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Dark water

Rondra
04. November 1462
{Graz}


Wer hätte gedacht, was eine doch eher harmlose Frage für eine Reaktion hervorrufen kann? So ganz harmlos war sie vielleicht nicht, vor allem wenn man bedenkt um wen es da geht. Mirabels Reaktion allerdings überrascht Rondra vollkommen. Niemals hätte sie mit einer derart heftigen gerechnet. Zweifellos sie kennt den Bastard.
Die Zügel des Schimmels werden etwas zu harsch angezogen. Etwas was das Tier nun wirklich nicht gewohnt ist, genauso wenig wie das tänzelnde Pferd neben sich – unruhig wirft das ansonsten so brave Gaul den Kopf hin und her und beginnt dann seinerseits zur Seite zu tänzeln. Antworten ist für die Blonde im ersten Moment also nicht möglich, erst gilt es das Tier wieder zu beruhigen und unter Kontrolle zu bringen.
Zurück gehen die Gedanken zu jener Zeit der Lilien. Das fliegende Messer, daran hat Rondra tatsächlich nicht mehr gedacht. Zu viel war damals zu schnell hintereinander geschehen. Die Blauaugen konzentrieren sich für einige Herzschläge auf den Apfelschimmel. Schließlich ist er soweit beruhigt, dass ihre rechte seinen Hals tätscheln kann.
»Ich…« Wie schnell man doch in die Position des Rechtfertigens rutschen kann. Keine schöne, schon gar nicht wenn es dabei um Balthasar geht und man ihm selber kaum traut. Also erklärt Rondra zuerst das, was einfach ist. »Er ist der Bastard meines Vaters, der ihn in einem schwachen Moment als illegitimen Sohn anerkannt hat.« Ein Satz, welcher das gesamte Grauen das sie damals überfiel beinhaltet. Wie oft ihr Vater sich wohl gewünscht haben mag, das später geborene Mädchen – sie – sei das Ergebnis seiner Untreue und nicht ausgerechnet der ersehnte Bub? Eine Frage die sie seit seinem Auftauchen immer wieder quält. All die Jahre in denen sie versucht hat ihm dass zu ersetzen, was ihm verwehrt geblieben ist – kläglich, wenn man Rondra selber fragt.
»Balthasar hat bezahlt für seinen Verrat. Er… wird niemals vergessen was er getan hat, oder vielmehr tun wollte und wen er damit verraten wollte.« Natürlich ist das Brandzeichen gemeint. »Aber ich verstehe deine Wut. Mir selber fällt es schwer ihm auch nur einen Funken Vertrauen entgegen zu bringen… Gleichzeitig scheint er verändert, als suche er tatsächlich Familienanschluss. Er…. könnte für Graham ein nützlicher Fürsprecher sein. Außerdem wird er seine Verbindung zur Kirche sein, zum Glauben.« Rondra spricht ruhig und recht leise. Sie ist ja selber nicht davon überzeugt. »Grams Liebe wird für Balthasar der Schlüssel in unser Leben sein – und so lange Kelian und ich leben, so lange wird er ihm kein Haar krümmen können.« Vielleicht ist sie vollkommen wahnsinnig geworden und spätestens nach seinen Worten auf dem Hof hätte sie ihn zum Namenlosen schicken müssen. »Er ist mein Bruder… der einzige den ich habe. Ich möchte ihm gerne vertrauen können, auch wenn sich mir dabei die Nackenhaare aufstellen.« Das nun ist ganz leise gesprochen, eher zu sich selbst, als zu Mirabel. Nein, es ist wirklich nicht viel Familie übrig geblieben in ihrem Leben. Aber letztlich sind sie damit bereits fast bei dem Grund angelangt, weswegen sie das Weib sprechen wollte.

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Mirabel
04. November 1462 –Grazer Umland

Tief atmet Mira durch, um das eigene Gemüt etwas zu beruhigen – was aber nicht so recht gelingen will – während sie Rondra dabei beobachtet, wie diese ihren eigenen Gaul zu beruhigen versucht. Bernsteine fixieren die Hand, die den Hals des Reittieres tätschelt und die Räuberin scheint damit einhergehend ebenso das aufgeloderte Feuer wieder etwas unter Kontrolle zu bekommen. Dabei lauscht sie den ersten Worten der Blonden, die das schändliche Familienmal in Form von Balthasar erklärt: ein Fehltritt des gemeinsamen Vaters also. Aha!

Soweit so gut. Doch als Rondra weiter spricht, wird diese immer mehr angesehen, als ob diese jegliche klaren geistigen Funktionen verloren hätte. Dass kann diese Frau dort unmöglich ernst meinen, was sie da von sich gibt! Rondra… du sagst es doch selbst: er bezahlte für den Verrat und wird sich auf ewig daran erinnern. Aber nicht so wie du es offensichtlich annimmst! erklingt es energisch und die Schwarzhaarige ist drauf und dran, dem anderen Weib mal ordentlich den Kopf zu waschen und diesen dabei wieder gerade zu rücken. Womit auch immer er hat bezahlen müssen… es wird ihn lediglich daran erinnern in Zukunft noch mehr acht zu geben bei seinen verschlagenen Plänen und Machenschaften. Ich habe Menschen wie ihn in meinem Leben zur Genüge angetroffen. Die ersten Schuppen sind von den Augen gekratzt und erst mal versucht sie es bei den Beleidigungen für den Halbfugger zu belassen.

Ich traue diesem Mann so weit, wie ich ihn werfen kann. spricht Mira dann leidenschaftlich weiter, eh sie ausspuckt. Nämlich gar nicht! Dann schüttelt sie das Haupt und blickt die Blonde nahezu entsetzt an. Ich fasse es nicht, dass du… dass IHR Gram in seine Obhut geben würdet! Einem Mann, der ihm höchstens die Kunst des Intrigen schmiedens und mit gespaltener Zunge zu reden beibringen wird. Ein Schnauben folgt, dazu ein Schütteln des Kopfes, eh sie dem leicht tänzelnden Gaul die Fersen in die Seiten drückt, um diesen wieder anzutreiben gen Wald.

Rondras Unsicherheit und deren eigenen Misstrauen sind der Räuberin nicht entgangen, weshalb es im Köpfchen arbeitet. Ja, auch Miras Ruf ist zweifelhaft durch ihre Karriere auf den Straßen. Doch im Gegensatz zu Balthasar hat sie Rückrat und steht zu ihren Taten, schätzt das offene, ehrliche und direkte Wort und verabscheut Lügen. Und egal, was für Geschichten über sie erzählt werden, so ist Mira zumindest in der Lage, die Liebe des Kindes anzunehmen und vor allem weiß sie, diese zu schätzen. Nichts… wirklich nichts auf dieser Welt wird mich davon abhalten, Gram zu beschützen, sollte euch etwas zustoßen. Auch vor Balthasar… spricht sie dann etwas leiser, aber vernehmlich, wobei sie Rondra wieder ansieht und endgültig klar sein dürfte, dass sie mit ihrer Wahl überhaupt so rein gar nicht einverstanden ist.


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Rondra
04. November 1462
{Graz}


Schuppen von den Augen sind es wirklich. Denn auf diese Weise hat sie Balthasars Mal noch nie betrachtet. Das Wappen der Fugger nicht als fleischgewordenes Mahnmal, sondern als immerwährende, schwelende Wunde, welche den Hass nährt. Dies Gespräch ist auf so vielen Ebenen verwirrend. Nicht allein dass sie es mit Mirabel überhaupt führt, ohne das Wissen von Kelian – zumindest bisher. Nein, wie sie es führen. Nimmt man es genau, kennen sich beide Frauen nicht allzu gut und so wie heute hat Rondra Mirabel noch nie erlebt. Doch die deutlichen, ehrlichen Worte sind willkommen. Nichts ist schlimmer als nicht zu wissen woran man ist. Das allerschlimmste an Mirabels Worten ist allerdings, dass Rondra ihr auf ganzer Linie beipflichten könnte. Es ist wahrlich selten, dass Rondra dermaßen die Worte fehlen. Welche Worte sollten es auch sein, als die der Zustimmung?
Es ist der alte Kampf Verstand gegen Herz. Ein Kampf bei welchem der Sieger bereits feststeht. Vielleicht ist sie tatsächlich zu naiv und weich. Dessen ist sie sich bewusst und eines Tages würde dieser Umstand vielleicht ihren Tod bedeuten.
Hart mahlen ihre Kiefer aufeinander, doch ihr Gesichtsausdruck ist nicht nur stur und trotzig, immerhin spricht Mirabel die reine Wahrheit.
»Ich kenne Balthasar!« Klingt es nun doch etwas unwirsch. Vielen Dank für die treffende charakterliche Zusammenfassung. »Gram wird nicht in seine Obhut gelangen. Ich habe nicht vor ihn auch nur eine Sekunde allein mit ihm zu lassen.« Ein leises, geringschätziges Schnauben verlässt ihre Kehle. »Auch wenn Balthasar sicherlich keinen Grund hätte ihm im Augenblick etwas Böses zu wollen – und sich damit abzumühen.« Schließlich ist Graham ein unbedeutendes Nichts. »Verstehst du denn nicht? Balthasar möchte eine Familie. Ich bin seine Familie, auch wenn ich mich nicht in der Lage sehe ihn zu lieben wie man es bei einem Bruder erwarten sollte. Dazu… hänge ich zu sehr an meinem Leben. Sollte es jemals die Möglichkeit auf ein Familienleben geben, so wird uns Gram den Weg zeigen. Ich wünsche ihm so sehr einen Onkel…«… wie sie einen gehabt hat – auch wenn es vermessen ist Balthasar mit Graufang zu vergleichen.
Längst hat Rondra mit ihrem Schimmel wieder zu Mirabel aufgeschlossen. Die Gedanken jagen, genauso wie die widersprüchlichen Gefühle. Nein, sie ist nicht naiv. Sie weiß was sie riskiert und deshalb führen sie dies Gespräch schließlich auch.
Mirabels letzte Zusicherung lässt Rondra hinüberblicken zu ihr. Das Lächeln auf ihren Lippen ist bitter und keineswegs amüsiert, doch gleichzeitig steckt Anerkennung in ihrem Blick. Rondra wusste weshalb sie ausgerechnet Mirabel sprechen musste – und sieht sich nun auf ganzer Linie bestätigt. Ernst nickt sie, während sie den Kopf wieder abwendet und die Blauen über die nahen Bäume gleiten lässt.
»Deshalb sind wir hier, Mirabel. Mein Wunsch mag naiv sein, aber ich bin mir dessen bewusst. So lange… Kelian oder ich am Leben sind, weiß ich, dass Graham nichts zustoßen wird. Sollte Balthasar auch nur den Versuch machen ihm etwas anzutun – wird dies das Letzte sein was er tut.« Ein bisschen grotesk, der Kerl wollte fast ihre gesamte Familie aufs Schafott führen und bekam dafür ein Brandmal. Legt er auch nur Hand an ihren Sohn, wäre das sein Todesurteil. »Meine Sorge gilt dem Fall, dass wir beide sterben, bevor Graham das Mannesalter erreicht hat. Viel Erbe hat er nicht zu erwarten, Geld wird es kaum sein was Balthasar antreiben könnte. Doch ich habe fürchterliche Angst er könnte Graham dennoch etwas antun, oder sei es ihn zu sich nehmen und in ein Leben hinter geschlossenen Klostermauern zu zwingen.« Rondra weiß nicht einmal was schlimmer wäre in ihren Augen. »Mirabel.« Ein wenig drosselt Rondra das Tempo des Apfelschimmels, um dieses Mal das Weib neben sich richtig ansehen zu können. »Sollte das eintreten, oder sich auch nur abzeichnen, möchte ich dass du Balthasar tötest.« Für einen kurzen Moment presst sie die Lippen aufeinander. So unsicher Rondra dabei ist Balthasar irgendetwas wie Liebe entgegen zu bringen, so kalt und sicher ist sie darin was geschehen soll, wenn es schief geht. »Es soll ein gnädiger Tod sein.« Dunkelblau schimmert ihr Blick. Kälter als Eis, während sich ihre Mundwinkel noch ein wenig heben. »Gnädig weil Balthasar ihn herbeisehen soll. Er soll den Schmerz den ich empfinden werde um das Tausendfache spüren, mit dem Wissen weshalb er ihn erfährt.« Nun ist es heraus und etwas verwundert mustert Rondra die Züge der Räuberin. »Um dies Versprechen wollte ich dich bitten. Ich habe sonst niemanden..« die schmalen Schultern heben sich ein wenig. »Du würdest es erfüllen.«Stellt sie knapp und unumstößlich fest.

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Mirabel
04. November 1462 –Grazer Umland

Forschend wird die Andere betrachtet als die nun ihrerseits mit ihren Ausführungen beginnt. Sinnliche werden dabei fest aufeinander gepresst, ebenso wie es die Zahnreihen tun. Kann es sein, dass Rondra so naiv ist und sie nicht versteht? Oder besser noch, nicht verstehen will? Ja, genau das wird ihr bestätigt in den Worten der Blonden, als diese davon spricht, wie sehr sie sich doch einen Onkel für Gram wünscht. Den Onkel hat er in Balthasar. Ob so oder so… stellt die Schwarzhaarige diese Tatsache nüchtern fest und hebt dabei ein wenig die linke Braue. Doch winkt sie dann ab, scheint es, als müsse sie doch etwas ins richtige Licht rücken. Rondra, ich bin weit davon entfernt dir darüber Vorschriften machen zu wollen, wen ihr als Paten für Graham wählt. Ebenso wenig werde ich dir in deine Familienangelegenheiten reinreden, wie du mit dieser – vergib mir – Pestbeule umgehst. Tief wird durchgeatmet, der Blick kurz über den Waldrand geschickt, eh sie dann erneut eine Feststellung tätigt. Du fragtest mich nach dem Halbfugger und ich habe dir Antwort, sowie meine Meinung zu ihm gegeben. Alles Andere ist und bleibt eure Entscheidung. Ja genau so und nicht anders. Eine Warnung auszusprechen setzt nicht gleich, dem Anderen Vorschriften zu machen, was eigentlich in Miras letzter Aussage klar geworden sein sollte, sie würde Gram vor Balthasar beschützen, sollte es dazu kommen irgendwann.

Und dann, dann lässt die Blonde endlich die Katze aus dem Sack. Den wahren Grund, warum sie die Schwarzhaarige hat treffen wollen. Als Rondra das Pferd neben ihr ein wenig drosselt, tut es Mira ihr automatisch gleich, um dieser direkt ins Gesicht schauen zu können und dann folgen die Worte, die die Züge der Räuberin erst einmal versteinern lassen. “Ich möchte, dass du Balthasar tötest!“ hallt es im Köpfchen wider, während Bernstein sich mit eisigem, tiefen Blau eint. Ein Wunsch wird geäußert für den Fall der Fälle. Ein Wunsch, wie der Halbfugger sterben soll, wenn Rondra und Kelian einmal nicht mehr sind und Balthasar versuchen sollte, sich Grahams zu bemächtigen. Schmerzhaft soll es werden. Herbeisehnen soll sich der Italiener den Tod….
Tja und dann kommt es: aus dem Wunsch wird die Forderung nach einem Versprechen!

Ruhig wird der Blick der Blonden erwidert, das Gesicht und ihre Haltung gemustert, um dabei festzustellen, dass dieser Wunsch nicht nur einfach so daher geredet ist. Es ist bitterer Ernst, das ist klar und so kann man die Räuberin tief durchatmen hören, während ihr Augenpaar sich von Blauen löst und wieder über den nahen Waldrand gleitet. Sie hat es eben schon zu Rondra gesagt. Mira würde Gram vor Balthasar beschützen, auch wenn es den Tod des Halbfuggers mit sich bringen müsste. Zumindest ist das für Mira klar. Aber zu versprechen den Kerl zu töten sollten Rondra und Kelian sterben, egal ob er zu dem Zeitpunkt eine Gefahr für Gram ist oder nicht…? Nun, es wäre nicht das erste Mal, dass die Räuberin tötet. Ich verspreche es. erklingt es deshalb, während sie erneut den Blick von Rondra sucht. Ich werde mich gern darum kümmern und er wird sich den Tod herbei sehnen, das verspreche ich dir ebenso. Oh ja, das würde der Kerl, denn auch die Schwarzhaarige hat noch eine Rechnung mit ihm offen.

Ein Moment des Schweigens folgt, eh der Ausdruck in Bernsteinen von entschlossen zu fragend wechselt, gar forschend wird, bevor sie dann direkt fragt. Wirst du Kelian etwas von diesem Treffen erzählen? Ein wenig wird das Haupt zur Seite geneigt. Oder besser gefragt: wird er den Inhalt unseres Gespräches erfahren? Eine wichtige Information für das Weib, sogar von großer Bedeutung. Denn auch sie sollte wissen, inwieweit sie ihren Gefährten über das, was heute geschehen ist einweihen kann oder nicht.


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Rondra
04. November 1462
{Graz}


Ruhig lauscht die Blonde der Dunklen. Wieder hat sie den Worten Mirabels wenig entgegenzusetzen. Natürlich hätte Graham in Balthasar auch dann einen Onkel, wenn dieser nicht noch zusätzlich als Pate fungieren würde. Allerdings würde der Bastard seinem Neffen dann noch weniger Aufmerksamkeit schenken. Wenn Rondra ganz ehrlich ist, so glaubt sie nicht daran dass Balthasar als Pate sehr häufig in Erscheinung treten wird – und doch hegt sie eben gerade diese Hoffnung.
»Ich habe es nicht als Vorschrift oder ungewollte Einmischung deinerseits empfunden.« Erklärt sie schließlich leise. Nein, tatsächlich nicht. Es mag ungewohnt sein derartiges von Mirabel zu hören, aber sie ist seltsamerweise einer der Personen deren Meinung Rondra schätzt. Ändern würde sie an der getroffenen Entscheidung dennoch nichts mehr. Balthasar würde Patenonkel werden und Graham im Taufbecken halten. Danach wird er seinen Familiensinn beweisen können und wie ernst ihm sein Wunsch nach Nestwärme ist. Es wäre schön wenn sich all ihre Befürchtungen als unbegründet herausstellen würden. Allerdings täuscht sie sich selten… nun ja, doch. In letzter Zeit hat sie sich recht häufig in den Menschen getäuscht. In ihrem letzten Ehemann, in diesem englischen Trunkenbold, in Adam und ein wenig auch in Anakonda, ja selbst in Sofia. Vielleicht schafft es Balthasar tatsächlich sie positiv zu überraschen – wenn Sonne und Mond eins werden, oder so.
»Ich kann dir gar nicht sagen um wieviel leichter mein Herz wird und wie dankbar ich dir bin.« Die harte Maske ihres Gesichts löst sich langsam wieder auf und macht einem ehrlich Lächeln Platz. Wer kann schon ahnen welche falsche Abzweigung die Gedanken der Räuberin nehmen? Natürlich soll sie Balthasar nicht töten, wenn von diesem keine Gefahr für Graham ausgeht. Doch niemals würde Rondra auf den Gedanken kommen in dieser Hinsicht möglicherweise falsch angekommen zu sein.
Die nächste Frage des Weibes ist nicht falsch zu verstehen. Kelian. Nachdenklich zieht Rondra ihre Oberlippe zwischen ihre Zähne, nur um sie gleich wieder loszulassen. Eine gute Frage, eine sehr gute.
»Bisher weiß er nichts von diesem Treffen.« Davon wird Mirabel wohl ausgehen, ansonsten hätte sie nicht nachgefragt. »Ich werde aber noch mit ihm sprechen.« Ein kleines Grinsen folgt. Als ob sie den Inhalt des Gespräches verschweigen könnte, wenn er von diesem Treffen wüsste. So gut muss Mirabel ihren Freund dann doch kennen, oder nicht? »Natürlich auch über den Inhalt und ich bin mir sicher, dass er ihm nicht gefallen wird.« Nun bohren sich ihre Fersen wieder in die Seiten des Apfelschimmels. Langsam geht es nun endlich auf den Waldrand zu. »Allerdings werde ich es erst tun, wenn wir wieder auf Rabenstein sind. Wir reisen bald ab, morgen besucht uns meine Cousine…« tiefer wird das Grinsen. »Ich kann dir Nachricht geben, sofern er es nicht selbst in die Hand nimmt das zu tun.« Womit sie ihr Gesicht zu einer kleinen Grimasse verzieht. Es ist ein ernstes Thema, im wahrsten Sinne ein toternstes, in diesem Augenblick gleicht sie allerdings Johanna, die eine elterliche Standpauke zu erwarten hat. Vielleicht verschätzt sie sich auch hier, allerdings würde es alles nichts daran ändern.
Nachdem das alles nun geklärt scheint, blickt sie munterer hinüber zu ihrer Begleitung.
»Was hältst du von einem Picknick auf einem Hochsitz?« Mit dem linken Daumen deutet Rondra nach hinten in Richtung ihrer Satteltaschen. Der Gang über den Markt, bevor sie in den Mietstall ging war keineswegs ohne Grund. Käse, Brot und ein kleiner Schlauch mit Dünnbier. Genug um ein verspätetes Frühstück abhalten zu können, und um dabei in der vollen Bandbreite die Entwicklung des jüngsten Peverells auseinander zu nehmen. Der eine Grund für dieses Treffen war das gegebene Versprechen, ein weiterer war Gesellschaft bei einem Ausritt zu haben.

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Mirabel
04. November 1462 –Grazer Umland

Dankbar ist das Weib also und Kelian wird sie auch einweihen in das, was hier heute gesprochen wird. Ob Mira es auch Tunny sagen soll? Ganz sicher ist sie sich da noch nicht, doch hat sie ja noch etwas Zeit darüber nachzudenken.
So wandert der Blick also zu Rondra als die von einem Picknick auf einem Hochsitz spricht. Ein Lächeln huscht deshalb auf die Züge der Räuberin, dem ein eifriges Nicken folgt, denn sie hat wirklich Hunger, was ihr erst in diesem Moment bewusst wird. Also folgt sie der Blonden, lässt sich leiten, wobei sie sich weitere Details über Gram erzählen lässt. Es dauert nicht lange bis die Pferde gezügelt werden, da nun der begehrte Hochsitz in Sichtweite ist. Abgestiegen wird und schon mal Voraus marschiert, muss Rondra noch die Proviant-Tasche vom Sattel lösen.

Allerdings sind es seltsame Geräusche, die dafür sorgen, dass die Schwarzhaarige nur wenige Schritte vom Hochsitz entfernt langsamer macht. Die Stirn wird leicht gerunzelt und das Haupt zur Seite geneigt, um angestrengt zu lauschen, woher diese Laute kommen und vor allem, worum es sich handelt. Ein wenig langsamer bewegt sie sich dabei auf den Hochsitz zu, bleibt dann jedoch schlagartig stehen, als ihr klar wird, dass dieses tiefe Grunzen von dort Oben her kommt. Wackelt das Gerüst etwa? Und wie zum Henker kommt ein Wildschwein dort hinauf?
Noch in der Überlegung vertieft, dass die Brunftzeit doch eigentlich längst vorbei ist, ertönt dann auch noch ein helles langgezogenes Quieken zu dem abgehackt klingenden Grunzen, was sich fast wie ein ‚Jaahaaaa…‘ anhört. Ja und just in dem Moment als Bernsteine sich auf den Korb des Hochsitzes heften, kann sie sehen, wie sich dort eine eindeutig männliche Hand Halt suchend an der Brüstung entlang tastet.

Das Kinn der Räuberin klappt herunter als der Groschen fällt und ihr klar wird, was sich da Oben gerade abspielt. Drum dreht sie sich sofort um und blickt Rondra in einer absurden Mischung aus Entsetzen und Amüsement an. Ich glaube, wir müssen uns einen anderen Hochsitz suchen… raunt sie dieser zu und beginnt dann doch breit zu grinsen, wobei sie das aufkeimende Lachen unterdrückt. Äuglein beginnen belustigt zu funkeln und mit dem Daumen wird dabei über die eigene Schulter zum Hochsitz gedeutet. Oh ja… sie sollten sich wahrlich einen anderen Platz für ihr Geplauder suchen, außer Rondra würde Wert darauf legen, bei diesem Paarungsritual Zuschauer zu sein.


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Kelian_


My favourite faded fantasy
05.11.1462


Ein recht kurzer Besuch, irgendwie haben sich das wohl sowohl Rondra als auch ich ein wenig anders vorgestellt, aber sicherlich liegt es hierbei auch an dem letzten Aufeinandertreffen der Weiber. Ohne eine Aussprache würde wahrscheinlich sehr viel zwischen ihnen stehen - wie auch nicht? Letztendlich ist es nichts, was mich sehr betrifft. Ich mag Sofia, mehr aber auch nicht, sie ist nicht mein Lieblingsbesuch. Zuviel Aristokratenblut, zu bieder. Zumindest empfinde ich es so, zumal hier natürlich auch die Sympathien vorrangig zwischen den Weibern liegen. Dennoch, es hat auch mich überrascht, dass das Weib so schnell wieder abgereist ist und wir diesen Abend für uns alleine haben. Nun gut, auf Rabenstein alleine - gibt es so eher nicht. Der Abend gehört also den Kindern, zuerst noch mit Gram bevor dieser weggebracht wird, natürlich durch uns. Da waren es nur noch zwei, Nora und Johanna. Es wird Zeit Nägel mit Köpfen zu machen und so würde wahrscheinlich bald nur noch der etwas dunklere Blondschopf an diesen abendlichen Zeremonien teilnehmen, auch wenn meinetwegen diese Notwendigkeit nicht besteht. Sie ist nun einmal Rondras Tochter. Eine ganze Weile noch sind die Mädchen bei uns, bestimmen das abendliche Geschehen mehr als wir beide, das ständige Plappern von einer ist immer zu hören. Wie Rondra es schon am Morgen zu Sofia sagte - Nora macht Fortschritte und kann mittlerweile einiges recht deutlich machen. Es wird der Tag kommen an dem sie mich Vater, Papa oder wie auch immer nennen wird und dieser Tag wird wahrscheinlich bald kommen. Nur werde ich sie dennoch nicht Tochter nennen. Es ist eine recht grausame Ader, die ich da immer wieder für mich entdecke.
Die letzten Tage haben einiges mit sich gebracht, Dinge die es zu verarbeiten gilt und doch hatten wir irgendwie noch nicht wirklich viel Zeit dafür. Graf von Rabenstein. Es kam zumindest für mich oder besser für uns unerwartet. An sich hat sich nichts dadurch geändert, die Probleme sind genauso groß wie zuvor, das Land ebenso. Ein anderer Titel, der einem vielleicht im Ausland mehr Respekt einbringt. Gut, dass ich jemand bin, der genau darauf viel Wert legt und mit seinem Titel, den er sich irgendwie angeschafft hat, hausieren geht. Es scheint einzig und allein ein wenig mehr Sicherheit in unser Leben zu bringen, einfach weil...es ein gutes Gefühl gibt. Es gab eh nie die Überlegung, ob man es irgendwie anders halten könnte, warum auch? Wieso sollte ich nicht den gleichen Schwur noch einmal schwören. Es ändert sich für niemanden irgendetwas, ich werde nicht mehr geschätzt, das Herzogtum gewinnt nichts dazu. Im Prinzip ist es doch Schwachsinn...
So zumindest meine Überlegungen, die durch meinen Kopf schwappen, während wieder eines der Mädchen irgendwas erzählt. Was mich schließlich aus den Gedanken reißt? Johanna, die an meiner Hand hängt, bemerkt hat, dass ihr Pa schon lange nicht mehr zuhört und nun nach ihrem Recht verlangt. Ins Bett gebracht zu werden, eine Geschichte oben drauf - und weil ich ein guter Pa bin, komme ich dem natürlich nach. Danach hätten wir Zeit für uns. Auch schön, oder nicht?

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Rondra
05. November 1462
{Rabenstein}


Das sanfte, aber tiefe Lächeln auf Rondras Gesicht mag nicht weichen. Es sitzt dort zwar schon seit einigen Wochen, doch heute schwindet es nicht einmal, als die beiden kleinen Mädchen gegen Abend immer aufgedrehter werden. Ja, selbst Nora schafft das bereits ein wenig, wenn es auch deutlich ist, dass sie nicht das Temperament ihrer Mutter geerbt hat. Möglich dass es aber doch ein wenig in der Familie liegt. Sie erinnert bereits jetzt manchmal an die stille Würde und die gelassene Art, die Sofia und Katerina inne haben. Nun, jedes Kind sucht sich wohl die freie Niesche, in welche es passt und das ist ganz gut so.
Johanna also an Kelians Arm, gefolgt von Rondra mit Nora an der Hand - langsamer, deutlich langsamer, denn selbst auf diesem Gang gibt es für Nora noch täglich neues zu entdecken. Da eine kleine Welle im Teppich, dort ein vorbeieilender Diener, dem man hinterher starren muss und da hinten ein Bild an der Wand.
Es ist das tägliche Ritual welches sich da abspielt. Lange würde es sicherlich wirklich nicht mehr dauern, bis Nora es Johanna nachmachen würde und ihren Platz bei Kelian einfordern würde. Noch kann man es darauf schieben, dass sie sich an das Elternteil hängt, welches frei ist - in diesem Fall eindeutig die Mutter. Doch will man nicht oft genau das haben, was die Schwester hat? Eine Frage der Zeit bis das "Pa" auch über Noras Lippen brechen würde und sie genauso der abendlichen Geschichte lauschen wollen würde.
Heute aber offensichtlich noch nicht und so haben Johanna und Kelian ziemlich freie Bahn bei ihrer abendlichen Räuber-, oder Piratenpistole.
Irgendwann würde Nora Thema werden zwischen ihnen. Rondra spürt es mit jedem Tag der vergeht ein bisschen deutlicher. Noch ist die Ablehnung nicht direkt auf Nora gerichtet, zumindest nicht so dass sie es spüren würde, oder gar äußern würde. Irgendwann. Allein das Streifen des Gedanken daran hinterlässt ein ungutes schwarzes Loch in Rondras Bauch. Die Lösung ist einfach. Noch. Die Hoffnung dass sich einfach alles finden würde, irgendwie.
Schließlich kehrt Ruhe ein, bei den drei so unterschiedlichen Peverell und Fugger Sprösslingen.
Zeit sich zurück zu ziehen. Zeit als Paar. Täglich sind es wenige, aber umso kostbarere Stunden. Herrje. Bedenkt man die Entwicklung der letzten Monate, kann man nur zu dem einen Schluss kommen: Der HERR muss ziemlich viel Humor haben.
Zurück in ihr Reich, vor den Kamin. Wege die längst keine Absprache mehr benötigen, die vertraut sind, ohne dabei ausgetreten zu sein.
Heute allerdings ist es doch ein wenig anders. Es gibt da etwas was das Weib noch mit sich herum schleppt. Unangesprochen, weil sich zwischen Abreise nach Rabenstein und der Aufregung des Besuchs keine rechte Zeit gefunden hat. War jenes Gespräch mit Mirabel tatsächlich erst gestern? Gefühlt ist es Wochen her. Der Grund dafür liegt sicherlich darin, dass es bisher selten bis gar nicht vor kam, dass sie Kelian irgendetwas so lange verschwiegen hat - gefühlt zumindest. Kein direktes schlechtes Gewissen bisher, aber das dringende Bedüfnis diese Lücke zu schließen - und die Erkenntnis, dass sie es ihm vielleicht von Anfang an hätte erzählen können. Es war albern.
Heute also setzt sich Rondra nicht sofort ihren Sessel, oder schmiegt sich auf der Lehne des seinen an Kelians Seite. Es geht mit leichten Schritten an den Kamin. Handgriffe die vollkommen selbstverständlich sind, aber auf Rabenstein bisher selten von ihr selber ausgeführt worden sind. Das Feuer schüren. Hat den Vorteil, dass jede eilfertige Magd einfach fortgeschickt werden könnte.
»Ich habe dir noch etwas zu erzählen.« Bevor ihre rechte Hand nach einem Holzscheit greift, wendet sich Rondra auf den Fersen hockend um, die Blauaugen durch den Raum schickend, auf der Suche nach Kelian. »Ich war gestern nicht alleine ausreiten.« Markt und ausreiten, das war seine Information für ihre Vormittagsgestaltung gestern.»Ich...«wie bescheuert es ihm nicht vorher gesagt zu haben, auch wenn sie durchaus ihre Gründe dafür hatte. »vielleicht hätte ich es dir vorher sagen sollen, es tut mir leid.«Angefangene Sätze plötzlich umzusortieren scheint neue Mode zu sein. Jetzt, wo sie angefangen hat, weiß Rondra plötzlich tatsächlich nicht mehr wie sie die ganze Sache am besten anspricht. Alles in allem ändert es nichts an der Entscheidung und dem Versprechen - aber es würde sich nicht so falsch anfühlen, hätte sie vorher den Mund aufgemacht.

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Kelian_


My favourite faded fantasy
05.11.1462


Nur noch zu zweit. Oder vielleicht besser, endlich nur noch zu zweit. Ein Privileg, welches wir uns gönnen, wo uns vielleicht einiges anderes verwehrt bleibt. Wie dem auch sei, es sind immer wieder schöne Momente oder besser Stunden, die wir uns Abends nehmen, um ein wenig an unserer Beziehung zu arbeiten. Nicht, dass es zwischen uns nicht läuft, aber dennoch ist es sicherlich niemals verkehrt daran zu werkeln. Wie sehr wird wohl in dem Moment klar, als mein Weib da vor dem Kamin hockt und mir eröffnet, dass sie mir noch etwas sagen muss. Wie jetzt? Es ist schon ganze Weile her, dass wir Ehrlichkeit zwischen uns vereinbart. Zwingende, vielleicht auch schmerzhafte Wahrheit, aber eben Ehrlichkeit. Interessiert, also nein, das war mein Blick vorher schon, also anders interessiert, hängt er nun an ihr, möchte ich doch wissen, was es da so dringliches gibt. Vor allem, dass sie es mir erst jetzt sagt. Muss ja was mächtig wichtiges sein, denn sonst bin ich mir sicher, dass sie es bereits schon vorgeschoben hätte. Also vor den Besuch. Sofia hat natürlich alles ein wenig durcheinander gebracht, wenn auch im positiven Sinne gemeint, immerhin haben wir uns beide über den Besuch gefreut. Für jeden - außer für mich - war was dabei. Die Mädchen hatten sich wieder einmal, auch wenn es wohl das letzte dieser Zusammentreffen gewesen ist. Klar, wie auch nicht? Entweder sie werden bald durch eine recht große räumliche Distanz getrennt oder es wird eben nicht mehr so einfach sein Nora zu entkommen. Wahnsinn, wie oft dieses Mädchen durch meine Gedanken geistert, obwohl sie mir irgendwie herzlich egal ist. Oh! Nein, das ist es. Sie ist mir eben nicht egal, ich hege eine Abneigung gegen sie, für die sie absolut nichts kann - aber...ich schweife ab.
Aufmerksam, interessiert schaue ich das Weib an. Wer kann schon ahnen, dass sie mt so etwas um die Ecke kommen würde, was da sicherlich noch aus ihrem Mund kommt. Ein klein wenig Kräuseln sich meine Lippen, fast als ob ich sie verspotte. Sicherlich liegt dies eher an ihrem Zögern, als an der Tatsache, dass sie mir etwas sagen möchte. Ein kaum merkliches Nicken deutet an, dass sie einfach fortfahren soll, muss ich ja nun nicht extra noch betonen, nicht wahr? Ich bin mal wieder ganz der schweigsame Engländer, allerdings auch ganz Gentleman. Zumindest mehr oder minder, denn da ich nichts dramatisches erwarte, drehe ich dem Weib den Rücken zu - schließlich wollen wir was trinken und wie es der Zufall möchte, würde dies weitere etwaige, eifrige Mägde abhalten hier rumzuwuseln. Das Weib macht das Feuer, ich das Trinken - klassische Rollenverteilung würde ich sagen. Dann lass mal hören, Rondra, was du mir zu sagen hast, Neugier, dein Name ist nicht immer Weib.

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Rondra
05. November 1462
{Rabenstein}


So sehr wie ihr Blick auf ihn fixiert ist, registriert Rondra sowohl das Kräuseln seiner Lippen, als auch das leichte Nicken. Die Botschaft dahinter ist unmissverständlich und lässt nun das Rondra ihrerseits ganz leicht das Kinn senken - eigentlich kein wirkliches Nicken, aber was immer es auch ist, er hat ihr bereits den Rücken zugewandt. Trotzdem dauert es einige Sekunden bis ihre Stimme wieder durch den Raum fließt. Sekunden in denen sie diesen entzückenden Rücken nachdenklich studiert, ohne ihn so richtig wahrzunehmen.
Der Holzscheit also. Als sich die Hausherrin wieder dem Kamin zuwendet, angelt sie ihn sich endlich. Doch vorerst findet er noch nicht seine Bestimmung, es sind lediglich die Blauen, die im Spiel der Glut versinken.
»Ich habe Mirabel getroffen. Wir sind ausgeritten, im Wald.« Hach ja, das ist der einfache Teil der Sache. Tatsächlich schleicht sich für einen Moment ein feines Lächeln über ihr Gesicht. Komisch mag es sein, aber abgesehen von der ernsten Angelegenheit welche es da zu besprechen gab, hat Rondra die Zeit mit der Dunkelhaarigen genossen. Zum einen hat Rondra selten weibliche Gesellschaft, zumindest selten auf dieser Augenhöhe - seit Ariostes Fortgang noch weniger. Nimmt man es genau so sind die letzten achtundvierzig Stunden eine riesengroße Ausnahme. Aber viel gewichtiger und erstaunlicher ist die Erkenntnis, dass es in ihrem Leben kaum Menschen gibt wie Mirabel. Menschen die schonungslos ehrlich sind, ihren eigenen Standpunkt sehr deutlich machen können, Rondra für den ihren aber weder verdammen, noch sie einfach fallenzulassen. Ja, das Lächeln ist vielleicht fehl am Platze, aber es ist beinahe zärtlich auf die Glut gerichtet.
Sicherlich ist klar, dass das nicht alles ist. Das hätte man nun wirklich vorher berichten können, auch wenn es sich bei Mirabel nun mal um Kelians Freundin handelt.
»Ich wollte sie sprechen. Sie als zukünftige Patin von Gram.« Das Holz kommt mit einem dumpfen Laut auf der dunkelroten Glut zu liegen. Es braucht nicht viel, fast augenblicklich beginnen kleine Flämmchen gierig an der neuen Nahrung zu lecken.
Sinnlos sich ein weiteres Nicken einzuhandeln, weshalb Rondra einfach in der Stellung verharrt und weiter spricht.
»Sie ist… von unserer Wahl alles andere als begeistert.« Waren da ihre Gedanken schneller als ihre Lippen? »Balthasar.« Fügt der Blondschopf erklärend hinzu. »Ich… vielleicht ist es albern, ich habe ihr Gram ans Herz gelegt, sollte uns beiden etwas widerfahren.« Ans Herz gelegt, oder drauf gebunden, wie immer man es nennen will. Allein diese Möglichkeit, dass Graham weder Vater noch Mutter haben könnte, schnürt ihr die Stimme etwas ab. Hat sie es eben albern genannt? Nein, sie würde wieder und wieder so handeln. Auch wenn ihre Tonlage etwas abrutscht, so kommen die Worte nun etwas schneller aus ihr hervor. »Und dass sie Balthasar Einhalt gebieten soll, bevor er Graham schaden kann, wenn all meine frommen Wünsche und Hoffnungen an ihn versagen.« Ohne es direkt auszusprechen sollte die Kälte in ihrer Stimme ein Hinweis darauf sein, dass es sich dabei nicht um Teekränzchen mit eindringlichen Bittgesprächen handeln würde. Faszinierend. Die Glut und die Flämmchen vor ihr. Unweigerlich tauchen wieder die alten Bilder wieder in ihrem Kopf auf. Das Feuer, das rotglühende Eisen und Balthasars Brust. Nein, so richtig befindet sie sich gerade nicht in der Bibliothek. Fest pressen sich ihre Lippen aufeinander, als sie scheinbar geendet hat. So glimpflich wie damals würde er nie wieder davon kommen, wenn er Hand an ihre Familie legt.

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Kelian_


My favourite faded fantasy
05.11.1462


So hat jeder seine eigenen Vorstellungen, es wäre aber auch wirklich geradezu dramatisch, wenn wir auch noch das Gleiche denken würden. Nicht auszudenken, man könnte uns für eine Person halten. So sind wir eben nur ein Herz und eine Seele. Ich lasse den roten Wein langsam in einen der Kelche rinnen, bevor ich es mit einem zweitem ebenso tue. Für jeden ein Glas, klar, wäre ja noch schöner, wenn wir uns eins teilen würden. Ich lasse mir Zeit dabei, Gelegenheit für Rondra loszuwerden, was sie auf der Seele hat. Nein, es klang nicht wirklich beunruhigend, auch wenn dies natürlich die Einleitung zu einem großen Geständnis sein könnte - 'ich war nicht alleine ausreiten'. Nun, sie könnte einen Liebhaber haben, aber im Allgemeinen bin ich eher nicht der eifersüchtige Typ, so dass mir dies nicht einmal in den Kopf kommt. Ehrlich gesagt erscheint die folgende Neuigkeit so banal, dass ich mich eben zum Wein einschenken umgedreht habe. Fehler? Vielleicht, denn so entgeht mir natürlich die Feinheit, die kleinen Nuancen, die mir ankündigen könnten, dass das Weib vielleicht mehr zu sagen hat, als eben, sie wäre mit jemand anderem ausreiten gewesen.
Allerdings rückt sie eben mit der Wahrheit heraus und ich muss sie mir anhören. Was hat sie geglaubt? Dass ich es gutheiße? Falls dies der Fall sein sollte, davon sind wir sehr weit entfernt. Sehr, sehr weit. Natürlich habe ich grundsätzlich erst einmal nichts dagegen, dass sie sich mit meiner Freundin - denn genau dies ist Mira - trifft. Sollen die Weiber ausreiten, ich habe natürlich nichts dagegen, wenn sich meine beiden wichtigsten erwachsenen Weiber verstehen. Aber danach hört das Verständnis fast auf. Das Mira und Balthasar nicht klar kommen, dies wusste ich bereits schon aus dem Gespräch mit ihr. Kann ich mir auch ziemlich gut vorstellen. Das sie dies auch Rondra mitteilt - geschenkt. Aber...und dies ist wohl der Knackpunkt, dass sich mein Weib mit dem anderen verabredet, um hier irgendwelche Verschwörungen auszuhecken, so ganz ohne mich da mit einzubeziehen - Nein, nicht lustig. Mein Kiefer mahlt aufeinander, ich stelle die eben schon angehobenen Weingläser ein wenig schwerer als nötig auf den Tisch zurück, so dass etwas Wein überschwappt. Egal. Ich bemühe mich um Beherrschung, aber es mag mir recht schwer fallen. Auch, wenn mir Gram sehr wichtig ist und ich das Beste für ihn möchte, so kann ich Rondras Handeln in diesem Fall nicht verstehen. Vor allem, dass sie vorher nicht mit mir darüber geredet hat. Vielleicht weil sie wusste, wie ich reagieren würde? Nun, würde es aber insgesamt nicht besser machen. Was genau meinst du mit Einhalt gebieten? Die Vermutung, die ich habe, könnte uns an einen unangenehmen Punkt bringen. Aber warum frage ich eigentlich, ich kenne mein Weib dafür gut genug - sie hat zuviel Fuggerblut in sich, als dass sie Sachen nur halb angeht. Wie kann sie nur?!

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Rondra
05. November 1462
{Rabenstein}


Der harte Klang der Weinkelche reiß Rondra wieder etwas zurück in die Gegenwart. Das Rot der Flammen gehört plötzlich wieder zu ihrem Kamin in der Bibliothek und nicht mehr zum steirischen Kerker.
Die Frage die dann zu ihr hinüber tönt musste kommen. Sie war so sicher wie das Amen in der Kirche und doch war da irgendwo der kleine, widersinnige Funke Hoffnung, dass er sie nicht stellen würde. Einfach seine eigenen Schlüsse zieht und versteht. Widersinnig war er, denn dazu kennt Rondra ihren Mann wiederum zu gut.
Unverändert fest pressen sich ihre Lippen aufeinander, während das Feuer leise knackt und spotzt. Sie ringt nicht einmal um passende Worte. An dem Versprechen das sie Mirabel abgenommen hat, gibt es nichts zu beschönigen. Das weiß sie und Kelian weiß es auch - zumindest ist sie sich dessen ziemlich sicher. Muss er auch unbedingt nachfragen? Fast ist sie versucht ihn genau das zu fragen. Stattdessen ist es ein tiefer Seufzer, der die Lippen schließlich von einander löst.

»Wir wissen wozu er fähig ist. Ich möchte ihm so gern glauben, doch es wäre irrsinnig nicht auch seinen Verrat in Betracht zu ziehen.« Ja, letztendlich ist es genau das. Eine Absicherung für den Fall, der hoffentlich gar nicht eintritt. »Verrät er Graham, so soll sie ihn töten.« Nein, da gibt es wirklich nichts schön zu reden. »Er soll wissen weshalb er vor seinen Schöpfer tritt - und er soll glücklich darüber sein.« Wobei sein Schöpfer in diesem Fall der Namenlose wäre, zweifelsohne. »Er wird nicht Hand an unser Kind legen. Nicht so lange wir leben und danach auch nicht.« Leidenschaftslos spricht sie, auch ist da keine Kälte oder Härte in ihrer Stimme. Nüchtern und ruhig, aber genauso fest ist das Weib, als Rondra ausspricht, was für sie scheinbar unumstößlich ist. Man könnte genauso gut in diesem Tonfall über das steirische Wetter reden. Theoretisch.
Ändert nichts daran, dass sie Kelian vorher ins Vertrauen hätte ziehen können, oder vielmehr hätte müssen. Oder? Da ist die Angst er hätte es schlicht verbieten können - und sie hätte es trotzdem getan. Wäre es nicht Mirabel gewesen, hätte sie jemand anderen gefunden - auch wenn das sehr viel schwieriger geworden wäre. Wem vertraut man über den eigenen Tod hinaus? Ein Auftragsmörder könnte genauso gut sein Geld einstreichen und sich die Arbeit gar nicht erst machen. Verlässlich ist in solch einer Angelegenheit nur jemand, den die selbe Leidenschaft antreibt. Da kann es keinen geben. Wer liebt Graham schon wie seine Eltern es tun?

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Kelian_


My favourite faded fantasy
05.11.1462


Es folgt so ziemlich das, was ich erwartet habe, allerdings ist es irgendwie trotzdem nicht das, was ich gewollt habe. Vielleicht hätte sie wirklich antworten wollen, was sie eigentlich auf den Lippen hatte - warum ich fragen muss. Aber sie weiß doch letztendlich selbst, warum ich fragen muss: Weil wir Ehrlichkeit versprochen haben, weil ich es verdient habe, weil es so oder so zwischen uns steht. Mira soll ihn also töten. Tiefe Falten, sie werden sich einmal in meine Stirn einbrennen, ziehen sich über diese, drücken aus, was ich denke - auch wenn sie mich nicht sehen kann. Was sagen? Alles ist falsch, alles ist richtig. Ich weiß gar nicht genau, wo ich anfangen soll, eine Übersprungshandlung wäre, den Wein durch die Gegend zu schmeißen. Ich bin wütend. Aber nicht auf diese heiße Art, in der alles mit mir durchgeht, in der ich mein Weib Seife schlucken lasse. Nein, vielleicht noch auf eine viel bedrohlichere Art und Weise. Kalte Wut. Jede Emotion genau abgewägt, wissend dass es am Ende unschön werden würde. Weib! Was hat sie da nur getan. Du hast ihr das Versprechen abgerungen, dass sie ihn tötet. Eine einfache Feststellung, die keiner Antwort bedarf. Langsam drehe ich mich um, da ist keine Regung in meinem Gesicht. Bedrohlich kalt und nichtssagend. Die Frau, die unseren Sohn aufnehmen soll, willst du seinetwegen zur Mörderin machen? Das Mira Menschen getötet hat, dies steht sicherlich außer Zweifel, aber deswegen ist sie nicht unbedingt Mörderin. Wir haben nicht darüber geredet, mir fällt aber unweigerlich ihr Ehemann ein. Es wäre dennoch anders gewesen. Sehr anders. Das ich darüber nicht gerade begeistert bin, sollte mehr als klar sein. Du misstraust dem Mann so sehr und doch wird er Pate unseres Kindes. Abscheu schwingt da mit, nicht vor Rondra, aber vor diesem ganzen Plot in der Geschichte. Wie kann sie ihn dazu machen, wenn sie ihn am Ende nur umbringen lassen möchte. Du hattest kein Recht dazu. Natürlich ist Graham das Wichtigste, allerdings auch der Ort an dem er leben soll und dies war bereits schon lange entschieden. Niemals wäre er zu dem Bastard gekommen, hätte um jeden Preis bei der Schwarzhaarigen gelebt. Um jeden Preis? Nein, nicht um den, dass sie zur Mörderin wird. Reicht, dass ich vielleicht sowas wie ein Mörder bin. Meine Hand schiebt den einen Weinkelch in Richtung Rondra, ohne mich auch nur ein weiteres Stück auf sie zu zu bewegen. Sollte es zuviel Schwung sein und das rote Nass den Boden benetzen, dann wäre es eben so. Ich für meinen Teil nehme meinen Kelch, schütte ihn in einem Zug herunter und drehe mich auf der Achse rum. Richtung Tür. Die Chance für sie mich aufzuhalten? Nicht da, immerhin kniet sie noch am Boden. Die Lust den Abend mit ihr zu verbringen ist schlicht nicht vorhanden, ich kann es nicht einmal in Worte fassen. Mirabel steht nicht über Graham, aber sie soll nicht morden. Nicht ihn, nicht für mich und auch nicht für mein Kind. Es muss andere Optionen geben und das Rondra all dies ohne mich durchgezogen, ist vielleicht dabei auch der Stachel der am Tiefsten steckt. Wie kann sie nur? Sollte sie mir nachgelaufen kommen, könnte diese kalte Wut durchaus noch umschlagen. So geistert die völlig absurde Idee in meinem Kopf rum, zu Mira zu reiten und sie zur Rede zu stellen. Wahrscheinlich würde ich durch das Anwesen geistern - zum ersten Mal mit der Idee in meinem Kopf eine der Mägde als Spielgefährtin in mein Bett zu nehmen. Zuviel angestauter Frust ist schließlich nicht gut und doch wissen wir alle, dass ich es nicht machen würde. Oder?!

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Rondra
05. November 1462
{Rabenstein}


Schrei. Schrei. Himmel, so fang doch nur an zu toben… Ein frommer Wunsch der Rondra nicht erfüllt wird. Ein Wutausbruch, damit würde sie irgendwie zurecht kommen. Dem könnte sie etwas entgegen setzen. Keine Wut, nein, eher ihre kühle Entschlossenheit. Doch der Streit bleibt aus. Stattdessen prallt die Wahrheit gegen ihre kauernde Gestalt. Ja. Er hat recht. Sie würde Mirabel zur Mörderin machen, das Räuberweib als Waffe nutzen, wo sie selber nicht mehr im Stande dazu ist. Rondra selber hätte die Worte anders gewählt. Sie weiß wie weit Mirabel bereit ist für bestimmte Dinge zu gehen. Wäre die gemeinsame Vergangenheit der beiden Frauen anders verlaufen, wahrscheinlich hätte Rondra Mirabel bereits vor Jahren zur Mörderin gemacht. Der Lilienbund hat charakterliche Einblicke gewährt, durch die Rondra recht überzeugt davon gewesen ist bei Mirabel mit dieser Bitte nicht auf gänzlich taube Ohren zu stoßen. So nüchtern wie Kelian es nun zusammenfasst sieht es sein Weib nicht. Aber natürlich geht auch ihr auf, dass man es darauf herunterbrechen kann, wenn man all die Emotionen außen vor lässt.
Versteht es denn niemand? Balthasar soll Pate werden, weil sie selbst die Hoffnung hegt, dass Mirabel niemals diesen Mord begehen muss. Vielleicht ist es die unsinnige Logik eines denkenden Weibes, aber für Rondra ist die ganze Sache vollkommen klar.
Trotzdem, es wäre einfacher wenn sie sich einfach streiten könnten. Doch Kelians Urteil fällt einfach.
Natürlich öffnet sich der Mund des Blondschopfes. Sie weiß in dieser Angelegenheit sehr gut wo sie anders hätte handeln müssen, auch wenn sie es heute wahrscheinlich genausowenig tun würde wie gestern. Dennoch gäbe es einiges hinzuzufügen, zu rechtfertigen, zu erklären. Halb wendet sich Rondra um, doch da steuert er bereits die Tür an.
Eilig benetzt ihre Zungenspitze ihre Unterlippe, bereit ihn zu rufen. Doch der Ruf bleibt aus. Weshalb ihn zurückhalten und rechtfertigen, was nicht zu entschuldigen ist? Ehrlichkeit und gemeinsame Entscheidungen. Egal wie man es dreht oder wendet, mindestens gegen letzteres hat sie verstoßen.
Also lässt sie Kelian ziehen, während sie selber noch eine ganze Weile in der Bibliothek bleibt. Nein, sie müssen gar nicht streiten. Rondra kann das ganz allein. Beide Seiten toben in ihr. Zwei fast gleichstarke Gefühle und doch überwiegt eben das eine. Die Liebe zu Graham. Die Liebe einer Mutter. Jenes mächtige Gefühl, das unter den gegebenen Voraussetzungen immer wieder diese Entscheidung fällen würde. Aber die Verzweiflung darüber deshalb Kelian verletzt zu haben, Verzweiflung die fast an Ekel grenzt, sie ist fast genauso alles verschlingend.
Spät ist es, als Rondra schließlich in ihre Gemächer geht, um sich für die Nacht fertig zu machen. Oh nein, selbst die einstige sture Fuggerin ist durchaus lernfähig. Nachdem sie ihr Nachtgewand angezogen hat, geht sie hinüber ins gemeinsame Bett. Dafür gibt es sicherlich mehr als einen oder zwei Gründe. Sie ist lernfähig, aber darüber hinaus ist es dieses Mal etwas völlig anderes. Schließlich versteht sie Kelian durchaus.

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Kelian_


It takes a lot to know a man
12.12.1462


Die Reise hat begonnen, nicht erst seit kurzem, wir sind bereits ein ganzes Stück vorangekommen. Bayern. Ich verbinde nichts mit all diesen Provinzen, die wir durchqueren, es werden am Ende immerhin vier des deutschen Königreichs sein und eine bedeutet mir genauso wenig wie die andere. Landschaften, die eben an uns vorbeiziehen, genauso indifferent und schweigsam wie Rondra und ich es zur Zeit sind. Es wird schlimmer oder nicht? Die zwanglosen Themen gehen uns aus, es wird komplizierter. Jeder versucht dem anderen möglichst wenig Angriffsfläche zu geben, kein falsches Wort zu sagen und es scheint, dass gerade dadurch alles noch falscher wird. Wir sind gefangen in einer Spirale, die sich vielleicht immer weiter nach unten drehen würde ohne dass wir es aufhalten können.
Es sind diese düsteren Gedanken, die mich immer wieder von der ganzen Gesellschaft davon treiben. Die Ohnmacht, die mich beherrscht, unfähig mein Weib zu nehmen und ihr zu versichern, dass zwischen uns noch alles wie vorher ist, dass ich sie nach wie vor liebe, dass sie sich keine Sorgen machen muss. Warum kann ich es nicht? Weil es nicht stimmt. Nichts ist wie vorher. Sie hat mit dieser Entscheidung alles auf den Kopf gestellt, mich meiner besten Freundin beraubt und meiner Männlichkeit. Meine Entscheidungsfreiheit innerhalb der Ehe, sie hat ein wichtiges Versprechen zwischen uns gebrochen, eines welches nur ich ihr oder wir uns gegenseitig gegeben haben? Ich weiß es nicht mehr, nur dass ich genauso einsam bin wie mein Weib, denn auch ich habe keine Freunde mit denen ich darüber reden kann. Zwischen Mira und mir steht nichts, sie ist nach wie vor das wichtigste Weib 'außerhalb' meiner Familie für mich, meine beste Freundin - aber dies würde sie offensichtlich nicht verstehen, denn wenn sie es gemacht hätte, dann wären wir jetzt auch nicht hier. Die Weiber in meinem Leben sind alle kompliziert, stur und verbohrt. Basta. Was aber an der Situation auch nichts ändert, denn es bleibt dabei: Wir sind beide unfähig einen Schritt auf den anderen zu zu gehen und auch wenn wir nach außen hin eitel Sonnenschein bewahren, so sitzt da auch die Angst, dass Johanna es bemerken könnte und ihre Wut umso schlimmer wird. Hat sie es nicht von Anfang an gewusst? Nein, natürlich nicht, was weiß schon so ein Grünschnabel von den Dingen. Ich würde die beiden nicht alleine lassen, nicht meinen Sohn und wenn ich ganz großzügig bin, dann würde ich ein weiteres Mal dieses kleine Gör, welches Leom so ähnlich sieht, mit in meine Gedanken einbeziehen. Nein, dieser Fauxpax würde mir sicher nicht noch mal passieren.
Es ist der zwölfte des Monats, die Steiermark liegt ein ganzes Stück hinter uns, Württemberg noch ein ganzes vor uns. Zeit, den versprochenen Brief zu schreiben. Es wird Zeit für Veränderungen, wenn nicht doch noch alles auseinander brechen soll. Ewig würden wir diese kalte Stimmung nicht mehr aushalten und ich bemerke, wie mein Blick das ein oder andere Mal ganz unwillkürlich über andere Weiber schweift. Zu lange habe ich von meinem nichts gehabt, ein Mann sucht sich was er braucht und doch würde uns dies an einen Punkt bringen, an dem wohl unwiderruflich die Flamme zwischen uns erstickt wäre. Ich wäre nicht besser als der Kerl, den ich so verflucht habe und es ist doch auch so: Es gäbe nichts schöneres als mein Weib in meinem Bett lustvoll stöhnend, als irgendeine von diesen ganzen anderen Möglichkeiten. Der Reiz zwischen uns liegt doch gerade darin, dass wir uns kennen. Mit diesen Gedanken, den Blick von dem Mädchen des Wirtes abwendend, kratzt die Feder endlich über das Papier. Ja, es wird Zeit für Veränderungen.

"Geschätzter Kaylis,

schon lange wollte ich einige Zeilen an dich schicken, mich erkundigen wie eure Reise verlaufen ist, wie es Eurem Weib geht und noch einmal auf das Thema mit Johanna zu sprechen kommen. Sicherlich habt Ihr selbst bemerkt, dass dies nicht geschehen ist und dies ist ganz eindeutig eine Nachlässigkeit meinerseits. Ein Brief Eurer Verlobten erreichte vor wenigen Wochen endlich die Steiermark, Rondra hatte sich doch schon Sorgen gemacht, ob bei euch alles in Ordnung ist. Die Straßen des Reiches sind ja gerade zu dieser Jahreszeit nicht die besten. Nun, wem sag ich das. Wie dem auch sei, ich möchte mich in diesem Brief nun sicher nicht mit langen Berichterstattungen oder Gefühlsduselein aufhalten, sondern - wie ich hoffe - eher eine erfreuliche Nachricht übermitteln.
Der Brief von Arioste hat Rondra so wehmütig gestimmt, dass sie sich bei mir erbeten hat, die Steiermark vorerst mit wehenden Fahnen zu verlassen. Auch wenn es natürlich viel zu tun gibt und gab, kann ich meinem Weib nichts abschlagen. Wir befinden uns also auf dem Weg nach Württemberg, um Schützenhilfe zu leisten und vielleicht auch die Nase mal wieder in einen Wind zu stecken, der nicht steirisch riecht. Wie dem auch sei, Rondra möchte Arioste gerne überraschen - Weiber -, so dass es nun also an uns Kerlen ist, alles in die Wege zu leiten. Am heutigen Tage, während ich diesen Brief schreibe, befinden wir uns noch knappe vierzehn Tagesreisen von Euch entfernt. Je nachdem, wo Ihr Euch gerade befindet. Wir reisen den Landweg, über Bayern und Augsburg, so dass Ihr einen Boten diesen Weg schicken könnt, insofern wir Wegbeschreibungen brauchen.

Ich sehe unserem baldigen Wiedersehen entgegen,

Kelian
Deggendorf, den 12.12.1462

Ps: Wir besaßen die Unverfrorenheit alle Kinder mit zu nehmen, insbesondere aber Johanna."

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