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Dark water

Rondra
23. September 1462
{Rabenstein in den frühen Morgenstunden}


Glücklich wird sich dem Kuss ein bisschen entgegen gelehnt. Egal wie kratzig er ist, vollkommen egal. Glücklicher als in diesem Moment kann Rondra gar nicht sein. »Ich soll ihn schlafen lassen?« Es klingt entrüstet, natürlich gespielt. »Nachdem er die letzten Wochen so putzmunter war und mich ständig quälte.. soll ich ihn jetzt schlafen lassen.« Ein ziemlich überdrehtes Kichern folgt den Worten, während sie den einstigen kleinen Quälgeist liebevoll betrachtet.
Der Ausdruck in ihren Augen verstärkt sich nur noch, bei seinem Liebesgeständnis.
»Ich weiß.« kommt es ruhig über die Lippen. Eben jenes Wissen um ihre Liebe – und deren Tiefgang – macht diesen Morgen so unvergleichlich. Es ist perfekt. Alles. »Du bist mir einfach passiert.« Nun hat er wieder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Von schräg unten betrachtet sie ihn. »Es hätte mir in meinem Leben allerdings nichts Besseres passieren können.« Eine Erkenntnis die sie natürlich schon lange hat, aber unter den Umständen damals eben nicht selbstverständlich. Ausruhen. Wieder ist es ein breites, sehr breites Grinsen. Wie sie dieses Wort hassen gelernt hat und nun trifft es sie schon wieder – allerdings heute tatsächlich völlig zu recht. Sie ist fürchterlich erschöpft. Es ist eine seltsame Mischung. Zum einen ist da diese Euphorie, die sie an Schlaf noch gar nicht denken lässt. Aber eben auch unglaubliche Müdigkeit. Beides zusammen lässt ihre Gedanken schwer und wattig erscheinen, wie tiefhängende, undruchdringliche Wolken an einem grauen Herbsttag. Ihr Körper ist es der ihr wohl am ehesten den Dienst versagen würde. Ihre Knie fühlen sich an wie zu weiche Butter.
Trotzdem will sie den kleinen Mann noch nicht gleich aus den Armen geben. Diese Zeit ist so wertvoll. Sie würde nicht wiederkommen und bald schon hätte sie der Alltag mit allen Verpflichtungen wieder. Vorsichtig beugt sich Rondra vor, um ihre Nase unendlich sachte an sein Köpfchen zu halten. Nein, natürlich riecht Graham noch nicht nach Milch, hat er schließlich bisher nicht wirklich zu sich genommen. Aber das würde kommen, bald schon. Säuglinge duften einfach wundervoll – zumindest wenn sie nicht gerade gewickelt werden müssen, oder Speikinder sind.
»Jaaaa, gleiiiich.« Kommt es gedehnt. Wie deutlich ist sie in diesem Augenblick die Mutter ihrer Tochter. »Ein kleines bisschen nur noch.« Nein, wie könnte sie sich sattsehen? Oder nun zu müde sein? Unmöglich. Bis in alle Ewigkeit könnte sie den kleinen Raben halten und ihm beim Schlafen zusehen. »Klein Gram.« Wird leise gegen sein Ohr gemurmelt, bevor sich das Weib wieder aufrichtet. Womit das Kind seinen Kosenamen weg hat. Was dann kommt zeugt wohl auch von ihrer Liebe zu Kelian. »Möchtest du ihn nochmal halten….? Du bleibst doch noch?« Oh. Er sieht allerdings auch ziemlich müde aus. Immer noch, natürlich. Geht es ihm wie ihr? »Du… kannst dich natürlich auch zurückziehen. Du siehst aus als hättest du ein Kind zur Welt gebracht.« wird leise geneckt. »Hat dir Thomas die Hand gehalten, oder hast du mit Arnest getrunken?« Beides wohl eher nicht. »Oder hat beides Arioste erledigt?«

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Kelian_


This is what it feels like
23.09.1462


Manchmal, da springt einen das Glück förmlich an. Ein leises Lachen kommt aus meiner Kehle, so vollkommen frei, wie nicht wirklich oft. Weib, du wirst dich doch nicht an meinem Sohn rächen wollen? Natürlich möchte sie dies nicht, das weiß ich selbst. Meine Hand schleicht sich vorsichtig um sie herum bis der Arm vor ihrem Bauch liegt und sie quasi in meiner Umarmung gefangen ist. Sollten ihre Knie wirklich nachgeben, dann würde ich sie wohl fangen können, auch wenn ich nicht wirklich damit rechne. Natürlich ist sie müde, ich bin es ja auch - dann muss sie es erst recht sein.
Zärtlich betrachte ich das Weib wieder, als sie leise philosophiert, wer hier wohl wem passiert ist, das ist eine andere Frage. Eine, die ich so nicht aus dem Stehgreif beantworten könnte, die aber wohl auch letztendlich in einem Patt enden würde. Sie tut mir gleichermaßen gut, wie ich ihr gut tue. Hoffe ich. Ich bin froh, dass wir uns passiert sind. Noch ein Kuss, diesmal mehr an ihre Schläfe als an die Wange, dies ist wohl aber auch eher meiner Faulheit und dem Größenunterschied geschuldet. Was gibt es Schöneres als mit Weib und Sohn zusammen zu stehen? Ich wüsste etwas, denn eigentlich fehlt Johanna noch, dies müssten wir bald nachholen. Nur jetzt die sechsjährige zu wecken, wäre Wahnsinn. Purer Wahnsinn.
Wieder muss ich leise lachen als das Weib genauso wie Johanna reagiert. Daher mache ich das gleiche, wie bei der Tochter. Schluss jetzt Weib, kein weiteres Gebettel. Durchaus ernst gemeint, allerdings lässt es den sanften Ton nicht vermissen. Als ob ich mein Weib so bevormunden würde. Natürlich bleibe ich noch - ich dachte, du, ich und Gram Den Namen übernehme ich logischerweise gleich. verbringen noch ein wenig Zeit miteinander. Meine Hand, die am Bauch liegt, nehme ich weg, um meine Hand zum Leinenbündel zu bringen. Mein Finger gleitet ein wenig darüber, bevor ich leicht nicke. Gerne. Wahrscheinlich würde ein Arm ausreichen, um den Kleinen zu halten. Fröhlich fangen meine Augen an zu glitzern, ganz der stolze Vater, der ich nun einmal bin. Meine sanften Berührungen beende ich vorerst, ein leises entrüstetes Schnauben entfleucht mir. Freches Weib. Man sollte meinen, dass du nicht so frech bist, wenn du eine solch anstrengende Nacht hattest. Weißt du Weib, ich habe vielleicht kein Kind zur Welt gebracht, aber meine Nacht war um Sorge um euch beide geprägt... und dem Leeren einer Whiskeyflasche. Das Grinsen auf meinem Gesicht wird dabei wieder etwas breiter. Klar, dass ich es irgendwie lustig finde. Komm, ich bring euch hinüber und dann verbringen wir noch ein wenig Zeit zu dritt, bevor alles auf uns hereinbricht. Ich deute mit meinem Kinn auf die Tür, die zum Schlafzimmer führen würde. Achso Nein - ich habe weder mit Thomas noch mit Arnest oder Arioste getrunken. Ich war im Malzimmer. So schlicht wie möglich gesagt, es soll keinen Streit auslösen und doch ist es ein schwieriges Thema, vielleicht ja auch unangebracht im Anbetracht dessen, was uns heute passiert ist.

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Rondra
23. September 1462
{Rabenstein in den frühen Morgenstunden}


Ein leises, pfeifendes Lachen, da es zwischen den Zähnen hindurch rutscht, ist Antwort auf seine liebevolle, väterliche Strenge ihr gegenüber. Beide wissen sie, dass er sie nicht bevormunden würde. Zumindest nicht an einem Tag wie diesem und nicht wegen so etwas.
»Ich weiß doch…« leise entgegnet. Natürlich war er in Sorge. Kelian wäre nicht Kelian, wenn er es nicht gewesen wäre. Welch‘ großes Glück sie doch hat mit ihm. Automatisch gehen die Gedanken zurück in jene Zeit, die ebenfalls von Sorge geprägt war – als ihr Stadthaus das Kreidekreuz trug. Schrecklich und doch ist dies im übertragenen Sinne der Grund dafür dass sie nun dieses kleine Bündel Wunder bei sich haben. Natürlich findet sein Vorschlag ihre vollkommene Zustimmung, weshalb sich Rondra langsam in Richtung Schlafzimmer bewegt. Es ist das ihre und das ist ziemlich seltsam. Allerdings ist es gut so, denn immerhin wird es nicht aus Streitereien heraus benutzt. Nicht dass sie glaubt dass das eine ernstzunehmende Möglichkeit wäre.
»Ah.« Kommt es im ersten Moment verstehend, als er den Raum erwähnt, den er für sich zum Wartesaal erkoren hatte. Natürlich abwesend, weil sie immer noch den Gedanken an jene Tage im Winter nachhängt. Erst nach zwei weiteren Schritten bleibt sie etwas abrupt stehen. Das Malzimmer. Siedend heiß fällt es ihr ein – da war was. Die erstandenen Kostbarkeiten. Gepaart mit den letzten gemeinsamen Erinnerungen an den Raum durchaus dazu gemacht dass ihr Herz beginnt schneller zu schlagen und ihr übel wird. »Im Malzimmer, ja?« Sie selber spricht es auch möglichst leicht dahin aus, doch die Stimme ist ein wenig belegt und gehört nicht ganz zu ihr. Kurz jagt der wahnwitzige Gedanke durch ihren Kopf, dass es dunkel war und er es vielleicht gar nicht bemerkt hat. Nein, das ist nun wirklich dumm. Sie räuspert sich leise, bevor sie sich im Türrahmen des Schlafzimmers umwendet. »Es war bevor sich die schlechte Ernte herausstellte. Dann…« ruhig hat sie die Erklärung abgegeben, wirklich vorzuwerfen hat sie sich eigentlich auch lediglich, dass es wieder eine Einmischung ihrerseits ist. Dass dieser Kauf ein Fehler war, hat sie längst bemerkt. Dass er rückgängig gemacht werden würde steht für das Weib außer Frage, weshalb sie ihren Satz auch nicht zu Ende führt. Nein. Kein Thema für heute, vielleicht auch nicht für morgen oder übermorgen. »Hast du dir bereits Gedanken zu Paten gemacht?« Graham ist es, dem dieser Tag gebührt.

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Kelian_


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23.09.1462


Natürlich folge ich dem Weib, immerhin war es mein Vorschlag. Weit ist es nicht, weshalb ich mir nicht unbedingt die Mühe mache, weit weg von ihr zu kommen oder ihr Raum zu geben. Viel eher hänge ich an ihr, atme ihren wunderbaren Duft ein. Klar, dass dabei auch der Geruch von meinem Sohn dabei ist - zumindest in meiner Einbildung. Problem dabei ist, dass Rondra eben doch sehr abrupt anhält und ich deshalb mehr oder weniger in sie hineinlaufe. Darüber erschreckt, greifen meine Hände sofort an ihre Hüften. Leise brumme ich. Weib... Böse bin ich nicht. Nicht wegen des abrupten Anhaltens, noch wegen des Malzimmers. Ihre Reaktion lässt mich leicht schmunzeln, was allerdings eher abstrus ist, wenn man das letzte Aufeinandertreffen bezüglich dieses Themas bedenkt. Immerhin musste sie Seife futtern und hat gleich noch ein gutes Andenken für die nächsten Wochen meinerseits am Handgelenk erhalten. Heute jedoch, heute ist alles andere außer Graham egal, weshalb ich ihre Worte zunächst einfach nur wiederhole. Ja, im Malzimmer. Dies ist erst einmal alles, was ich dazu sage. Sanfter Druck an ihren Hüften, weil ich sie eigentlich weiter bugsieren möchte. Klar, dass das Weib mir einen Strich durch die Rechnung macht und sich in meine Richtung umdreht. Mhh, das Weib, das unwiderstehliche kleine Bündel in ihrem Arm. Selbst wenn wir jetzt kurz davor wären uns zu streiten, ich würde sofort damit aufhören. Sie hat da ein sehr gutes Argument auf ihrer Seite. Shht. Ein Kuss soll ihre Worte unterbrechen, allerdings hört sie von alleine auf, weshalb ich selbst ein wenig unglücklich in der Luft hänge, aber dann anfange zu grinsen. Soso. Ich strotze heute vor ganzen Weisheiten. Wie auch immer, ich drehe das Weib ohne ein weiteres Wort wieder in die andere Richtung und bringe uns drei nun wirklich zum Bett - da könnte sie sich wehren, wie sie möchte. Dort angekommen bestehe ich darauf meinen Sohn nun doch überreicht zu bekommen - es würde sich herausstellen, dass ich nicht nur mit dem Bauch meines Weibes rede, sondern auch großes Interesse an dem Bündel habe. Sicherlich ungewöhnlich, aber wer kann diesen kleinen Füßen und Händen widerstehen? Ich nicht, dazu bin ich zu glücklich, dass ich überhaupt ein lebendiges Kind geschenkt bekommen habe. Paten...Nein. Ich hätte vielleicht an deinen Bruder gedacht, aber der ist wohl bereits vergeben... Wer hätte mir solch berechnendes Denken zugetraut. Klar sollte der Pate jemand sein, der unserem Sohn weiterhilft, allerdings vielleicht auch jemand, den man ertragen kann. Du? So wie sie fragt, hat sie doch sicherlich schon jemanden im Kopf.

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Rondra
23. September 1462
{Rabenstein in den frühen Morgenstunden}


Das Malzimmer wird nicht zum Thema gemacht und irgendwo in ihrem strahlenden, hellen Glück ist Rondra darüber unsagbar froh. Wer hat denn auch damit rechnen können, dass Kelian das Zimmer ausgerechnet in dieser Nacht aufsucht? Nein. Kein Streit.
Umso bereitwilliger wird ihm also sein Sohn überlassen, sogar ganz ohne Ermahnungen oder besserwisserische Hilfestellungen wie er ihn zu halten hat und auf was zu achten ist. Mütter manchen so etwas gern. Die Hände nun frei, streift Rondra die zierlichen Pantoffeln und die Strümpfe von den Füßen. Danach geht es aufs Bett und ein erleichtertes Seufzen ist nicht zu unterdrücken. Müde. Erschöpft. Kaum berührt sie ihr Bett, fordert die Nacht ihren Tribut. Eine halbsitzende Position nimmt sie ein, die Beine ausgestreckt, das Gewicht weit nach hinten verlagert. So geht es, aber sicherlich würde es nicht lange dauern bis sie einschläft. Glück und Geborgenheit sind hier fast greifbar.
Sie wartet bis auch Kelian seinen und Grahams Platz gefunden hat. Notfalls würde sie dabei helfen, nicht dass das Kind aufgrund des Schwankens aufwacht.
Balthasar. Rondra nickt sehr ernst, während sie auf Graham blickt.
»Ich hatte genau denselben Gedanken. Balthasar würde sich anbieten, in vieler Hinsicht.« Er ist jemand der immer obenauf schwimmt. Egal was man davon halten mag, er wäre ein starker Halt im Leben des Kindes. Außerdem würde es die Verbindung zwischen ihnen stärken – vielleicht sogar ein neues, festes Band entstehen lassen. Aber Kelian hat natürlich Recht. Er ist bereits vergeben. Grundsätzlich nichts schlimmes, denn nirgends steht dass man nur ein Patenkind annehmen darf. Der einzige Grund weshalb Rondra vielleicht doch gewillt wäre ihm diese Würde anzutragen.
»Ich habe bereits hin und her überlegt. Allerdings bin ich zu keinem Entschluss gekommen. Es ist fast ein wenig so wie bei Johanna.« Also wie bei der Familiensuche. Natürlich gibt es da einen Namen der ihr sofort einfällt, allerdings ist Arioste zum einen eine Frau – und Graham sollte einen Paten haben, keine Patin – und zum anderen ist es eben die falsche Kirche. »Ich möchte jemanden, der stark im Glauben ist und ihm eine führende Hand sein kann, sollte uns etwas zustoßen. Am allerliebsten ein Mann.« Ratlos hebt Rondra die Schultern. »Ich dachte schon an den Patriarchen selber – doch das würde für Gram im schlimmsten Fall der Weg der Kirche bedeuten. Ich möchte das nicht für ihn.« Zumindest nicht wenn er diesen Wunsch nicht selber hegt, irgendwann. Bei seinem Blut durchaus vorstellbar. »Wäre alles anders gekommen, wäre Adam eine schöne Möglichkeit gewesen. Doch wir sind heute so weit entfernt voneinander, so fremd. Ich hätte Angst dass er sein Patenkind bei der in seinen Augen falschen Entscheidung von sich stößt.« Definitiv etwas was sie ihrem kleinen Liebling ersparen will.

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Kelian_


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23.09.1462


Es fühlt sich sehr richtig an meinen Sohn im Arm zu halten und obwohl ein Arm wahrscheinlich wirklich ausreichen würde, nehme ich dann doch beide Arme. Wieder fest an meine Brust gedrückt, so wie vorhin schon. Nicht aus Angst, dass ich ihn fallen lassen könnte oder irgendetwas anderes, sondern einfach weil ich es genieße ihn so nah bei mir zu haben. Immerhin kann ich das erst seit...tja wie lange ist es jetzt her? Keine Ahnung, aber er ist recht frisch in meinem Leben. Neben Rondra komme ich auf dem Bett mehr zu sitzen als zu liegen, recht nah bei ihr. Es ist eben nicht so ein riesen Bett, wie es meines ist, was uns zwangsläufig ein wenig näher zueinander bringt.
Die Patensache bedenke ich in diesem Moment nur mit halbem Ohr, Graham ist zu niedlich als das ich meine volle Aufmerksamkeit dieser doch etwas verfrühten Frage widmen könnte. Nunja, wie auch immer, ich muss eben doch wieder etwas dazu sagen, vielleicht sogar etwas was hilft. Ob ich dafür jetzt wirklich den richtigen Nerv habe? Ich seufze leise. Adam, ja. Natürlich wäre er eine sehr gute Option gewesen und eigentlich würde es mir auch sehr entgegen kommen. Es gab eine Zeit, da dachte ich, dass wir sowas wie Freunde sind. Nun sind wir nur noch Lehnsherr und Vasall, denke ich. Naja und natürlich verwandt, aber zur Zeit ist dieses Verhältnis irgendwie gestört. Balthasar einen weiteren Jungen auf das Auge zu drücken, nun da er schon Graui als Patenkind hat, erscheint irgendwie sehr falsch zu sein. Nicht, dass es darum gehen sollte, aber Graufang wäre wahrscheinlich immer das wichtigere Kind, weil es mehr Macht verspricht. Diese Überlegung ist natürlich gemein, aber dies sollte dabei schon bedacht werden, immerhin würde ich den Italiener nicht auswählen, weil ich ihn so besonders mag. Ich seufze also leise, während meine Augen zärtlich auf dem Jungen liegen. So früh schon müssten wir einen wichtigen Punkt in seinem Leben entscheiden und es fühlt sich so an, als ob ich nur scheitern kann. Wirklich Rondra, ich weiß es wirklich nicht... Es gibt nicht viele Möglichkeiten und Adam wäre sicherlich eine ausgezeichnete Wahl, aber so wie es zwischen uns zur Zeit steht. Also ehrlich gesagt ich weiß nicht einmal, wie wir zueinander stehen. Was die reine Wahrheit ist, denn seit der Taufe haben wir uns nicht mehr gesehen. Ich zucke leicht mit den Schultern, mache einen sehr gewagten Move, um mich mitsamt dem Kind auf Rondra zu legen. Wir müssen dies nicht jetzt entscheiden, oder? Hoffnungsvoll schaue ich zu ihr hinauf. Es würde sie ja sicherlich auch ablenken, nun wo ihre beiden Jungs auf ihr liegen. Hoffentlich. Sicherlich hilft dabei, dass der Kleine gerade ein wenig ungnädig wimmert, ob der vielen Bewegung - Schlaf ist es dennoch noch.

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Rondra
23. September 1462
{Rabenstein}


Die Gedanken welche Kelian hegt, sind Rondra nicht fremd. Es sind ähnliche, wie sie selber hat. »Ja, so ist es. Ich weiß recht gut was du meinst, glaube ich.«Was genau sie im Augenblick für Adam ist, Rondra hat keine Ahnung. Sicher seine Dekanin. Doch ist das alles was geblieben ist? Das Weib seines Vasallen? Ja, es hat sich alles schwieriger entwickelt als sie es jemals für möglich gehalten hätte. Letztlich stellt sich gar die Frage ob Wasser nicht manchmal doch besser ist als Blut. Es ist weniger dick und kann sich deshalb besser verteilen.
Es sind definitiv die falschen Gedanken für diesen Augenblick.
Kelian macht es einfach genau jene Dinge aus ihrem Kopf zu vertreiben. Kurz zieht Rondra die Luft scharf ein, als er sich so waghalsig mit Klein-Gram bewegt. Zumindest ist es in ihren Augen viel zu waghalsig, auch wenn natürlich nichts passiert und sich nach dem Schreck das Mutterherz langsam wieder beruhigt. Trotzdem schleicht sich ihr Zeigefinger der rechten Hand zuerst an Kelains Hemd, dort wo das kleine Näschen ruht, nur um den Stoff ein wenig bei Seite zu schieben. Nicht auszudenken wenn Graham nicht genug Luft bekommt. Nein, so ganz kann eine Mutter eben nicht aus ihrer Haut und er ist doch noch so fürchterlich klein und zerbrechlich.
Dann allerdings heben sich ihre Mundwinkel und Rondra betrachtet ihre beiden Männer auf ihren Oberschenkeln. Es gibt keinen schöneren Anblick und das Herz will ihr überschäumen vor Glück. Dieses Bild macht den vergangenen Schmerz nicht wett, aber er entschädigt für einiges. Ihre Hand fährt zu Kelians Gesicht um ihm die Strähnen aus der Stirn zu streichen. Zart und spielerisch, nur um sich danach weiter in den Braunen zu verlieren.
»Ich liebe dich.« Bekundet nun auch Rondra leise. Keine bahnbrechende Neuigkeit, aber ab und an muss sie es aussprechen. Dann wandert ihre Hand hinab zu diesem kleinen Bündel Mensch, streicht zart über seinen Rücken, dann wieder hinauf bis zu Grams Köpfchen.
Stille. Es gibt Augenblicke im Leben in denen sie vollkommen ausreicht. Die Hand streicht weiter und weiter über Kind und Mann. Ein Weilchen währt es, während ihre Bewegungen langsamer und langsamer werden.
»Für diesen Moment allein…..« hat sich jeder der ausgefochtenen Kämpfe gelohnt. Hundertfach. Doch auch dies wird Kelian wissen. »Morgen tragen wir die Neuigkeit hinaus, es soll jeder teilhaben…. Irgendwas möchte ich auch den Rabensteinern geben….« doch um sich darüber nun Gedanken zu machen ist der sonst so kreative Kopf viel zu müde und matt.

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Kelian_


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23.09.1462


Bequemer könnte es wohl kaum sein, als so zu liegen. Sobald es Rondras Hand zulässt, schleicht meine über den kleinen Körper da auf meiner Brust. Abwechselnd, als ob wir das Spiel spielen, wer unseren Sohn öfter berührt. Auch, dass sie mein Hemd ein wenig von der kleinen Stubsnase wegzieht, ist irgendwie eine Mischung aus ärgerlich und verständlich. Klar, er soll ja nicht ersticken, aber als ob ich dies geschehen lassen würde! Ich krittel ja an ihr auch nicht herum - auf kurz oder lang könnte hier sicherlich Ärger entstehen, doch so nicht heute. Heute gehört einfach uns dreien, vereint in diesem glücklichen Moment, bevor auch hier bald Veränderungen eintreten würden. Es wäre nicht gerecht Johanna auszuschließen und meine große Befürchtung - eigentlich weiß ich es ja - würde sich wahrscheinlich auch noch Nora einfinden in diesem Kreis. Nicht, dass sie hier etwas verloren hat, sie gehört nicht einmal zu meiner Familie.
Was für vergiftete Gedanken, die von Rondra dankenderweise bei Seite geschoben werden. Morgen also würden wir die anderen der Familie unterrichten, ja, dies ist ein richtiger Gedanke. Ich nicke also auf ihren Beinen, hmme leise als sie erwähnt, dass sie auch den Rabensteinern etwas geben möchte. Schwierige Kiste. Hast du ihnen nicht schon genug geschenkt? Klar, dass ich Graham meine. Unter anderen Umständen, wäre dies ein richtiges Geschenk, denn er wäre der zukünftige Freiherr. So aber ist es nur ein Land, welches ich bis zu meinem Tod regieren würde, falls Adam oder ein anderer Herzog es sich nicht anders überlegen würden - danach wäre Schicht im Schacht. Ich weiß nicht was. Geld haben wir dafür nicht, anderes wird sicherlich auch schwer und ich halte sicherlich keinen Tag der offenen Tür ab, damit alle einmal meinen Sohn anglotzen können - anders kann man es dann nun auch wirklich nicht nennen. Wie auch immer, ich streiche meinem Weib leicht über die untere Beinpartie, bevor ich leise meine. Wir sollten dich alleine lassen, hm? Graham sollte bald noch einmal gefüttert werden und wir beide noch ein wenig schlafen. Natürlich kann sie sich weigern, ich würde auch noch bleiben - aber letztendlich wissen wir beide, dass ich recht habe.

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Rondra
23. September 1462
{Rabenstein in den frühen Morgenstunden}


Ach, manchmal bedarf es nicht vieler Worte und auch nicht vieler Gesten. In diesen Minuten liegt der Zauber in den unausgesprochenen Worten, den kleinen Gesten – und dem kleinen Bündel auf Kelians Brust. Rondra jedenfalls fährt einfach mit der sanften Liebkosung der beiden auf ihren Beinen fort. Streicheleinheiten für Herz und Seele.
»Hmmm.« kommt es deshalb auch nur unbestimmt und nachdenklich. Was man ihnen geben könnte? An Ideen mangelt es Rondra nicht, hat es nie und würde es hoffentlich auch niemals – und wenn, dann wäre sie sicherlich alt und grau und kurz davor sich auf den Weg zur Sonne zu machen. Die meisten Ideen, die angemessen für dieses kleine Wunder wären, sind viel zu kostspielig. Außerdem weiß sie natürlich selbst zu gut, dass Graham Rabenstein nicht erben würde. Trotzdem. Nachdenklich schiebt Rondra den Unterkiefer etwas nach rechts, während sie die beiden einfach weiter betrachtet. Sie könnte es stundenlang tun, ohne davon müde zu werden, oder allzu sehr zu blinzeln. Sich an etwas nicht sattsehen können – diese Redewendung ergibt plötzlich einen ganz neuen Sinn. Nein, davon würde sie nicht müde werden – aber davon was sie heute nach geleistet hat. Ihr Körper schreit mit jeder Faser nach Schlaf, gegen den sie umso trotziger ankämpft. Es ist zu perfekt um es jetzt zu beenden. Sie ist fürchterlich erschöpft.
»Ich werde mir dazu…..« nein, sie gähnt nicht wirklich – zumindest versucht sie es zu unterdrücken, was ein Zittern der Mundpartie mit sich bringt. »morgen Gedanken machen… oder Übermorgen.« Irgendwann eben. »Ihr sollt mich niemals alleine lassen!«Es ist kein wirklicher Protest, sie mag zwar stur sein, aber auch nicht dumm. »Aber du hast Recht. Graham sollte zu seiner Amme.« Wie hieß sie noch gleich? Rondra Peverell scheint nachlässig zu werden – oder den Kopf bei ganz anderen Dingen zu haben. »Dich sehe ich zu Mittag?« Sie will sich vorbeugen um Kelian zu küssen – doch ganz so schnell geht das alles eben doch nicht und so bleibt sie auf halben Weg stehen und sinkt zurück in die Kissen. »Sag ihr sie soll ihm ein Mützchen anziehen. Eins von den dünnen Leinenmützen. Wärme ist wichtig und er ist noch so winzig.« Das ist nun also wieder für die Amme gedacht, logisch. »Und sie soll sich unterstehen Kohl zu essen!« Schwierig in dieser Jahreszeit. Aber man will Klein Gram nicht mit Blähungen quälen, oder?
Ein tiefer Seufzer. Sicherlich hätte sie noch einiges auf Lager, aber ihr Kopf ist ebenfalls müde. Natürlich klaut sich Rondra dann doch noch einen Kuss von seinen Lippen. Nachdem Kelian samt Kind wieder aufgestanden ist. Schwierige und schwankende Angelegenheit. Sicherlich würde das alles besser gehen, wenn Graham nicht mehr ganz so klein und die Eltern geübter sind. Kurz streicht dem Weib durch den Kopf, wie ungewöhnlich liebevoll und zärtlich Kelian zu ihm ist. Ein schwacher Gedanke, eher eine leise Ahnung, richtig denken geht kaum noch. Verwunderlich ist es allerdings nicht, er hat bereits an ihrer Schwangerschaft unglaublich viel Anteil genommen – zumindest für einen Mann und nach ihren bisherigen Erfahrungen zu urteilen. Was also folgt ist eine zärtliche Verabschiedung von Vater und Sohn. Albern wie Weiber manchmal eben sind, winkt sie beiden sogar vom Bett aus zu, während sie die Tür ansteuern. Als würde Graham gleich fröhlich zurück winken.
Die Tür ist noch nicht ganz ins Schloss gefallen, als Rondra tiefer ins Bett sinkt und nur wenig später in einen seichten Dämmerschlaf sinkt. Zu aufregend ist alles, als dass an richtigen, tiefen Schlaf zu denken wäre.

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Rondra
04. November 1462
{Graz}


Also wirklich! Manchmal bekommt man den Eindruck der Herrgott würfelt jeden Tag aufs Neue, wie das Wetter denn so wird. War vor einigen Tagen das Wetter noch mild, so hat sich das recht plötzlich verändert. Natürlich. Ausgerechnet heute ist es klirrend kalt. Nachdem Rondra heute früh neugierig prüfend auf den Hinterhof getreten ist, wollte sie es kaum glauben. Nein, es würde also keinen Ausritt in strahlendem Sonnenschein geben. Trotzdem. Geht es nach der Blonden, so muss man sich eben lediglich warm genug einpacken – was sie dann auch tut.
Kelian. Die Frage ob sie ihm von diesem Treffen und dem dazugehörigen Plan erzählen würde, hat sie sich selber immernoch nicht beantwortet. Vielleicht lieber erstmal bei der Räuberin anfragen. Möglich, dass eine relativ außenstehende, zweite Meinung ohnehin alles ändern würde. Weshalb Kelian zu hören bekommt sie wolle über den Markt und dann ausreiten. Beides keine Lüge, nicht im Geringsten.
So kommt es also, dass das Weib früh am Morgen erst über den Markt stapft und dann den Mietstall aufsucht. Irgendwo mussten die Pferde schließlich untergebracht werden. Dieses Mal ist es nicht Matteo, sondern der namenlose Apfelschimmel, den sie wählt. Ist „Namenlos“ langsam nicht auch ein Name? Es lässt fast darauf schließen. Dank der recht frühen Stunde ist es nicht notwendig das Pferd durch die Gassen zu führen, weshalb Rondra gleich aufsteigt. Wie verabredet geht es zum Stadttor, in der Hoffnung Mirabel dort bereits anzutreffen. Kaum hat sie das Tor passiert, erfasst eine Windböe den Saum ihres Wollumhangs. Grausig. Fröstelnd packt Rondra den Umhang fester um sich und streicht sich die Kapuze über den Kopf. Es riecht nach Schnee! Auch wenn es dazu natürlich noch zu früh ist.
Suchend irren die Blauaugen einige Sekunden umher. Es mag früh sein, doch der Andrang vor dem Tor ist so groß wie er zu erwarten gewesen ist. Tagelöhner, Händler, Reisende und Bauern. Alles strömt in die Hauptstadt. Schließlich erblickt sie die gesuchte Gestalt an der Stadtmauer lehnend. Erleichtert darüber schwingt sich Rondra aus dem Sattel, um das Pferd durch den Trubel zu führen.
»Mirabel! Schön dich zu sehen.« Ja, es klingt freudig, aber auch erleichtert. Wobei Rondra nicht wirklich gezweifelt hat. Ihre freie Hand würde sich um die Taille der Räuberin schleichen, sofern es möglich ist. Keine ganze Umarmung, aber der Ansatz dessen. »Es ist fürchterlich kalt. Aber wenn es dir nichts ausmacht können wir trotzdem reiten.« Die Temperaturen wird Mirabel besser kennen als sie selber, weshalb die Feststellung etwas albern ist. Am Ende ist das Weib bereits vollkommen durchfroren! Rasch schiebt Rondra deshalb hinterher »Wir könnten allerdings auch in die Zuflucht, wenn dir das lieber ist.« Herrje, wie kann man ein Weib schon so lange kennen und es nicht einschätzen können? Andererseits ist in diesem Fall „kennen“ vielleicht auch etwas hochgegriffen, das kam erst in den letzten Monaten.

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Mirabel
04. November 1462 – An der Stadtmauer von Graz

Die letzte Nacht hat Mira gänzlich auf dem Rücken ihres Pferdes verbracht, weshalb sie an der Mauer von Graz abgestiegen ist, um sich etwas die Füße zu vertreten. Ein dicker Mantel hüllt sie ein und lederne Handschuhe schützen die Haut der Finger vor der Kälte. Tunny hatte sie gesagt, sie würde nach Hause reiten, um im Urban Legends nach dem Rechten zu sehen und auch, um sich einige ihrer wärmeren Kleidung zu besorgen. Beides keine Lüge, nur den Abstecher nach Graz hat sie ihm verschwiegen und sie würde sich noch entscheiden, ob sie ihm davon berichtet. Je nach dem…

Also steht sie da nun, umhüllt vom wollenen Mantel, die Kapuze vom Kopf geschoben, damit die Blonde sie auch finden würde in dem Trubel. An die Stadtmauer steht die Räuberin gelehnt, hält in der Rechten die Zügel vom Gaul und beobachtet die Händler und Leute, die da ein und aus gehen. Es wäre ein Leichtes, hier die eine oder andere Geldkatze zu klauen, doch nichts dergleichen geschieht. Wozu? Sie hat genug Geld in Bruck liegen. Und Andererseits… Warum nicht? Geld kann man doch nicht genug haben.
Ja… das Weib steckt noch immer in dem Dilemma, über welches sie mit Kelian gesprochen hat. Sesshaft werden und sich zu Tode langweilen mit dem ganzen Reichtum, den sie angesammelt hat? Oder auf all das weiterhin einen Dreck geben und zurück auf die Straßen gehen? Ach es ist schlicht zum Heulen…

Die Gedanken werden jäh unterbrochen als sie ihren Namen hört und Bernsteine sofort in die Richtung geschickt werden, aus der die Stimme erklingt. Rondra wird gesichtet und sofort stößt sich Mira von der Mauer ab, um das Weib aufrecht stehend zu begrüßen. Eine halbe Umarmung wird getan und dabei gelächelt als sie den Vorschlag vernimmt. Die Verunsicherung ist in den nachgeschobenen Worten zu hören, weshalb die Räuberin schmunzelt und das Haupt schüttelt. Ich würde sehr gern einen Ausritt in die Wälder machen. Mal sehen welche Erinnerungen das in ihr wecken würde. Dort gibt es weniger Ohren als in den Häusern der Stadt. erklärt sie, greift nach ihrem Sattel, als ob sie gleich aufsteigen wollen würde, eh sie die Blonde grinsend nochmal ansieht. Aber sei gegrüßt Rondra… gut schaust aus. folgt noch die ehrlich gemeinte Begrüßung, die irgendwie in der eigentlichen Begrüßung untergegangen war.


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Rondra
04. November 1462
{Graz}


Ein Ausritt also doch! Rondras Lächeln wird noch eine Spur breiter. Der Gedanke in einem muffigen Gastzimmer mit Mirabel zu sitzen war nicht wirklich erbaulich. Begleitung beim Ausreiten, etwas was Rondra eher selten hat. Kelian tut es ab und an, aber es ist recht offensichtlich, dass dies eine Leidenschaft ist, die sie nicht teilen. Das Kompliment lässt Rondra dann leise lachen. Ähnliche Worte hatte auch Adam vor einigen Tagen gefunden. »Danke. Ich glaube mir könnte es auch kaum besser gehen.« Gut, irgendwas ist immer, aber tatsächlich sind die letzten Wochen sehr glücklich gewesen. Dann macht sie es der Dunkelhaarigen gleich, um kurz darauf wieder im Sattel zu sitzen. »Du allerdings auch, vor allem da die Nacht sicherlich ungemütlich gewesen ist.« Es ist keine Jahreszeit mehr um unterwegs zu sein. Nicht mehr lange und sie würde sich selber wieder aufmachen müssen in den Norden. Sollte Arioste jemals einen Termin für ihre Hochzeit finden.
Sachte bohren sich ihre Fersen in Seite des Schimmels, auf dass er sich langsam in Bewegung setzt.
»Ich freue mich übrigens sehr, dass du Patin wirst.« Man muss ja nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. »Graham macht sich prächtig. Er wird immer runder…« Tja, da läuft Mirabel nun in Gefahr die Gesamtbreite der stolzen Mutter zu hören zu bekommen. Rund, drall, weich und voller Grübchen, würde Rondra ihren kleinen Liebling wohl beschreiben. So wie gesunde, kleine Babys eben sein sollten. »Nur ein bisschen klein ist er noch.« Genau und laufen kann er wundersamer Weise auch noch nicht. »Ich habe mich noch nicht mit seiner Seligkeit in Verbindung gesetzt, aber ich könnte mir gut vorstellen ihn um den 20. Des Monats herum taufen zu lassen.« Wie weit ist Mirabel mit der Geschichte der Reformierten Kirche vertraut. Willkürlich ist der Tag jedenfalls nicht gewählt. Es ist der Tag des Massakers im Koster, der erste Todestag des Onkels. Zeit ihn unter die Erde zu bringen und auch wenn es etwas makaber klingen mag, das eine lässt sich wunderbar mit dem anderen verbinden. Tod und Leben gehören zusammen und den Onkel hätte gefreut – wenn er es denn wissen könnte. Rondra würde also den Weg in Richtung Wald einschlagen. Ein sehr vertrauter Weg, voller lieber Erinnerungen.

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Mirabel
04. November 1462 – An der Stadtmauer von Graz

Ein Abwinken folgt zunächst den Worten Rondras, die da auf ihren Gaul aufsteigt, eh Mira dann gleichgültig meint. Ach.. auch wenn ich schon lang nimmer auf den Straßen unterwegs war, so macht mir das Wetter trotzdem nichts aus. Ich schätze ich bin noch recht gut abgehärtet. grinst sie und lässt das eigene Reittier neben dem der Blonden her gehen. Ein Lächeln ist es dann, die sie zum Thema Patin übrig hat. Ein ehrliches, aufrichtiges, freut sie sich doch ebenso sehr darauf – was sie eigentlich nicht für möglich gehalten hatte. So lauscht sie also den Ausführungen Rondras über die Entwicklung des jüngsten Peverell und nickt dazu, bevor sie dazwischen schiebt. Die wahre Größe zeigt sich nicht in der äußeren Gestalt Rondra. Und wenn er nur ein Funken derer geerbt hat, die ihn gezeugt haben, wage ich zu behaupten, dass er viele um einige Haupteslängen überragen wird. Die Worte kommen wie selbstverständlich über ihre Lippen. Ohne Zögern und mit solch einer Überzeugung, dass es wohl selbst einem Fremden seinen Zweifel genommen hätte. Gib ihm die Zeit, die er braucht um seine körperliche Größe seiner Inneren anzupassen.

Dann überlegt sie kurz, bevor sie knapp nickt und Rondra ansieht. Ich denke, der 20. diesen Monats passt ganz gut. Erst dann wandert ihr Blick wieder gerade aus zu den Baumreihen, als jäh die Bilder vor ihren Augen wieder auftauchen: Die Schlacht, in der Liam vor ihren Augen fiel, in der so viele Andere auch ihr Leben gelassen haben. Die Tage im Wald, als man mit den Überlebenden die letzten Reste des Essens geteilt hat. Die freie Fläche, genau dort Vorn, wo man ihr und ihre Schwester so heftig zugesetzt hatte, dass die eine ihr Leben gelassen hat und die Andere auf immer noch mehr Entstellungen mit sich tragen wird. Kurz senkt die Räuberin daher den Blick, kämpft die Erinnerungen zurück und versucht sich auf das Kommende zu konzentrieren.


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Rondra
04. November 1462
{Graz}


Auch wenn Rondra sicherlich anders auf den Straßen des Reiches unterwegs gewesen ist als Mirabel, es gab eine Zeit in der das Wetter vollkommen egal gewesen ist, sie war unterwegs. All die Jahre, in denen sie fast rastlos hin und her gereist ist. Als Händlerin, Reisende, Besucherin und Suchende. Sesshaft ist sie erst in der Steiermark geworden und auch wenn sie sich selbst fühlt als wäre dies hier bereits seit Ewigkeiten ihr zu Hause, so ist es nicht. Nimmt man es genau, so sind es nächstes Jahr vier Jahre. Unglaublich. Lange hat sie den Ruf der Straße nicht mehr gehört, zumindest nicht allzu laut. Natürlich, damals hatte sie lediglich Johanna, mittlerweile sind da zwei weitere Kinder, davon ein Säugling. Doch in letzter Zeit, ausgerechnet, das wispert es manchmal in ihr Ohr, die schmeichelnde Stimme der Veränderung. Vielleicht sollten sie wirklich demnächst aufbrechen um die Doppellilie zu holen.
Mirabels Einschätzung Grahams Größe betreffend entlockt Rondra abermals ein Lächeln und das Weib wird von der Seite gemustert.
»Danke.« Schon wieder. Es ist ein schlichter Dank, dafür kommt er allerdings von tiefstem Herzen. Verwunderlich ist es nicht, wenn man bedenkt wie Balthasar ihn vor wenigen Wochen beschrieben hat. Unbedeutend. Nein, Rondra sieht es immernoch nicht so. Ihm könnte die Welt offenstehen. Genauso wie ihr selber, wenn sie denn wollen würde. Will sie nicht, sie hat ihre Welt gefunden – nur scheint das niemand zu verstehen. »Nun ja. Kelian ist körperlich nun auch nicht der allergrößte. Seine innere Größe kann es allerdings mit Leichtigkeit mit jedem aufnehmen.« Ha! Wieder so etwas, was sie vor zwei Jahren niemals gesagt hätte. Doch hat sich der Nichtsnutz und Trunkenbold in den letzten Jahren als verlässlicher und beständiger als jeder andere Mensch erwiesen. Vielleicht muss sie auch so denken, sie ist sein Weib.
Der zwanzigste würde also passen. Zeit dem Patriarchen ihre Gedanken und Ideen zu unterbreiten. Es geht nicht nur um Graham, sondern natürlich auch um Graufang. Das hat hier aber nichts zu suchen, zumindest nicht im Augenblick.
»Er wird noch einen weiteren Paten erhalten. Meinen Bruder. Er soll es auch sein, der mit ihm ins Taufbecken steigt.« Und in all ihrer Bösartigkeit hofft das Weib irgendwie, dass das Wasser eisig kalt sein wird. Er würde nicht Drumherum kommen. »Kennst du ihn? Balthasar?« Wieder wird Mirabel gemustert. Tatsächlich hat Rondra keinen Schimmer davon was Mirabel hier erlebt hat. Natürlich kennt auch sie die steirische Geschichte, den Kriegsverlauf und den Fall von Graz. Doch nur aus Erzählungen, weshalb das Geschehen weniger bildhaft in ihr lebt. Zu diesem Zeitpunkt damals hatte sie sich gerade mit Mühe und Not zurück ins Leben gekämpft. Nein, für sie blitzt hier der Sommerregen auf, das verlorene Hufeisen und tiefer im Wald jene Jagdhütte. Außerdem die Wiese, über die Pfeile geschossen worden sind, gefolgt von hellem Kinderlachen und verstohlenen Blicken. Unterschiedlicher können Erinnerungen wohl nicht sein. Doch kennt Mirabel Balthasar? Er war dabei, bei den Lilien. Zumindest bis sein geplanter Verrat aufflog. Doch ansonsten?

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Mirabel
04. November 1462 – An der Stadtmauer von Graz

Der Dank wird mit einem leichten Lächeln beantwortet, eh sie den weiteren Worten Rondras lauscht. Mira war sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich darüber im Klaren, dass die Blonde noch einen Bruder hat und einen Augenblick ist die Schwarzhaarige darüber verwirrt, als Rondra davon spricht ins Becken steigen zu müssen. Doch als dann die Fragen erklingen, dazu der verhasste Name dieses Abschaumes reißt Mira unwillkürlich an den Zügeln ihres Pferdes, wobei sie ihre Begleiterin mit entsetzt aufgerissenen Augen anstarrt.

Ja. Allein schon diese Reaktion beweist, dass sie den Kerl kennt und Mira ist sich wahrlich unschlüssig, worüber sie mehr fassungslos sein soll. Über den Umstand, dass in den Adern der Blonden das gleiche Blut fließt, wie das von Balthasar oder darüber, dass sie diesen Verräter zu Grams Paten machen will. Was? erklingt es dann ein wenig erstickt, bevor Bernsteine beginnen regelrecht zu glühen und dann die reinste Schimpftirade aus dem Weib hervor bricht. Diese verräterische Ratte ist von deinem Blute? beginnt sie und holt wieder Luft. Und einem solch ehrlosen stinkenden verabscheuungswürdigen reudigen Köter willst du Gram anvertrauen? Kann es sein, dass Rondra schon vergessen hat, dass Mira einst dort in den Katakomben ein Messer nach diesem Mann geworfen hat? Gleichgültig.

Ein Nicken folgt daher, einhergehend mit einem kräftigen abfälligen Schnauben, wobei das Pferd nervös zu tänzeln beginnt, dass das aufgebrachte Gemüt seiner Reiterin sofort spürt. Ja, ich kenne diesen Mistkerl und ich hoffe für Gram, du überdenkst diese Wahl noch ein Mal.


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