Afficher le menu
Information and comments (0)
<<   <   1, 2, 3, ..., 28, 29, 30, ..., 37, 38, 39   >   >>

Dark water

Rondra
03. August 1462 ~ Wir müssen reden
{Bruck gegen Mittag}


Ach, mit Sicherheit hat die Krähe ihr Kind aus gutem Grund zur Kirche gegeben. Nora in der Kirche hätte auch mehr als einen guten Grund, also ist das nun nichts was Rondra abschrecken würde. Leise flicht sie ein, dass es sich um eine Verlobung handelt, nicht um eine Eheschließung. Einer kleiner, aber feiner Unterschied für Erwachsene, ein himmelweiter Unterschied, wenn es sich um Kinder handelt. Es gab bereits Prinzessinnen, die fünf Mal und mehr verlobt wurden. Gut, das strebt Rondra für Johanna nicht an, aber wer weiß schon. »Ach, wir könnten den Jungen auch einmal nach Rabenstein einladen. Richtig kennen tue ich ihn auch nicht. Danach könnten wir entscheiden… inwieweit diese Überlegung in Frage käme, oder nicht.« Ja, bei diesem Gedanken wird Rondra auch wohler. Irgendwie tut ihr das Kerlchen leid. Die eigene Mutter steckt ihn ins Kloster, ein Halbweise ohne jegliche Vaterfigur – zumindest ist es das was sich in ihrem Kopf zusammenspinnt. Muttergefühle stehen heute hoch im Kurs, wenn auch ihr Ansinnen die Töchter zu versorgen recht rational ist. »Bei dieser Gelegenheit könnte ich auch mit Balthasar über Nora reden.« Zweifelsfrei würde der seinen Schützling doch begleiten, oder nicht?
Schweigend tunkt sie ihre Füße endgültig ins Wasser, als Rondra spürt dass das Boot stabil im Wasser liegt. Ein tiefer Seufzer, den sie nicht beeinflussen kann, rutscht ihr aus der Kehle. Es tut so gut, auch wenn die Unterhaltung dabei alles andere als schön ist.
Was nun folgt hätte Rondra im Traum nicht bedacht. Den Stand verlieren. Sie? Was zum Teufel….? Die Erklärung, wie er darauf kommt folgt, bevor Rondra ihrem verblüfften Gesicht Worte folgen lassen kann. Adam Kelian als Lehnsnehmer loswerden? Die Puzzleteilchen wollen sich nur langsam zusammenfügen. Sicherlich würde Adam das nur tun, sofern sie Verrat an der Provinz üben. Etwas was sicher nicht in ihrem Sinn ist – und in Kelians doch auch nicht. Gut, mit einigem ist man unzufrieden, doch sind die Differenzen doch eher privater Natur. Rondras eigener Groll gegen ihren angeheirateten Cousin ist gewichen. Er hat Platz gemacht für ein unsicheres Gefühl, Unsicherheit im Umgang mit ihm. Da war die Taufe. Anders als Kelian es aufgefasst haben mag, war Rondra nicht als Vasall anwesend, sondern als Cousine. Gleichzeitig sitzt sein Ausbruch vor einigen Monaten immer noch tief. Gedanken, die von Kelians Worten ein bisschen ablenken. Bis Rondra sie doch noch erwischt und ruckartig den Kopf zu ihm umwendet.
»Die Schlüssel? Aber… du bist sein Wappenherold!« Ja, wenn man davon absieht dass er außerdem Lehnsnehmer ist und irgendwie… ja, irgendwie dachte sie zwischen den beiden Kerlen sei mehr, eine etwas seltsam anmutende Form von Freundschaft. Nachdenklich geht sie die letzten Wochen durch. Die Reise natürlich, wie sie selber hat er sich dazu abgemeldet. Danach gab es auf Rabenstein viel zu tun. Die Ernte. Seine Arbeit im Kronrat verlangt nicht permanente Anwesenheit, hätte es einem Wappen bedurft, hätte ein Bote wohl gereicht – sieht man einmal von der Schwierigkeit des Malens an sich ab. Nein, es ergibt keinen Sinn. »Du… «Es ist äußerst selten, dass Rondra tatsächlich die Worte fehlen, doch gerade weiß sie beim besten Willen nichts zu sagen. Ein Umstand der auch ihr Temperament zügelt. »Ich verstehe es nicht. Er… ich dachte er sei nur auf mich wütend?« Ja bitte, welche andere Erklärung soll sich auch in ihrem Kopf bilden, als dass es darum geht? Das ganze ohne ein Wort. Also auch keine schriftliche Benachrichtigung. »Ja glaubt er denn, er könnte mich behalten, wenn er dich so behandelt?« Nun schwappt doch die Wut nach oben. Den Teufel würde sie tun! »Sei nicht albern. Es ist egal welche Auswirkungen es auf unser Leben haben könnte. Ich … habe dich geheiratet, nicht den Freiherrn. Rabenstein liegt mir sehr am Herzen, doch dich und die Kinder trage ich im Herzen.« Die Steiermark. Ein Schatten legt sich über ihr Gesicht. Der Herr allein weiß wie sehr sie an all dem hier hängt. Doch vielleicht wäre es an der Zeit sich dafür zu entscheiden keine Heimat zu haben. Vielleicht passt es nicht ganz zum Thema, doch irgendwie schon. »Arioste und der Wettiner scheinen über einen Umzug nachzudenken. Ich wollte nicht nachbohren, doch es fiel Württemberg. Ich… kann mir einen solchen Neuanfang im Reich nicht vorstellen – aber den Gedanken dahinter, den kann ich sehr gut verstehen.« Ja, es hat sich einiges geändert, in vielerlei Hinsicht.

_________________
Kelian_


To be alone with you
03.08.1462


Lustigerweise könnte der Unterschied in den Reaktionen nicht größer sein. Das, was sie so bestürzt, habe ich einfach nur hingenommen. Längst war ich mir nicht sicher, ob ich die persönlichen Differenzen durchgehen lassen könnte. Ein Zeichen, dass es um die Beziehung zwischen Vasall und Lehnsherr nicht gerade zum Besten bestellt ist, ist sicher das Schweigen. Sollte ich als Vasall nicht sowieso Zugang zu den Räumlichkeiten haben? Man sollte es annehmen. Dem ist nun aber anscheinend nicht so, so dass ich es also hingenommen habe. Ganz im Gegenteil zu Rondra, die mal wieder einen ihrer kleinen Ausbrüche hat.
Langsam schiebt sich meine Hand über das Holz in ihre Richtung. Habe ich damit gerechnet? Ja, doch, denn sonst hätte ich es sicher eher angesprochen. Doch die Ausmaße, die diese Handlung annehmen könnten, sind mir bei Weitem zu groß. Nicht, dass es mir selbst um eine Heimat geht, aber ist die Familie um Rondra nicht schon zu sehr entzweit? Sicher ich bin ihre Familie, allerdings ist es doch auch so, dass man die alten Bande nicht vollkommen kappen sollte und dies wäre ein Schritt dazu. Man sagt sicher, dass wer A sagt, auch B sagen muss, aber dies muss doch nicht auch automatisch im Umgang miteinander gelten. Nur weil Adam meint, dass er diesen Weg gehen will, müssen wir ihn nicht mitgehen. Ein zurückgezogenes Leben auf Rabenstein. Da sein, wenn er mich braucht. Reisen. So etwas, ja.Also, dann mal los. Da scheine ich meine Position deutlicher machen zu müssen, auch wenn man es als fehlenden Einsatz auslegen könnte. Nein Rondra, ich war sein Wappenherold. Richtig, denn offensichtlich hat er jemanden, der es besser kann. Oder auch nicht, aber zur Zeit kann es wahrscheinlich auch jeder kleine Junge, der einen Pinsel halten kann besser als ich, denn ich komme nicht einmal soweit.
Die 'Planken' haben ein Ende, weicher Stoff erreicht meine Finger, den ich aber einfach unwirsch zur Seite schiebe. Ich will - und ja wollen, nicht möchten - ihre Haut spüren. Das Kleid muss ein Stück nach Oben weichen, so dass meine Hand ihr Bein und damit ihre Haut berühren kann. Fest, aber nicht verletzend oder gar aufdringlich wandern meine rauen Finger ein kleines Stück Haut entlang, als ob es Antwort genug sein könnte. Es dauert bis ich weiter rede. Auch mir liegt Rabenstein am Herzen. Ich möchte es in vernünftigen Händen wissen und natürlich sehe ich in aller erster Linie da mich. Ich habe nicht vor dieser Kränkung viel Beizumessen und werde der Dinge harren, die da kommen. Es gibt sehr viel wichtigere Dinge in meinem Leben. Du zum Beispiel, unser Sohn, Johanna. Ganz automatisch fällt Nora da raus, auch wenn sie im Endeffekt auch wichtiger ist. Es ist sicher ein guter Schritt die Mädchen unterzubringen, bevor es vielleicht schwierig wird. Ich wollte nur, dass du es weißt...aber bitte sieh dich nicht veranlasst irgendwelche Maßnahmen zu ergreifen. Es ist nun einmal so. Kurz halten meine Finger inne, als ob ich auf eine zustimmende Antwort ihrerseits warte, um dann fortzufahren. Der Wettiner halt also keine Lust mehr nicht Willkommen zu sein? Kein anderer Schluss lässt diese Neuigkeit zu. Um Arioste wäre es wahrlich ärgerlich. Willst du einen Neuanfang, Rondra? Ich richte mich ein wenig auf, schaue sie fest an. Es gäbe sicherlich die Möglichkeit sich ein angemessenes Haus zu kaufen und dort zu wohnen, zusammen mit den Kindern. Es würde eben tägliche Arbeit bedeuten, aber es gibt Schlimmeres, wie zumindest ich weiß.

_________________
Rondra
03. August 1462 ~ Wir müssen reden
{Bruck gegen Mittag}


Ist es tatsächlich so einfach? Für ihn vielleicht. Für Rondra ist es eben die nächste Ohrfeige. Natürlich hat Kelian in gewisser Weise recht und irgendwie eben doch nicht. Es ist unwahrscheinlich, dass Sofia plötzlich ihre Leidenschaft und Begabung für Farben gefunden hat – und ein neuer Wappenherold wäre ihr aufgefallen. Also wurde er ersetzt durch…. nichts. Gut, irgendwer hat auch Wappen gefertigt, bevor Kelian aufgetaucht ist. Trotzdem. Man möge es ihr verzeihen, sie ist ein Weib und obendrein schwanger. Die Haut unter seiner Hand beginnt sofort zu kribbeln und die Blauen senken sich auf ihren Oberschenkel. Wären die Themen seichter gewesen, vielleicht würde sie sich einfach ins Wasser gleiten lassen. Allzu tief wird es nicht sein und es lässt den schwerfälligen Körper leichter werden. Doch dazu sind ihre Gedanken noch zu gebannt. Natürlich soll Rabenstein in guten Händen bleiben. Ist sie rücksichtslos, weil sie diesen Wunsch für ihre eigenen drei Lehen den eignen Launen und Interessen untergeordnet hat? Vielleicht. Beiläufig hebt sich ihre Hand, um sich sanft auf seinen Unterarm zu legen und dann wiederum seine Haut zu streicheln. Vorsichtig und flüchtig, denn mit dem Kopf ist Rondra nicht so recht bei der Sache. »Du meinst also er ist unser Herzog und kann tun und lassen was er will?« Hart zeichnet sich ihr Unterkiefer ab, als ihre Züge bitterer werden und Rondra die Lippen aufeinander presst. Das wäre Adams gutes Recht. Allerdings bringt so ein Lehen im schlimmsten Fall nicht nur die Pflicht mit sich, sich um die Ernte zu kümmern. »In Zeiten wie diesen, ist es leicht zurückgezogen auf Rabenstein zu leben. Ich kann mir keinen schöneren Platz vorstellen, aber wir leben in der Steiermark, wo der Frieden nicht unbedingt lange gewahrt wird.« Das Streicheln ihrer Hand hört auf und ihr Griff wird fester. »Ich bin mir immer weniger darüber im Klaren, ob ich meinen Mann seinen Eid erfüllen lassen würde. Ich weiß, wir haben uns alle verändert, auch Adam. Ich weiß nicht, ob ich heute genauso bereitwillig für ihn einstehen und kämpfen würde, wie damals.«Damals, es ist kein Jahr her. Ist das hier bereits Hochverrat? Ja, womöglich. Natürlich ist heute alles anders, damals war der Verlust noch nicht erlebt und auch das Grauen nach dem verlorenen Krieg nicht. Doch das ist es nicht was Rondra meint und das sollte Kelian wohl wissen.
Sie räuspert sich leise, dann löst Rondra bewusst die Anspannung ihres Gesichtes.
»Vermutlich werden Kaylis und ich nie Freunde. Aber ich habe ihn mittlerweile durchaus zu schätzen gelernt – zumindest hat er in einigem eine ganz vernünftige Meinung. Für einen Siedler natürlich.« Scherzt sie? Rondra ist sich selber nicht sicher, ihre Stimme allerdings hat einen muntereren Klang angenommen. Gefährlich schwankt der Kahn wieder, als das Weib ihren Schwerpunkt nach hinten verlagert und ihren Oberkörper - sicherlich eher schwerfällig als grazil – auf die Sitzfläche gleiten lässt. Keine gute Stellung für eine Schwangere, sie würde sich bald wieder eine andere suchen müssen, oder wahrscheinlich Ohnmächtig werden. Für den Augenblick allerdings geht es und der Anblick des grünen Blätterdachs über ihr, lässt den letzten Rest Ärger für heute verschwinden. »Das fragst du dein schwangeres Weib? Wir werden einen Neuanfang bekommen, ob wir wollen oder nicht.« Einen Neuanfang, der sie glücklich lächeln lässt. »Ich weiß es nicht, Kelian. Aber ich schließe es für die Zeit nach der Geburt nicht aus.« Davor sicherlich nicht. Ihre Hand tastet nach seiner, um sie von ihrem Bein zu lösen und an ihre Lippen zu führen. Ein Wunder wenn das Boot sein Gleichgewicht halten kann.

_________________
Kelian_


Summer's gone
25.08.1462


Der Weggang der Jahreszeit ist irgendwie plötzlicher gekommen als ich es erwartet habe. Es ist doch erst Ende August, dennoch ist das Wetter nicht mehr dasselbe wie noch vor zwei Wochen. Meiner Laune ist dies nicht gerade sehr zuträglich, denn zu den anstrengenden Tagen auf den Feldern kommen nun auch noch recht unerwartete Regenschauer und damit weitere Verluste einher. Ernte, die noch nicht eingebracht werden konnte, weil wir einfach zu wenige sind, obwohl das Getreide längst schon reif ist. Auch erübrigt es sich dadurch Johanna an manchen Nachmittagen mitzunehmen, denn es reicht, wenn ich dem Wetter ausgesetzt bin.
Auch an diesem Abend ist es einer dieser Tage, die ich am liebsten vergessen oder ungeschehen machen würde. Meine Laune ist stetig gesunken die letzten Tage, ich bin leicht gereizt und die ersten haben dies bereits schon zu spüren bekommen. Nicht Rondra, aber ich taste mich langsam an sie heran. Der letzte den es getroffen hat, war Thomas. Ich kann es einfach nicht mehr hören, wie er mir täglich in den Ohren liegt, dass es nicht so weiter gehen kann, dass wir Probleme haben. Ja, Herr Gott nochmal, wir haben Probleme! Ich weiß es doch selbst. Ich fühle mich wie jemand, der den Talern hinterherrennt, jeden zweimal umdreht und doch scheinen sie durch meine Finger zu gleiten. Dazu kommen die Rückschläge auf dem Land, der Weizen den wir verlieren und dazu immer neue Männer, die sich krank meldeten. Manchen glaube ich es, manchen nicht - sie suchen anderswo Arbeit, denn auch sie müssen ihre Familien ernähren. Problem daran ist, dass es nicht wirklich Arbeit im Umkreis von Graz gibt. Die Eisenkralle ist schließlich zu.
Dieser Abend ist ein neuer Tiefpunkt. Ich bin nass und habe es nicht einmal zum Abendessen geschafft. Bis auf die Knochen durchnässt, schwer atmend - weil ich gerade Thomas angeschrien habe, der letztendlich aber auch nichts dafür kann - betrete ich schließlich das erste Mal seit vielen Stunden mein Heim. Ich bin mir sicher, dass Johanna schon schläft, weshalb die Laune gleich noch ein wenig weiter sinkt. Meine eine Hand öffnet die Tür zu unserem Schlafgemach beziehungsweise eher zu unseren weitläufigen Gemächern. In der anderen habe ich ein Glas mit Whiskey - vielleicht würde es helfen. Im Öffnen streiche ich mir mit der nun wieder freien Hand das nasse Haar aus dem Gesicht, bevor ich dann doch etwas ruppig meine Stimme erhebe. Rondra? Ja doch, ich bin auf dem besten Weg zu einem Streit.

_________________
Rondra
25. August 1462
{Rabenstein}


Was genau nun mehr aufs Gemüt drückt: zu Hause zu sitzen und in den strahlenden Sonnenschein draußen zu starren, oder die Regentropfen dabei zu beobachten wie sie das Bleiglasfenster hinab rinnen und nichts, wirklich gar nichts tun zu können, was helfen könnte – Rondra könnte es nicht bezeichnen. Wie schnell kann eine Schwangerschaft zur Qual werden, körperlich? Die letzten zwei Wochen kommen ihr unendlich lang und mühsam vor. Die Zeit scheint zu schleichen, genauso wie es Rondra auch oft tut, wenn sie sich durch die Gänge der Burg schiebt. Weder würde sie sich als sehr zart, noch als sehr klein bezeichnen – für ihre Zeit gesehen – und doch hat sie oft das Gefühl durchzubrechen. Dabei bestehen ihre einzige Aufgabe darin eben das zu machen, was sie tut: Sich in Geduld zu üben und zum richtigen Zeitpunkt Kelian zum Vater zu machen.
Geduld. Vielleicht liegt auch darin der Knackpunkt. Geduld hat sie nun wirklich noch nie besessen, genauso wenig wie sie sich zum Hausweib eignet. Wäre die Schwangerschaft nicht und ginge es nach ihr: sie würde selbstverständlich neben Kelian um die Ernte kämpfen, dafür Sorge tragen dass die Arbeiter Mittag bekommen, den Familien beistehen – irgendwas, nur gewiss nicht hier herumsitzen.
Herumsitzen und Briefe zählen und beantworten. Die Briefe der letzten Woche sind nicht die letzten gewesen. Heute war es wieder einer, der einer der Bäckermeister. Er hat sich entschlossen Graz zu verlassen und im Osten sein Glück zu suchen. Ein weiterer hat das ebenfalls bereits in seinem Brief in Erwägung gezogen. Sie würde verkaufen müssen. Zwei leere Backstuben sind schwachsinnig, das sieht sogar der Blondschopf ein. Vielleicht wäre die dritte zu halten, als Rückhalt für Rabenstein. Für einige Entscheidungen aus der Vergangenheit könnte sie sich gerade selber ohrfeigen.
Eigentlich sollte ein Gespräch her, aber auch heute wird der Tag nicht günstig sein, nicht nach diesem Wetter. Eigentlich ist ihr zum Heulen zumute, doch genau das ruft den eisernen Willen hervor eben dies nicht zu tun.
Sie zuckt zusammen, als die erwartete Stimme barsch durch die Gemächer tönt. Sie selber steht immernoch am Fenster beim Schreibtisch – doch dieser Platz wird nun eilig geräumt.
»Ich bin hier.« Ja, wo soll sie auch sonst sein? Kurz verziehen sich ihre Lippen zu einem bitteren Lächeln. »Du bist spät.« Wird er selber wissen und sicherlich liegt ihr fern das zu kritisieren, er tut was getan werden muss. Trotzdem klingt es etwas ungnädig, die abendliche Zeit mit ihm ist die einzige Abwechslung die der Tag ihr zu bieten hat – auch wenn sie meistens beide hundemüde sind. Langsam geht sie ihm entgegen, um dann im Türrahmen stehenzubleiben, sobald sie sein Zimmer erreicht hat. Natürlich ist er nass – und mit absoluter Sicherheit hat er den Kopf nicht frei für ihre Probleme. Resigniert pressen sich ihre Lippen kurz aufeinander. Also wann anders. »Du solltest baden. Ich habe heißes Wasser schon bringen lassen, aber dafür reicht es nicht. Ich sage den Mädchen Bescheid und hole dir ein Handtuch.« Hungrig wird er sicher auch sein, was aber nicht schwer zu beheben sein sollte – noch nicht, wer weiß wie es im späten Winter sein würde. Nun also weiter auf ihn zu, schließlich ist die Tür hinter ihm. Bevor sie diese allerdings ansteuert, würde er den üblichen Kuss auf die Wange erhalten – wenn auch nicht mit der sonstigen körperlichen Nähe, schließlich ist er nass.

_________________
Kelian_


Summer's gone
25.08.1462


Nein, wahrscheinlich ist es nicht als Vorwurf gemeint, aber es klingt in meinen Ohren wie einer. Natürlich bin ich spät, natürlich wollte ich früher da sein und natürlich geht mir all dies hier gegen den Strich. Aber was soll ich denn machen? Mehr als arbeiten geht nicht. Ließ sich nicht ändern. Jetzt klingt es gereizt, auch wenn es eigentlich nicht so rüber kommen sollte. Noch bevor das Weib bei mir ist, gönne ich mir einen Schluck von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. Ein wenig pressen sich meine Lippen dabei aufeinander, aber letztendlich schlucke ich es doch ohne Mühe. Ihre Worte wären eigentlich zu jeder Zeit Willkommen, die Möglichkeit mich einfach in den Zuber zu legen, die erscheint genau die richtige zu sein. Ohja! Mich einfach ein wenig verwöhnen lassen, vielleicht das Weib mitnehmen. Eines der Mädchen rufen, die ein wenig an meinem Rücken rumkneten könnte, denn Rondra möchte ich es nicht mehr zumuten. Nein, Nein dafür ist keine Zeit, weswegen ich den Kopf nur leicht unwirsch schüttle und brumme. Erst einmal gibt es jedoch einen Kuss. Ungeachtet dessen, dass ich recht nass bin, ziehe ich das Weib näher zu mir. Ein Arm legt sich um ihre Hüfte, der Kuss fällt stärker aus als er es sein müsste. Als ob ich mir dadurch die Bestätigung holen möchte, dass dies alles hier lohnenswert ist. Sollte sie protestieren, würde ich es einfach ignorieren. Sie ist verdammt nochmal mein Weib und wenn ich einen richtigen Kuss möchte, dann soll sie ihn mir auch geben. Was für Gedanken. Kein Bad...dafür habe ich keine Zeit. Es klingt so als ob ich mich nur eben schnell umziehen und dann erneut auf die Felder möchte. Dies ist natürlich vollkommener Schwachsinn, immerhin ist es dunkel, aber zumindest meine 'Hektik' könnte man so deuten. Setz dich. Was nun vollkommen erschöpft und fast wie eine Bitte klingt. Hart stelle ich das Glas auf einem der Tische ab, das nasse Hemd ziehe ich mir über den Kopf. Hatte sich das bequeme Leben der letzten Monate durchaus ein wenig bemerkbar gemacht, so macht es die harte Arbeit der vergangenen Wochen, ja durchaus schon Monate, auch. Ebenso die Sorgen. Mein Körper ist durchaus wieder so muskulös wie bei meiner Ankunft vor zwei Jahren, nur der Ausdruck in meinem Gesicht ist anders. Die Sorgen der letzten anderthalb Jahre haben sich ein wenig in mein Gesicht eingebrannt, letztendlich zeugen auch die grauen Haare davon. Wir müssen einige Entscheidungen treffen, wir schieben sie schon zu lange vor uns her. Ich schiebe sie vor mir her... Leider und Thomas erinnert mich jeden Tag daran. Es sieht nicht gut aus. Die Ernte ist nicht so wie erhofft, die Bauern ächzen... Unser 'Vermögen' schmilzt mir unter meinen Fingern weg... Ja, ich halte es für meinen Fehler, auch wenn vieles davon gar nicht an mir liegt. Wir müssen eines der beiden Häuser in Graz endlich aufgeben und ... das Horseshoe. Es macht seit Monaten nur Verluste, vielleicht war es zu optimistisch gedacht, dass Graz noch ein Wirtshaus braucht. Ausgerechnet das Horseshoe! Wieder nehme ich einen Schluck von dem Whiskey, denn für mich reichen diese Probleme schon.

_________________
Rondra
25. August 1462
{Rabenstein}


Klamm und kalt kriecht seine Nässe durch den Stoff ihres Kleides. Natürlich gewährt Rondra ihm den Kuss so wie er ihn haben will, auch wenn er begleitet wird von einem kleinen Laut, der alles sein kann. Unmut, Überraschung, Ablehnung der Nässe. Andere Zeiten hätten sicherlich ein empörtes Quietschen und dann ihr helles Lachen mit sich gebracht.
Setzen. Kein Bad. Ihr Mund öffnet sich, als wolle sie protestieren. Rondra hat den ganzen Tag herumgesessen, zumindest gefühlt. Das Bad wäre wichtig, keinem ist geholfen wenn er sich da draußen eine Erkältung holt, oder schlimmeres. Doch seine weiteren Worte sind es schließlich, die Rondra buchstäblich auf das nächste Polstermöbel drängen. Entscheidungen? Einen kurzen Moment starrt sie Kelian einfach nur vollkommen perplex an. Er weiß davon? Die Bäcker werden doch wohl nicht ihm ebenfalls geschrieben haben? Das wäre… oh, das wäre unglaublich und nun wirklich die Degradierung zu einem brütenden Hausweibchen! Die Gedanken die sich da von ganz alleine aufdrängen, hindern ihren Kopf daran das was er wirklich sagt sofort aufzunehmen. Allerdings wäre das ohnehin auch entsetzlich genug. Mühsam klaubt sich Rondra schließlich die richtigen Fäden zusammen und im Nachhinein wäre es vielleicht schöner gewesen es wären tatsächlich ihre Bäckereien gewesen. Dass die Ernte nicht so ist wie erhofft wundert sie nicht. Ihren Pächtern geht es schließlich genauso. Trotzdem starrt sie ihn zwei Herzschläge lang an, als hätte sie ihn nicht gehört, nur um dann zu blinzeln. Vielleicht wacht sie ja einfach aus diesem Albtraum auf?
Nein, nicht anzunehmen. Ihr Mund fühlt sich mit einem Mal wie ausgedorrt an.
»Mein Haus.« quetscht sie heraus. Wie leicht ihr das gerade fällt ist für sie selber überraschend. Vielleicht liegt es auch nur daran, weil die Ungeheuerlichkeit gleich auf den Fuße folgte. Ihr Haus ist viel zu groß um gehalten zu werden. Rondra hat es gekauft als die Fuggerin und die Gräfin. Beides ist sie nicht mehr und ohnehin leben sie eigentlich ständig hier. Kelians früheres Haus wäre für die wenigen Übernachtungen ausreichend, vielleicht müsste es etwas hergerichtet werden, um womöglich auch Besuch empfangen zu können – Nebensächlichkeiten. »Nicht das Horseshoe!« Die Worte klingen endgültig und vor Schreck tastet ihre rechte Hand nach ihrer Kette, um sich ängstlich um das Medaillon zu schließen, als sollte es als nächstes das sein. Rondra richtet sich ruckhaft etwas auf, ganz gerade schafft sie es nicht mehr, was dem verbohrten Flackern in ihren Augen keinen Abbruch tut. »Nicht das Horseshoe« Wiederholt sie mit Nachdruck. Schlimmer wäre wohl nur sein eigenes Haus. Was sie alles für Hoffnungen und Träume damit verbunden haben. »Wir können Yvette mitnehmen und sie kümmert sich ausschließlich darum. Die Lage ist … einmalig. Es kann nicht sein dass… sobald ich wieder kann werde ich mich selber wieder darum kümmern.« Hastig fährt ihre Zunge über ihre Lippen. Nein, nicht das Horseshoe! »Kelian….« Ja was? Ich kann die Kosten tragen? Lächerlich. Die eine Bäckerei wird mit Glück Nora versorgen und Rabenstein versorgen. Schmuck verkaufen? Da wäre sicherlich noch welcher. Aber sie weiß selber dass sie so nicht rechnen darf, nicht dauerhaft. »Vielleicht wird es ein milder Winter.« Es klingt kläglich, denn wer sind sie, wenn sie nun schon auf das Wetter setzen? »Ich…. in Graz sieht es nicht gut aus.« Wenn sie schon dabei sind, sollte es vielleicht gleich alles auf den Tisch. »Eine…. Nein, ziemlich sicher zwei meiner Bäckereien schließen. Meine Pächter laufen mir weg, auch wenn ich mir sicher bin sie kommen zurück.« Ja, wo sollen sie auch hin? Kelian weiß es selber. Aber nicht das Horseshoe... stumm schüttelt sie den Kopf.

_________________
Kelian_


Summer's gone
25.08.1462


Das Wetter also? Darauf also soll ich setzen, wo das Glück in meinem Leben doch recht begrenzt ist? Naja, nicht wirklich aber es ist nicht so, dass es mir ständig das Haus einrennt. Wenn ich es recht bedenke, wird es wohl ein sehr harter Winter und im Frühjahr würde ich dann ganz unvermutet auf die Beine fallen. Dies würde meinem Leben entsprechen. Kurz nur ruhen meine Augen auf ihrem Gesicht, bevor ich mich wieder wegdrehe. Was genau habe ich dem Weib eigentlich angetan als ich sie zu meinem Weib gemacht habe? Sie gedrängt habe meinen Namen anzunehmen? Noch kann ich sie ernähren, ihr ein gutes Leben bieten, aber wird dies anhalten? Was würde sein, wenn wirklich ein harter Winter über uns regieren würde?
Mit einem Ruck vernichte ich den Inhalt des Glases, als ob ich damit auch die Sorgen hinunter spülen kann. Ihr Haus also soll gelehrt werden. Gut, dies war leichter als ich gedacht habe. Sicherlich, mein Haus bietet weder Luxus noch anderes, aber es birgt dafür viele Erinnerungen. Man müsste es eben ein wenig verändern. Ein Zimmer für die Mädchen herrichten, aber es steht ja eines leer. Dies wäre also erledigt, was uns zu dem größeren Problem führt. Ach, ich weiß anscheinend nicht wie sehr. Wut glimmt in meinen Augen auf, warum kann sie es nicht einfach annehmen? Vielleicht weil ich es Entscheidungen treffen genannt habe? Wann warst du das letzte Mal da, well? Sie wird doch jetzt nicht anfangen um dieses dämliche Wirtshaus zu kämpfen? Ernsthaft, es macht mich wirklich wütend. Dein Standbein bricht weg, ja? Dies ist es doch, was sie mir sagen will und dennoch fängt sie an zu kämpfen. Der Trotz in ihren Augen ist schwer zu übersehen, ich schüttle schwer den Kopf und verschwinde langsam in Richtung meines Schrankes. Ich muss ein Hemd über ziehen, dies liegt auf der Hand und dann kann ich es ebenso gut machen, wenn ich nach den richtigen Worten suche. Es ist nicht so, dass wir verarmen, aber es wird hart... Sehr sogar. Wir können uns das Horseshoe nicht mehr leisten...seit Monaten Rondra. Da ändert auch Yvette nichts dran. Wovon willst du sie dann bezahlen? Ja, es lag mir fern jemanden aus dem ehemaligen fuggerschen Haushalt in meinem Haus zu beschäftigen. Die letzten Worte allerdings sind ein wenig untergegangen, weil ich mir gerade das Hemd über den Kopf ziehe. Weißt du, wenn uns nichts bleibt...dann haben wir die Doppellilie, ich kann segeln. Ein kurzes Aufflackern eines Grinsen ist zu sehen, aber eigentlich wirkt es eher traurig. Es ist wirklich ernst, Rondra. Aber dies weiß sie selbst, wenn sie einigermaßen darüber nachdenkt. Immerhin gibt es einen Grund dafür, dass ich auf meinen Feldern schuften muss. Eigentlich sollten dies die Bauern ohne mich machen - oder nicht? Vielleicht liegt der Fehler wirklich bei mir.

_________________
Rondra
25. August 1462
{Rabenstein}


Das Horseshoe. Wann war sie das letzte Mal da? Eigentlich jedes Mal wenn sie nach Graz kommt, was zugegeben in letzter Zeit selten der Fall ist, was wiederum nicht ihre Schuld ist. Schuld. Nun ja, man sollte es nicht Schuld nennen und nimmt man es genau, sind sie beide dafür verantwortlich.
Es missfällt ihr, dass er zum Schrank geht. Natürlich braucht er Kleidung, aber sie könnte ihn gebrauchen. Stirnrunzelnd wird beobachtet und gelauscht. Seine Worte taugen nicht dazu die Schwangere zu besänftigen – vermutlich würden das keine.
Sitzenbleiben ist nun jedenfalls keine Option mehr. Unruhig erhebt sich Rondra. Herrgottnocheins, sie weiß selber das ihre Position mehr als wackelig ist, muss er da seinen Finger derart in die Wunde bohren. Ja, muss er wahrscheinlich – aber das muss sie ja nicht sehen müssen.
»Entschuldige bitte. Gleich morgen werde ich Matteo satteln lassen und einen Spazierritt mit Arnest nach Graz machen.« Ja, wie konnte sie auf die Idee nicht schon vorher kommen sich endlich mal wieder um ihr Wirtshaus zu kümmern? Es ist falsch, vollkommen falsch ihn so anzugehen. Rondra weiß es, aber scheinbar hat sie eine Tür geöffnet, ohne zu merken was für Monster dahinter lauern. Aber natürlich hat er Recht. Ihr Standbein bricht weg, daran gibt es nichts zu deuteln und vermutlich könnten sie Yvette nicht bezahlen – zumindest wäre es dumm. Aber auch um sein Haus würde sich irgendwer kümmern müssen, oder nicht?
Segeln? Oh, eine Option die reizvoll wäre, sie hat es erst letztens mehrfach betont. In Bruck. Aber sie sprechen hier gerade nicht von einer kleinen Abenteuerreise, sondern von ihrem Leben.
»Segeln?!« ungläubig kommt es über ihre Lippen und nun durchquert sie den Raum, um zu ihm zu kommen. »Kelian, wenn uns nichts bleibt, haben wir drei Kinder. Selbst wenn wir….« Johanna unterbringen und Nora in die Kirche geben. Wer würde Johanna aufnehmen, wenn es wirklich so weit kommen würde? Verarmter Landadel, aus der Steiermark. »Im Winter, womöglich Frühling mit einem Säugling zur Doppellilie? Kelian! Du weißt, dass sie reparaturbedürftig sein wird.« Sie ist töricht weil sie an einem Wirtshaus festhalten will? Was bitte ist dann er gerade? Das Horseshoe wäre geeigneter für ihr Kind, als die Doppellilie. War er vorher noch nicht da, so schiebt der Trotz nun ihr Kinn nach vorn.

_________________
Kelian_


Summer's gone
25.08.1462


Oh dieses Weib. Manchmal treibt sie es mit wenigen Worten auf die Spitze, weshalb man mich vor dem Schrank leise fluchen hört. Meine Hose musste ebenso wie mein Hemd weichen, ich bin gerade dabei mir eine frische anzuziehen als Rondras Worte herüberwehen. Es bringt mich aus dem Gleichgewicht, sehr sogar. Ich hüpfe ein wenig auf einem Bein umher, deshalb vielleicht auch noch mehr das Fluchen als wegen ihrer Worte. Damn it. Schlimmeres lässt sich nur vermeiden, durch mein Beißen auf die Zunge. Es dauert noch ein wenig, bevor ich dann endlich wieder angezogen zu sehen bin, meine Hände noch damit beschäftigt die Schnüre der Hose zu verknoten. Hör auf rumzuspinnen. Eine andere Antwort hat sie nicht verdient. Matteo satteln! Eher lasse ich den Gaul schlachten als dass du dich auf ihn schwingst. Na gut, auf ihn schwingen ist natürlich auch übertrieben, denn Rondra könnte diese elegante Bewegung nicht mehr ausführen. Letztendlich ist es auch egal, immerhin habe ich mit meiner Reaktion ebenso grandios versagt, wie sie es gemacht hat. Ein einfaches 'darum geht es nicht', wäre vielleicht angebrachter gewesen, so aber habe ich sicherlich Öl in die Flamme gegossen. Alles andere wäre ja auch langweilig.
Ich atme einmal tief durch, drehe mich nach meinem Glas um und erinnere mich, dass es leer ist. Meine Laune sinkt noch eine Spur tiefer, was mich ungeduldig macht. Warum will sie denn nicht verstehen? Es ist ja nicht so, dass ich das Horseshoe unbedingt los werden möchte, Rondra, aber ich bezahle seit Monaten achtzig Taler für das Haus - und es kommt nichts zurück. Wenn ich davon vielleicht zehn Taler wieder bekomme, dann war es ein guter Monat. Das kann und will ich mir auf Dauer nicht leisten. Damit könnten wir andere Dinge anfangen und wenn wir das Geld für Johanna zurücklegen. Oder meinen Sohn. Oder letztendlich Nora. Meine Güte alles ist besser als das Geld herauszuschmeißen, aber das bleibt erst einmal ungesagt. Die Zahlen sagen die Wahrheit: Graz braucht kein weiteres Wirtshaus, es ist ausgelastet mit der Zuflucht und dem Löwen. So zumindeset meine Meinung, bevor auch ich mich dann endlich setze. Wir können nicht nur auf das Glück bauen. Wer sagt uns, dass deine Bäckermeister wiederkommen? Wir werden plötzlich aus allen Richtungen mit günstigen Lebensmitteln überschwemmt. Es geht mir doch nicht anders... Nein, leider können wir es nicht. Meine linke Hand streicht über mein müdes Gesicht. Ich kann mir wahrlich besseres für den Moment vorstellen. Vielleicht hätte ich das Bad nicht so vorschnell ablehnen sollen.
Natürlich war es absurd die Doppellilie ins Spiel zu bringen. Mehr als das, aber es war auch eher Galgenhumor. Ihre Ungläubigkeit, das Entsetzen sind wie kleine Schläge. Klar, sie hat vollkommen recht, aber wenn uns selbst der Humor nicht mehr bleibt? Ich registriere ihre Bewegungen, erhebe mich selbst wieder. Ich ertrage es gerade nicht kleiner zu sein als sie und das bin ich im Sitzen ja definitiv. Ein Scherz, Weib. Es kommt etwas brüsk über meine Lippen. Wie auch sonst? Das strahlende Grinsen ist mir abhanden gekommen. Eine Umarmung ist auch nicht drin, zumindest gerade nicht, weshalb ich ein wenig geknickt vor ihr stehe. Wie ein kleiner Wicht, der gleich auf das Schafott geführt werden soll. Wer teilt seinem Weib schon gerne diese Neuigkeiten mit?

_________________
Rondra
25. August 1462
{Rabenstein}


Sie spinnt also herum. Was tut er denn dann bitte? Störrisch wie ein Maulesel steht sie da. Matteo schlachten? Irgendwo ganz hinten in ihrem Blick blitzt kurz ein Hauch von Erheiterung auf. Ein kurzes Flackern, aber es ist immerhin da. »Dann wirst du das Goulasch daraus vollkommen allein essen.« Nein, natürlich ist ihre Entgegnung genauso wenig ernst gemeint wie seine Androhung – andererseits aber auch genauso passend. Trotzdem klingt es patzig, wie auch nicht, es scheint nicht der Tag für unbeschwerte Neckereien zu sein – auch wenn die Vorstellung was Balthasar wohl zu dieser Verwendung seines Pferdes sagen würde lustig ist.
Doch letztlich weiß Rondra bereits, dass der Kampf um das Horseshoe verloren ist. Günstiges Essen wollten sie nach dem Krieg anbieten – und haben es auch getan. Doch nun ist das nicht mehr nötig und auch gar nicht mehr möglich. Die Preise auf dem Markt sind nicht zu unterbieten, auch wenn sie das verwenden, was sie selber erwirtschaften. Deshalb verstummt der Blondschopf auch für einige Takte. Ihre Hände finden sich vor ihrem Leib und ihre Finger beginnen miteinander zu ringen – genauso wie sie um einen Ausweg ringt. Kelian kann noch so sinnvolle und einleuchtende Argumente anbringen. Es ist das Horseshoe, ihr gemeinsamer Traum. Zumindest einer davon. Rational kann Rondra da nicht herangehen, schon gar nicht in diesem Zustand, wo alles irgendwie von Gefühlen und Befindlichkeiten geprägt ist. So wenig wie sie gerade auf rationaler Ebene gewinnen kann, so wenig kann er es im Augenblick auf emotionaler. Weshalb sie den Scherz wohl auch verkannt hat, eine Erkenntnis die auch ihr ein wenig den Wind aus den Segeln nimmt. Es ist nicht ihre erste Schwangerschaft, sie weiß dass sie oft ungerecht ist, was sie nicht ändern kann – aber immerhin entschuldigt sie sich in ruhigeren Momenten dafür auch ungefähr tausend Mal.
Hinsetzen, aufstehen. Ihnen scheint es ähnlich zu gehen – und wieder verlässt sie ein wenig von all diesem Ärger.
»Oh Kelian…« kommt es unglaublich leise über ihre Lippen. Anfassen und festhalten, dem Drang ist kaum zu widerstehen. Ihre Finger entknoten sich wieder und ihr Blick verschwimmt ein wenig. Sie beide haben schon so viel aufgegeben, weshalb also nicht auch ein unwirtschaftliches Wirtshaus? Andere Verluste waren bereits weitaus schmerzhafter, oder nicht? Ja. Trotzdem kann sie es nicht einfach sagen. Dem zustimmen. Ihre rechte Hand streckt sich aus, um sich erst sanft an seine Wange zu schmiegen und dann vorsichtig in seinen Nacken zu gleiten. Keine Aufforderung wie sonst, kein bestimmender Zug. Sie liegt dort lediglich um nach einem kurzen Verharren zu beginnen seinen Haaransatz zu kraulen. »Ich verstehe es ja.« Kommt es immernoch genauso leise. »Selbst wenn ich am Ende nur noch die Kinder, dich und ein Kleid hätte, es wäre mehr als ich mir hätte erträumen können.« Soweit würde es wohl kaum kommen, aber selbst die obligatorische Fischerhütte wäre gut genug. Ihre Entscheidung dahingehend ist vor langer Zeit gefallen. »Das… weißt du.« Natürlich würde Liebe alleine nicht ihre Bäuche füllen (zumindest nicht mit Essen) und schon gar nicht die ihrer Untertanen. Natürlich muss ein stetiger Geldfluss her, aber was hilft es, wenn es gerade nicht möglich ist? »Ich kann noch einiges an Schmuck und Tand verkaufen, weder trage ich ihn, noch würde ich ihn sonderlich vermissen. Vielleicht lassen sich damit mehr Arbeiter anheuern.« Ihr Lippen zucken ein wenig, aber die Absolution für das Horseshoe will noch nicht hinüber.

_________________
Kelian_


Summer's gone
25.08.1462


Es ist mal wieder ein Moment für Entscheidungen. Ich könnte so unglaublich gut nachgrätschen, ihr sagen, dass ich jeden einzelnen Bissen von dem Vieh genießen werde oder dass sie es gar nicht merken wird, wenn ich ihn ihr zum Fraß vorsetze. Allerdings bleiben die Worte ungesagt, nur mein Blick nimmt einen recht störrischen Ausdruck an. Was mich auch zu der nächsten Bemerkung in meinem Kopf bringt: So störrisch wie sie schaut, könnte ich auch sie schlachten lassen. Was wohl aber das Fass gehörig zum Überlaufen bringen würde, weshalb ich es dann wirklich lasse.
Ihre Hand an meiner Wange ist durchaus Willkommen die Sorgen ein wenig zu vertreiben. Nicht, dass sie sich einfach auflösen würden oder verschwinden, aber sie sind etwas weiter weg. Manchmal kommt mir der ungerechte Gedanke, dass dies alles der Preis dafür ist, dass so jemand wie ich ein Lehen bekommen hat oder dass es die geschickte Strafe von Adam ist. Aber leider weiß ich genauso gut, dass dem nicht so ist. Nur manches Mal ist dieses Denken halt sehr einfach. Es lässt mich ein wenig meine anscheinende Unfähigkeit vergessen, von der ich eigentlich weiß, dass sie auch nur bedingt da ist. Ich kann mir keine Arbeiter noch gutes Wetter aus meinen Fingern saugen. Zu viele sind gestorben, es würde Jahre dauern bis einigermaßen zu gebrauchene Jünglinge nachkommen. Jahre voller Schufterei, wenn nicht eine ganze Völkerwanderung stattfindet und sich all diese Menschen zufälligerweise auf diesem Landstrich niederlassen. Vielleicht sollte ich einmal mit meinem Lehnsherren darüber reden, ich kann nicht der einzige sein, der Probleme damit hat. Vielleicht bin aber am Ende auch ich es, der sich darüber so viele Sorgen macht. Die Fugger haben genug Lehen, dass sie langsam eines nach dem anderen wieder hochwirtschaften können. Da kann man sich gut gegenseitig austauschen. Aber wie sieht es mit den anderen aus? Was ist zum Beispiel mit Niclas oder noch besser, was ist mit Adarana? Gedanken, die ein wenig nach hinten gedrängt werden, meine Wange schmiegt sich gar kurz in ihre Hand bevor diese sich weiter schleicht. Obwohl sie keinen Druck ausübt, lasse ich meinen Kopf ein Stück nach vorne sinken, lege Stirn an Stirn. Ohja, ich bin verzweifelt, verzweifelter als in irgendeiner anderen Situation, in der sie mich erlebt hat. Darum geht es doch gar nicht Rondra...und nein, du wärest nicht glücklich. Du kennst dieses Leben nicht. Ich weiß, dass du denkst, dass es in Ordnung wäre, aber wenn es schließlich so kommen würde... Ich schüttel leicht den Kopf. Wir sollten uns darum kümmern, dass Johanna ausgesorgt hat, wir waren zu langsam - du hast vollkommen recht. Was nun wieder ein ganz anderes Thema auf den Tisch bringt, auch wenn das alte eigentlich schon schwer genug ist. Ich richte mich wieder auf, befreie mich aus ihrem Griff, der nun wirklich nicht dazu gemacht ist, mich zu halten. Ich straffe mich, es reicht jetzt! Meine Laune ist immer noch schlecht, aber in eine vollkommen andere Richtung gekippt. Nein, du wirst keinen Schmuck verkaufen. Ein Punkt über den sie nicht diskutieren muss. Es gibt schlicht keine Arbeiter mehr - wir könnten uns sie sowieso nicht leisten. Die Murtal hat viel Geld investiert. Dummes Weib. Mein Hass auf die Familie ist wieder ein wenig aufgelodert, auch wenn ich es ihr eigentlich nicht verübeln kann. Ich hätte es genauso gemacht, wenn ich auch nur im Ansatz soviel Geld wie das Weib besitzen würde. Wir müssen uns eben langsam hocharbeiten. Grimmig klingt es nun. Es sind fast ein Sechstel der Felder, die dem Krieg und dem Wetter zum Opfer gefallen sind. Ein milder Winter könnte diesen Umstand in seinen Auswirkungen gering halten, ein harter Winter allerdings könnte schwere Auswirkungen haben. Wir waren schlicht zu wenig, um das Getreide einzubringen. Es würde besser werden, die nächsten Jahre - wir könnten wieder mehr Felder bestellen und auch mehr einbringen. Nur müssten wir die Waren dann auch los werden. Komm Weib, wir sollten ins Bett... Mein Tagesablauf ist fürchterlich zur Zeit. Aufstehen, Essen, Arbeiten, Essen, Arbeiten und dann Schlafen. Dies wäre bald vorbei, denn viele Felder sind nicht mehr übrig. Am nächsten Tag würde ich zumindest Thomas eine gute Nachricht überbringen können. Das Stadthaus Rondras würde aufgelöst werden, die Möbel verkauft oder eben hierher verbracht werden - darum muss sich dann das Weib selbst kümmern. Was allerdings mit den Angestellten dort passieren würde? Ich weiß es selbst nicht.

_________________
Rondra
25. August 1462
{Rabenstein}


Glück ist eine seltsame Sache. Ist sie jetzt glücklich? Könnte sie es mit ihm an ihrer Seite überall sein? Nein, wohl nicht, ein wenig spielen dann doch die äußeren Umstände mit hinein. Aber das ist hier wie dort gegeben. Rondra könnte also hier genauso unglücklich sein wie als Fischersweib. Vielleicht wäre sie also nicht glücklich, aber mit Sicherheit würde sie nicht bereuen. Johannas Glück ist da ein ganz anderes Kaliber. Was Rondra für sich bereit ist zu zahlen, würde sie nicht der Tochter aufbürden wollen. Sie selber verarmt ist eine Sache, Johanna muss anders versorgt sein, bevor es zu spät ist. Zumindest sollte sie eine Chance darauf haben einmal gut versorgt zu sein. Dass in diesem Zusammenhang die Murtal fällt, ist nicht weiter verwunderlich. Agatha war angedacht als mögliche Schwiegermutter, auch wenn sich in dieser Hinsicht bei Rondra auch schon andere Gedanken eingeschlichen haben. Es gilt eben abzuwägen.»Also willst du nicht bis nach der Niederkunft damit warten?« Das war schließlich sein letztes Wort, bezüglich der Tochter. »Agatha von Murtal, oder Arioste von Wettin.« Ein kleiner Satz, der all ihre Gedanken beinhaltet. Agatha mag Geld haben, aber auch auf ihren Ländereien werden Krieg und Verwüstung gewütet haben – und die Arbeiter nicht an den Bäumen wachsen. Kaylis Ländereien – und somit dann auch Ariostes liegen weit entfernt von jeglichem Kriegsschauplatz. Natürlich ist da noch mehr. Möglich dass Arioste mit ihrem Mann die Steiermark verlassen würde – doch genauso möglich ist es, dass Johanna ihr, Rondra, dann trotzdem noch näher wäre, als wenn sie bei der Krähe leben würde. Andererseits ist da noch Katerina, die ebenfalls mit müsste. Beide Kinder zusätzlich zu den eigenen Kindern – Kaylis Dienerschaft hätte nicht schlecht zu tun. Was nicht ihr Problem wäre. All diese Gedanken würde sie Kelian mitteilen – sofern er sie nicht von selber haben würde.
Zu Bett also. Rasch nickt der Blondschopf und zieht seine Hand aus seinem Nacken nun endgültig zurück. Sie würde sich seine Hand angeln, um dann gemeinsam die Zimmer zu durchqueren, bis sie das Schlafzimmer erreichen. Den Schmuck lässt sie lieber unkommentiert, lediglich ihre Lippen legen sich etwas fester aufeinander, während sich die Stirn runzelt. Sie würde das Malzeug wieder loswerden müssen – wie grenzenlos dumm ist sie nur gewesen?

_________________
Kelian_


Summer's gone
25.08.1462


Manchmal, da muss man Entscheidungen eben revidieren. Bis nach der Niederkunft warten? Nun, im Endeffekt wird es wohl dennoch so sein. Allerdings könnten, nein, wir müssen uns vorher schon kümmern. Wann Johanna letztendlich übersiedelt ist dann eine andere Frage, aber man müsste mit den in Frage kommenden Kandidaten reden. Die Namen, die Rondra fallen lässt, entlocken mir ein kurzes Schmunzeln, während sich unsere Hände verbinden. Schritt um Schritt führt uns in das Schlafgemach, während ich kurz die Weiber gegeneinander aufwäge. Vor- und Nachteile. Agatha von Murtal. Ein Weib sondergleichen. Unglaublich hübsch, selbst ich kann ihr dies nicht absprechen. Aber dann? Dann wird es auch schon schwierig. Sie ist ein Weib von Adel, so sehr, dass ich mich kaum traue mich ihr zu nähern. Sie würde Johanna streng erziehen und danach hätten wir eine perfekte, kleine Dame, da bin ich mir sicher. Ob Johanna da jedoch glücklich werden würde und ob sie letztendlich einen Ehemann finden könnte? Ich weiß es nicht. Ich denke fast eher nicht. Arioste. Sie birgt so viele Vorteile, es scheint so einfach zu sein und dennoch habe ich Bedenken. Sie ist Johannas Tante, sie würde nicht in der Art mit ihr umgehen, wie es andere machen würden. Sie würde sie wahrscheinlich weiter verwöhnen, aber dennoch steckt die größere Möglichkeit sicher in dieser Lösung. Die Wettins müssen Kinder haben und auch wenn kein Erbe der ehemaligen Kaiserfamilie in Betracht kommt, so muss es Zweitgeborene geben und ähnliches. Johanna wäre in einem Bereich, in dem man sie gut verheiraten könnte. Also die Wettins? Würde Arioste sie nehmen? Was würde Kaylis sagen? Vielleicht kann ich die Sache ja mit Obstler regeln, indem ich den Kerl abfülle. Wir sollten mit beiden sprechen, aber die Wettins...es wäre die beste Möglichkeit für Johanna. Außerdem wäre es frühestens in drei Monaten soweit. Was meine Bedingung dann irgendwie doch erfüllen würde. Hach, es ist wirklich alles nicht einfach.
Langsam löst sich meine Hand wieder, ich streife das eben frisch aus dem Schrank genommene Hemd wieder über meinen Oberkörper. Oh, ich weiß genau wonach mir der Sinn stehen würde, aber aus vielen Gründen ist dies nicht möglich. Zu aller erst schlafe ich bald im stehen ein, denn nun wo die Wut einfach verpufft ist, schlägt diese mit aller Macht zu. Außerdem ist mein Weib zwar nach wie vor begehrenswert, allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir sehr eingeschränkt sind in der Ausführung unserer Gelüste. Zuviel Leidenschaft wäre da wahrscheinlich nicht zuträglich, aber mir steht der Sinn nicht nur nach Leidenschaft, sondern an einem wahren Sturm, der uns dahin trägt. Vielleicht ist es auch deshalb ganz gut, dass ich auf das Zubern verzichtet habe. Das ein oder andere Weib unter den Mägden ist mir schon ins Auge gefallen, auch wenn die Versuchung noch nicht groß ist. Sowieso ist die Vorstellung mit Rondra sehr viel anregender als mit anderen. Allerdings - und dies ist am Wahrscheinlichsten - würde mich die körperliche Anstrengung einfach komplett fertig machen. Ein guter Grund also einfach ins Bett zu gehen. Wirst du dich darum kümmern? Eigentlich muss sie es, denn ich wüsste nicht, wann ich es machen soll. Allerdings gefällt es mir auch nicht, dass das Weib dann mit der Kutsche durch die Gegend tingeln würde. Es hieße, dass ich zumindest Arnest entbehren muss, der entgegen seiner eigentlichen Aufgabe auch mit auf das Feld musste. Nun, egal, der Kerl wäre dazu da, mein Weib zu beschützen und ein zweites Weib würde auch mit müssen. Wer weiß, wann mein Sohn sich überlegt das grausame Licht der Welt zu erblicken.

_________________
Rondra
25. August 1462
{Rabenstein}


Mit beiden reden. Also mit der Murtal und dem Wettiner – möglichst samt Braut. Rondra nickt bei seinen Worten. Es klingt plausibel, sehr sogar. Etwas, nein, ziemlich schwerfällig lässt sie sich wie ein Sack Rüben auf die Bettkante nahe des Fußendes sinken. Endlich die Schuhe und Strümpfe von den Füßen bekommen. Sie sollte in ihren Gemächern nur noch auf Socken laufen, das wäre sicherlich bequemer. Die Umsetzung dessen sieht allerdings schwierig aus. Die Schuhe hebelt sie noch recht einfach mit dem jeweils anderen Fuß über die Fersen, das geht. Die Sache mit den Strümpfen ist schwieriger, denn Vorbeugen geht nicht mehr, zumindest nicht so dass sie bequem an ihre Beine kommen würde. Ein ungelenker Eiertanz also. Allerdings nimmt sie hierbei ungern Hilfe in Anspruch – nur wenn es gar nicht anders geht, was an einigen Tagen auch der Fall ist. Es ist ein bisschen grotesk, denn eigentlich lässt sich Rondra fürchterlich gern von ihrem Mann ausziehen. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt als es tatsächlich eine Hilfestellung geworden ist. Es hat nichts, aber rein gar nichts Erotisches an sich, wenn man sich dabei fühlt wie eine unbewegliche, gemästete Weihnachtsgans. Ähnlich verhält es sich mit dem Akt an sich. Geradezu süchtig ist sie nach seinen Berührungen, dank der Schwangerschaft ist ihre Haut empfindsamer und die (ihr vollkommen unbekannten) Hormone sorgen dafür, dass sich selbst die unabhängige Rondra bisweilen in ein anschmiegsames, schutzbedürftiges Kätzchen verwandelt. Wie gemein ist es allerdings genau das zu tun, dem Kerl dann aber seine Erfüllung zu verweigern? Daran scheitert es nämlich immer wieder, seit einiger Zeit vermehrt. Es ist anstrengend, fühlt sich nicht richtig an – und es ist ihr wohler dabei, wenn es dazu eben nicht kommt. Meistens, nicht immer – und wann was richtig ist, soll er bitte neben seiner Müdigkeit immer ganz genau wissen.
Schwierig. Heute jedenfalls ist es ein Tag, an dem sie es auf keinen Fall forcieren würde. Trotzdem lässt sein Anblick sie nicht kalt. Seine wiedergewonnen Muskeln erinnern tatsächlich stark an den Seemann der vor anderthalb Jahren aufgekreuzt ist. Ebenso die von der Arbeit draußen gezeichnete Hautfarbe und die etwas ausgebleichten Haare – lässt man das Grau einmal außen vor. Nein, ihr Mann ist definitiv keiner der sie vollkommen kalt lässt, auch jetzt nicht. Appetit haben, aber dabei vollkommen gesättigt zu sein, das trifft es wohl am ehesten.
»Mache ich.« Kommt die Antwort so ganz entgegengesetzt zu ihren eigentlichen Gedanken. Endlich sind auch die Strümpfe fort und Rondra widmet sich der seitlichen Schnürung ihres Kleides. »Das Weib kann hierher kommen, wenn sie sich darauf einlässt und Katerina und Sofia gleich mitbringen. Johanna wird sich freuen, wenn erstmal Arioste wieder fort ist, wird es ihr an Gesellschaft fehlen. Sofia geht die ganze Angelegenheit schließlich auch etwas an. Katerina würde in ihrem Haushalt verbleiben. Aber vielleicht fällt den beiden Damen dazu noch irgendeine Lösung ein.« Friedrich als Ehemann? Die Idee ist nicht vom Tisch, allerdings ein bisschen ins Hintertreffen geraten. Rondra erhebt sich, um das Überkleid über ihren Kopf zu bugsieren, weshalb dieses Mal ihre Stimme dumpf aus den Tiefen des Stoffes erklingt. »Kaylis kann entweder auch herkommen, oder wir könnten uns in Graz oder Bruck treffen. Ich muss ohnehin bald wieder nach der Universität sehen.« Oh ja, wer weiß wie lange sie die kleine Reise noch auf sich nehmen kann. Möglich dass es auch über den Postweg zu organisieren ist. Eine kleine Abwechslung in ihrem Alltag. »Wobei Arioste dabei auch gefragt werden sollte.« Aber das scheint sich von selbst zu verstehen. Dem Überkleid würde das Unterkleid folgen – und schließlich würde eins seiner Hemden den Platz eines Nachthemdes einnehmen. Das passt immerhin in der Weite recht gut, zumindest noch. »Vielleicht sollten wir es vertraglich festhalten, sofern wir uns einig werden.« Wer mit wem auch immer.

_________________
See the RP information <<   <   1, 2, 3, ..., 28, 29, 30, ..., 37, 38, 39   >   >>
Copyright © JDWorks, Corbeaunoir & Elissa Ka | Update notes | Support us | 2008 - 2024
Special thanks to our amazing translators : Dunpeal (EN, PT), Eriti (IT), Azureus (FI)