gefunden haben und zum anderen, dass ich trotz meiner Beherrschtheit den Kuss nicht unterbinden konnte und die Beziehung zwischen Mutter und Tochter gefährde. Ein neues Gefühl, welches sich da einschleicht, wohl aber für diesen Ort beziehungsweise für Tage zu dritt reserviert ist. Ich geh die Pfeile suchen, mein Weib. Ein Signal, dass ich keineswegs böse bin, dass es natürlich nichts mit ihr zu tun hat. Die zwei Schritte, die ich gerade rückwärts gegangen bin, die gehe ich nun wieder vorwärts, nur an ihr vorbei. Nicht jedoch - natürlich nicht - ohne meine Finger kurz ihre berühren zu lassen, den Bogen aufzuheben und mich erst dann zu trollen. Eine Möglichkeit für uns beide uns abzukühlen, wieder einmal am heutigen Tage. Mein Kopf findet den Blick über die Schulter, ein Lächeln auf den Lippen, welches eindeutig aussagt, wie ich mir den Abend vorstelle, dass ich mich heute Abend in keinem Fall wieder abkühlen würde. Reden? Minimal. Die nackten Füße kämpfen sich noch einmal über die vielen grünen Halme auf der Wiese. Auf den ersten Pfeil trete ich, das Holz knackt unter meinen Füßen und ich schimpfe leise. Zu leise um am anderen Ende der Wiese gehört zu werden. Ich hebe ihn trotzdem auf. Zumindest die Pfeilspitze, sowie das Gefieder könnte ich noch einmal verwenden. Immer weiter führen mich meine Schritte, weg von den beiden. Ich bemerke nicht, wie Rondra mit sanften Worten und Berührungen das kleine Mädchen weckt, welches sich verwirrt und verschlafen umschaut, bevor die ganzen Erinnerungen an das Bogenschießen wieder auf sie einströmen. Ich selbst bin zu der Zeit schon längst im Unterholz verschwunden, vorsichtig einen Fuß auf den anderen setzend, um nicht noch anderes mit ihm zu zerbrechen, vor allem aber um mir keine Verletzungen zuzuziehen. Als ich zurückkehre steht das kleine Plappermaul schon längst nicht mehr still, vor allem nicht als sie erfährt, dass auch die Mutter geschossen hat und sie nicht dabei war. Nun, es wäre auch komisch gewesen, wenn sie uns beim Knutschen zugesehen hätte, nicht wahr?

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Johanna_fugger


29. Heuert 1461

Tief ist das kleine Mädchen im Reich der Träume versunken, einige Augenblicke wird die erst streichelnde, dann neckend kitzelnde Hand der Mutter einfach mit in den Traum eingebaut. Langsam wird sie der Umarmung des Schlafes entlassen, die Augen öffnen sich schwerfällig, um mehrmals wieder zuzuklappen, doch irgendwann nimmt Johanna das Antlitz der Mutter nicht mehr verschwommen wahr, sondern schärfer und schärfer. Schließlich setzt sie sich auf, erst verwundert ob der Umgebung, doch die Erinnerung setzt schnell ein.
Du hast mit dem großen Bogen geschossen?!“ ungläubig stößt sie es wenig später hervor, dabei spielt auch keine Rolle dass Kelian der Mutter geholfen hat. Mehrmals wird die Frage wiederholt und Rondra ist schon beinahe beleidigt wie lange es dauert bis es keine Frage mehr ist, sondern eine gehauchte Feststellung.
Die Zeit zum Aufbruch naht, die beiden fehlenden Pfeile bringt der neue große Freund zurück, wobei der kaputte Schaft des einen Bestürzung in das kleine Gesichtchen treibt. Es dauert bis sie nicht mehr ständig davon redet und die Augen nicht mehr ganz so bedröppelt schauen. Doch die eifrigen Versicherungen der beiden Großen heben Johanna schließlich über diesen Schrecken hinweg.
Wieder ist es die Mutter die den nun beinahe leeren Korb trägt und Johanna schiebt ihre kleine Hand in die andere. Kurze Nickerchen scheinen zu genügen, denn kaum haben sie den Pfad erreicht hüpft die Kleine wieder vergnügt zwischen Licht und Schatten umher, den die Sonnenstrahlen und die Bäume zeichnen. Kein angenehmes Geruckel und Gezerre am Arm der Mutter, aber Rondra würde um nichts in der Welt die Hand loslassen, die sie so eifrig festhält.
Genauso wie die Beinchen nicht stillstehen mögen, genauso verhält es sich auch mit dem Mund. Ein jeder Schuss muss noch einmal lang und breit in Erinnerung gerufen werden, dann die Teigtaschen und dass sie die Glückliche heute ist. Ach, nur einmal herrscht einen Augenblick Pause im stetigen Wortgeplätscher. Denn ihr fällt ein dass sie über das Schlafen ganz die Blumen vergessen hat und Laverna soll doch auch etwas von diesem Tag haben, wenn sie schon zu Hause bleiben musste, mit Nora. Hast du nicht gesehen, geht es an den Wegesrand der auch noch recht gut mit Wildblumen bestückt ist.
Ein kleiner Moment der nicht ungenutzt bleibt. Die Lücke, die das kleine hüpfende und springende Energiebündel zwischen den beiden Erwachsenen hinterlässt, wird durch ein wie durch ein beiläufiges Hinübergleiten von Rondra, während sie dem Kind hinterher sieht, geschlossen. Flüchtig, wie zufällig stößt ihr Handrücken gegen den des Liebsten, entfernt sich wieder, um das Spielchen bei der nächsten Bewegung zu wiederholen – und diesmal für einen Moment die Finger an seinen entlanggleiten zu lassen. Das Gesicht dabei starr und verzückt auf die Tochter gerichtet.
Schließlich ist ein bunter Strauß entstanden, den eine kleine Hand kaum zu umfassen vermag und freudestrahlend geht es weiter, in Richtung Heim.
Vor dem Haus in der oberen Kirchstraße dauert die Verabschiedung eine ganze Weile. Nochmal muss versprochen werden den Tag zu wiederholen, irgendwann, wenn er Zeit hat – natürlich würde es die Mutter erlauben, die zumindest nickt dazu bestätigend. Nochmal muss das Holz des Langbogens ehrfürchtig gestreichelt werden, bis nach einer kleinen Ewigkeit die Beinchen endlich über die Türschwelle hüpfen.
Was bleibt ist die nach außen recht förmlich anmutende Verabschiedung der beiden Erwachsenen, ein freundliches, dankbares Lächeln der Blonden an den Engländer, immerhin hat der Wappenmaler der Steiermark der Kleinen einen unvergesslichen Sommertag geschenkt, ein Grund für gute Laune bei der Gräfin. Doch es sind nicht nur verabschiedende Worte die sich leise den Weg bahnen, sondern auch das wohlverpackte Versprechen auf die folgende, gemeinsame Nacht.


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Kelian_


Falling awake
08.-12.08.1461


"You never get to choose
You live on what they sent you
And you know they're gonna use
The things you love against you
Theres never time to save
You're paying by the hour.
"


Schließlich mache ich mich daran, das Haus aufzuräumen. Aus dem Hinterhof steigt dunkler Qualm auf, ich verbrenne das obligatorische Bild. Aus der Küche ist Lärm zu hören, das Aufsammeln von Scherben und von leeren Flaschen, sowie immer wieder Holzstücke, die zu dem Bild ins Feuer geworfen werden. Eine Party? Nein, nichts dergleichen, nicht einmal viele Menschen, die zu Besuch waren. Ganz im Gegenteil nur ich und mein Gedanken für die vergangenen Tage, bevor mein persönlicher Lichtstrahl mich ein wenig aus der Dunkelheit zurückgeholt hat. Wo beginnen? Sieben Jahre ist es her, dass diese Zeit begonnen hat für mich mein persönlicher Albtraum zu werden und es wäre mir erst in diesem Jahr fast passiert, dass ich es einfach vergessen hätte. Vergessen ob der Tatsache, dass ich trotz all der Geheimnisse und der Verdrehtheit in unserer Beziehung glücklich bin mit Rondra. Ob es jemals mehr sein könnte, ob es für die Ewigkeit ist, ist dabei nicht sehr von Belang. Es geht um das Hier und Jetzt. Dies gestaltet sich sehr gut bis auf die Tage, an denen ich sie nicht sehen kann. Den Moment sie davon abzuhalten nach Leoben zu reisen, habe ich verpasst. Einfach den Moment in dem es angemessen gewesen wäre sie zu bitten bei mir zu bleiben. Vielleicht hätte es auch komisch angemutet und so bin ich allein gewesen. Allein mit mir und der Dunkelheit meiner Gedanken, die vielfältig sind. Sie hatten sieben Jahre Nahrung, sieben Jahre, um noch weitere hinzuzufügen. Das Ereignis selbst, wie ich erwacht war aus dem Delirium. Wochenlang hatte ich selbst mit dem Tod gerungen, versucht das Fieber zurückzudrängen und die anderen Symptome bis es mir schließlich als einer der wenigen gelungen war, nur zum zu erfahren, dass meine Tochter bereits der Hitze in ihrem Körper erlegen ist. Zu klein, zu schwach um zu überleben. Nicht einmal Zeit gehabt darüber nachzudenken, war ich an das Totenbett meiner Frau gekehrt, denn anderes war es nicht. Drei Tage hatte sie länger gekämpft, bevor auch ihr Körper aufgegeben hatte und sich die bleiernde Schwere der Gewissheit über mich gelegt hat. Meine Familie war gestorben und ich der einzige, der überlebt hatte. Warum? Immer wieder habe ich mir die Frage in den letzten Jahren gestellt, allerdings nie eine Antwort gefunden. Vielleicht liegt sie in Rondra, vielleicht können wir uns gegenseitig helfen. Wer weiß es schon. Ich weiß nur, dass ich die letzten Jahre meine ganz eigene Art entwickelt habe, damit umzugehen. Viel Rum. Viel Frauen. Ein widerwärtiges Ich. Überflüssig zu erwähnen, dass ich natürlich schon nicht der Kerl war, den Rondra so oft erlebt. Sie weckt das Beste in mir. Nein, ich war fürchterlich zu vielen dieser Frauen, aber es war niemand dabei, der mir auch nur im Ansatz etwas bedeutete. Trotz allem verfolgen mich diese Begegnungen. Vor allem nun, da ich nur noch die Möglichkeit habe, mich mit Rum zuzuschütten.
Genau dies ist geschehen. Am Freitag, am Samstag bis in den Sonntag hinein. Ich weiß nicht, was mich geritten hat, doch da war diese grandiose Idee in den Löwen zu gehen. Ich habe mich gewaschen, rasiert und meine schlechte Laune unter die Menschen gebracht. Doch wie könnte ich böse zu Rondra sein? Nur bedingt und am Ende hatten wir das Wirtshaus gemeinsam verlassen, sie natürlich in dem Glauben, dass wir zu mir gehen würden. Leise habe ich ihr an der Ecke zur Straße zum Markt eröffnet, dass ich sie nicht mit zu mir nehmen könnte und so hatte der Abend seinen Lauf genommen, denn schließlich hatte sie den Wunsch geäußert mir beizustehen, wie auch immer. Es war wohl der merkwürdigste Abend, den wir jemals zusammen erlebt haben. Meine Stimmungsschwankungen zwischen gut und böse, zwischen heiß und kalt, ihr Unwissen mit mir umzugehen, so wie ich mich benommen habe und schließlich haben wir die halbe Nacht auf dem Hof verbracht unter den Sternen und sie hat mich abgelenkt. Leise Worte, Geständnisse und Geschichten, Schweigen. Nur die Sterne und wir. Ich hatte ihr von Lucy erzählt, wie sie sich über mich lustig gemacht und mich zur Weißglut getrieben hat. Wie wir gestritten haben, unseren Alltag. Nicht in der Absicht sie zu verletzen, sondern um mich abzulenken. Zwischendurch immer wieder verdrehte Liebesgeständnisse bis wir schließlich ob der Kälte den Ort hatten wechseln können. Vorsichtig haben wir uns durch das Haus bewegt, schließlich habe ich es doch recht gut verwüstet. Zurück im Schlafzimmer hatte ich einen weiteren Anfall von Sexwut, wie ich sie schon öfter an diesem Abend verspürt hatte - keinesweg fremd an diesen Tagen. Der Unterschied zu davor? Ich hatte mich nur bedingt zurückhalten können. In diesem Fall ist es eben doch zu einfach für einen Mann. Fest in meinen Armen, ein wilder Kuss und doch nur ein kleiner Ausflug an den Abgrund, in den andere Frauen ganz hineingefallen waren. Nie gegen ihren Willen, aber wie kann man einen Willen haben, wenn man betrunken oder bewusstlos ist? Die Angst vor der Erinnerung, vor mir selbst an diesen Tagen hat sie mich schließlich genauso schnell wie es gekommen ist, wieder loslassen lassen. Wie könnte ich auch nicht? Eine ganze Weile bin ich hin und hergetigert, wütend auf mich selbst, bevor sich wieder dasselbe Bild wie im Hof geboten hat. Ich friedlich in ihren Armen. Ohne Worte. Es hat nicht lange gedauert, bevor ich in ihren Armen eingeschlafen bin. Kein Schlaf der Gerechten, immerhin sind es all die Erinnerungen, die mich quälen. Ein leichter, oberflächlicher Schlaf, aus dem ich oft aufgeschreckt bin bis ich schließlich neben ihr wach lag, die Augen an die Decke, grübelnd. Pünktlich mit den ersten Sonnenstrahlen ist es schließlich meine Stimme, die sie aus ihrem Schlaf reißt. Schlaf mit mir, Rondra. Absolut selbstsicher, meine Hand, die schon unter 'ihr' Hemd kriecht.
Dies alles ist Stunden her. Meinen Frieden habe ich mit der Zeit in jedem Fall noch nicht gemacht, aber immerhin habe ich einen der Tage nüchtern verbracht. Zu verdanken ist dies Rondra. Sogar ein Lächeln ist auf meinem Gesicht, während ich die zerstörten Dinge wegräume und schließlich in der Küche knie, um die Reste der zerbrochenen Rumflasche zu beseitigen.

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Rondra
16. Ernting 1461 gegen Mittag

Die Fuggerin hat die Kutsche gewählt, fürs Erste. Ehlania, ihre Stute, wird natürlich mitgeführt, doch daran in den Sattel zu steigen ist nicht zu denken, nicht heute, vielleicht morgen, oder gar erst übermorgen.
Übermüdet sieht sie aus, blass und mit dunklen Schatten unter den Augen. Ja, zum ersten Mal könnte man die Schwangerschaft vielleicht erahnen, auch wenn ihre Verfassung überhaupt nicht darauf zurückzuführen ist. Schlecht gelaunt ist sie obendrein, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ihre Lust sich nach Straßburg zu begeben hält sich immer noch in Grenzen, natürlich. Was sollte sich daran auch ändern? Diese Stadt ist kein Pflaster für ihre Familie und würde es wahrscheinlich auch nicht mehr werden. Außerdem ist es in ihrem Gefährt viel zu warm, die Blonde hat extra ein Kleid aus leichtem Stoff gewählt, trotzdem scheuert das edle Leinen an den geschundenen Hautstellen unangenehm. Nichts was man sehen könnte, auch darauf hat sie geachtet – selbst für ihre Verhältnisse ist das Kleid recht hochgeschlossen.
Zu guter Letzt gab es an diesem Tage schon viel zu viele Abschiede. Natürlich vor wenigen Minuten der von den Kindern und Laverna. Johanna mochte die Mutter gar nicht loslassen und immer wieder musste sie noch einmal die Ärmchen um sie schlingen. Alt genug um zu verstehen dass es wohl ein Abschied für einige Zeit sein würde ist das Mädchen – und natürlich ist die Angst groß auch die Mutter könnte nicht zurückkehren.
Wenige Stunden davor, noch in der Nacht, der Abschied vom Liebsten, auf groteske Weise ähnlich verlaufen ist wie der von der Tochter. Sich nicht lösen können, immer noch einmal ein Kuss, eine Umarmung, anschmiegen und festhalten – und das wo man die Nacht gemeinsam verbracht hatte und auch die Reise gemeinsam antreten würde. Diese Nacht, was für eine Nacht. Ganz die Seine, auf eine ihr so fremde, beängstigende und doch berauschende Art und Weise. Vielleicht würde sie darüber nachdenken müssen, später, wenn es ihr Kopf erlauben würde – was äußerst zweifelhaft ist.
So zuckelt die fuggersche Kutsche, flankiert von einigen Wachen dem Grazer Stadttor entgegen, auf dass dieses seltsame Spiel beginnen möge, auf das niemand erpicht zu sein schein, das jegliche Regeln entbehrt und dessen Einsatz für die Familie doch unermesslich zu sein scheint.

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Kelian_


Without you
16.08.1461


Als der Morgen endlich graut, sind die Spuren der Nacht schon lange verschwunden. Der Tisch steht an seinem angestammten Platz, die Scherben des Kruges sind aufgesammelt. Ihr Kleid ist mit ihr verschwunden, dass Hemd welches sie an hatte, kleidet zur Zeit noch mich. Es riecht leicht nach ihr. Die Stimmung in meinem Haus steht auf der Kippe. Da ist diese phantastische Nacht, die wir miteinander verbracht haben, auch wenn der Start wohl eher kein Traum war. Ein Streit, der unsinniger nicht hätte sein können - ja selbst das Thema geht mir nun vollkommen ab. Doch er hatte zu Dingen geführt, die ich mir mit ihr nie zu träumen gewagt hätte und doch hat es auch Spuren hinterlassen, die mir in Erinnerung gerufen haben, warum dies selten passieren würde. Später noch am Abend habe ich mir eben diese Stellen angeschaut und mit zarten Küssen bedacht. Rote Male von meinen Zähnen über den Körper verteilt, an Brüsten, Schultern, sicherlich auch am unteren Hals und am Rücken - auch wenn die wohl von der Wand stammen. Ich hingegen habe ähnliche Probleme, der Stoff des Hemdes reibt auf meinen Schultern mit jedem Schritt, den ich mich bewege. Die Kratzer sind nicht tief, aber dafür recht schmerzhaft. Das Brennen wird mich wohl für die nächsten Tage begleiten, genauso wie der schmerzende Rücken. Die Aussicht darauf, die nächsten Tage, ja vielleicht sogar Wochen auf einem Pferderücken oder in der Kutsche zu verbringen, scheint die Schmerzen nur zu verstärken. Auf der anderen Seite sind da die Gedanken an den bereits vollzogenen Abschied, auf die Worte und die Wochen, die vor uns liegen. Würden wir wirklich Zeit nur für uns finden? Zeit für Berührungen, für wahre Worte? Meine Zweifel daran vergrößern sich mit jedem Moment, in dem der Zeitpunkt der Abreise näher rückt.
Die Sachen, die aus meinem Schrank in das Gepäck wandern, sagen mir alle nicht wirklich zu. Nicht, weil ich sie nicht mehr hübsch finde, aber weil sie nicht angemessen wären. In keinem Fall, vor allem aber nicht für den Besuch an des Kaiseres Hofe. Nun, weder das Geld noch die Zeit hätten für eine neue Garderobe ausgereicht, so dass sowohl ich als auch die Weiber damit klarkommen müssten. Ach und natürlich der andere Kerl, Kasperle. Ich weiß, dass ich seinen Namen bereits gehört habe, aber es ist nichts, was bei mir wirklich klingelt.
Zur Mittagszeit schließlich, den guten roten Mantel auf den Schultern, das Schwert umgebunden, mein Pferd in der Hand - natürlich ist Arsen damals nicht zum Schlachter gelangt, sowieso von Anfang an war dies nicht mein Vorhaben gewesen, schon gar nicht aber, nachdem er mir solches Glück gebracht hat - am Sattel ist das Schild angebracht. Alles in allem sehe ich schwer bepackt aus, bereit für eine Reise, die unter Umständen Monate dauern könnte. Es gibt diese Seite in mir, die sich darauf freut, aber auch eben jene, die es nicht macht. Erstere ist die, die froh darüber ist sich mal wieder die Beine richtig vertreten zu dürfen. Die zweitere ist die, die sich darüber bewusst ist, wie gefährlich und ungewiss diese Reise sein würde, welche Risiken eingehen. Für manche von uns bekannt, für andere unbekannt. Da ist das Kind, welches Rondra und ich erwarten. Es könnte schwierig werden, wenn wir zu lange bleiben. Dann ist da der nahende Winter - denn wahrscheinlich können wir gar nicht in anderen Dimensionen denken.
Schon von Weitem sehe ich die Kutsche, welche der Fuggerin gehört, allerdings ist bisher nur die eine da, die zweite fehlt noch. Ich bin gespannt, wirklich.

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Rondra
Zwischenspiel
16. auf den 17. Ernting 1461 nachts, in irgendeinem Gasthof irgendwo an den Reiserouten westlich der Steiermark


Der erste Reisetag, eigentlich war es ja nur ein halber Tag, hat bereits seine Spuren hinterlassen. Die Blonde fühlte sich wie gerädert als sie sich kurz nach der Ankunft schon zurückgezogen hat. Jeder einzelne Wirbel scheint ein glühendes Stück Kohle zu sein – und ihre Muskeln hart wie Stein, ebenso gut könnte sie sich unmittelbar vor der Niederkunft befinden, zumindest gefühlt. Wie um alles in der Welt hat sie unmittelbar vor Noras Geburt bis nach England geschafft? Nur das nötigste von ihrem Gepäck für die Nacht hat sich Rondra heraufbringen lassen und eine Schüssel mit heißem Wasser. Diese kleine Freude hat sie allerdings kaum richtig genutzt, denn kaum war sie soweit entkleidet, da erschien das Bett allzu verlockend. Hinlegen, Arme und Beine ausstrecken und den Rücken entlasten, nur kurz…
„Kurz“ ist eine ziemlich ungenaue Zeitspanne und liegt im Ermessen eines jeden Einzelnen. Dieses „kurz“ ist recht lang gewesen und für das Weib dennoch längst nicht lange genug. Stockfinster ist es in der Kammer, als sie die Augen aufschlägt. Es dauert bis ihr Kopf so weit ist, wie die Augen und sich Rondra daran erinnert wo sie sich gerade befindet, allerdings gibt das immernoch schwelende Feuer in ihrem Rücken einen dezenten Hinweis darauf. Auch wenn die Müdigkeit noch nicht ganz von ihr gewichen ist, ist sie wach genug um die Geräusche des nächtlichen Gasthauses wahrzunehmen. Leises Stimmengemurmel, weit entfernt aus der Schankstube und nicht zu verstehen. Viele Gäste außer ihnen sind es ohnehin nicht, man hat dafür gesorgt dass man unter sich bleibt und sich nicht noch ungebetene Scherereien einsammelt. Gedämpft scharrende Schritte, mal näher, mal weiter weg, zwischendurch verharrend – die Wache, offensichtlich. Je länger sie der sonstigen Stille lauscht, desto wacher wird ihr Geist. Und plötzlich ist er da, der Gedanke daran was heute für ein Tag ist, denn dass die Nacht die Tagesgrenze bereits überschritten hat ist sicher. Ihr Geburtstag, der vierundzwanzigste. Johanna hatte in Graz getobt dass sie nicht zu Hause sein würde um zu feiern. Undenkbar, nachdem sie auch schon den Geburtstag des Vaters im Winter nicht alle gemeinsam verbracht hatten, nun musste das Mädchen auch noch um den Geburtstag der Mutter gebracht werden. Kein Frühstück im Bett, welches sie, Johanna, allein zubereiten würde. Kein Geschenkeraten, kein Spaziergang mit Blumenpflücken und Picknick. Oh ja, sie hat getobt und doch hat es nichts genutzt, die Abreise stand unumstößlich fest und so ist dieser Tag eine weitere Enttäuschung für das Mädchen, wie so viele in diesem Jahr.
Trübe Gedanken die sich da einschleichen und die Nacht noch dunkler machen. Doch eben diese Gedanken hangeln sich weiter, bilden neue Konstrukte und nehmen andere Formen an – bis sie schließlich bei ihm ankommen. Kelian. Nein, sie hat nicht erwartet dass sich die Möglichkeit auftun würde diese Nacht gemeinsam zu verbringen, es ist die erste von vielen und nur weil es ihr Geburtstag ist… nur weil. Das Kästchen fällt ihr ein, wobei sie es nichtmal wirklich vergessen hatte, natürlich nicht. Im letzten Augenblick, bevor sie aus seiner Haustür geschlüpft ist, hat er es ihr in die Hand gedrückt.
„Öffne es am Samstag." fast meint sie seine Stimme tatsächlich zu hören. Nun, der Samstag mag zwar erst wenige Stunden alt sein, aber es ist Samstag. Wobei sie eine Ahnung hat, natürlich hat sie sich die Holzarbeit bereits angesehen, sie ist eine Frau und natürlich neugierig, immerhin hat sie noch nicht versucht es zu öffnen, soweit konnte sie sich zurückhalten. Nun erhebt sie sich vom Bett, um das Kästchen zu sich zu holen. Die schlanken Finger finden es gleich, zumindest nachdem sie eine Weile damit zugebracht hat sich zurecht zu finden und ein Öllämpchen zu entzünden.
Groß ist es nicht, Rondra kann es leicht in einer Hand halten, wenn sie es so aber auch nicht zu umschließen vermag. Das glatte, dunkle Holz schmiegt sich angenehm in die Hand, während Rondra damit zurück zum Bett geht. Sie lehnt sich mit dem Rücken halb gegen das Kopfteil des Gestells, halb gegen die Wand, die Füße aufgestellt und die Beine angezogen. Das Kästchen auf den Knien balancierend und es betrachtend. Ein filigranes Werk, es ist rechteckig, die Längsseiten und den Deckel zieren Lilien, herausgearbeitet aus dem Holz. Lilien. Sie verfolgen sie, eigentlich schon immer, aber so richtig seit Rondra selbst sie heraufbeschworen hat. Nicht immer gefällt es ihr, heute allerdings schon.
„Peverell, du beliebst zu scherzen, dein ‚Dings‘ hat ein Schloss...“ leise gemurmelt und doch probiert sich das Weib daran, natürlich erfolgreich, was sie zum nächsten Gemurmel verleitet. „und natürlich bist du dir dessen bewusst…“ als würde sie beobachtet werden verdreht sie die Augen und muss unwillkürlich leise lachen. Er hat sie so vollkommen durchdrungen, natürlich ist er bei ihr. Das hier allerdings würde also warten müssen, so lange wie es ihm beliebt. Fieser Kerl, geliebter Kerl. Noch eine ganze Weile sitzt sie da und betrachtet das Kästchen, bis es schließlich den Weg auf den Nachttisch findet und ihr Kopf wieder in die Kissen. Später, beim Frühstück, oder unterwegs. Heute würde sie nicht wieder in diese Kutsche steigen, um nichts in der Welt und wenn sie auf Ehlanias Rücken vergehen würde.

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Kelian_


Without you
17.08.1461

Wer wäre ich, wenn es mir nicht genauso gehen würde und eben doch nicht. Schmerzhaft sind die Male auf meinen Schultern, der Stoff der ständig darüber scheuert und schmerzhaft ist auch mein Rücken. Viel mehr noch als am Morgen, denn auch wenn die Kutsche der Herzogin wahrscheinlich noch bequemer war als die von Rondra, so ist und bleibt es dennoch eine Kutsche. Ich bin ein alter Mann. Zumindest fühle ich mich so, als wir endlich in diesem Gasthof ankommen, gar nicht so weit entfernt und eben doch. Nicht mein eigenes Bett. Nicht mein eigenes Zimmer. Alle vier liegen wir auf der selben Etage, im selben Bereich, so dass wenige Wachen ausreichen und noch niemand ausgelaugt werden muss, jedoch werden sie so aufgestellt, dass nicht die geringste Chance für mich besteht, dass Weib zu besuchen. Nur ein winziger Blick, den sie wahrscheinlich nicht einmal wahrgenommen hat, bevor sich ihre Tür geschlossen hat und ich die gegenüber benutze. Auf dem Flur? Zwei Wachen, die auf und ablaufen, anderen signalisieren, dass sie nicht erwünscht und zumindest Teile von uns wichtig sind.
Das Zimmer muss ein Spiegelbild von den anderen sein und doch ist mir keine Möglichkeit eingefallen, wie ich dennoch zu ihr gelangen könnte. Unbemerkt. Vor allem, da ich auch wieder zurück müsste. Meine scherzhafte Antwort der letzten Nacht, dass ich es einfach durch ihr Fenster probieren würde, scheint nun noch lächerlicher zu sein. Also war da nur die Möglichkeit, sich mit mir selbst zu beschäftigen und so hatte auch ich mir heißes Wasser bringen lassen, die Kratzer besonders gut gereinigt, die immer noch roten Spuren ihrer Zähne begutachtet, bevor ich auch den restlichen Staub entfernt hatte. Mein Ziel, dass Bett war ebenso schnell erreicht, wie in dem anderen Zimmer, nur bei mir mit Öllampe und Buch. Viel Zeit ist nicht vergangen, bevor auch aus meinem Zimmer, die sonoren Geräusche eines Mannes im tiefen Schlaf gedrungen waren. Erschöpft und ausgelaugt von einer halben Tagesreise - man muss es wohl alt nennen.
Es ist mitten in der Nacht, als ich aufwache und geruhe die Öllampe auszumachen. Wieder der Gedanke, dass es schön wäre nun bei ihr zu liegen, sie sanft zu wecken und ihr selbst zu sagen, wie schön es ist, dass sie geboren wurde. Ein sehnsüchtiges Seufzen, bevor ich meinen nackten Körper wieder unter den Laken verschwinden lasse, um die letzten dunklen Stunden noch zu genießen. Wenn ich gewusst hätte, dass in wenigen Minuten auch das andere Zimmer zumindest kurz zum Leben erwacht, dann hätte ich vielleicht wirklich einen Versuch unternommen. Vor allem aber wäre meine Freude riesig gewesen, wenn ich das kleine Gespräch mitbekommen hätte. Natürlich weiß ich, dass das kleine Kästchen verschlossen ist, denn solange eine Möglichkeit besteht ihr mein kleines Present zu 'überreichen' würde ich es auch tun.
Der nächste Morgen kommt zu früh, bringt immer noch Rückenschmerzen mit sich - und ein Lächeln. Ja, ich habe gute Laune, aber nur weil ich gelernt habe mich von all diesen Dingen abzukapseln. Es sind nicht meine Verwandte, die dort Gefangen gehalten werden - 'nur' die meines Weibes. Da ich mir aber recht sicher bin, dass sie nie mein Weib sein wird, zumindest offiziell und das mich keiner von ihnen akzeptieren würde, kann ich mich emotional weitestgehend raushalten. Irgendeiner von uns müsste einen kühlen Kopf bewahren und in diesem Fall nehme ich mir heraus derjenige zu sein. Es deutet sich an, dass ich mir einen Bart stehen lassen werde, zumindest vorrübergehend, als ich frisch gekleidet und mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen den Schankraum betrete, Frühstück verlange und mich zu den anderen Reisenden begebe. Es ist ein simpler, kleiner Plan, der eigentlich überflüssig ist und mir doch Freude bereitet. Ich habe abgewartet bis ich die Tür gegenüber und vor allem die Begrüßung Rondras für die Soldaten hören konnte, bevor auch ich hinunter gegangen bin. Gut zehn Minuten mag dies her sein. Good morning, ladies. Einmal in die Runde geworfen und gerade als ich mich setzen will, scheint mir etwas ins Auge zu springen. Ich bücke mich, hebe auf was anscheinend dort lag und halte - wem auch sonst - Rondra einen kleinen Schlüssel hin. Anscheinend habt Ihr ihn verloren, Miss Fugger? Ja, wirklich fragend, immerhin könnte er ja auch wem anders gehören, nur meine Augen sprechen Bände, allein für sie. So würde sie nach dem Frühstück die Gelegenheit haben das Kästchen zu öffnen und den ganzen Tag, sich zu rächen oder sich zu bedanken. Wir würden sehen, was eintreten würde.

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Rondra
16. auf den 17. Ernting 1461 nachts, in irgendeinem Gasthof irgendwo an den Reiserouten westlich der Steiermark

Frühstückszeit in irgendeinem Gasthof irgendwo auf ihrer Reiseroute westlich der Steiermark, irgendein Brei. Die Fuggerin will lieber nicht allzu genau wissen was ihr Frühstückskleister so alles enthält. Allerdings muss man ihm zu Gute halten dass er besser schmeckt als er aussieht – allein dass sie ihn probiert hat ist fast eine heroische Tat. Allerdings nicht so ganz, denn nachdem die Wachen ohne mit der Wimper zu zucken gefrühstückt hatten, ist sie sich recht sicher gewesen dass es genießbar ist, was auch immer es ist.
Kaum zu glauben, aber sie ist nach ihrer nächtlichen Wachphase wirklich noch einmal im Reich der Träume abgetaucht. Somit ist das Weib so erfrischt und ausgeruht wie man eben unter diesen Umständen sein kann. Leise plätschert das eine oder andere Gespräch durch den Raum, bisher hat sie sich wenig beteiligt. Einige Anordnungen sind bereits herausgegeben, zum Beispiel die Ehlania heute zu satteln. Sie würde reiten.
Gerade hat sie ihr Mahl beendet, als der Wappenherold herunterkommt. Sie blickt nicht auf, sie spürt dass er es ist. Zu kitschig? Vielleicht interpretiert sie auch nur die Blicke einiger anderen richtig. Jedenfalls ist Rondra nicht weiter erstaunt als seine Stimme den Morgengruß durch den Raum trägt. Ein kurzes Aufblicken, eine leise Erwiderung des Grußes, er soll nicht denken dass….
„Oh…“ die Überraschung ist nicht einmal gespielt, als der Schlüssel in ihrem Gesichtsfeld auftaucht. Zuerst ist sie fast im Begriff zu verneinen, denn sie hat beim besten Willen nicht auf diese Art damit gerechnet. Doch dann schweifen die Blauaugen vom Schlüssel zu seinen grauen – und sie versteht. Ihr Kopf legt sich ein bisschen zur Seite, immernoch verwundert, aber das könnte schließlich auch daher rühren dass sie den Verlust ihres Eigentums noch nicht bemerkt hat. Ihre rechte Hand hebt sich, die Finger legen sich um den Schlüssel und lassen die kleine Gelegenheit natürlich nicht aus kurz über seine Haut zu gleiten und ihm so auf ihre Art einen guten Morgen zu wünschen. „Vielen herzlichen Dank, Kelian, nicht auszudenken wenn er verloren gegangen wäre…“…sie wäre vor Neugier gestorben. Ihr Lächeln ist tief und herzlich. Als gehöre er dorthin schiebt der Blondschopf den Schlüssel in eine Gürteltasche. „Ich hoffe Eure Nacht war erholsam?“ nun denn, vielleicht würden sie es tatsächlich einmal schaffen unverfänglich miteinander zu reden ohne diese unterschwellige Bissigkeit hervorzuholen. Eilig hat sie es gerade nicht mehr, auch wenn der Schlüssel in ihrer Tasche zu glühen scheint. Sie wollte sich ohnehin in Geduld üben. Gäbe es doch nur die Möglichkeit ihn mitzunehmen, irgendein Vorwand. Aber das einzige was ihr einfallen mag ist ihr Gepäck und dafür ist er nicht zuständig – und das weiß jeder.

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Kelian_


Without you
17.08.1461


Keine gespielte Überraschung und wenn es doch so ist, dann ist es perfekt. Das Kribbeln meiner Haut zeigt an, dass ihr Finger die Gelegenheit genutzt hat meinen zu berühren und ein Lächeln erscheint auf meinem Gesicht. Vielleicht ein wenig zu erfreut, aber man kann es auch anders deuten. Sehr gerne, Rondra. Nein, es ist nicht die Betonung ihres Namens den ich wähle, wenn wir beide alleine sind, eher noch fast ein wenig spottend. Plötzlich nennen wir uns beim Vornamen? Meine Augen scheinen dies auch zu versprühen, aber mehr ist es nicht. Nein, im Gegenteil es verschwindet so schnell wie es gekommen ist und so mache ich es eher in anderen Bahnen weiter. Wieder erhoben nehme ich den Brei entgegen, einen Holzlöffel in der Hand und frecherweise ihr gegenüber Platz nehmend. Nicht vorzustellen was passiert wäre, wenn es unbemerkt geblieben wäre. Ein freches Grinsen, bevor ich den ersten Löffel in meinen Mund schiebe. Mich stört es nicht, dass es irgendso ein Breischleim ist, es hat mich noch nie gestört. Egal ob auf dem Schiff und auch nicht in irgendwelchen Gasthäusern. Hauptsache was in meinem Magen und daher würde ich es bis zum letzten Bissen aufessen. Daran erkennt man den Standesunterschied. Stellt Euch nur vor Ihr hättet nie wieder öffnen können, was er aufschließt. Ein kleines Grinsen, bevor ein zweiter Löffel folgt, amüsiert von mir selbst. Ja, ich habe wirklich gute Laune, vielleicht weil ihr Geburtstag ist. Weitere Bissen folgen, schnell gekaut und ebenso geschluckt, als ob ich keine Zeit für das Essen habe. Es sind keine schlechten Manieren, es wirkt nur ein wenig hastig. Die Nacht? Oh, so angenehm wie es sein kann. Ich war einmal zwischendurch wach, weil ich über das Lesen eingeschlafen bin und meine Öllampe noch an war... Aber ansonsten war es sehr ruhig. Ja, wirklich ruhig und für jeden anderen würde es normal und zufriedenstellend klingen. Vielleicht würde sie wissen, dass ruhig der Code für einsam ist. Eine Nacht ohne ihren warmen Körper neben mir, ohne ihren unglaublichen Geruch. Die Schüssel bereits halb leer, führe ich fort was sie angefangen hat. Ein ungefährliches Gespräch, ohne zu große Spannungen zwischen uns. Darf ich mich erkundigen, wie es Eure Tochter aufgenommen hat, dass ich Euch neuerlich entführe? Vielleicht nicht die beste Frage an diesem Morgen, vielleicht auch nicht ganz unverfänglich und vor allem nicht an ihrem Geburtstag, aber etwas, was mich wirklich interessiert und mir dabei hilft, ihre Stimmung gänzlich aufzufangen. Ein Puzzleteil, welches sie mir geben muss, denn es ist nach unserem Abschied und eine Unterhaltung war bisher nicht möglich.

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Rondra
17. Ernting 1461 morgens, in irgendeinem Gasthof irgendwo an den Reiserouten westlich der Steiermark

Der leise Spott entgeht ihr nicht, doch er berührt sie nicht, oder zumindest nicht so wie man es vielleicht annehmen könnte. Es scheint sinnvoll seinen Vornamen zu benutzen, niemanden redet sie so steif an wie ausgerechnet ihn. Außerdem hat sie ihn am gestrigen Tag bereits so angesprochen. Muss sie sich dafür entschuldigen? Natürlich nicht, sie ist die Gräfin, zumindest wäre es so, wenn es eben anders wäre zwischen ihnen.
Wie wäre es, wenn es anders wäre? Eine gute Frage, die ihr über einiges hinweg hilft. Unter anderem über die passende Antwort auf seine kleine Frechheit. Der Schlüssel, sie hätte wissen müssen das er sie damit aufziehen würde, damit und mit ihrer Neugier. Die passende Antwort, sie liegt ihr auf der Zunge und wären ein paar weniger Ohren im Raum, sie würde sie anbringen. So allerdings sieht man ihr an das sie sich etwas verbeißt, während sich ein Grinsen über ihre Lippen stiehlt. Diese Runde mag er gewonnen haben, aber sie sind doch erst am Anfang dieser Reise.
Und so sitzt das Weib ihm schließlich gegenüber und beobachtet amüsiert wie er sein Frühstück hinein schlingt, als gäbe es kein Morgen. Sicher sind sie in Eile, aber er tut gerade so als wäre man in Straßburg bereits dabei die Scheiterhaufen zu entzünden. Nein, kein Scherz darüber, ein bisschen grimmig verziehen sich die Lippen für einen Augenblick. Die
„Ja, diese Ruhe ist seltsam, wenn man Graz gewohnt ist. Mir ging es ähnlich, auch ich war nach einigen Stunden wieder wach. Ihr solltet Euch vorsehen, nicht dass uns irgendwann das Dach über dem Kopf abbrennt, weil Ihr das Buch nicht bei Zeiten weglegen konntet.“ kein direkter Rüffel, aber ein indirekter, immerhin erfolgt er mit einem milden Lächeln.
Johanna. Es sind ähnliche Gedanken wie in der Nacht, die Rondra durch den Kopf schießen. Das bockende Mädchen, welches schon zum Schloss laufen wollte um dem Kronrat zu erzählen weshalb die Mutter nicht abreisen kann. Rondras Lippen legen sich fester aufeinander, bewegen sich unwohl als sie sich erinnert und erst als sie den Blick wieder hinübergleiten lässt lockern sich ihre Züge wieder.
„Johanna? Sie weiß was von ihr verlangt wird.“ das wäre wohl die ganze Antwort, wenn sie nicht gewillt wäre ihm Einblicke zu gewähren. Den so müsste es sein, das kleine, wohlerzogene adlige Mädchen und der Ruf der Familie, alles weitere ginge ihn nichts an. Wenn… ja, wenn es eben anders wäre. Ist es aber nicht. Kurz flackert in ihrem Kopf die Idee auf ihm die Frechheit von eben auf diese Weise heimzuzahlen, denn Rondra ahnt natürlich weshalb er die Frage gestellt hat. „Sie bring diese Reise nicht mit Euch in Verbindung, sie hat erst gestern erfahren dass Ihr dabei seid.“ Schnell verbirgt sie das aufkeimende Grinsen, indem sie ihren Becher an die Lippen führt, wer weiß schon dass er längst leer ist? „Und ihre größte Sorge daraufhin war, ob Ihr wohl Euren Bogen mitnehmen würdet. Denn dann würde Euch der Kaiser sicherlich nicht mehr fortlassen – und das schien ihr sehr zu missfallen.“Nichts was seine ungestellte Frage beantworten würde – und so fügt sie an, als wolle sie es nur bestärken. „Nein, sie war ganz und gar nicht erfreut…“ dass Rondra dem Kind wieder Versprechen geben musste, bei denen es nicht in ihrer Macht liegt sie einzuhalten, verschweigt sie, es würde seltsam klingen.
Langsam schwenkt die Grundstimmung im Raum um, alles wird geschäftiger, noch nicht so ungemütlich als würde der Aufbruch unmittelbar bevorstehen, doch es scheint deutlich dass es nicht mehr ewig dauern würde. Es ist eine Zwickmühle, irgendetwas stört sie daran nun aufzustehen und hinauf zu gehen. Nein, nicht eine Sache, gleich zwei. Zum einen genießt sie seinen Anblick und das seichte Gespräch. Man nimmt eben was man kriegen kann und so wie es aussieht ist das hier schon eine ganze Menge, für diese Umstände. Zum anderen fühlt es sich einfach falsch an das Kästchen ohne ihn zu öffnen, während er hier unten sitzt.
„Habt Ihr Eure sieben Sachen bereits gepackt? Vergesst das Buch nicht…“ sie zwinkert ihm leicht zu, nun doch im Begriff aufzustehen.

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Kelian_


Without you
17.08.1461


Wie sollte sie verstehen wie es mir mit dem Essen geht, sie die nie Hunger leiden oder um ihr Essen kämpfen musste. Sie, die sich nie beeilen musste, weil ihr sonst jemand das Essen weggegessen hätte? Nein, sie kann es nicht nachvollziehen und so interessieren mich ihre amüsierten Blicke wenig. Ebenso die der anderen, es ist mir nicht verborgen geblieben, dass da der ein oder andere spöttische Blick unseren Tisch erreicht. Vielleicht bilde ich es mir aber nur ein. Ununterbrochen fahre ich fort so weiter zu essen wie ich es von Beginn an gemacht habe, nur manchmal für ein Lächeln oder einen Kommentar unterbrechend. Wer würde es schon nachvollziehen können außer Meinesgleichen? Ja, recht habt Ihr. Man merkt den Unterschied in jedem Fall. Vor allem, da ich neben der Universität wohne, wisst Ihr da gleich am...Ach, was rede ich, Ihr wisst es ja sicher noch. Richtig, immerhin ist sie schon bei mir gewesen - in offizieller Mission. Ein Schmunzeln meinerseits, welches meine Unüberlegtheit verzeihen soll, bevor sich mein Kopf wieder ein wenig senkt um erneut Bissen von diesem Mahl zu nehmen. Nein, ich habe wahrlich nicht vor hier lange zu sitzen, wo ich mir schon die größte Zeit gelassen habe, um hier herunter zu kommen. Ich kann Euch wieder nur recht geben. Es war eine Unachtsamkeit meinerseits und ich werde es nicht noch einmal machen. Ich habe meine Kräfte wohl einfach überschätzt. Ja, sie hat wirklich recht, es ist nicht ungefährlich ein Licht dieser Art unbeobachtet brennen zu lassen und so ist der Rüffel wohl berechtigt.
Das feste Aufeinanderpressen der Lippen verpasse ich, auch wenn ich eigentlich ein guter Beobachter bin. Doch, wer isst, der verpasst eben Dinge. Die folgenden Worte sagen mir genug und zeigen mir, dass wir nicht in unserer Blase sind, denn es sind die Worte der Gräfin über ihre Tochter. Ein leises Ah verlässt meine Lippen, als ob ich verstanden hätte. Nein, ich rechne fast nicht mit mehr, vielleicht auch weil ich um meine Frechheit zur Eröffnung des Gespräches weiß. Oh, es ist enttäuschend, wirklich. Ich dachte ich wäre ein wenig mehr für die junge Dame als der Mann mit dem Bogen, immerhin habe ich ihr schon zweimal Lebkuchen mitgebracht. Es ist ebenfalls ein Grinsen, welches ihr da zuteil wird, auch wenn es dem Ernst der Lage in keinem Fall angemessen ist. Verständlich, dass sie nicht erfreut war. Immerhin muss sie viel verdauen zur Zeit. Erst hieß es, dass wir länger weg sein würden und dann doch nicht... Mein Satz läuft einfach aus, weitere Bissen des Essen schiebe ich in meinen Mund, ohne dass noch ein Satz fällt. Beide wohl den eigenen Gedanken nachhängend. Gerade, als sie dabei ist sich zu erheben - die geschäftige Stimmung um mich herum lässt mich kalt - erhebe ich wieder meine Stimme. Wenn Ihr ihr schreibt, dann erwähnt doch, dass ich den Bogen nicht dabei habe. Ein kleines Nicken ist es, welches ihr zuteil wird. Natürlich, alles bereits wieder verstaut. Ich schiebe die Schüssel weg, satt und halbwegs befriedigt. Fließend, als ob es von Anfang an so geplant war, erhebe ich mich ebenfalls. Ich begleite Euch gleich. Es wäre wohl zuviel ihr den Arm anzubieten und so schieben sich meine Hände in die Hosentaschen, ein unverbindliches Lächeln für sie. Die Linke deutet zum Treppenaufgang, bevor sie erneut verschwindet. Soll sie vorangehen. Mit einem deutlich anderen Grinsen gehe ich hinter ihr her, den Treppenaufgang offen dafür nutzend ihren Hintern anzuschmachten - wahrlich ein hübscher Anblick. Oben angekommen will ich schon in mein Zimmer abbiegen, mein Mund ist geöffnet und eine Silbe dringt bereits hervor. We... Doch mein überraschter Blick zeigt, dass ich wohl in diesem Moment kapiert habe, dass wir alleine sind und so bin ich es, der sich beeilt mit ihr durch ihre Zimmertür zu schlüpfen, nur um mit dem Schließen derer meine Lippen sanft auf ihre zu legen. Nur einen kurzen Moment, bevor ich leise an ihr Ohr wispere. Happy Birthday, my Love. Hätte ich nur gewusst, dass es diese Möglichkeit geben würde.

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Rondra
17. Ernting 1461 morgens, in irgendeinem Gasthof irgendwo an den Reiserouten westlich der Steiermark

Wie man bei einer solchen Unterhaltung eben lauscht und reagiert, macht es auch Rondra. Hier ein nicken, da ein Schmunzeln, ein kleiner Einwurf, während sie dem Mann beim Frühstück Gesellschaft leistet. Nichts was darauf hindeuten würde dass es für sie nicht irgendein Mann ist, sondern ihrer, zumindest in ihrer kleinen, gemeinsamen und ganz eigenen Welt.
Seiner stummen Handbewegung leistet sie folge, hinauf geht es die Treppe. Doch nun schleicht sich das seltsame Gefühl doch noch ein, was sie in den letzten Minuten so erfolgreich verdrängt hat. Es ist befremdlich so mit ihm umzugehen, vor allem jetzt, wo alles in ihr danach strebt ihn zu berühren, ihre Hand in seine Armbeuge zu schieben oder zumindest die Finger einander begrüßen zu lassen. Immerhin, wenn sie voraus geht ist es nicht ganz so schwer an sich zu halten. Sein Blick kribbelt in ihrem Nacken, auch wenn die Grauen viel weiter unten hängen. Würde sie ihn anders ansehen? Wahrscheinlich nicht, allerdings wahrscheinlich unauffälliger.
Den Weg hinauf und über den Flur grübelt das Weib fieberhaft über einen Vorwand gemeinsam eins der Zimmer zu betreten. Einiges schießt ihr durch den Kopf, doch eines lächerlicher als das andere. Es beschäftigt sie so sehr, dass Rondra überhaupt nicht bemerkt dass die Wachen bereits abgezogen und damit beschäftigt sind die Abreise vorzubereiten. Ihre Verabschiedung vom Engländer bleibt ihr jedenfalls gurgelnd im Hals stecken, als dieser sich so hastig und für sie überraschend mit durch die Tür drängt. Der Kuss ist so schnell vorbei, hat sie ihn in der Eile überhaupt richtig wahrgenommen? Die Blauaugen schließen sich, damit sie diesen kleinen Moment, der so kostbar ist und so unverhofft kommt, richtig auskosten kann.
„Danke… nun scheint er perfekt.“ ihr Geburtstag, denn wer hätte erwartet dass sie heute geküsst werden würde? Sie jedenfalls hat damit nicht gerechnet, umso mehr freut es sie. Das Weib wendet den Kopf ein wenig zur Seite, um seine Lippen liebevoll mit den ihren zu erhaschen. Ein zärtlicher Kuss, bar von jeglichen weiterführenden Gedanken oder Ambitionen. „Guten Morgen, Matrose.“ glücklich geschnurrt, denn das ist die richte Art ihm einen solchen zu wünschen, nicht wie vorhin unten. Aber natürlich ist ihr bewusst dass sie keine Ewigkeiten Zeit hätten hier, in dieser hauchdünnen Seifenblase. Also schnell die wichtigsten Dinge geklärt – und im ersten Moment dieser beglückenden Zweisamkeit fällt ihr das Kästchen überhaupt nicht ein.
Ihre Fingerspitzen suchen den Kragen seines Hemdes, streichen über den Stoff, bis sie auf Haut treffen und den Ausschnitt ein wenig zur Seite schieben können, vorsichtig und sanft, Richtung Schulter.
„Wie geht es dir?“ leise geflüstert. Natürlich spielt sie auf die Spuren an welche sie an ihm hinterlassen hat. Direkt berührt sie den Kratzer den sie erreichen kann nicht, die Fingerkuppen senken sich nicht ganz auf seine Haut, streichen knapp darüber hinweg, so dass er vielleicht gerademal die von ihnen ausgehende Wärme spüren kann. „Ich habe mich gestern gefühlt als hätte ich mit einem wildgewordenen Eber gerangelt.“ sie grinst leicht, denn heute fühlt sie sich zwar nicht mehr so zerschlagen, aber ganz ist das Gefühl noch nicht verblasst.

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Kelian_


Without you
17.08.1461

Ein belustigtes Schmunzeln erreicht wieder meine Lippen, doch diesmal angereichert von den Gefühlen, die ich für sie empfinde. Zärtlich könnte man es vielleicht gleichzeitig nennen. So, wie sie vorsichtig anfängt mich zu berühren, so mache ich es ähnlich, nur dass ich sie in eine Umarmung ziehe. Zärtlich, verlangend danach sie einfach nur zu berühren und zu halten. Genauso wie sie es weiß, weiß eben auch ich, dass dies hier nur gestohlene Minuten werden, wenn überhaupt und dass es gilt, diese Zeit zu nutzen. Nicht dafür, schöne Frau. Du hast mehr verdient. Ja, hat sie in meinen Augen, einen ganzen Tag im Bett, voller Küsse, Geschenke und Essen. Voller Geschichten, ohne dass sie sich um irgendetwas würde kümmern müssen. Jedoch, ich sollte froh darüber sein, dass überhaupt dies möglich ist. Zum einen ob der Situation, dass wir offiziell nicht zusammen sein sollten. Zum anderen, weil Graz eine ganz andere Wahrheit für uns gezaubert hätte - nämlich dass der Geburtstag der Mutter dem Kinde gehört. So ist dies hier wohl fast das Maximum, was ich bekommen kann.
Die Frage lässt mich kurz und sehr leise auflachen. Wie es mir geht? Wie geht es dir? Die paar Kratzer... Natürlich spiele ich es herunter, ich bin ein Mann. Wenn wir die Zeit hätten, dürftest du dasselbe noch einmal machen. Es wäre die Hölle, aber da ich weiß, dass es nicht passieren wird - kann auch mir nichts passieren. Meine Lippen nähern sich wieder ihren, hauchen zärtlich dagegen. Ich fürchte du hast wirklich mit einem wildgewordenen Eber gerangelt. Es war dumm von uns. Wenn natürlich auch nicht geplant. Wieder legen sich meine sanft auf ihre Lippen, genießen diesen kleinen Kuss unendlich, indem ich immer wieder, wenn er eigentlich schon vorbei ist noch einmal nachsetze, um genauso zärtlich noch einmal über die Haut zu streichen. Uns läuft die Zeit weg, Rondra... Noch immer gegen ihre Lippen gehaucht, nur ein Wispern als ob es dann weniger wahr wäre. Vielleicht gelingt es heute Nacht... Sie wird wissen, was ich meine, während meine Finger vorsichtig ihre Hüfte entlangstreichen. Es gibt keinen anderen Weg als Adam zu retten, denn ich fürchte er ist meine einzige Chance in Bezug auf das Weib. Traurig, aber wahr.
Zögerlich, aber dennoch löse ich mich ein wenig von ihr, gebe ihr die Freiheit alleine zu atmen und auch wieder zu denken. Mein Kopf wendet sich gen Tür, als ob ich so besser höre, ob eine der Wachen bereits wieder im Flur auftaucht. Wie würde ich erklären, dass ich bei einer solch edlen Dame im Zimmer bin - bei verschlossener Tür und so gänzlich ohne Anstandsdame. Es würde vielleicht einige Fragen aufwerfen, die unangenehm wären oder weitaus schlimmer, Gerüchte unter den Männern streuen, die weitaus näher an der Wahrheit liegen, als diese es vielleicht selbst glauben. Doch wenn es erst einmal solche 'Unwahrheiten' gäbe, dann wären sie schwer aus der Welt zu schaffen.

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Rondra
17. Ernting 1461 morgens, in irgendeinem Gasthof irgendwo an den Reiserouten westlich der Steiermark

Herrliche Nähe. Ihre Lippen antworten sanft auf seine Küsse, treiben das Spiel des sich nicht lösen Könnens weiter, immer wieder sind es auch ihre die erneut die hauchfeine Berührung suchen. Für diesen Moment ein Blick in den Himmel – sobald er fort wäre die Erinnerung daran glatte Folter. „Wir sollten auf ein Zimmer mit Verbindungstür bestehen…“ natürlich nicht ernst gemeint, ein süßer, verzweifelter Wunschtraum. Ja, die Zeit läuft ihnen weg, wie so oft, nein, eigentlich wie immer. Denn egal wie viel davon sie sich stehlen können, sie verrinnt unaufhaltsam und je verzweifelter Rondra sie festhalten will, desto schneller scheint sie zu entgleiten. So viel gäbe es noch zu sagen, leise dem Liebsten ins Ohr geflüstert. Dinge die sonst niemand hören wollen würde, da sie süß und klebrig sind, wie die Lebkuchen die er so gerne für Johanna anschleppt – und die genauso schnell zu Magenschmerzen führen, wenn man sie nicht mag.
Wieder einmal kommt sie sich vor wie eine verliebte Göre, ein unerklärliches Phänomen, wie er es schafft ihr ganzes Sein durcheinander zu wirbeln und lediglich ihr Innerstes übrig zu lassen. Schmerzhaft sticht die Sehnsucht zu, noch bevor er wirklich Anstalten macht das Zimmer zu verlassen, dieses Lauschen allein reicht aus um die Seifenblase fast zum Zerplatzen zu bringen. Aber sie hütet das Bläschen gut.
„Ich werde nachher nachsehen ob du ohne Gefahr hinaus kannst…“ sie ist die Fuggerin, wem wenn nicht ihr würden Dinge einfallen die jeden der sich auf dem Flur aufhält sofort in eifrige Beschäftigung stürzten würde und ihm die nötigen Sekunden verschaffen sich hinaus zu stehlen? Als würde er schon im Begriff sein hinaus zu wollen legt sich ihre linke Hand gegen die Tür, während die rechte nach dem Riegel greift und sie von innen versperrt. Beinahe kann sie seinen tadelnden Tonfall schon hören und ohne etwas dazu zu sagen, schiebt sich ihr Kinn ein wenig trotzig nach vorn. In diesem Augenblick ist das Weib ganz die Mutter ihrer Tochter. „Bitte…“kein Tadel, nicht heute, sie weiß selbst wie bescheuert es ist, aber gerade heute nimmt sie es gern in Kauf. Außerdem sind da noch zwei Dinge. „Dein Nachwuchs würde es dir sicherlich nicht verzeihen, dass du ihn so vollkommen übergehst.“ Erst jetzt hebt sie die Blauen wieder und lässt sie auf die Suche gehen nach den Grauen. Ein Lächeln, glücklich und gleichzeitig keck und voller Schalk. Sie weiß genau dass sie ihn damit hat. Nie hat sie bisher einen Kerl erlebt der dermaßen Anteil nimmt an einer Schwangerschaft. Zuerst war es ein wenig gewöhnungsbedürftig, es ist nun einmal Weiberkram, aber mit jedem Wort das er so ernsthaft an seinen Sprössling richtete, schmolz dies seltsame Gefühl dahin. Sein Sprössling, so sehr es eben seiner sein kann, in dieser Ungewissheit. Manchmal wünscht sie sich das Kind könnte später seinem Vater ähnlich sehen, welcher von beiden es auch immer sein mag – und manchmal hat sie Angst davor, große Angst. Was wenn es dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist, so sehr dass es bei genauer Betrachtung zu offensichtlich wäre. Oh, fort ihr niederträchtigen Gedanken, nicht hier und nicht heute und schon gar nicht in diesen Minuten. „Und dann ist da noch dieses Kästchen… ich habe es heute Nacht nicht aufbekommen, du könntest es dir einmal ansehen.“ Ihr Blick streift hinüber zum Nachttisch, wo es immernoch steht und zu warten scheint. Sind das genug Gründe um noch ein bisschen zu verweilen?

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