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Dark water

Kelian_


Summer's gone
25.08.1462


Gut, ist dies also besprochen und das Horseshoe hängt noch in der Schwebe. Ich habe weder die Kraft noch die Lust mich nun weiter damit auseinander zu setzen und so würden wir also in ein paar Tagen dasselbe Gespräch noch einmal führen. Wahrscheinlich dann, wenn mir Thomas so sehr in den Ohren gelegen hat, dass ich es nicht mehr aushalte. Mit einem Geräusch, welches von Genugtuung spricht, lasse auch ich mich schließlich auf das Bett gleiten. Dies muss der Himmel sein! Es ist einfach herrlich sich langsam zu entspannen und auch wenn es wohl aufmerksam meinerseits wäre Rondra zu helfen, so vermag ich es gerade nicht. Ich warte einfach darauf, dass sie ebenfalls in das Bett kriecht. Ich habe nicht einmal Augen dafür, dass sie sich umzieht. Allerdings hat ein seeliges Lächeln mein Gesicht ergriffen, allein weil ich liegen darf. Mach wie du möchtest, es wird sich schon etwas ergeben. Ob die Krähe nun hierherkommt oder Rondra hinfährt. Ob Kaylis und Arioste erneut zu Besuch eintreffen oder wir sie besuchen. Mir gleich. Die Ernte wäre in ein paar Tagen beendet und danach würden wieder andere Zeiten anbrechen. Hoffentlich. Ruhigere.
Letztendlich gibt es nicht mehr viel zu sagen. Oder doch? Ja, doch gibt es. Natürlich halten wir es in einem Vertrag fest, alles andere wäre schlichtweg dumm. So hätten wir etwas bindendes in der Hand. Nicht auszudenken, wenn plötzlich jemand wieder einen Rückzieher machen würde. Geduldig warte ich darauf, dass ich Rondras Gewicht neben mir spüre. Klar, es macht sich bemerkbar, wenn sich eine zweite Person auf das Bett setzt oder legt. Erst dann mache ich meine Augen wieder auf, rolle mich zu ihr herüber. Wenigsten dies lasse ich mir nicht nehmen. Nein, einiges mehr auch nicht. Natürlich ist es schwieriger geworden, aber ich ziehe das Weib in meine Arme, kuschel mich an sie. Hoffentlich nicht zu einengend, aber eigentlich kann ich es nur falsch machen. Unter der Decke sucht meine Hand sich den Weg unter mein oder besser gesagt ihr Hemd, um auf ihrem Bauch liegen zu kommen. Zumeist bleibt sie einfach da liegen und ich bin schon fast eingeschlafen, wenn sie richtig liegt. Seltener jedoch ist dies der eingespielte Beginn eines ebenso eingespielten Rituals. Nein, Überraschungen haben wir derzeit in anderen Bereichen genug, die Zeit in der wir Sex überall haben können ist längst vorbei. Wie auch in den vergangenen Tagen bleibt meine Hand einfach dort, wo sie ist, schleicht sich nicht weiter zu ihren Brüsten, die so herrlich empfindlich sind - alles hat Vor- und Nachteile, auch eine Schwangerschaft. Mein gleichmäßiges Atmen verrät, dass ich meine Augen wohl kaum noch offen habe, sehr wahrscheinlich bereits schon schlafe. Es reicht nicht einmal mehr für liebevolle Worte. Everything comes at a prize.

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Rondra
25./26. August 1462
{Rabenstein}


Nein, etwaige Lauscher auf das Liebesleben der Herrschaft werden sich wohl auch an diesem Abend lediglich mit den tiefen Atemzügen des Paares begnügen müssen. Rondra selbst braucht länger um zumindest für einige Stunden in einen leichten Dämmerschlaf zu gleiten. Allerdings gibt es Unangenehmeres als dabei in Kelians Armen zu liegen und dem Rabatz des baldigen Nachwuchses nachzuspüren. Es würde doch alles werden, oder nicht?
Einige Zeit nach Mitternacht setzt das übliche Spiel ein. Weder an Schlaf, noch an irgendwelche Positionen im Liegen ist noch zu denken. Der Rücken schmerzt, der Bauch zieht – ein Wadenkrampf ist schließlich zu viel des ohnehin nicht Guten und treibt das Weib aus dem Bett. Eigentlich noch müde und ziemlich sicher kaum erholt. Umsichtige Geister halten auch zu dieser Zeit das Feuer im Kamin der Bibliothek am Brennen. Zumindest ein wenig, denn dass die Herrin hier häufiger nachts sitzt, ist kein Geheimnis. Im Gegenteil, heute hängt sogar ein kleiner Topf mit etwas Brühe über den Flammen. Das macht die Schlaflosigkeit nicht besser, allerdings erträglicher und wird von Rondra mit einem wohligen Seufzen quittiert. Vielleicht hat Kelian Recht, eine Fischerhütte wäre womöglich nichts für sie, dazu liebt sie die kleinen Annehmlichkeiten die ihr Leben mit sich bringt zu sehr.
Eingehüllt in einen Samtmantel geht es an den Schreibtisch. Genug zu tun gibt es heute. Briefe, mindestens drei würden es werden, bei genauerer Betrachtung wahrscheinlich sogar fünf. Also, mit energischen Schnitten eine frische Feder geschnitten, Papier hervor geholt und losgelegt.



Lieber Bruder,

Eine Weile ist es nun her dass wir uns das letzte Mal gesehen haben. Leider hatten wir bei der Taufe Deines Patenkindes keine Gelegenheit miteinander zu sprechen, doch das liegt nunmal in der Natur solcher Familienfeste, nicht wahr?
Doch es gibt einiges zu besprechen, ich bin mir nach wie vor nicht sicher, ob du oder seine Seligkeit besser geeignet sind, aber sicherlich wirst du mir auch dabei helfen können und den Brief ansonsten weiterleiten.
Zum einen geht es um das bevorstehende Erntedankfest. Graz wird im Vorfeld dieses Festes ein Bogenturnier abhalten, dessen Organisation ich übernehme. Sicherlich könnten wir die Feiern miteinander verbinden? Wie genau ist mir noch nicht klar, aber Kirche und Stadt sollten gemeinsam stehen.
Außerdem wollte ich mit Dir über Nora reden. Bei Klein-Graufangs Taufe ist mir aufgefallen wie gut sich der junge Murtal doch im Schoß der Kirche gemacht hat. Sicherlich gibt es für meine Jüngste Möglichkeiten, oder nicht?
Ich weiß, Du hast mich eingeladen Dich zu besuchen, doch Du wirst verstehen, dass ich im Augenblick zusätzliche Wege meide. Können wir uns in der steirischen Burg treffen? In meinem Arbeitszimmer, oder gern auch in der Burgschenke. Verzeih, doch meine Zeit drängt ein wenig. Du wirst verstehen.

Rondra


Ein Brief der ihr erstaunlich rasch von der Feder geflossen ist, einfacher als die folgenden, Rondra ist sich ziemlich sicher. Doch was getan werden muss, wird getan – das gilt für sie wie für den Gatten.



Agatha von Murtal, seid mir aufs herzlichste gegrüßt,

Sicherlich wundert Ihr Euch weshalb ausgerechnet ich Euch schreibe, ich möchte auch nicht lange herumreden. Ich glaube das würde uns beiden nicht gerecht werden, spreche ich die Dinge doch meistens lieber gleich an.
Ich möchte Euch nach Rabenstein einladen. Euch und sofern sie möchte auch meine Cousine und meine Nichte – ihr werde ich ebenfalls einen Brief zukommen lassen.
Ihr kennt meine älteste Tochter. Johanna ist letzten Monat sechs Jahre alt geworden und es ist an der Zeit, dass sie ihr Heim verlässt und auf ihr späteres Leben vorbereitet wird. Natürlich fiel bei diesen Überlegungen mein Augenmerk auf das ehrenwerte Haus der Murtals. Ob meine vagen Vorstellungen umsetzbar sind, vermag ich nicht zu sagen. Sofia und ich hatten beschlossen die beiden Mädchen gemeinsam unterzubringen – was bei dieser Konstellation sicherlich unglücklich für Katerina wäre, auch das wäre zu besprechen. Solltet Ihr diesen Gedankengängen nicht vollkommen fern sein, bitte ich Euch zum Mittagessen nach Rabenstein. Sofia werde ich für einige Tage einladen, natürlich gilt diese Einladung auch für Euch, sofern Ihr die Zeit erübrigen könnt.
Ein jeder Tag bis zum sechsten des nächsten Monats ist mir gelegen.

Mit den besten Grüßen
Rondra Peverell
Freifrau von Rabenstein


Die rechte Hand legt die Feder einen Augenblick fort. Die Blauaugen studieren den Brief erneut, während Rondra das Handgelenk ein wenig ausschüttelt.
Eins der Küchenmädchen steckt den Kopf herein, um dann in einen tiefen Knicks zu versinken, als sie bemerkt dass sie nicht mehr alleine wach ist. Ein Scheit wird nachgelegt, ein leises Gespräch, frische Brühe wird an den Tisch gebracht und dann ist die Dunkelhaarige auch schon wieder hinaus.
Der nächste Brief also. Er ist längst überfällig, auch wenn der Grund nun ein anderer ist, als er vielleicht hätte sein sollen.



Liebste Sofia,

verzeih mein Liebes, viel zu lange habe ich nicht von mir hören lassen, doch die letzten Wochen waren keine ganz leichten. Ich hätte dich längst herbitten sollen, bitte verzeih. Ich hoffe es geht dir und Katerina gut? Nora hatte vor zwei Wochen eine tüchtige Erkältung, doch nun ist sie endlich besiegt – den heißen Wickeln und der Hühnerbrühe sei Dank!
Mein Schreiben hat heute allerdings gleich mehrere Gründe. Ich möchte Dich und Katerina tatsächlich nach Rabenstein einladen. Nach Möglichkeit sogar für einige Tage. Johanna vermisst ihre Cousine und mir geht es genauso. Ich habe allerdings auch Deiner Schwägerin geschrieben und sie eingeladen. Johanna ist nun sechs Jahre alt und es wird wirklich Zeit für sie. Die Murtals sind eine angesehene, alte steirische Familie und so liegt es nahe mit Agatha das Gespräch zu suchen. Mir ist bewusst, dass wir in dieser Hinsicht für Katerina doppelt nachdenken müssen, doch bin ich mir sicher dass wir eine Möglichkeit finden werden. Vielleicht traut sich Agatha zu beide Mädchen zu erziehen, oder sie hat ihre eigenen Ideen dazu, mir ist nicht bekannt wie weitläufig Deine Verwandtschaft ist. Den Zeitpunkt habe ich ihr überlassen, gebt mir nur Bescheid ob und wann. Ich würde mich jedenfalls auf Dich und Katerina sehr freuen.

Liebe Grüße
Rondra


Die Brühe ist es dieses Mal, die ihr etwas Ablenkung verschafft, bis zur Hälfte wird der Becher geleert. Fehlen noch Arioste und Kaylis und je nach Stimmungslage noch der Bäcker. Den Verlobten würde sie wohl gemeinsam schreiben können, oder nicht? Alles andere wäre äußerst albern.



Lieber Kaylis, liebe Arioste,

Ich weiß, allzu lange ist Euer Besuch auf Rabenstein noch nicht her und doch möchte ich Euch beide erneut auf ein Abendessen einladen. Kaylis erinnert sich womöglich an unser Gespräch vor einigen Monaten, bezüglich der allgemeinen Problematik die Kinder in die Fremde zu geben. Johanna ist nun sechs und es ist an der Zeit ihre Zukunft zu schmieden. Ich muss gestehen, eure Verlobung schenkt mir in dieser Hinsicht viel Hoffnung. In der Steiermark sind geeignete Familien kaum vorhanden und natürlich würde ich nichts lieber tun, als Johanna in die Hände meiner Freundin zu geben. Fällt der Abschied doch schwer genug.
Gerne können wir uns ansonsten auch in Graz treffen. Anlässlich des Erntedankfestes plant die Hauptstadt ein Bogenturnier am dem siebten des nächsten Monats. Nichts für mich, aber es wäre einmal wieder etwas anderes.

Herzliche Grüße
Rondra


Nun also bleibt der Bäcker. Nein. Dazu wäre Zeit bis nach dem Frühstück, denn schon dämmert der Tag hinauf. Lange würde es nicht mehr dauern bis Kelian hinaus müsste. Schnell werden die Briefe gefaltet und gesiegelt, eine produktive Nacht.
Schließlich geht es zurück ins Schlafzimmer, der Mantel fällt neben Kelians Bettseite, dann krabbelt sie zu ihm. Noch ist es nicht ganz eilig, weshalb ihre kleinen Küsse, die ihn quer übers Gesicht verteilt treffen, sanft und liebevoll sind. Irgendwann werden sie ein wenig nachdrücklicher, als sich doch etwas Leidenschaft hinein schleicht – der Morgen ist für einiges einfach besser geschaffen als der Abend.
»Wach schon auf.« Leise lachend neckt sie ihn, als das erste Flattern seiner Lider einsetzt. »Bevor Thomas wie ein eifersüchtiges, altes Eheweib vor der Tür steht und sein Recht einfordert und dich mir wieder entführt.« scherzend gesprochen, aber einen kleinen Stich Wahrheit beinhalten ihre Worte durchaus.

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Kelian_


Summer's gone
26.08.1462


Oft bin auch ich in den vergangenen Nächten aufgewacht, wenn das Weib aufgestanden ist, weil sie nicht mehr liegen konnte. Schon allein weil es an meiner Seite kalt geworden ist. Nicht so diese Nacht, irgendwann fordert die Arbeit eben ihren Tribut und ich muss mich erholen. Unbemerkt meinerseits kann das Weib also ihren Geschäften nachgehen, Briefe schreiben wie sie lustig ist. Immerhin wäre diese Sache dann in die Hand genommen.
Ich selbst breite mich im Bett aus, drehe mich das ein oder andere Mal, schlafe aber im Großen und Ganzen doch recht gut. Mir fällt nicht einmal auf, dass das Weib weg war bis sie wieder da ist. Naja nicht ganz. Eigentlich fällt mir erst ihre penetrante Art mich zu wecken auf. Erst ist es ein Brummen, ungnädig und eindeutig verschlafen, welches auf ihre Küsse reagiert. Ist dies wirklich ihr Ernst? Nicht... Dazu bewege ich dann nicht einmal wirklich meine Lippen, sondern knurre es mehr aus den Mundwinkeln heraus. Es scheint wirklich ihr ernst zu sein, vor allem scheint das hier eine Richtung zu nehmen, die Anstrengung verspricht. Ich will nicht. Ich will nicht? Allein dies zeigt den Grad meiner Erschöpfung an, dass es mir eine Qual erscheint mich jetzt auch noch im Ehebett körperlich betätigen zu müssen. Allerdings - ich bin wach. Durch ihre Küsse, ihre Ungeduld und die Gedanken, die schließlich durch meinen Kopf gerauscht sind. Ich bin ja wach... Ich drehe meinen Kopf ein wenig, um ihre Küsse abzuwehren, die sie anscheinend wie kleine Angriffe geplant hat. Was ist nur in das Weib gefahren? Thomas lässt mich wenigsten schlafen, wenn ich mal dazu komme... Wahrscheinlich ein falscher Kommentar, aber verkneifen kann ich es mir nicht. Wie gemein, dass sie mich um meine sehr wohl verdiente Ruhe bringt, aber jetzt ist es sowieso zu spät. Langsam und nicht gerade mit viel Elan ziehe ich das Weib wieder zu mir, um sie nun meinerseits zu küssen, allerdings lasse ich größere Leidenschaft dabei vermissen. Nach Beendigung der morgentlichen Begrüßung reicht mir ein Blick aus, um meine Miene ein wenig zu verziehen. Regnet es sehr stark oder ist die Sonne noch nicht aufgegangen und ich kann sie deshalb nicht sehen? Wirklich, ich habe ein ungnädiges Weib.

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Rondra
25. August 1462
{Rabenstein}


Gut. Sein Knurren mag akzeptabel sein, denn es ist noch recht früh und selbst wenn er zwölf Stunden geschlafen hätte, hätte es wohl nicht ausgereicht um ihm die Erschöpfung zu nehmen. Weshalb ihm sein Weib auch gnädig das Abwehren verzeiht, zumindest bis Kelian halbwegs wach ist.
Thomas würde ihn also schlafen lassen. Ihr Köper versteift sich, was allerdings vollkommen gleichgültig scheint, denn im selben Moment wird sie zu ihm gezogen. Oh, es ist wirklich ungnädig sein Weib, zumindest jetzt. Wie eine Blase aus Seifenschaum zerplatzt der plötzliche Anflug von Albernheit.
»Es regnet noch nicht, aber der Himmel ist grau.« wird also der Wetterbericht erstattet. »Die Sonne wird, sofern sie es schafft, in ungefähr einer halben Stunde zu bewundern sein.« Thomas würde ihn schlafen lassen, wirklich? Oh, ja und wie. Statt auf eines der gackernden und glotzenden Mädchen eifersüchtig zu sein, die nun vielleicht ihre Chance wittern, verspürt der Blondschopf dieses Gefühl gerade wirklich für den Kerl. Vielleicht würde ihr die Lächerlichkeit aufgehen, wenn sie selbst mehr Schlaf gehabt hätte. »Soll ich nach nebenan ziehen? Thomas schafft es sicherlich dir im Bett so lange Zahlen ins Ohr zu säuseln, bis du eingeschlafen bist und morgens weckt er dich dann…. mit dem neusten Klatsch aus Rabenstein.« Romantische Aussichten für die beiden. Immerhin schleicht Thomas nicht nachts durch die Gänge, da ist sie sich ziemlich sicher. Natürlich ist es scherzhaft gemeint, auch wenn Rondras Miene dabei glorreich versagt. Ja, schlimmer noch, da drückt schon wieder dieser Kloß im Hals. Herrgott, wann hat sie sich nur in eine solche Heulsuse verwandelt? Rondra könnte sich selbst ohrfeigen, aber ändern kann sie den Umstand auch nicht. Bei jeder noch so bescheuerten Gelegenheit scheint sie die Schleusen zu öffnen. »Ich werde dir Tee bringen.« Womit sie sich vorsichtig aufrichten will. Wach ist er ja nun, was ihr im Nachhinein tatsächlich etwas Leid tut – wofür sie sich gleich wieder ohrfeigen könnte. Tee statt Küssen, scheint ein annehmbarer Tausch zu sein, vor allem wenn man das Wetter bedenkt dem er ausgesetzt sein würde. Sie selber fasst für sich in diesem Augenblick einen Entschluss. »Ich werde nachher anspannen lassen und an der Universität nach dem Rechten sehen.« Und zum Mittagessen nicht da sein. Hat den Vorteil, dass sie auch gleich im Stadthaus Dinge regeln kann. Sie sagt es ihren Leuten lieber selber.

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Kelian_


Summer's gone
26.08.1462


Mensch! Also manchmal, da ist es doch wirklich zum Mäuse melken. Ist das nun ihr ernst? Also ihr weiterer? Erst weckt sie mich, dann macht sie mir sowas wie eine Szene wegen Thomas und nun? Nun will sie mir Tee bringen. Wie schlecht kann so ein Morgen eigentlich beginnen? Viel schlechter nicht, weshalb ich mich im Bett jetzt leicht aufrappel. Nein, ich habe heute kein Verständnis, auch wenn ich weiß, dass es der einzig richtige Weg wäre dies jetzt hier anzugehen. Ich würde mich entschuldigen, sie bitten bei mir zu bleiben und mit ein wenig Glück weich kuscheln. Aber nicht heute. Es ist wirklich manchmal... Manchmal glaube ich, dass du es vorziehen würdest rüber zu ziehen! Es klingt leicht erbost. Wie auch nicht? Was Thomas damit jetzt aber zu tun hat, das weißt nur du alleine. Naja, ich auch oder ich kann es mir zumindest vorstellen. Manchmal ist das Weib aber auch wirklich zu kindisch. Ich will keinen Tee. Jetzt wo ich wach bin, kann ich den Tag auch einfach schon beginnen. Mindestens eine Stunde zu früh. Eine Stunde, die ich gut hätte gebrauchen können oder dann wenigsten bei meinem Weib verbringen möchte. Gut, will sie ja aber offensichtlich gerade nicht. Mit einem Ruck, der mehr als steif wirkt, schlage ich dann letztendlich die Bettdecke weg, um mich ebenfalls zu erheben. Tu, was du für richtig hälst, aber nimm Arnest mit. Vielleicht auch Johanna, sie wird enttäuscht sein, dass ich sie nicht mitnehme. Es klingt weniger böse, wenn auch wenig erbaut. Es würde nämlich tatsächlich weniger Hilfe bedeuten. Außerdem noch, dass ich Mittags ganz alleine bin und dies wiederum bedeutet, dass ich zu dieser Mahlzeit nicht zu Hause sein werde. Was für eine verlockende Aussicht auf den Tag! Bevor du fährst, sag der Köchin, dass das Mittagessen offensichtlich ausfällt. Sie muss nicht kochen, wenn keiner von uns da ist. Nora fällt eindeutig unter keiner - in meinem Kopf ist sie nicht mal existent bei diesem Gedanken.

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Rondra
26. August 1462
{Rabenstein}


Tellerrund sind die Augen, die ihn ungläubig anstarren. Ist das nun sein ernst? Sie will rüber ziehen?! Oh da liegen ganz böse Erwiderungen auf ihrer Zunge und es ist keineswegs ihrem gemäßigten Temperament geschuldet, dass Rondra sie nicht heraus stößt. Die heiße Wut ob dieser Anschuldigung lässt sie einfach keinen vernünftigen Satz bilden. Ihr Gesicht und die sich öffnenden Lippen allerdings sprechen Bände. Dämlicher Idiot, im Gegensatz zu ihm weiß, oder ahnt sie zumindest dass sie gerade schlimmer als Johanna ist, wenn nicht gar Nora. Was folgt sind seine Anweisungen. Arnest und Johanna also. Wunderbar, Johanna würde sicherlich glücklich sein einmal wieder im großen Haus eingesperrt zu sein, während ihre Mutter ihren Geschäften nachgeht. Aber auch das bleibt unkommentiert. Soll das Kind es wagen sich zu beklagen, oder zu mosern, schuld wäre in diesem Fall logischerweise Kelian. Aber vielleicht nimmt sich ihrer auch Arnest an. Der allerdings ist in Rondras Augen vollkommen überflüssig, reichen nicht der Kutscher und eine normale Wache? Vielleicht ist ihr Schweigen in dieser Hinsicht geradezu bezeichnend. Tatsächlich scheint damit alles gesagt und nichts will sie lieber als hinaus. Gab es das schon mal? Zumindest im Augenblick kann sich Rondra nicht erinnern. Zur Tür also, die Aufträge sind klar verteilt. Natürlich würde sie der Köchin Bescheid geben. Kochen müsste sie trotzdem, immerhin leben hier auch noch andere Leute, allerdings sicher nicht so aufwändig wie sonst. Stände ihnen vielleicht ohnehin gut zu Gesicht, vor allem nach den gestrigen Beichten.
Aber sie wäre nicht wer sie ist, wenn sie es vollkommen unkommentiert stehen lassen würde. Arnest mitnehmen und Johanna, der Köchin Bescheid sagen. An der Tür des Schlafzimmers bleibt sie stehen. Ihr rechter Fuß geht zur Seite, um einen Halbkreis zu ziehen und das Weib knicksen zu lassen. Nicht tief, wahrscheinlich würde sie nicht mehr hochkommen, aber ein tiefer Knicks wäre ihr auch gar nicht in den Sinn gekommen. Eben einer wie ihn die Mädchen ständig machen und mit dem sie selber als Kind so gequält wurde.
»Sehr wohl.« grimmiger Spott ist es, aber auch die verfluchte Erkenntnis dass dieser Tag tatsächlich nicht mehr zu retten sein wird, was ihre Miene in diesem Augenblick zeichnet. Beste Voraussetzungen ein paar Leute zu entlassen und Bäckereien zu schließen. Vielleicht hätte sie sich tatsächlich einfach nur neben ihn legen sollen und selbst noch die eine oder andere Stunde ruhen sollen. Ihre Schultern sinken, als sie sich der Tür zuwendet. »Ich werde sehen, dass ich zum Abendessen wieder hier bin.« Hoffentlich. Wer weiß wie die Grazer die Neuigkeiten aufnehmen würden. Das wäre dann allerdings tatsächlich alles für den Augenblick.

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Kelian_


Summer's gone
26.08.1462


Viel zu beschäftigt mit mir selbst, bemerke ich nicht mal im Anflug, dass meine Anweisungen falsch oder gar falsch aufgenommen werden könnten. Ich will ja nur das Beste für meine ganze Familie, aber offensichtlich war dies mal wieder ein Fehler zu diesem Zeitpunkt. Ich weiß eben, dass Rondra Arnest nicht mitnehmen würde, würde ich es ihr nicht sagen. Außerdem ist es doch eine gute Idee, wenn Mutter und Kind zusammen Zeit verbringen und was die Köchin angeht... Erklärt sich ja wohl von alleine, oder nicht? Leider jedoch drehe ich mich im falschen Moment um, sehe den Knicks, höre die Worte. Oh, dieses Weib. Zuerst spiegelt sich blanke Wut in meinem Gesicht wider, ob dieser Klatsche, die sie mir da gibt. Dann verzieht sich mein Gesicht ebenfalls zu Spott, auch wenn die Worte mir allein vorbehalten bleiben. Es ist wohl ähnliches, was sie denkt. Ich würde sie nicht aufheben, falls sie mal nicht mehr hochkommt. Der Sicherheit zuliebe unterlasse ich aber jeglichen Kommentar. Fraglich bleibt dann also im Gesamten, ob ich es überhaupt kommentieren sollte. Mir ist danach sie gehen zu lassen, ihre Launen mit sich selbst auszutragen. Allerdings sollte ich wahrscheinlich auch nicht verschwinden, bevor nicht einigermaßen versöhnliche Worte miteinander geredet wurden. Nur - ich wäre derjenige, der wieder einlenken muss. Pah! Darauf habe ich nun wirklich keine Lust, allerdings ist es das Richtige. Nur, es ist wahrlich so, dass Frau Peverell das Kindische nicht für sich allein gepachtet hat, auch ich kann es. Weit ist das Weib nicht gekommen - ich habe sie gehen lassen -, als ich aus den Gemächern trete. Zum Glück braucht sie eine Weile die Treppe runter, so dass ich einfach bequem auf dem Absatz stehen bleiben kann. Nur für den Fall, dass mir was passiert: Ich liebe dich. Sollte dieses unwahrscheinliche Szenario nicht eintreten, vergiss einfach, dass ich dies gerade gesagt habe. Da habe ich wahrlich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Auch wenn es wirklich dämlich ist, in welchem Ausmaß erkenne ich leider erst nachdem ich geredet habe und so drehe ich mich wütender als zuvor um. Die Tür, die ich hinter mir zuschlage, hört man sicher weiter als bis zu Rondra, nicht aber meinen Körper, der sich gegen die Tür sinken lässt, bevor ich leise anfange zu lachen. Warum? Weil es alles absolut absurd ist, ich es aber für den Moment nicht ändern kann. Das eine Magd im Raum ist, bemerke ich vielleicht ein wenig spät. Kurz spukt in meinem Kopf der Gedanke sie anzuknurren, dass sie sich ausziehen soll - es geht um Demonstration von Macht, aber letztendlich ist es ebenso kindisch wie der Rest. Sorg' dafür, dass mein Pferd gesattelt ist und pack mir Proviant für Mittags ein. Außerdem ist heut' Abend ein Zuber fertig, wenn ich zurückkehre. Unfreundlicher als sonst, aber ich kann nunmal auch nicht aus meiner Haut.

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Rondra
26. August 1462
{Graz}


Erstaunlich beweglich ist sie bei seinen Worten herumgewirbelt. Ist das nicht eigentlich ihr Part? Darauf zu bestehen, dass man sich nicht im Streit trennen soll? Allein bei diesem Gedanken wird das Weib aschfahl. Doch da gleichen sich ihre Gedanken zu sehr. Genauso wie er immer darauf pocht, dass er derjenige ist der nachgeben muss, so empfindet sie in die Gegenrichtung. Nun eher lächerlich versuchen hinter ihm her zu eilen, Rabenstein hätte genug um sich drei Wochen das Maul zu zerreißen, wahrscheinlich reicht es dazu auch so schon.
Also werden alle erhaltenen Aufträge gewissenhaft ausgeführt, die Briefe den Boten übergeben und all der Kram zusammengesucht, den sie sowohl für die Universität als auch die Auflösung ihres Haushaltes benötigt. Alles in allem nähert sich die Sonne fast schon dem Zenit, als die Kutsche endlich durch das Burgtor rattert. Johanna ist tatsächlich eher mäßig begeistert. Dass die Mutter kaum Zeit haben würde, ist klar und ob Yvette sich erbarmen würde ist fraglich, immerhin wird das Weib um ihre Stellung gebracht.

Graz. Natürlich zuerst Johanna nach Hause gebracht, dann den Angestellten unheilvoll gesagt, dass man sie später allesamt zu sehen wünscht. Erst die Universität. Das sehr späte Mittagessen würde sie ausfallen lassen, wäre da nicht die treue Yvette, die es ihr an den Schreibtisch bringt. Das schlechte Gewissen steigt, wenn überhaupt noch möglich. Dann ist es doch noch kurz die Burg die ruft. Spätestens zu diesem Zeitpunkt weiß Rondra, weshalb es gar nicht so schlecht ist auf Rabenstein vor sich hin zu brüten. Nicht nur das schlechte Gewissen gegenüber ihren Untergebenen steigt. Nein, auch das gegenüber Kelian. Das Abendessen würde sie kaum einhalten können, das zeichnet sich bereits am frühen Nachmittag ab. Wie konnten sie nur so dumm sein? Immerhin, ihr zweiter Bäckermeister kann am frühen Abend mitteilen, dass er tatsächlich sein Glück woanders finden will. Der Bruder des Onkels des Schwagers seines Cousins ist verstorben, in irgendeiner unaussprechlichen Stadt, er war ebenfalls Bäcker und nun würde er eben übernehmen. Artiges nicken, Glückwünsche und die Gewissheit, dass es tatsächlich zwei ihrer Bäckereien sein werden, die sie aufgibt. Einen neuen Meister suchen wäre bei dieser Wirtschaftslage Wahnsinn.
Eilig nach Hause, was bald nicht mehr ihr zu Hause sein würde. Dort werden gerade die ersten Kerzen angezündet. Es ist ein langes Gespräch, mit vielen Tränen auf allen Seiten. Yvette, wie gern würde Rondra sie halten. Das Weib hat an ihrer Seite gegen den Typhus gekämpft. Das hier sind nicht namenlose Gesichter, die man gehen lässt. Die gemeinsame Geschichte mag nicht lang sein, aber sie ist vorhanden. Doch nach Kelians Worten scheint es da keine Möglichkeit zu geben. Bis zur Mitte des nächsten Monats würden sie noch bleiben können. Ein jeder hat noch was zu sagen, oder ein Anliegen – und der Blondschopf hört geflissentlich zu. Es ist das Mindeste was sie tun kann.
Doch immer wieder suchen die Blauen den Weg zum Stundenglas. Sie müssen los. Das Abendessen dürfte bereits seit einer Stunde beendet sein. Johanna hundemüde und Rondra selber fühlt sich wie durch den Fleischwolf gedreht.

Es ist nicht das erste Mal, dass sie so spät noch aufbrechen. Wahrscheinlich kommt sie genau rechtzeitig um noch eine halbe Stunde mit Kelian am Kamin zu sitzen und sich auszusprechen. Es war dumm, so grenzenlos dumm. Eile ist geboten, so viel Eile wie Arnest eben zulässt. Doch es hat geregnet, die Wege außerhalb der Hauptstadt nicht gerade einfach zu passieren – und es ist Dunkel. Unendlich langsam kriechen sie für Rondra dahin. Bis die Götter wohl ein wenig verrücktspielen. Der Ruck der mit einem Mal durch die Kutsche fährt, lässt sie alle aufschreien und munter durcheinander purzeln. Bis Rondra in der Dunkelheit wieder all ihre Gliedmaßen beisammen hat, ist von Draußen längst Geschrei zu hören. Arnest arbeitet sich durch den Kutschschlag, woraufhin die Stimmen nur noch wilder durcheinander gehen. Johanna die leise weint, aber wohl außer vielen blauen Flecken wohlauf ist. Sie selber, die panisch gleichzeitig versucht herauszufinden was geschehen ist und in sich hinein horcht. Ruhe. Verdammt noch eins, kann es nicht zappeln, wenn es zappeln soll?
Wie durch einen dünnen Nebelschleier ist da schließlich wieder der treue Arnest, diesmal mit Licht. Arme die sie greifen, Fragen auf die sie wie von selbst antwortet. Achsbruch hinten. Letztlich hatten sie großes Glück. Anscheinend. Das nächste was das Weib wahrnimmt sind wieder die Arme des Kerls. Dieses Mal wird sie auf eins der Pferde gehievt, Johanna findet ihren Platz auf dem anderen. Ob nun Rabenstein oder Graz spielt scheinbar kaum eine Rolle, doch gnädiger Weise wenden sie sich Richtung Burg. Die Kutsche bleibt vorerst wo sie ist, es gibt aber auch wirklich Wichtigeres.
Quälend langsam geht es voran. Immer wieder wird pausiert, Arnest besteht darauf und Rondra ist längst nicht mehr in der Lage zu widersprechen, auch wenn die Angst tief in ihren Knochen sitzt und die Panik in ihr tobt. Stunden nach dem Unfall erst wird sie erlöst, zumindest zum Teil. Erst ist es eine kleine, zappelnde Regung, dann wird es deutlicher. Dem Himmel sei Dank. Dünn ist der erste silbrige Streifen Licht am Horizont auszumachen, als sie Rabenstein erreichen und einige Zeit später müde und zerschlagen das Burgtor passieren.
Müde ist kaum ein Ausdruck, vermutlich würde sie tagelang schlafen, nachdem sie… oh es ist schwer überhaupt noch zusammenhängend zu denken. Das Stimmengewirr bei ihrer Ankunft wird natürlich lauter. Eiliges Durcheinander, unter dem es schwer ist zu finden was sie so dringlich sucht. Was? Eher wen. Wieder ist es nur Arnest, der an ihre Seite tritt. Nur? Undankbares Weib!
»Mein Mann….« Krächzend klingt es, denn es sind die ersten Worte seit Stunden, gleichzeitig etwas schrill. Es kann unmöglich sein dass er nicht hier ist. Schläft er? Er kann ihr nicht grollen. Als hätte sie sich das hier ausgesucht. Diese Kindereien müssen aufhören – bei ihnen beiden. Widerstrebend nur sortiert sie sich, um sich dann in die wartenden Hände des Kommandanten rutschen zu lassen.

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Kelian_


Summer's gone
26.08.1462


Allein. Dies wird schnell klar, nachdem die Tür nicht kurz nach mir aufgeht. Sie ist also weiter beleidigt und in diesem Moment kann ich es ihr schwer verübeln. Vielleicht hätte ich nachgeben sollen, aber nun ist es sowieso zu spät. Heute Abend dann also. Wer kann schon ahnen, dass der Abend noch so weit entfernt ist und alles ganz anders kommt als es natürlich geplant war.
Auf zum Kleiderschrank geht es für mich, Kleidung heraussuchen und anziehen. Gewohnte Handgriffe, die ich jeden Morgen vollführe und dennoch sind sie ohne Rondra nur halb so schön. Schließlich stehe ich aber gewaschen, gestriegelt und eben auch mit Anziehsachen in meinem Schlafzimmer, so dass ich hinaus in die Welt ziehen kann. Frühstück gibt es auf die Hand, nicht aber ohne Thomas Bescheid zu geben. Natürlich weiß ich, was genau das Weib stört. Ich verbringe zur Zeit mehr Zeit mit dem Mann als mit meiner Ehefrau, aber letztendlich weiß sie ebensogut, dass es kindisch ist, was sie macht. Es ist ja nicht so als ob ich es mir ausgesucht hätte oder es mir wünsche. Ich versuche unser Heim zu etwas zu bringen, versuche das Lehen voranzutreiben. Nein, sie sieht nur die Zeit, die ich nicht da bin und anstatt es mir zu Danken, weckt sie mich auch noch in aller Herrgottsfrühe. Nicht früh genug als dass mein Verwalter nicht schon auf den Beinen wäre, so dass ich ihm mitteilen kann, dass zumindest das ehemalige fuggersche Haus aufgelöst wird. Gedankt wird auch dies nicht, sondern gleich noch bezüglich des Horseshoe nachgehakt. Nun gut. Es ist ja auch meine Schuld, dass wir es nicht sofort schließen.
Letztendlich schaffe ich es jedoch mich von allem loszueisen und in diesem Moment kommt der Gedanke, dass ich mich vielleicht bei Rondra entschuldigen sollte, nicht in meinen Gedanken vor. Ich nehme den Schwarzen, den Teufel, das Biest - ich habe viele schmeichelhafte Namen für den Gaul -, um zu den Feldern zu reiten. Allein der Gedanke, dass ich den ganzen Tag weg bleiben würde, zermürbt mich. Es ist eine eintönige Arbeit, der ich nachgehe. Sensen. Keine Ahnung wer darauf gekommen ist, warum ich nicht lieber die Ähren einsammle. Nein, dies ist Weiberarbeit, sie brauchen jemanden wie mich, der die Sense halten kann. Emsig bemüht gehe ich der Arbeit jeden Tag nach, doch es ist nicht zu verbergen, dass ich kein Bauer bin. Fische fangen, Segeln - all dies kann ich. Doch dies hier geht mir bei Weitem sehr viel schlechter von der Hand. Dennoch macht sich meine Mitarbeit bemerkbar, die Leute schätzen es, dass ich helfe. Auch, wenn sie davon keine gestopften Mäuler haben. Dafür aber dadurch, dass ich mein Mittagsbrot teile, denn natürlich hat die Köchin mir viel zu viel mitgegeben. Wir müssten miteinander reden. Der Tag zieht sich, immer wieder unterbrochen von kleinen Regenschauern versuchen wir unser Bestes soviel Getreide wie möglich zu retten. Das einzig Gute an dem Regen ist, dass ein beginnendes Feuer schnell gelöscht ist beziehungsweise gar nicht erst richtig zum Feuer wird. Ein unachtsamer Bengel, der zwar nicht von mir aber dafür von seinem Vater grün und blau geschlagen wird. Ich kann nicht einmal intervenieren, denn er hat alles recht dazu und ehrlich gesagt - mir steht der Sinn auch danach.
Der Abend, die langsam verschwindende Sonne ist eine Wohltat. Sie beendet auch unsere Arbeit, so dass ich meinen Gaul erneut nehmen kann. Eine halbe Stunde, vielleicht ein wenig länger und ich wäre zu Hause. Ich habe keine Ahnung, ob ich zu müde bin oder der Gaul einfach zu schreckhaft, in jedem Fall ist unsere Kombination für diesen Abend nicht geeignet. Wie absurd doch mein Kommentar an diesem Morgen zu Rondra war und doch, doch scheine ich irgendwo gehört wurden zu sein. Strafe muss sein. Wahrscheinlich gehört dazu auch sich den Kopf anzuschlagen. Ich weiß nicht genau, wie es passiert, am wahrscheinlichsten ist, dass der Gaul gestolpert ist, in jedem Fall geht es einher mit einem lauten Knacken. Vollkommen benommen und tatsächlich auch ängstlich bleibe ich liegen. Das muss es gewesen sein! Ich kann mich nicht mehr bewegen. Wieso spüre ich eigentlich meine Beine nicht? Panik steigt in mir auf, es muss etwas mit dem Rücken sein. ich wälze mich wie ein kleiner Käfer auf dem Boden, zu benommen um zu bemerken, dass ich ein Dummkopf bin. Es dauert eine Weile bis ich verstehe was passiert ist. Gut, ich habe eine hässliche Beule auf der Stirn - wie auch immer - und einige Kratzer, sowie komplett dreckige Kleider. Sicherlich würde der ein oder andere blaue Fleck entstehen, aber ansonsten ist mir nichts passiert. Woher das Krachen allerdings stammte, dies geht mir schnell auf als ich den Gaul sehe. Das linke Vorderbein hängt einfach nur so da, hässlich steht es weg. Ausgeschlossen, dass das Vieh noch weiter laufen könnte. Was für Verschwendung in jeglicher Hinsicht. Ich weiß, dass nicht weit entfernt ein kleines Dorf ist, ach was, mehr eine Ansammlung von Häusern. Mein Plan das Vieh wenigsten bis dorthin zu schaffen scheitert daran, dass er sich weigert, der prachtvolle Schwarze. Zumindest in meinen Augen ist er prachtvoll oder war es. Je mehr ich versuche ihn mit mir zu bekommen, je mehr zeigt sich das Weiß in seinen Augen, unruhig wird er. Letztendlich bleibt mir nicht viel, außer dem Tier die Gnade zu erweisen.
Natürlich reicht ein Schwertstreich nicht, es ist eine schmutzige Angelegenheit. Ich fühle mich wie ein Schlachter, der das Vieh unzulänglich tötet. Nicht nur die Erde wird durchtränkt, auch ich bekomme meinen Teil ab. Missmutig und ohne die Wahl zu haben, setze ich meinen Weg zu Fuß fort. Ich sollte mich beeilen, wer weiß wann die ersten wilden Tiere ankommen würden. Aus den fünfzehn Minuten, in denen ich auf der Burg gewesen wäre - ich kann sie schon ganz in der Ferne sehen - ist nun doch einiges mehr geworden. Meine Laune sinkt auf den Tiefpunkt. Es ist kalt. Ich hab Hunger und bin dreckig. Vor allem aber wäre es dem Streit zwischen Rondra und mir nicht zuträglich. Es wirkt wie Absicht...
All die Gedanken beschäftigen mich auf diesem kleinen Gewaltmarsch, nur um bei meiner Ankunft festzustellen, dass das Weib selber noch nicht da ist. Es versetzt mir einen Stich, der irgendwo zwischen Eifersucht und Unvernunft liegt. Jedenfalls gibt es mir die Chance mich herzurichten, denn der Zuber wartet wie angeordnet. Das Blut lässt sich beseitigen, die Sachen würde man verbrennen müssen, weshalb eines der Weiber sie in die Ecke legt. Man müsste es am nächsten Tag machen, daher können sie genauso gut dort liegen bleiben. Meine Beule, die Kratzer und die schlechte Laune kann ich mir allerdings nicht wegschrubben. Ich warte in unseren Gemächern, wie ich finde sehr lange. Schließlich ist es wieder einmal die Erschöpfung, die mich einschlafen und nicht bemerken lässt, dass das Weib die ganze Nacht über weg bleibt. Angenehme Träume sind etwas anderes, zumal der Verlust des Pferdes vor allem in finanzieller Hinsicht schwer wiegt, so dass es diesmal fast Willkommen ist als ich unsanft geweckt werde. Es dauert einen Moment bis ich verstehe, dass es nicht Rondra sondern eines der Mädchen ist, welches mir versucht begreiflich zu machen, dass mein Eheweib erst jetzt nach Hause kommt - klar, reicht ja nicht, dass mir etwas passiert ist. Ein Morgenrock ist schnell übergezogen, so dass ich wie eine zu groß geratene Fledermaus durch die Gänge in Richtung des Burghofes laufe, damit ich das Weib in Empfang nehmen kann. Ich bin müde. Ernsthaft.

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Rondra
26. August 1462
{Rabenstein}


Erschöpft und ausgelaugt dauert es kurz, bis ihre Beine Rondra sicher tragen wollen. Schon macht Arnest Anstalten seine Herrin einfach auf seine Arme zu bugsieren und in ihre Gemächer zu tragen. Sicherlich ist sie alles andere als ein herrschaftlicher Anblick. Die Nacht im nasskalten Wald hat Spuren hinterlassen, nicht nur auf ihren Zügen, auch an ihrer Kleidung. »Nicht!« Gebietet diese ihm da allerdings Einhalt. Soweit kommt es noch, auch wenn die Option sich einfach nicht mehr zu bewegen unglaublich verführerisch ist. Arnest allerdings hat in dieser Nacht genug für sie getan. Gehört sie nicht in ganz andere Arme? Oh dieser… sture englische Hammel. Die einsetzende Verärgerung sorgt dann dafür, dass ihr die Beine wieder gehorchen und nicht wie zu dünne Hölzer einfach wegknicken. »Wo ist Kelian?« Müde und ziemlich unwirsch klingt es. Deutlicher kann sein Zeichen schließlich nicht sein, oder? Dass sie vielleicht eine andere, weniger persönliche Formulierung nutzen sollte, geht ihr gar nicht auf. Schlimm genug, dass sie überhaupt fragen muss.
Es ist dieses unbestimmte, grauenvoll beengende Gefühl in der Magengegend, das hinterrücks einsetzt, nicht zuzuordnen ist und eine nicht zu packende Angst verursacht. Der Kommandant räuspert sich, große Worte sind nicht seine Stärke, allerdings lässt sein Blick schlagartig Rondras Blut in den Adern gefrieren. Nein, er will nicht nicht da sein, er kann nicht, oder? Bevor Arnest Worte findet, die sicherlich klärender und diplomatischer gewesen wären, platzt eine der Mägde mit der Ungeheuerlichkeit heraus.
“Der Herr hatte einen Reitunfall… Das Pferd….“ Wen interessiert schon der blöde Gaul? Hat es ihn nicht sicher getragen und womöglich… nein, nichts ausmalen. Das Pferd jedenfalls hat jede Strafe verdient, wenn es ihm auch nur ein Haar gekrümmt hat. Vielleicht sollte sie geduldig zuhören, aber beides ist nicht unbedingt ihre Stärke, schon gar nicht jetzt. »KELIAN…« gellend hallt die sich überschlagende Stimme durch den Burghof, als Rondra ihren Körper wieder mal erstaunlich schnell in Bewegung setzt. Müdigkeit? Fortgewischt. Das wild schlagende Herz lässt ihr Blut in den Ohren rauschen, während sie zum Eingang stürzt. Ein Reitunfall. Ihr wird übel und nur die unbändige Angst und der leere Magen sorgen dafür, dass es bei diesem Gefühl bleibt. Bilder drängen sich in ihren Kopf und fluten ihre Gedanken. Sie hat ihren besten Freund vor Jahren durch einen solchen Unfall verloren – vor ihren Augen, viel Phantasie braucht es also nicht um das Grausame zu sehen. »KELIAN…« Ihr erneuter Schrei jedenfalls ist dazu gemacht Tote wiederzuerwecken. Tote? Plötzlich ist das rauschende Blut in ihren Ohren fort und scheint auf einmal in ihr Herz zu drängen. Was wenn der Weg in ihre Gemächer tatsächlich der falsche ist und sie stattdessen in der Kapelle fündig werden würde? Ihre Schritte werden langsamer, strauchelnder, während ihr Kopf vollkommen leergefegt ist.
Die nächste Ecke. Das sich vom anderen Ende nähernde scheinbar flatternde Etwas – sie muss wahnsinnig werden. Rasch blinzelt Rondra, doch natürlich dauert es nicht lange bis sie es erkennt. Überall würde sie ihn erkennen und dass er über Gänge laufen kann, zeigt wohl dass er nicht tot ist.
»Kelian…« zur Abwechslung leise geflüstert, wenn auch inhaltlich nichts Neues dabei ist. Dafür taumelt sie die letzten Schritte nach vorn. Das Ziel ist vollkommen klar, seine Arme und selbst wenn nicht – er dürfte seine liebe Not haben ihre klammernde Umarmung zu verhindern. Ein Wunder dass sie nicht einfach zu seinen Füßen zusammensinkt. Wie konnte sie gestern Vormittag einfach so gehen? Nie mehr, nie wieder! Sie würde… die Vorsätze die sie sich nimmt sind alles sicherlich nicht dazu gemacht eingehalten zu werden, vielleicht würde Rondra sie ihm mitteilen, wenn sie wieder sprechen kann. Sofern er sie nicht äußerst nachdrücklich abwehrt, wären da ähnliche Küsse wie am Morgen im Bett. Viele an der Zahl, nur dieses Mal vollkommen unkontrolliert verteilt und die Leidenschaft ersetzt durch Verzweiflung und bittere Reue. Natürlich würde sie ihn eingehend betrachten und untersuchen, später sicherlich. Jetzt zählt etwas Anderes. Als könnte es nicht anders sein, schleichen sich Schluchzer über ihre Lippen. Heulsuse? Also bitte, diese Nacht würde wohl selbst die stärkste und größte Amazone des Königreiches zumindest ein bisschen mitnehmen.

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Kelian_


Summer's gone
26.08.1462


In meinem Kopf übe ich beim Laufen verschiedene Sätze, die ich dem Weib sagen kann. 'Hallo Rondra, nicht aufregen, ich hatte einen klitzekleinen Unfall - der Gaul ist tot, aber schau, mir geht es bestens.' Es klingt lächerlich in meinen Ohren, auch wenn ich gar nichts sage, aber ihr zumindest müsste ich etwas sagen. Nur soll sie es möglichst schonend erfahren, wenn sie schon mitten in der Nacht oder vielmehr in der Dämmerung des nächsten Tages hier wieder aufschlägt. Ich glaube nicht daran, dass es eine Strafe für mich sein soll, dazu kenne ich ihre körperliche Verfassung zu gut, was für mich darauf schließen lässt, dass auch bei dem Weibe nicht alles glatt gelaufen ist. Hauptsache es ist nichts mit dem Kind! Siedend heiß fällt es mir ein, ich beginne zu schwitzen und gleichzeitig ist mir kalt. Was wäre wenn...Nein! Ich habe es verboten. Hach, wie erwachsen ich doch manchmal bin. Meine Schritte jedenfalls haben sich beschleunigt, ich habe es eilig nach unten zu gelangen und die Treppen stören mich dieses Mal. Sonst nehme ich sie gerne, sind sie eine Abwechslung zu den meisten Anwesen mit ewig langen Gängen, die eh niemand überblicken kann. So schnell ich gerade noch gelaufen bin, so ruckartig bleibe ich stehen als ich ihren Schrei höre. Er lässt mir das Blut im Mark gefrieren, lässt mich daran zweifeln, ob ich wirklich weiter gehen will. Nein, noch einmal geht nicht. Ich würde sie nie wieder anrühren, damit kein Kind mehr entstehen kann. Welch absurder Gedanke in diesem Moment bis ich mich schließlich losreiße von ihm und weiter laufe. Die Szenarien in meinem Kopf laufen wüst durcheinander, denn es ist schließlich auch noch ein zweites Kind dabei. Was wenn Johanna etwas passiert ist? Eine Ecke herum und all die Gedanken sind weg.
Das aufgelöste Weib, welches mir da entgegen kommt ist so gar nicht meine Rondra und eben in den letzten Wochen doch so sehr. Der eiserne Griff mit dem sie mich empfängt, den kann ich sowieso nicht verhindern, ich lasse sie gewähren. Habe ich eine Wahl? Selbst meine neue Beule bekommt einiges ab, doch ich bleibe still - zumindest eine zeitlang. Shht. Ein leiser Laut, bevor ich das Weib ein wenig auf Abstand bringe und sie nun meinerseits betrachte. Sie sieht gesund aus, naja mehr oder weniger. Es geht mir gut. Welcher Angestellte auch immer seinen Mund nicht halten konnte, dies ist etwas, was ich nicht dulden werde. Diese ganze Aufregung ist nämlich vollkommen umsonst. Ich musste den Gaul töten. Die wichtigen Infos zuerst. Noch einmal ziehe ich das Weib in meinen Arm, diesmal bin ich es, der sie küsst. Allerdings gehe ich dabei gezielter vor. Es sind ihre Lippen, die ich suche und wenn wir ehrlich sind, dann ist da schon eine kleine Flamme von Leidenschaft. Meine Hände wandern dabei über den Stoff ihres Kleides und Umhanges, wie um zu schauen, ob wirklich noch alles dran ist. Oh zu anderen Zeiten und anderen Umständen, da wäre sie jetzt sicherlich mein gewesen, so aber löse ich die Vereinigung unserer Lippen recht bald wieder. Die nächste Angst hat mich von hinten angefallen, nun da ich weiß, dass es meiner Frau und meinem ungeborenen Kind gut geht. Wo ist Johanna? Die muss ja ganz kirre sein, so wie ihre Mutter sich aufgeführt hat, oder? Dagegen würde allerdings sprechen, dass ihr etwas passiert ist und nun kommt mir endlich eine sinnvolle Frage in den Sinn. What the bloody damn hell happened?

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Rondra
26. August 1462
{Rabenstein}


Das leise „Shht“ ist Balsam für den Blondschopf. Was in so einem kleinen Laut doch alles transportiert werden kann, für Rondra ist es die ganze Welt – zumindest für den Augenblick. So wie sie gemustert wird, mustert sie nun ebenfalls. Hektisch irren die Blauaugen über sein Gesicht, ein leiser erstickter, ja fast missbilligender Laut kommt nun von ihr. Jede Schramme, jede Beule ist eine zu viel an ihm – es sei denn…. lassen wir das. Der Gaul ist also tot. Ärgerlich, auch wenn Ross und Reiter wohl nicht so eng waren wie sie und Ehlania damals. »Das tut mir leid…« Aber besser das Pferd als er. Gierig wird der erneute Kuss erwidert. Eine Gier die dazu dient sich erneut zu vergewissern dass alles in Ordnung ist, zumindest weitestgehend. Er lebt, sie leben. Alles gut. Ja, auch sie spürt, dass dies Wiedersehen anders laufen könnte und ziemlich sicher würde, wären die Umstände nicht die aktuellen. Allerdings ist es wohl ohnehin nur eine Frage der Zeit bis die Aufregung sich gelegt hat und ihren Körper wie eine ausgesaugte Hülle zurücklässt.
Mühsam erkämpft sich die Vernunft ein kleines bisschen Platz in ihrem Kopf, die Umarmung ist längst gelöst, doch ihre Hände können nicht von Kelian lassen. Unbewusst muss er immer und immer wieder tastend berührt werden.
Johanna. Die Frage ist sicherlich vollkommen berechtigt, auch die Sorge. Rondra hat ihr vorhin kaum einen Blick gegönnt, aber sie wusste schließlich auch, dass mit ihrer Tochter alles in Ordnung ist. Sieht man einmal von bodenloser Müdigkeit und Erschöpfung ab. Einige Male ist das Kind sogar auf dem Pferd eingedöst.
»Unten im Hof. Es geht ihr gut, abgesehen von einigen kleineren Blessuren.« Ein ganzer Satz. Nein, fast zwei. Johanna würde die Nacht wahrscheinlich am besten wegstecken und die vergangenen Stunden bald zum Abenteuer schlechthin erklären. Vermutlich wird sie gerade schon ins Bett gebracht, im Pulk der Dienerschaft hatte sie auch eins der Kindermädchen ausmachen können. »Ich… sehe nachher nochmal nach ihr.« Falls sie den Weg noch schafft und findet.
Ja, was zur Hölle ist eigentlich geschehen? Allgemein, nicht nur vorhin im Wald, auch hier und vor allem gestern Vormittag.
»Wir sind spät losgekommen. Viel zu spät…« ja, da schwingt die Reue wieder mit, auch wenn sie dafür nun wirklich wenig konnte. »Die Wege… wir hatten einen Achsbruch auf halber Strecke.« Warum, wieso und überhaupt – Rondra könnte es ihm nicht sagen. »Wir sind mit den Pferden weiter, aber… wir… ich brauchte Pausen.« Herrje, was muss er gedacht und durchgestanden haben? Nicht zum ersten Mal kommen ihr diese Gedanken, aber es ist ein Unterschied ihn dabei vor sich zu sehen. Schon wieder beginnt sie zu schluchzen, die Tränen werden noch erfolgreich herunter geschluckt, aber auch das ist ein aussichtsloser Kampf. »Ich… kann… dir gar nicht sagen wie leid es mir tut.« Nicht der Achsbruch, den hat sie ausnahmsweise nicht selber verbrochen, natürlich ist der Abschied gemeint. »Ich hatte solche Angst – und dann war ich wütend – und dann hatte ich wieder Angst.« Ja, das trifft die Nacht sehr gut. »Ich kam nicht fort, dabei wollte ich zu dir, als wir noch nicht mal richtig da waren…« Wild durcheinander geht es und es liegt an ihm die Informationen zu sortieren. Viele Sätze für ihre Verfassung. »Ich… liebe dich auch.« Kommt endlich die richtige Entgegnung zu seinen letzten Worten. »Und sollte … dir jemals etwas zustoßen, Kelian Peverell, werde ich dir persönlich die Hölle dermaßen heiß machen, dass du lieber freiwillig…. zu mir… zurückkehrst.« Plötzlich ist er da, der Schluckauf, der ihre Sätze seltsam zerstückelt und das Weib schließlich überspannt und verzweifelt kichern lassen. Wäre ja auch zu schön sich einmal nicht lächerlich zu machen.

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Kelian_


Summer's gone
26.08.1462


Im Gegensatz zu ihr tut mir der Gaul nun gar nicht Leid. Also schon, aber aus ganz anderen Gründen als Rondra. Klar, das Vieh hat mich bis zum heutigen Tag recht sicher durch die Gegend getragen, aber dies war auch seine Aufgabe. Es ist eher ärgerlich in finanzieller Hinsicht. Wahrscheinlich müsste ein neuer Gaul her, meine Anziehsachen sind wahrscheinlich auch versaut, auch wenn es nun keine guten waren - alles irgendwie ärgerlich. Was allerdings noch viel ärgerlicher ist, ist das aufgelöste Weib in meinen Armen, die schon wieder anfängt zu schluchzen. Herrje! Die Nacht muss fürchterlich anstrengend gewesen sein.
Ich für meinen Teil habe wenigsten ein paar Stunden geschlafen, Sorge wegen des Weibes sind mir erst in den letzten paar Minuten gekommen. Ist ja nicht meine Schuld, dass wir uns so getrennt haben und ich dann irgendwann eingeschlafen bin, nicht mehr fähig einen klaren Gedanken zu fassen. Nun, jetzt bin ich es aber. Die Kutsche ist also kaputt. Nicht, dass das Ding nicht schon teuer genug wäre, nein, jetzt ist es auch noch kaputt. Wieder Geld, was wir brauchen würden! Ärgerlich. Allerdings gibt es jetzt Wichtigeres. Solange wie es euch gut geht... Was ernst gemeint ist, dennoch klingt eine Art Erschöpfung in meiner Stimme mit, die auf die Sorgen hindeutet. Du solltest ins Bett, ich kümmere mich um alles und komme dann nach, ja? Eigentlich ist es keine Bitte, sondern eher eine Aufforderung, aber wie das zwischen uns klappt, weiß ich ja. Ich bin mir nicht sicher, ob sie in diesem Zustand noch einen Knicks hinbekommt. Was für gemeine Gedanken. Mein Blick irrt kurz durch den Gang, doch niemand ist zu sehen. Wieder ist da Wut. Etwas lauter als nötig, aber noch nicht gebrüllt, erhebe ich meine Stimme. Verdammt, wo sind die denn alle? Wahrscheinlich stehen sie im Hof und tratschen, würde ihnen ähnlich sehen. Das ich ungerecht bin, weiß ich selbst, kann daran allerdings gerade nichts ändern. Ich bring dich. Irgendwer würde gut daran tun in nächster Zeit aufzutauchen, um meinem Weib zu helfen, sonst würde ich wahrscheinlich heute einigen ein anderes Gesicht zeigen. Zu Rondra gewandt murmele ich. Geht's oder soll ich...? Es dauert nur einige Schritte bis ich schließlich doch ein Nicken erhalte. Angeboten ist angeboten, weshalb ich das Weib schließlich in meinen Arm hieve. Ohja, man merkt die Schwangerschaft in Kombination mit meiner Erschöpfung doch recht deutlich, so dass ich tatsächlich sowas wie schnaufe, als wir endlich oben angekommen sind. Dennoch lasse ich es mir nicht nehmen, das Weib bis ins Schlafzimmer zu tragen und auf dem Bett abzusetzen. Ein Kuss, ein recht langer dafür, dass es eigentlich soviel zu organisieren gibt. Ich schicke eines der Mädchen.
Wahrscheinlich wäre sie schon eingeschlafen bis eine von ihnen endlich auftauchen würde, was mich wiederum wütend macht, weil eigentlich eine hier sein sollte. Vor allem nach der Zeit. Grimmig mache ich mich auf den Weg - wen würde das Unglück treffen?
Glücklich wie sie sind, allesamt. Kaum zu glauben, dass sie alle draußen stehen und sich das Maul zerreißen, während selbst Johanna noch herumspringt. Natürlich wollte sie noch ein wenig herumschauen, wenn sie schon einmal zu solch einer Tageszeit wach ist, aber ein Blick genügt um zu sehen, dass auch sie vollkommen übermüdet ist. Klar gibt es heute besonders viel zu tratschen, aber auf Verständnis stößt es deshalb nicht bei mir. Bedrohlich kommt es daher. RUHE! Wer in einer Minute nicht seiner Aufgabe nachgeht, der kann das Anwesen durch dieses Tor da verlassen. Es gibt genug Leute, die Arbeit suchen. Der böse Blick trifft erstmal jeden - außer Arnest, der natürlich meinem Weib unsagbar geholfen hat. Johanna, komm her. Es klingt streng, wahrscheinlich strenger als jemals zuvor. Die Hand ist ausgestreckt, damit sie sie nehmen kann. Es wird sich jetzt jemand sofort um meine Frau kümmern, sie ist erschöpft und es sollte ihr nicht zugemutet werden mit Sachen ins Bett zu müssen. Es wird Tee nach oben gebracht, jemand wäscht ihre Sachen. Die anderen wüssten schon noch Aufgaben, weswegen ich mich an die Burschen wende, die leicht dümmlich grinsend dastehen. Klar, wollten bei den Mädels Eindruck schinden. Erwische ich einen von euch mit einer Magd, dann wird er sie heiraten. Neue Arbeit könnt ihr euch dann auch suchen, beide. Das hier ist kein Hurenhaus. Oh ich habe wirklich schlechte Laune. Du, du und du... Ich zeige dabei auf drei Halbstarke. Richtung Graz steht die Kutsche mit Achsbruch. Wenn ich nachher aufstehe, dann ist sie hier. Mir egal, wie ihr das anstellt. Schließlich wende ich mich noch an Arnest, nachdem ich das Kindermädchen abgewehrt habe. Nun braucht sie sich auch nicht mehr um Johanna zu kümmern. Geht schlafen. Danke. Es ist wieder ein normaler Tonfall, nun nachdem sich alle beeilen ihren Aufgaben nachzukommen. Johanna jedenfalls wird nun von mir ins Bett gebracht, wobei ich vollkommen ignoriere, dass mein Tonfall sie gleich noch verängstigt hat. Auf den Arm soll es auch für das Mädchen gehen, wäre ja auch ein Unding, wenn sie den Weg jetzt noch laufen müsste. Geht es dir gut? Dies bezieht sich natürlich auf die abenteuerliche Reise, nicht auf die letzten Minuten.

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Johanna_fugger


26. August 1462

Niemals hätte der kleine Blondschopf gedacht, dass der ätzend langweilige Tag in Graz noch so eine Wendung nehmen würde. Langweilige Stunden im ohnehin verhassten Stadthaus, dann die erschütterte Dienerschaft und der Aufbruch. Der Unfall selber hat sie natürlich geschockt – und war außerdem recht schmerzhaft. Das Kind hat weniger Masse als Arnest und vor allem die Mutter, auch ohne eine große Geschwindigkeit war es natürlich Johanna, die am meisten durchgerüttelt wurde. Auf der rechten Kopfseite, unterm Haar verborgen puckert eine ziemliche Beule. Der rechte Arm und der linke Fuß tun weh, aber da sie beides noch bewegen kann – nicht so schlimm. Zumindest war das die Zusammenfassung der Großen. Die Mutter war natürlich besorgt und es tat gut sich an sie schmiegen zu können, so lange sie noch an der Kutsche waren. Der Ritt zurück ist natürlich schon wieder ein Highlight. Sie ist geritten! Den ganzen Weg! Auf einem richtigen Pferd, keinem kleinen Pony. Leider hat sie nicht die ganze Zeit die Augen offenhalten können. Es ging einfach nicht.
Nun, im Burghof von Rabenstein ist alles ziemlich seltsam. Sie ist müde, unheimlich müde und gleichzeitig vollkommen überdreht. Es ist ja aber auch alles spannend. Die hysterische Mutter sogar ziemlich beängstigend. Rasch hat sich Johanna vom Pferd heben lassen, der einzige Grund weshalb sie der großen Blonden nicht nachgerannt ist das Arnest die Magd zusammengefaltet hat. Leise aber bestimmt und so kam auch die Wahrheit ans Licht, nämlich dass es Kelian gut geht.
Wie gut ist wenig später kaum zu überhören. Sein Brüllen um Ruhe lässt die Sechsjährige zusammen fahren. Gerade wollte sie doch... der Sonnenaufgang vom Turm wäre sicherlich famos und wann hat sie schonmal Gelegenheit? Das muss sie sich unbedingt merken. Jetzt ist allerdings die Chance vertan. Mit einem eiligen Sprung ist sie wieder auf der Spur und kommt tatsächlich schnell zum Stiefvater – ist ja auch selten dass der so rumschreit. Ein verärgerter Kelian ist kaum einzuschätzen für sie, also lieber erstmal gehorcht. Die kleine Hand krallt sich ängstlich um die große. Seltsam, bei dem der Angst macht Schutz zu suchen. Seine Stimme rollt förmlich durch den Hof, prallt an den Steinwänden ab und wird seltsam nachhallend wieder zurückgeworfen. Noch ein wenig fester packt das Händchen zu.
Als sich das Durcheinander endlich etwas lichtet, blicken die Rehbraunen verwundert nach oben, ein bisschen als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen.
„Ich hab‘ eine Beule.“ ob das eine Antwort auf seine Frage ist muss er wohl entscheiden. Dann fügt sie allerdings grinsend hinzu „So wie du!“ Scheint klar zu sein, dass die richtig coolen Burgbewohner eine Beule am Kopf haben, oder? Die Feststellung wird allerdings bereits von einem herzhaften und langanhaltenden Gähnen begleitet. Natürlich kann sie es weder von der Größe, noch vom Gewicht mit ihrer Mutter aufnehmen, weshalb die ganze Angelegenheit des Tragens hier sicherlich angenehmer ist, für beide Seiten. Wohlig schmiegt sich die Kleine wie ein Kätzchen an die Brust des Großen, kauert sich noch mehr zusammen, ein kleines Bündel Kind. „Ich bin geritten. Ich mag Kutschen sowieso nicht.“ Natürlich nicht.
Leise glucksend kichert sie, als Kelian ihr beim Ausziehen hilft. Ein wenig Waschen ist sicher auch angebracht, aber die Bemühung hält sich in Grenzen. Morgen wäre ein Bad fällig. Ein frisches Nachthemd später, sind es natürlich die bittenden Braunen, die nach einer Geschichte hungern. Es ist nie zu spät – oder zu früh – für eine Gute Nacht Geschichte! Als diese ihr gestattet wird, ist es ein seliges Lächeln, mit dem das Kind in die Kissen sinkt. Lang muss seine Erzählung gar nicht sein, denn sie ist schon fast weit, weit weg, als er beginnt.
„Weißt du Pa…“etwas nuschelig kommt es über die Lippen, gefolgt von einem schläfrigen Seufzer. „Es ist doch richtig…“ Ein weiterer Seufzer, aber näher erläutern kann sie es ihm nicht mehr, ein leises Schmatzen, dann rollt sie sich zur Seite um sich einzuigeln.


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Kelian_


Summer's gone
27.08.1462


Obwohl der Tag bis hierher einfach nur absoluter Mist war und ich mich grenzenlos geärgert habe, ist es ein versöhnlicher Abschied Johanna ins Bett bringen zu dürfen. Vielleicht ist es Weibersache, aber im Allgemeinen genieße ich es sehr. Das leise Kichern als ich ihr beim Ausziehen helfe, die braunen, großen Augen, die darum betteln, dass ich ihr noch eine Geschichte erzähle. Alle Wut, alle Ärgernisse bläst das kleine Mädchen schließlich mit einem Wort fort. Am liebsten würde ich sie fragen, was genau sie gerade gesagt hat, ob sie es wiederholen kann. Sie hat mich Pa genannt, oder? Nachfragen wäre natürlich absolut dämlich, weshalb ich einfach den Moment für mich so hinnehme. Wer hätte gedacht, dass ich vor Glück an diesem Tag heute noch Platzen würde? Schlaf gut, Kleines. Leise gemurmelt, denn aufwecken möchte ich sie nicht. Ich bleibe noch eine Weile sitzen, schaue zu wie sie sich einigelt und wache über die leisen Atemzüge, die bald sehr tief und regelmäßig klingen. Ich würde sie sehr vermissen und doch weiß ich, dass es die beste Entscheidung ist, die wir treffen können.
Bedächtiger und bei Weitem ruhiger als noch vor wenigen Minuten mache ich mich auf den Rückweg. Weit ist es nicht, nur ein paar Zimmer weiter. Schlafen, es klingt auch für mich verlockend. Allerdings scheint dies dann doch ein weiter Weg zu sein, denn vor meinen Gemächern wartet eine recht aufgelöste Magd. Kein Wunder nachdem ich angedroht habe, dass sie gehen kann, wenn sie Rondra nicht versorgt. Zwischen Schluchzern und vielen Tränen erfahre ich, dass die Blonde natürlich schon eingeschlafen ist und das es schlicht nicht möglich war, das Kleid noch zu entfernen oder gar den Umhang. Der Tee würde allerdings wie gewünscht dort stehen und auch die Stiefel samt Strümpfe sind ausgezogen. Entgegen jeglicher Erwartungen schicke ich das Mädchen einfach in ihr Bett - Ja, Johanna hat vielleicht zum richtigen Zeitpunkt das Richtige gesagt. Auf leisen Sohlen schleiche ich in unser Schlafgemach, auch wenn es wahrscheinlich nicht nötig ist. Das Weib wecken? Ausgeschlossen. Ruhig und vorsichtig mache ich mich daran sie zu entkleiden. Zuerst der Umhang, dann die Schnüre und schließlich unter leisen Beschwerden des Weibes auch noch das Kleid. Ganz aufgewacht ist sie nicht, weshalb ich sie dann natürlich schlafen lasse. Ärgerlich, dass es mir ausgerechnet jetzt nach ihrem Körper dürstet. Wir haben einfach wirklich schlechtes Timing zur Zeit. Die Sonne hebt sich bereits langsam, als ich endlich auch unter die Bettdecke schlüpfe um mich zu meinem Weib zu legen. Den Tag über habe ich mir übrigens frei genommen - wie auch nicht nach der Nacht? Das erste was ich Rondra wahrscheinlich beim Aufwachen entgegen nuscheln würde - Johanna nicht ganz unähnlich -, wäre wohl, dass sie mich 'Pa' genannt hat. Wenn doch alles Glück so einfach käme.

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