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Dark water

Kelian_


Where do we go from here
07.01.1463


Das Handtuch gibt letztendlich Aufschluss darüber, wo das Weib sich befindet. Es ist nur eine Sekunde in der ich zögere. Ich weiß, wie ich sie dahinter vorfinden würde und es wäre eine Art und Weise, wie wir uns schon seit längerem nicht mehr nahe waren. Vielleicht ist es die falsche Entscheidung, verdammt auch diesen Abend zu einem weiteren Spiel in der Abwärtsspirale.
Leise, tapsende Schritte meiner nackten Füße führen mich zu dem Weib, welches sich da gerade in aller Hast versucht anzuziehen. Genauso wie ihre Gedanken sie zwicken, so versetzt dieser Anblick mir einen Stich. Es muss meinetwegen sein, weil sie gehört hat, dass ich da bin. Doch es ist egal für heute, ich bin ihr Mann und sie mein Weib. Allein der Gedanke, wie sie gerade das Handtuch benutzt hat, um sich abzutrocknen haben meinem lechzenden Körper ausgereicht. Fest greift meine Hand ihren Arm, hält sie davon ab sich anzuziehen und ich drücke mich von hinten an sie. Das Weib muss spüren, dass ich Lust verspüre, hart drückt sich mein Becken an sie. Meine kehlige Stimme, vollkommen benetzt von dieser unbändigen Lust, die sie in mir weckt, erklingt nahe ihre Kopfes. Ich will dich. Keine Frage. Keine Bitte. Das Weib wäre diese Nacht fällig und sie hätte nicht viel Zeit sich darauf vorzubereiten. Sicherlich würde es ob der Umstände nicht sehr lange dauern, aber war sie es nicht, die sich zuletzt beschwert hat? Die zweite freie Hand berührt ihren nackten Bauch, streicht fest die Haut zu ihrem Oberkörper entlang. Nein, sie hat keine Wahl, sie war zu langsam heute...
Wie gesagt, es dauert nur eine Sekunde und doch rauschen diese Gedanken durch meinen Kopf, plastischer könnte es nicht sein. Ich verziehe ein wenig mein Gesicht, meine Kiefer liegen hart aufeinander. Verliere ich langsam die Nerven? Genauso wie mein Gedankenspiel es vorgesehen hat, setze ich mich in Bewegung, um hinter die Absperrung zu gelangen. Anders als in meiner Phantasie ist Rondra aber nicht komplett nackt, auch wenn sie immer noch genug von sich zeigt. Wunderschön, immer noch. Ich räuspere mich leise, will sie nicht völlig ahnungslos überfallen und doch mache ich keinen Halt. Ich bin ihr Mann, sie mein Weib. Das Hemd entlockt mir ein kleines Schmunzeln, auch wenn es mir sicher bald gefrieren würde. Dies kann eigentlich nicht gut ausgehen, oder? Ohne sie wirklich behindern zu wollen, trete ich einfach von hinten an sie heran, meine Hände legen sich an ihre Hüfte. Nicht aufdringlich genug um falsche Hoffnungen zu wecken, aber dennoch wahrscheinlich überdeutlich für uns beide. Hey. Leise gebrummt, wenn auch so freundlich wie lange nicht mehr. Weiteres folgt nicht, abwarten, wie das Weib reagiert. Wahrscheinlich kratzt, beißt und schlägt sie mich gleich - wahrscheinlich auch berechtigt.

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Rondra
07. Januar 1463
{Reutlingen – Kaylis‘ Gästehaus – später Abend}


Ihre Hände ordnen gerade den Stoff des Hemdes, damit sie hineinschlüpfen kann, als das Räuspern hinter ihr erklingt. Natürlich erschreckt sie, lässt sie zusammenfahren und sicherlich entweicht ihrer Kehle auch ein Keuchen. Kein entsetztes, wobei dies sicherlich auch annehmbar wäre, sondern einfach ein erschrecktes. Nicht nur - aber auch - aus diesem Schreck geboren, ist die Bewegung ihrer Hände. Sie ziehen den Stoff des Nachthemdes an ihre Brust. Als nächstes würde sie sich wohl umwenden, doch da hat Kelian sie bereits erreicht und seine Hände platziert. Allein sein Auftauchen in dieser Situation ist mehr als sie in den letzten Monaten an Intimitäten geteilt haben. Mag ihr Herz soeben stehengeblieben sein, nun prescht es davon, auf der Flucht. »Was tust du hier?« ungnädiger würde es sicherlich klingen, wenn sie nicht so atemlos wäre. Aber die Frage ist durchaus berechtigt, findet Rondra. Ja. Irgendwie stört das hier gerade ihre heile Welt. Also, die kaputte heile Welt. Nicht nur dass er hier im Raum ist, dass er nicht einfach auf sie gewartet hat, drüben. Ein Räuspern von der anderen Seite der Wand wäre passender gewesen, oder nicht? Wahrscheinlich wäre schreien und toben durchaus denkbar, wenn sie nicht so überrumpelt wäre. Es dauert bis Wasser zu Eis gefriert und es dauert bis ein Vulkan ausbricht. »Ich bin gleich soweit…« kommt es ihr schon deutlich kühler über die Lippen. Zumindest wäre sie es, wenn er wieder hinter die Wand verschwindet. Allerdings nicht so kalt wie es sein könnte, denn er ist viel zu nah und egal wie seine Hände an ihrer Hüfte liegen mögen, sie liegen da. Diese Nähe ist verwirrend und beängstigend zugleich und zumindest Teile seines Tagtraumes brechen auch in ihren Kopf herein. Nur mit dem Unterschied zur Realität, dass sie in dieser Beziehung zwar eine recht große Klappe haben kann, die Wahrheit aber ganz anders aussieht. Grotesk, streiten und grollen hält einen zumindest davon ab sich wirklich Gedanken über ihr mögliches Eheleben in diesem Raum zu machen – das ist ganz gut so, irgendwie und irgendwie eben auch nicht. Hach, manchmal ist es herrlich ein Weib zu sein.
Wie dem auch sei, fürs Erste steht sie einfach starr vor ihm, sobald seine Nähe es zulässt würde sie sich das Hemd überstreifen und selbst etwas Abstand suchen.

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Kelian_


Where do we go from here
07.01.1463


Körperlich hätte sie wahrscheinlich nicht so hart zuschlagen können, wie sie es mit ihrer Frage macht. Kern dessen? Ich habe hier nichts bei ihr zu suchen, ich bin ein ungeliebter Besucher. Sicherlich wäre eine Option bereits bei dieser Aussage die Hände wegzunehmen oder einfach ganz hinter den Paravent zu treten, auf sie zu warten, aber in mir hat sich ein Gedanke festgesetzt, der nicht weichen möchte. Sie ist meins, ich bin ihrs und dazu gehört sicherlich auch solche Nähe. Eine Antwort auf die Frage erhält sie also nicht, ist vielleicht auch besser so, denn die, die durch meinen Kopf geistern, würden ihr sicherlich nicht zusagen. Auch, dass sie mich mit dem zweiten Gesagten herausbitten möchte, ist mir in dem Moment gleich. Ist es wirklich. Langsam beuge ich mich ein Stück nach vorne, meine Nase reibt vorsichtig an ihrer Wirbelsäule entlang, nur wenige Zentimeter bevor ein gehauchter Kuss den Abschluss dessen bildet. Ja, wir sind da, wo wir vor vielen Monaten einmal waren. Sie hat sich in ihren Eispanzer gepackt und ich bin derjenige, der ihn schmelzen muss, obwohl ich diesmal doch auch genug Grund habe, böse zu sein.
Den Wunsch nach ihrem Hemd erfülle ich ihr nicht. Es ist kurz im Bereich des Möglichen, meine Hände lockern sich minimal, bevor ich mich anders entscheide. Sie kann nicht weit weg nach vorne, ich muss diese Möglichkeit nutzen. Gierig sauge ich jede kleine Nuance auf, die ich von ihrem Körper sehe und bemerke, wie sehr ich es wirklich vermisse. Sie. Ihren Körper. Alles. Ich habe Tee mitgebracht. Leise, wenn auch nicht ob ihres Tones verschüchtert, erklingt es. Die Kinder schlafen. Plappere ich? Nein, damit hat es sich für den Moment, ich warte noch einen kleinen Augenblick, genieße es sie zu riechen. Ohne zu signalisieren, dass sie etwas zu befürchten hat, schleicht sich meine Hand nun auch in der Wirklichkeit auf ihren Bauch, allerdings mit dem Bestreben sie zu mir zu drehen. Ich möchte sie ansehen, der Schutz des Nachthemdes würde ihr bleiben, wenn sie ihn denn braucht. Eigentlich lächerlich, denn ich kenne ihren Körper recht gut, finde mich vielleicht sogar besser zurecht als bei mir. Egal, es geht nicht darum.
Mein Blick würde das Weib treffen, Schweigen sich meinerseits zumindest noch einige Augenblicke ziehen. Du bist immer noch genauso schön, wie vor diesen vielen, vielen Monaten. Könnte natürlich auch ein Fettnäpfchen sein, sowieso ist es wohl sehr dünnes Eis auf dem ich wandle, vor allem da ich die Axt mitgebracht habe. Ich würde dich gerne etwas fragen oder eher... dich einladen. So sehr es mich reizt, mein Blick bleibt in ihrem Gesicht. Schauen wir mal, was sie zu sagen hat.

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Rondra
07. Januar 1463
{Reutlingen – Kaylis‘ Gästehaus – später Abend}


Es wäre wohl auch zu einfach gewesen, wenn er sich wie gewünscht verzogen hätte. Ihr den Raum gegeben hätte, den sie gern für sich beanspruchen würde. Privatsphäre scheint aus zu sein und wie in den letzten Wochen auch, entscheidet er mehr oder weniger allein darüber wie ihre körperliche Nähe zueinander aussieht.
Das was er als Eispanzer wahrnimmt, ist in Rondras Welt viel zu schnell brodelnde Lava. Die leichte Liebkosung seiner Nase allein reicht bereits aus. Verräterisch heiß scheint ihr Blut mit einem Mal durch ihren Körper zu jagen. Was für eine Wirkung, für so eine feine Berührung. Aber es ist nun mal ihr Nacken. Kurz schließen sich die Blauaugen, bevor sich ihre Zähne hart in ihre Oberlippe bohren. Immerhin, das verhindert das leise Seufzen, welches sich ansonsten sicherlich den Weg gebahnt hätte. Es ist frustrierend und irgendwie beschämend wieviel Macht alleine diese kleine Zärtlichkeit über sie hat. Gänsehaut und ein kleines Zittern dürften die einzigen bemerkbaren Regungen sein. Doch für das Weib ist selbst das zu viel. Ungewollte, wenn auch eigentlich nicht ungeliebte, Bilder flackern vor ihrem Auge auf. Abendliche Rituale im Eberkopf.
»Tee?« Sehr geistreich klingt es sicher nicht. Selbst Tee ist zwischen ihnen verdammt lange her, wie irgendwie alles. Jede verdammte Erinnerung scheint angereichert von seiner Anziehung auf sie. Die Kinder schlafen also. Das heißt was? Sie haben massenhaft Zeit füreinander? Für was? Nein. Ihr Kopf ist definitiv nicht so eindeutig wie ihr Körper.
Auf sein Bestreben wendet sie sich um, doch das Hemd bleibt wo es ist, es bietet Schutz. Als lächerlich empfindet sie das nicht. Aber ihre Denkweise ist auch eine andere als seine. Es bietet auch Schutz davor zu viel von sich selbst Preis zu geben.
Während der folgenden Augenblicke des Schweigens starrt sie auf einen fiktiven Punkt irgendwo auf seinem Kinn. All das hätte er ihr auch von der anderen Seite aus mitteilen können, oder nicht? Seine Worte lassen Rondra die Grauen suchen.
»Danke.« kommt es zwar ehrlich, aber um ihre Mundwinkel spielt nun ein bitterer Zug. So schön wie wann? Als er in England in ihr Leben trampelte? Als er in Graz alles auf den Kopf stellte – nachdem alles ohnehin schon wirr war? Oder nach all den Monaten seit der Geburt ihres Sohnes?
Eigentlich ist es vollkommen egal, denn dass Schönheit allein sie beide nicht retten würde, ist ihnen wohl beiden klar, oder nicht? Genauso wenig wie es diese Anziehung vermögen würde. Verdammt Rondra Peverell! Vielleicht sollte sie sich selber ohrfeigen, damit sie aufwacht.
»Einladen?« Ha, da ist sie, die gesunde Skepsis. Dem letzten Kuss folgte der nächste Alptraum. Was wird das nun also sein? Lange nicht geschehen und doch altvertraut, zieht sich ihre rechte Braue fragend in die Höhe. Tatsächlich kann sie nicht weit zurückweichen, aber ihr Körper strafft sich ein bisschen, richtet sich auf als würde er sich wappnen. Er wird wohl kaum die nächste vertragliche Verhandlungsrunde mit Kaylis meinen, oder? »Wohin? Frag ruhig.« Eine gewagte Aufforderung und ihr Misstrauen dürfte deutlich sein. Ja, das Eis ist dünn, aber vielleicht auch nur, weil sie das Vertrauen in seine Tragkraft verloren hat.

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Kelian_


Where do we go from here
07.01.1463


Es ist tatsächlich nur ein Nicken, welches ihre nicht sehr intelligente Frage beantwortet. Ich kenne diese Momente und ich fürchte, wir sind darüber hinaus uns über diese schwachen Augenblicke lustig zu machen. Immerhin schlingern wir nun seit geraumer Zeit. Allerdings ist auch festzuhalten, dass dieser Alleingang meinerseits die Dinge wieder ein wenig ins Lot gerückt haben. Es ist nicht vergeben oder vergessen, aber ich bin bereit wieder mehr für uns zu tun. Beschlossen hatte ich dies bereits in Ingolstadt, habe es aber nicht geschafft umzusetzen. Nun stehen wir hier und wenn wir ehrlich sind, dann war es anscheinend doch eine Art Bestrafung - auch wenn ich mich selbst in Gedanken versucht habe vom Gegenteil zu überzeugen. Wie dem auch sei, ich für meinen Teil habe zumindest ein wenig Spaß in diesem Moment. Eigentlich sind wir natürlich lange über diesen Status hinaus, aber es ist doch auch irgendwie schön zu bemerken, dass ich noch eine Wirkung auf das Weib habe. Ich kenne dies bereits, weiß wie sie sein kann und doch entgeht natürlich auch mir nicht, dass sich da eine kleine Gänsehaut gebildet hat. Gut. Soweit.
Der Blick, den sie mir schließlich erst gibt als ich ihr das Kompliment gemacht habe, tut irgendwie eben doch weh. Ich bin offen ihr gegenüber, da ist nicht diese Maske, die ich all die letzten Wochen getragen habe. Ja, sie nimmt es an, aber dieser bittere Zug um ihre Lippen lässt es so wirken, als ob es besser gewesen wäre, wenn ich es nicht gesagt hätte. Sie begegnet mir mit all dieser Skepsis, die wir eigentlich schon einmal abgelegt hatten. Sie sollte mir vertrauen, sollte sich in meinen Arm schmiegen. Dennoch scheint sie nur auf die Gelegenheit zu warten, wieder entfliehen zu können. Wieder ist es nur ein Nicken. Ja, ich möchte sie einladen, ein Friedensangebot machen, den ersten Schritt wagen. Es ist irgendwie schon ein bisschen süß, wie sehr sie sich gerade gegen mich sträubt, ihre Augenbraue entlockt mir gar ein kleines Lächeln. Es hat sich wenig verändert und eben doch alles. Bevor ich die Einladung auch nur konkretisiere, beuge ich mich ganz langsam nach vorne. Es ist nicht wirklich ein Kuss, es ist eher ein Wegwischen von den verbitterten Mundwinkeln. Sie soll nicht so schauen. Nun, denn also. So wie sie sich gestrafft hat, mache auch ich es. Ich suche ihren Blick, will tief in die Blauen eintauchen. Wer weiß, vielleicht weicht sie meinem Blick wieder aus, dann wäre es eben so. Rondra. Es ist diese mir ganz eigene Art ihren Namen auszusprechen. Weich, ein wenig meine Herkunft verratend und eben doch mit Liebe angereichert. Natürlich, es war nie die Frage, ob ich sie liebe oder nicht, sondern ob es genug ist. Ich möchte dich einladen den Tag des Zwölften in diesem Monat mit mir in Heilbronn zu verbringen. Es findet ein Winterfest statt. Man könnte meinen, dass ich nun auf verkorkste Art und Weise ihrem Wunsch von vor drei Tagen entspreche, mache ich aber nicht. Am Abend wird ein Winterball stattfinden und ich würde dich gerne um den ersten sowie alle folgenden Tänze bitten. Kurz sinkt mein Blick zu Boden, als ob ich verlegen bin, doch mit einem leicht verschmitzten Lächeln suche ich ihren Blick recht schnell wieder. Vielleicht tanzen wir einfach gemeinsam die Nacht durch, Seite an Seite mit Kaylis und Arioste, die uns begleiten würden, wenn du diese Einladung annehmen möchtest. Warum sollte sie nicht? Oh, es gibt so viele Gründe, die ich mir vorstellen kann, auch wenn es nun sicherlich Schlimmeres gäbe als eine Absage des Weibes. Ich würde es wieder versuchen. Die Zeit des Kampfes ist gekommen, denn wenn nicht einer von uns beiden langsam anfängt, dann würden wir nichts mehr haben, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Etwas fester ist mein Griff nun, gerne würde ich sie an mich ziehen, meine Nase in ihrem Haar vergraben, wie ich es so oft gemacht habe. Ich kenne all dies so gut, es lockt mich sehr. Ein Teil von mir ist sich dieser Nähe überdeutlich bewusst, flüstert leise immer wieder Dinge, die es mir schwer machen mich vollständig zu konzentrieren. Nur ein kleiner Blick weg von ihren Augen gibt mir eine Aussicht, die anregend ist. Mein unbewusster Blick nach unten hat mir einen schönen Anblick gewährt, ich bin versucht einfach das Hemd wegzureißen und mir ihre ganze Pracht zu genehmigen. Nein, Drängen würde hier nichts bringen, alles nur schlimmer machen. Jetzt ist die Zeit für Geduld gekommen und wenn wir ehrlich sind, dann würde ich wohl noch eine ganze Weile ohne die körperliche Befriedigung auskommen müssen, selbst wenn von jetzt an alles in geordneten Bahnen verlaufen würde. Wir könnten am elften losreisen, es müsste passen. Dein Bruder kann sich natürlich gerne anschließen. Auch wenn es mir nicht wirklich passt. Wieder ist da ein eifersüchtiger Funke, diesmal jedoch lesbar für sie - wie gesagt, es ist nicht die Maske, die ich trage, sondern ich versuche zu retten, was sich zu retten lohnt.

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Rondra
07. Januar 1463
{Reutlingen – Kaylis‘ Gästehaus – später Abend}


Beruhigt der halbe Kuss, der doch kein richtiger ist? Rondra weiß nicht einmal das. Er sollte es wahrscheinlich. Ruhe und Gelassenheit schenken, dem Mann Vertrauen schenken, dem sie sich ewiglich versprochen hat – der die letzten Wochen so viel ertragen musste, der ebenso ausgeteilt hat und für den ihre eigentlichen Gefühle unverändert sind.
Aber so recht mag sich die Skepsis nicht verziehen. Vielleicht sollte Rondra sie sich eher selbst entgegenbringen, als ihm. Denn alles in allem hat sie es definitiv häufiger verbockt als er.
Weiß sie alles, irgendwo. Hilft nur nichts.
Ihr Name aus seinem Mund sorgt schließlich doch dafür, dass sich ihre Miene etwas glättet. Immer schon scheint sie diesen Klang geliebt zu haben, heute so wie einst.
Allerdings sind seine nächsten Sätze wie dazu gemacht dem Argwohn neues Futter zu geben. Nicht ihm direkt gegenüber, auch nicht sich. Der Situation geschuldet und ja, verdammt noch eins, auch der Tatsache, dass er ihr mehr oder minder das vorschlägt, um was sie ihn vor gerademal drei Tagen gebeten hat. Oder nicht?
Natürlich ist da dieses verzückte Funkeln in den Blauen, deren Blick sie nicht abwendet, zumindest nicht sofort. Kelian weiß wie gern sie tanzt. Es ist wohl so ein ‚ich weiß und du weißt und so wissen wir es eben beide‘ Ding. Zu einer anderen Zeit, womöglich in einer anderen Dimension, wäre sie ihm allein für diese Einladung jubelnd um den Hals gefallen. Hier und jetzt sind da dieses Funkeln und das Aufglimmen eines ehrlichen Lächelns. Wie ein kurzer Windstoß, der in vermeintlich kalte Asche fährt und das verkohlte Holz darin plötzlich leuchten lässt.
»Ein Winterball in Heilbronn?!« schon wieder scheint sie sein Echo zu sein, doch dieses Mal klingt es überrascht und nicht vollkommen blöde. Unstet irren die Blauen zwischen den Grauen hin und her. Suchen darin. Irgendwas. Vielleicht auch einfach nur die Antwort ob es funktionieren kann.
Das was er da verbal aufmalt… Ach was, Mut zur Ehrlichkeit ein paar mehr Worte als die, die sie bisher hervorgebracht hat, wären sicher hilfreich. Hastig benetzt Rondra ihre Lippen mit der Zungenspitze, dann lässt sie ihn einfach teilhaben.
»Ich denke du weißt, wie gern ich in deinem Arm die Nacht durchtanzen würde.« Nein, es geht nicht nur ums Tanzen, auch darum einander zu halten. Wobei nein, in diesem Fall wäre er derjenige der hält und führt. Auf allen anderen Ebenen mag der Blondschopf sich gegen seine Vorherrschaft und Dominanz auflehnen, auf der Tanzfläche nicht. »Es klingt unglaublich ver…« nein, nicht einmal verlockend. »verführerisch.« Ziemlich genau das, ja. Nun ist es an ihr einige Wimpernschläge zu schweigen, ihr Blick rutscht nun tatsächlich von seinen Augen und findet sich wieder bei diesem Punkt an seinem Kinn. »Aber Kelian….« es fällt schwer, weder will sie etwas verlangen, oder ihm etwas aufzwingen, was er nicht leisten kann, noch am Ende schlimmer dastehen als vorher. »ich könnte es nicht ertragen, wenn solch ein Abend…..« wie formulieren? Es geht dabei schließlich nicht nur um ihn, sondern auch um sie selbst. »in Zank und Vorhaltungen endet. Ich weiß, es ist kaum drei Tage her das ich dich gebeten habe, aber das wäre noch etwas ganz anderes als ein…. Spaziergang der in die Binsen geht.« Was genau sie nun hören will, weiß sie selber nicht. Eigentlich kein Versprechen, keine Beteuerungen, aber es steht für sie außer Frage, dass sie lieber auf einen Ball verzichtet, als in Gefahr zu laufen ihn zum Kriegsschauplatz ihrer Ehe zu machen.

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Kelian_


Where do we go from here
07.01.1463


Sicherlich, die Zweifel sind angebracht, waren die letzten Wochen doch wirklich stürmisch. Dennoch, es glimmt kurz Enttäuschung auf. Was genau habe ich erwartet? Dass sie mir um den Hals springt? Nein, nein das war es nicht, aber ein wenig mehr Begeisterung. Nur ein kleines bisschen. Natürlich sehe ich, dass sie sich heimlich freut, erkenne das vertraute Funkeln, auch wenn es nicht der Glanz ist, den ich schon darin geweckt und auch gesehen habe. Sind solch große Zweifel angebracht? Vielleicht.
Sie kann es also nicht ertragen. Ob sie sich vorstellen kann, was ich die letzten Monate durchgemacht habe? In mir brodelt es kurz hoch, der Gedanke sie einfach los zu lassen und leise zu brummen, dass es dann eben ohne uns stattfindet. Aber Nein, ich habe ja gerade festgestellt, dass es nun auf die Geduld ankommt. Geduld ist eine Tugend. Well, nicht meine ganz große Stärke, aber ich habe das Weib schon einmal auf meine Seite gezogen, ich werde es wieder schaffen. Also, wie ihrer Skepsis begegnen? Mit Beteuerungen? Versprechungen? Nein, ich weiß nicht. Scheint nicht der richtige Weg und dennoch, je länger ich warte, umso unglaubwürdiger würde es erscheinen. Also mache ich es mir einfach. Ich würde dich nicht fragen, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass es ein netter Abend werden wird. Langsam gleiten meine Hände ihre Haut entlang, nur um sie jetzt los zu lassen. Kein Aufgeben, sondern Freiraum gewähren. Wollte sie sich nicht anziehen? Naja, wahrscheinlich nicht, so lange ich in dieser Form vor ihr stehe. Ich beuge mich also ein weiteres Mal vor, ein Kuss auf die Stirn. Nichts was die Welt bewegen würde, aber hey. Ein kleines Grinsen schenke ich ihr, bevor ich ihr nun endlich den Wunsch erfülle - wobei, sie bekommt mehr als sie möchte, denn wenn das Weib sich fertig macht, dann sollte auch ich es machen. Beim Gehen also ziehe ich mir mein Hemd aus. So lange wie sie beschäftigt ist, könnte ich mich umziehen. Weißt du, ich will und kann dir das nicht absolut versprechen, aber es ist einfach kein Argument dagegen. Wir könnten uns auch wegen etwas vollkommen anderem streiten. Ich gucke einem Weib hinterher und du siehst es oder ich bringe dir was falsches zu trinken. Ich klinge unbekümmert, auch wenn ich es nicht wirklich bin. Ich würde mich freuen, wenn du dich dafür entscheidest - es wäre mal wieder etwas anderes und eine Gelegenheit uns einzutanzen für all die anderen Ereignisse die anstehen und auf denen ich nicht den ganzen Abend mit dir durchtanzen kann. Fordere ich zuviel? Vielleicht. ...wer weiß, wann du wieder die Gelegenheit dazu hast. Ich strecke mich, dehne meine Finger so wie ich es oft vor dem Schlafen gehen mache. Die Finger ineinander verwoben gen Himmel, sicherlich ein lustiges Bild.

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Rondra
07. Januar 1463
{Reutlingen – Kaylis‘ Gästehaus – später Abend}


Was immer sie erwartet hat, oder eben nicht erwartet hat – er übertrifft es mit dieser simplen, aber durchaus für sie zufriedenstellenden Antwort. Was dann auch mit einem ehrlichen Lächeln beantwortet wird. Die Antwort reicht ihr vollkommen. Nun ja, zumindest die erste, auf den Rest wiederum könnte sie gut verzichten. Kerle. Die rotblinkenden Schilder an den Fettnäpfchen sind Warnungen, keine Einladungen.
Gerade noch starrt sie ihm hinterher wie ein paralysiertes Häschen, saugt den Anblick des sich hebenden Hemdes förmlich auf – natürlich ohne ihren debilen Blick selber zu bemerken -, lässt die Blauen über die zu sehende Haut wandern, die sie sofort meint unter ihren Fingerspitzen zu fühlen, so vertraut scheint sie, inklusive jeder Narbe. Da landet er krachend in eben diesem blinkenden Fettnapf und entschwindet im selben Moment ihrem Blick.
Was soll das denn nun heißen? Er sieht einem Weib hinterher und sie sieht es? Tut er sowas? Und seit wann würde sie das stören? Oh ja, doch. Rondra hat keinen Schimmer seit wann sie soetwas banales stören würde, aber der Stich der Eifersucht ist jetzt schon bemerkbar. Bescheuert, aber nicht zu ändern. Getoppt wird das nur durch die Fragen, seit wann sie über sowas dämliches streiten würden. Beide Beispiele.
Aufbegehren? Zwei endlos bange Herzschläge glaubt sie selbst daran. Lichterloh flammt ihr Temperament auf und sie selbst steht recht hilflos davor. Sekunden des Schweigens auf ihrer Seite des Paravents. Idiot. Aber vielleicht auch eher Idiotin. Vielleicht kann man auch einfach alles falsch verstehen, wenn man es möchte. Möchte sie? Nein! Verdammt noch eins!
Tappsende Schritte nun von ihr. Das Nachthemd scheint vollkommen vergessen, auch wenn sie es natürlich immernoch in den Händen hält, zu dringend scheint das zu sein, was sie loswerden will.
Nicht angriffslustig, sondern durch die eignen rotierenden Gedanken fast ein bisschen belustigt, malt sie weitere mögliche Szenarien. Möglich, dass er den dezenten Hinweis auf seine taktlosen Beispiele versteht.
»Vielleicht sieht auch Arioste einem Mann zu lange hinterher und während du dich mit Kaylis solidarisierst, stehe ich auf Ariostes Seite. Oder du findest gar nichts zu trinken….« Sie hebt die immernoch nackten Schultern, dann rafft sie das Nachthemd erneut, um es sich geschwind über den Kopf zu streifen und die Arme einzufädeln. »Generell sollte man sich auf solchen Festen was das Trinken angeht an Arioste halten.« Dumpf klingt es aus den Tiefen des Stoffes, bis Rondra leise lacht und ihr blonder Schopf wieder auftaucht. »Zumindest wenn man Wein mag.« Es ist ein sehr altes Bild, was sie da heraufbeschwört. Wie lange waren sie und ihre Cousine nicht mehr gemeinsam auf einem Ball des Königreiches? Unzählige Jahre scheinbar. Aber Arioste hatte den Hang dazu diese Festivitäten mit Wein zu begießen und somit erträglicher zu gestalten.
Wobei sie, Rondra, dieses Mal sicherlich mehr Spaß haben würde als für gewöhnlich. Der Gedanke ist nicht wirklich überraschend, denn was immer zwischen ihr und Kelian sein mag, „davor“ hat sie seine Gesellschaft stets genossen. Vielleicht ist es an der Zeit ihm eine Antwort zu geben. Nun erst suchen die Blauaugen ihn bewusst. Sollte er noch nicht so weit sein, wäre es dieses Mal wohl an ihr den Blick nicht abrutschen zu lassen.
»Ich würde dich unbeschreiblich gern begleiten.« Ja, ihn, weder Kaylis, noch Arioste oder Balthasar – ihn.

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Kelian_


Where do we go from here
07.01.1463


Geschafft. Hätte sie mich so lange bei meinem Antrag zappeln lassen, ich wäre wahrscheinlich vor ihren Augen gestorben. Auch wenn es hier nur um die Einladung zum Ball geht, so würde ein Nein wahrscheinlich schon weitreichendere Folgen haben. Ich müsste dem Blonden erklären, was genau uns nun davon abhält abzureisen und dies wiederum würde wohl offenbaren, was für Probleme Rondra und ich zur Zeit wirklich haben. Während sie also so kokett um die Antwort herumtänzelt, strecke ich mich und suche meine Schlafklamotten heraus. Längst schon habe ich die Hose gewechselt, es gibt eben doch um einige fixer bei mir. Schnüre auf, Hose runter und - leider - wieder die neue hoch. Kann ja nicht jeder stundenlang mit seinem Nachthemd vor der Brust verschränkt dastehen. Wie dem auch sei, es scheint sogar Humor durch den Raum zu fliegen, denn tatsächlich waren die Beispiele meinerseits bewusst lächerlich gewählt. Da waren keine Schilder mit Fettnäpfchen, da waren Hinweise mit Übertreibung. Aber sie scheint in das selbe Rohr zu blasen, weshalb ich nun also grinse. Sie kommt hervor, ich gehe an ihr vorbei dahinter. Kurz waschen. Ja oder stell dir vor, deine Kleidfarbe passt nicht zu meinen Kleidern. Noch so ein Ding der Unmöglichkeit. Oder ich trete dir aus Versehen auf den Fuß. Falls sie frech wird vielleicht auch mit Absicht. Leise hört man nun bei mir das Wasser plätschern, einmal den Oberkörper damit benetzt und dann das Gesicht gewaschen, den Mund ausgespült. Nix dramatisches und es dauert wesentlich kürzer als bei dem Weib. Manchmal, da muss es eben schneller gehen.
Wieder vereint im freien Raum, betrachte ich das Weib kurz, bevor ich auf den Tee deute. Ich für meinen Teil nehme mir einen Becher und trinke einen Schluck. Nein, der ursprüngliche Plan wäre idiotisch. Wir müssten über den Vertrag reden, aber nicht unbedingt heute, nun kann es auch noch ein paar Tage dauern, auch wenn Kaylis heute den fertigen Vertrag hergeschickt hat. Vielleicht wäre am morgigen Tag Zeit oder eben auch erst nach dem Fest. Wie auch immer, ich strecke meine freie Hand nach dem Weib aus. Das Bett ist ein Ort an dem wir lange nicht mehr gemeinsam wach waren und auch, wenn ich mich keinen Illusionen hingebe, so können wir uns doch auch wieder annähern. Erzähl mir von deinen Ausflügen. Mehr gemurmelt als richtig gesagt, aber so begeben wir uns schließlich ins Bett. Beide einen Tee in der Hand, höre ich ihr schweigend zu. Das Umland hat sie mit dem Gaul erkundet, sich viel beschäftigt. Ja, ich habe sie tatsächlich kaum gesehen.
Geduldig warte ich bis sowohl der Tee als auch das Gespräch sich dem Ende neigt, stelle meinen Becher auf den Boden und warte bis Rondra das Gleiche getan hat. Es scheint geholfen zu haben, denn anstatt auf ihre übliche Position zu rutschen, bietet sie mir sogar ihre Lippen an. Schritt nach Vorne? Hoffentlich. Sanft bekommt sie einen Gute Nacht Kuss, damit aber nicht genug. Meine Hand legt sich auf ihre Hüfte, zieht das Weib sachte zu mir. Es wäre ein leichtes sie nun zu mehr zu drängen, diese zarte Blume zu zerstören, aber es sollte schnell offensichtlich werden, dass es mir nur darum geht, dass das Weib ihren Kopf auf meine Brust legt. Nennen wir es doch einfach Kuscheln. Es wäre ein Anfang und so könnten wir beide zusammen in die Nacht gleiten, vorausgesetzt, dass wir nicht noch Dinge zu bereden haben. Am einfachsten wäre natürlich wenn Rondra das Thema Johanna von allein anschneiden würde, aber da scheint sie stur zu sein wie in allem anderen. Noch bevor das Weib richtig liegt - vielleicht wehrt sie sich ja auch, weil es doch schon zu viel ist - murmel ich leise. Ich würde die Sachen tragen, die Arioste letztes Jahr für uns genäht hat? Sie hatten noch gar keinen richtigen Einsatz.

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Rondra
07. Januar 1463
{Reutlingen – Kaylis‘ Gästehaus – später Abend}


Noch vor wenigen Stunden, ach was, noch vor einer Stunde hätte der Blondschopf nicht gedacht jemals wieder einen Anflug von Leichtigkeit in seiner Gegenwart zu spüren. Jetzt ist schon einige Male ihr Lachen durch den Raum geschwebt. Seine weiteren Beispiele haben Rondra dazu gereizt, aber auch die eigene Erzählung. Der Stallknecht, Angelo, hat darin seinen Platz gefunden. Ein älterer Kauz, dessen drolligen Erzählungen aus der Heimat so von italienischen Wörtern strotzen, dass sie oftmals deren Sinn nur erahnen kann. Aber weder sie noch ihn scheint das zu stören und so haben der Kerl und sie tatsächlich recht viele Stunden miteinander verbracht in den letzten Tagen.
Ja, Rondra hat die weitläufige Umgebung der Stadt recht gut erkundet. Langweilig ist es ihr nicht geworden, denn so sehr sie mit der Provinz eigentlich auch vertraut ist, aus früheren Zeiten, Reutlingen selbst war ihr bis zu diesem Winter fast unbekannt.
All das macht die letzten Wochen sicherlich nicht wett, aber ungefragt schleicht sich eine Vertrautheit ein, die zumindest diesen Abend leicht macht. Vertrautheit? Ja, doch, wenn auch nicht gleichzusetzen damit was sie zerstört hat. Nicht jedes Wort wird in die Goldwaage geworfen. Nicht jede Berührung vorher und hinterher innerlich analysiert. Deshalb auch der Kuss, der sich einfach richtig und natürlich anfühlt.
Seinem Bestreben ihren Kopf auf seiner Schulter zu betten ist sie im Begriff nachzugeben, weshalb auch nicht? Doch da stellt er die leise Frage, die Rondra dann doch etwas überrascht. Kelian und die Kleiderfrage. Nichts gegen ihn, aber das wäre dann doch eher etwas, was sie Kaylis zugetraut hätte. Die Sachen, die Arioste für sie genäht hat? Sie selbst hat die Sachen keineswegs vergessen, doch hätte sie für den Winterball wahrscheinlich eine andere Farbe gewählt. Allerdings hat er vollkommen Recht. Natürlich weckt es Erinnerungen. Erinnerungen daran wie die aufeinander abgestimmte Garderobe entstanden ist, die Zeit in Aachen und die Feststellung, dass ihre Sachen vollkommen unangebracht wären. Plötzlich richtet sie sich recht ruckhaft auf, um sich auf ihrem ausgestreckten Arm abzustützen und ihn anzustarren. Verdutzt, aber in positivem Sinn.
»Deshalb hast du gefragt?« Schon wieder wandert ihr Blick zwischen seinen Grauen hin und her, scheint langsam zur Gewohnheit zu werden. Dieses Mal allerdings nicht forschend, sondern mit ziemlicher Begeisterung, wahrscheinlich der Begeisterung die er auf seine Frage nach dem Ball ursprünglich erwartet hätte.

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Kelian_


Where do we go from here
07.01.1463


Fast schon liegt sie da, als der kleine Erfolg eben doch vernichtet wird. Allerdings durch meine eigene Frage und nicht etwa, weil sie dem vollkommen abgeneigt ist. Zumindest glaube ich dies erkannt zu haben, denn dann würde sie ja wahrscheinlich auch nicht bei mir bleiben. Ihre kleine Frage bringt mich kurz aus dem Konzept, vielleicht sieht sie, dass ich für einen Moment nicht weiß, was genau sie meint, aber letztendlich denke ich, dass ich die Frage richtig verstanden habe. Habe ich sie deshalb gefragt? Nein, nicht nur. Wieder versuche ich sie auf meine Brust zu ziehen, ich will das Gewicht ihres Körpers auf meinem spüren. Zu lange ist es her. Deine Liebe zum Tanzen gepaart mit dem Wissen um die Kleider und mein noch nicht erfülltes Versprechen. Letztes Jahr wollte ich dich auf einen Ball führen und es hat nicht funktioniert, ich habe dir versprochen, dass wir dies nachholen würden. Bisher gab es aber nie die Gelegenheit. Außerdem kommt das Fest doch ganz gelegen, um die Eiszeit zwischen uns ein wenig zum Tauen zu bringen. Ohja, mir ist genauso bewusst wie ihr, dass dies hier nur ein Ausschnitt aus unserem Leben ist, dass wir bereits Morgen wieder dabei sein könnten uns zu zerfleischen und dass jeder weitere Tag ein Kampf um unsere Ehe werden wird. Nur weil ich diese Einladung ausgesprochen habe, nur weil wir miteinander gelacht haben, heißt es nicht, dass wir wieder das glückliche Paar von vor ein paar Monaten sind. Wir arbeiten an uns, jeder ein bisschen an sich selbst und im Gesamten eben an dem Konstrukt Rondra und Kelian. Es gab Augenblicke, da sah es wahrlich düsterer aus.

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Rondra
07. Januar 1463
{Reutlingen – Kaylis‘ Gästehaus – später Abend}


Nicht nur also. Das lässt darauf schließen, dass sie tatsächlich vom selben sprechen. Nein, auch dieses Mal wird sein Wunsch nicht erfüllt. Sie möchte nicht liegen während er antwortet, sondern will erst hören was er sagt. Aufmerksam hört sie zu und nickt schließlich. Die überschäumende Begeisterung aus den Blauen verzieht sich, macht Platz für andere Gefühle. Keine tobenden, keine überschäumenden oder überwältigenden. Aber nicht immer sind es die lautstarken Empfindungen, die zählen sollten. Manchmal sind es eben gerade die leisen Melodien, die Aufmerksamkeit erfahren sollten.
Vorsichtig scheinen die Schmetterlinge in ihrem Bauch zu testen, ob ihre Flügel sich noch bewegen lassen, spreizen sie, ähnlich seiner Dehnübungen vorhin.
Für den Bruchteil eines Herzschlags ist da das Verlangen sich einfach hinunter zu beugen und den Kerl zu küssen. Ohne Wenn und Aber, ohne tausendundeinen Gedanken vorher zu wälzen, abzuwägen und zu zweifeln. Der Ausblick auf ihn, der sich Rondra bietet ist einfach zu reizvoll, trotz der vergangenen Wochen. Nein, auch sie zweifelt nicht an ihrer Liebe und das Wissen darum, wie seine Lippen schmecken würden, macht alles nicht gerade einfacher.
Allerdings weiß der Blondschopf auch noch allzu gut, wie schnell aus einem Kuss ein mitreißender Strom werden kann, dem sie sich nicht mehr entziehen kann. Etwas, was fatal enden könnte, weshalb sich Rondra zwar schließlich zu ihm hinunter beugt, doch nicht um Lippen auf Lippen treffen zu lassen, sondern um ihre Wange an seine zu schmiegen. Worte scheinen überflüssig und einige Augenblicke fühlt sie dem Takt seines Herzschlages gegen ihre Brust nach, bevor sich Rondra schließlich von ihm gleiten lässt und die eigentlich vorgesehene Position einnimmt. Kuscheln, sanft und auch von ihr vorsichtig darauf bedacht das dünne Band nicht überzustrapazieren. Natürlich ist der Vertrag und damit verbunden Johannas Zukunft nicht aus der Welt und auch nicht aus ihren Gedanken. Es drängt sie danach zu fragen und vielleicht wäre das Thema im Augenblick nicht so fürchterlich kriegerisch wie vor einer Stunde. Aber hat es nicht auch Zeit bis nach dem Ball? Wäre etwas dabei was sofort und auf der Stelle Klärung verlangt, hätte Kelian es sicherlich bereits angesprochen, oder nicht? Ein kleines bisschen Frieden könnte für diese Nacht gut tun – und für die nächsten Tage ebenfalls.

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Kelian_


Fix you
14.01.1463


Wer hätte gedacht, dass sie sich tatsächlich anschließt? Nicht ich und wahrscheinlich auch nicht das Blaubein, welches ebenfalls im Wirtshaus anwesend war und das Gespräch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gehört hat. Das Weib und ich machen also einen Mondscheinspaziergang, den ich eigentlich alleine unternehmen wollte. Nicht weil ich ein anderes Weib aufsuchen wollte, zumindest nicht so wie man es von einem Kerl erwarten würde. Sicherlich es wäre ein weibliches Wesen gewesen, sogar mehrere aber Schiffe würden immer eine Faszination auf mich ausüben. Niemand kann aus seiner Haut und wenn wir ehrlich sind, ich möchte es auch gar nicht. Ich liebe es mir Häfen anzuschauen, egal ob bei Tag oder bei Nacht. Für mich ist es definitiv spannender, wenn die Dunkelheit den Tag vertreibt, wird es da erst so richtig laut. Anders laut als am Tag eben, wenn die Händler ihr Glück versuchen, die Schiffe entladen werden und sich die Seemänner gegenseitig anbrüllen. Nein, in der Nacht ist das ganze Tageswerk vergessen und man trifft sich in den Kneipen, die allesamt denkwürdige Namen haben. Zum einbeinigen Piraten. Zum blinden Jack. Irgendwie so. Meistens ist irgendein Körperteil beschädigt und allein dies erinnert mich schon, wie glücklich all meine schwereren Unfälle ausgegangen sind. Aus meinem Plan mich zu besaufen wird nun natürlich nichts - oder?
Hand in Hand, so wie es sich eben für ein glückliches Ehepaar, welches wir immer noch vortäuschen zu sein, gehört, schlendern wir durch die Gassen der für uns beide doch recht unbekannten Stadt Richtung Hafen. In den letzten Tagen habe ich nun bereits einige gesehen, meine Gier danach ist jedoch noch lange nicht gestillt. So wie es von mir prophezeit wurde, ist es der Mond, welcher uns das meiste Licht spendet und den Hafen somit in ein traumhaftes Licht taucht. Die Masten der Schiffe, die eingerollten Segel schimmern leicht, lassen erahnen wie hoch das jeweilige Krähennest entfernt liegt. Das Wasser, hier leider kein sich endlos erstreckendes Meer, scheint noch ein wenig dunkler im Mondschein zu sein, nur die leicht kräuselnden Wellen, die auch die im Hafen liegenden Schiffe leicht bewegen, sind mit glitzernden Partien deutlich hervorgehoben. Unwillkürlich verkrampft sich meine Hand bei diesem Anblick. Lange war es kein Thema mehr zwischen uns, meine Lippen pressen sich einen Moment fest aufeinander, unbändige Wut ist in mir am brodeln. Damn it. Wie gerne würde ich dies hier malen. Meine Sicht der Dinge wiedergeben und doch scheint es mir auf ewig verwehrt zu sein. Ein so fester Teil wurde mir damit aus meinem Leben gestrichen, dafür dass ich nun einen Landstrich mein Eigen nenne, der mir bei der kleinsten Verfehlung genommen wird und mich mit weniger als vorher dalässt. Ohne Heim und ohne Beruf, den ich wirklich ausüben kann.
Noch bevor es ein Thema zwischen uns werden kann - hoffe ich -, beginne ich mit leisen Worten einige Dinge zu zeigen oder besser auf sie aufmerksam zu machen. Es sind eher kleine und versteckte Sachen, nichts was ein Herz nun unbedingt schneller schlagen lässt - außer natürlich meins. Allzu lange will ich das Weib nicht quälen, weiß ich nicht, ob es ihr wirklich gefällt, denn ich mache mir nichts vor: Sie ist aus Trotz mitgekommen. Vielleicht verwechsle ich das Gefühl auch mit Angst, letztendlich kann es dahin stehen, denn ich lasse es nicht dazu kommen und entführe sie in meine Welt. Am Anfang noch zögerlich, vielleicht selbst ein wenig ängstlich, dass sie es doch noch erschrecken könnte, ziehe ich sie irgendwann vollends mit rein als ich uns die Tür zu einer der Kneipen öffne. Lautes Gegröhle hat man schon von Weitem gehört, sicherlich nichts für Rondra Fugger. Aber für Rondra Peverell? Nun, ich weiß wann ich mich wie zu benehmen habe und bald sind wir mittendrin. Jeder etwas zu Trinken in der Hand, nicht wirklich genug Platz. Es laufen Wettbewerbe, bei denen die Matrosen ihren Tageslohn versetzen. Boxen in einer Ecke. Armdrücken in einer anderen. Die wirklich dubiosen Geschäfte laufen in einer anderen Kneipen, ist dies hier eindeutig noch eine gemäßigte. Worte fliegen wild umher, der Lärmpegel ist irgendwie erfrischend zumindest für mich. Wie gerne ich bei den Männern dabei wäre, die ihre Oberkörper entblößen, um sich danach den Kampf mit den Fäusten zu liefern. Früher habe ich das oft gemacht und heute würde es mir nicht einmal darum gehen mein Gehalt aufzubessern. Sicherlich ein großer Nachteil für meinen Ehrgeiz, doch ich belasse es bei einem sehnsüchtigen Blick.
Zumindest ich bin mehr als angeheitert als wir es dann doch endlich mitten in der Nacht schaffen das Wirtshaus wieder zu verlassen. Hat es Rondra gefallen? Keine Ahnung, irgendwann hat mich das nicht mehr richtig interessiert, denn sie hat selbst entschieden, dass sie mit möchte und ich bin nicht ihr ständiger Entertainer. Ich habe mich bemüht, ihr Leute vorgestellt und dafür gesorgt, dass sie keine Aussätzige unter uns Seemännern ist, denn genau dies war ich für den Abend wieder, wenn vielleicht auch mit etwas zu guter Kleidung. In jedem Fall schaffen wir es gemeinsam wieder zurück in das Wirtshaus in welchem wir Unterschlupf gefunden haben. Es reizt mich diesen Abend noch weiter zu verfolgen, ihn nicht in unserem Zimmer im Bett nebeneinander enden zu lassen, sondern mein Weib zu bedrängen. Nur allein - ich weiß es besser, so dass auch dieser Tag nur mit einem Kuss beendet wird und für mich in der bitteren Erkenntnis endet, dass der Weg 'in' das Bett meines Weibes ein sehr langer und steiniger sein würde. Zumal ich mir noch mehr in den Weg legen würde.

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Kelian_


A little party never killed nobody
15./16.01.1463


Nun ist es also soweit, das Gespräch welches wir seit Tagen nach hinten geschoben haben steht an. Nicht, dass ich es selbst gesucht habe, es war das Weib welches schließlich den Anfang gemacht hat, auch wenn vielleicht nicht bewusst. Noch in der Nacht am Vortag hat sie in ihren nicht vorhandenen Bart genuschelt, dass wir über Johanna reden müssen. Ihr Wunsch ist mir Befehl und so ist es der Abend, an dem ich sie im Gasthaus unten erwarte. Den vorläufigen Vertrag dabei, ein Bier an meiner Seite sitze ich an einem der Tische. Weiß ich, was mich erwartet? So ungefähr. Ich glaube kaum, dass sie mir freudestrahlend um den Hals fallen wird, dass sie diesen Vertrag in dieser Form akzeptiert. Es dauert nicht lange bis das Weib da ist, jedoch ist auch ihr Weg zunächst der zur Theke. Ein Würzwein soll es sein und dann kann es beginnen. Die Scherze wollen heute partout nicht mehr über die Lippen, wir sind wieder in unserem Problemmodus. Nicht, dass er die letzten Tage nicht ab und zu durchgeklungen ist, aber vielleicht war es ein echter Frieden, ein Moment der Besinnung, in dem wir uns angenähert haben. Vorbei nun, der Ernst des Lebens hat uns wieder eingefangen und ohne ein weiteres Wort schiebe ich dem Weib das Papier herüber, schweige. Schweige während sie liest und man die ersten Gemütsbekundungen ihrerseits vernehmen kann, schweige als sie nur ein 'Das ist nicht dein Ernst' hervorbringt. Ich bin fest entschlossen keine unsinnigen Angriffspunkte anzunehmen, auf einem guten Niveau mit ihr zu diskutieren und am Ende eine gemeinsame Lösung zu finden. Ihre Zweifel, die sie dann doch noch deutlicher zum Ausdruck bringt, sind wohl berechtigt, wenn auch irgendwie - unsinnig. Zunächst ist es kein Einzelpunkt des Vertrages, sondern die Tatsache, dass es eine so umfassende Vereinbarung wäre. Eine, die Johanna komplett in die Hände der Wettins gibt, es würde wenig Möglichkeiten für uns geben das Mädchen wieder in unseren Einflussbereich zu bringen. Recht hat sie, denn es macht Johanna fast zu einer Wettin, es fehlt sicherlich nur der Antrag auf eine Übernahme als eigene Tochter. Dennoch, selbst diese berechtigten Zweifel bringen mich nicht aus der Bahn, denn ich habe - zumindest wie ich finde - die besseren Argumente auf meiner Seite. Was genau hat Rondra denn gewollt? Immerhin war sie es doch, die den Kontakt zu der Familie gesucht hat und es hätte ihr klar sein sollen, welchen Weg sie damit wählt. Der Zug sie in einer andere Familie unterzubringen, der ist doch eigentlich längst abgefahren. Zumal in diesem Vertrag eigentlich im Groben auch nur die bereits geäußerten Vorstellungen festgehalten sind, über die sich Rondra und Kaylis bereits verständigt hatten als Arioste und er auf Rabenstein geweilt haben. Wie kann es sein, dass sie sich so sehr an diesem Vertrag stört? Immer wieder wird dieses Argument vorgebracht, dass er sie damit gerade zu einer Wettin macht, dass es viel zu viel ist und doch sind es für mich nur die Verlustängste einer Mutter, denen ich nicht viel beimesse.
Schwerer wiegt sicherlich das Argument, dass sie Johanna abgesichert wissen möchte. Dass sie natürlich eine Freiherrschaft von Kaylis bekommen wird, ist mir in dem Moment irgendwie nicht als Argument präsent, zumal ihr zukünftiger Ehemann sowieso gleiche Recht an dem Lehen erwerben wird mit der Hochzeit. Ich kann diese Forderung verstehen und so ist es zumindest etwas, was als einer der Punkte auf meine gedankliche Liste kommt, worüber Kaylis und ich noch einmal reden müssten, denn sicherlich werde ich Rondra nicht auf ihn los lassen. Es ist verletzter Mutterstolz, der sie Dinge sagen lassen könnte, die sie später bereut und ich bleibe zumindest bei meiner Auffassung, dass dies die einzige und vor allem aber auch beste Chance für das Kind ist. Opfer müssen gebracht werden und diese sind wohl der größte Knackpunkt an dem Vertrag. Nicht, dass wir eventuell eines der Kinder von Kaylis aufnehmen werden, zumal es sowieso keines der leiblichen von ihm und seiner ersten Frau oder mit Arioste sein werden, da mach ich mir keine Illusionen. Wir haben bereits einmal darüber geredet und wie ich erfahren habe, beherbergt er einen kleinen Halbengländer - das wäre doch etwas. Auch geht es nicht um eine Ausgleichszahlung an sich, sondern um die Summe.
Achttausend Taler. Ich weiß selbst, dass dies eine Menge Geld ist, habe selbst nachgerechnet inwieweit diese Summe auch für die anderen Kinder zur Verfügung stehen müsste. Zumindest für Nora müsste ich sie wohl ebenso aufbringen, wenn wir sie an eine andere Familie übergeben wollen. Möchte ich das? Nein. Mir ist eigentlich recht egal, was genau mit dem Kind passieren wird, denn ihr Vater - lustig, dass ausgerechnet von mir dieses Denken kommt, denn es ist ein Eigentor - hat sicherlich nicht den gleichen Stellenwert wie Johannas Vater. Außerdem gilt individuelles Verhandeln und wenn es am Ende nur - haha 'nur' - viertausend Taler wären, dann käme ich damit mehr als gut zurecht. Meinetwegen kann das Kind auch einfach ins Kloster und wir spenden der Kirche ein wenig Geld dazu. Aber dies ist Zukunftsmusik und ich bin nicht derjenige, der das Schicksal dieses Kindes bestimmen wird. Ich werde mich auch nicht in den Weg stellen und somit auch das Geld nicht verweigern. Einplanen muss ich es also. Grahams Erbe und das zukünftiger Geschwister - nicht, dass es so wirkt als ob Rondra und ich je wieder ein Kind miteinander zeugen werden - minimiert sich damit auf einen nicht vorhandenen Teil. Was will ich für meinen Sohn? Ein besseres Leben als ich es hatte, aber ich bin sicherlich auch nicht der Vater, der ihn verziehen würde. Er muss sich durchkämpfen können und wenn es sein muss, dann eben auch nur mit dem Namen und der Gewissheit, dass seine Familie mal einen Titel besaß, denn er wird diesen nicht erben. Unter keinen Umständen.
Wie kommt es also, dass Rondra und ich uns gerade an dieser Tatsache so verbeißen und das Unglück seinen Lauf nimmt. Meine Verbohrtheit und mein falscher Stolz, ihr Gehabe als was auch immer bringen uns auf einen Weg, der eigentlich nur in einer Sackgasse enden kann. Macht er tatsächlich auch. Sie ist der Meinung, dass wir dieses Geld nicht aufbringen können, dass es zuviel ist und wir eine andere Lösung finden müssen. Ich hingegen denke weiterhin, dass es eine gute Lösung ist und dass wir kaum eine andere Möglichkeit haben, dies beinhaltet nun mal aber auch das Geld. Viel schlimmer ist, dass ich mich in meiner Ehre angegriffen fühle, dass sie mir anscheinend nicht zutraut, dass ich die Kinder oder auch nur sie ernähren kann. Mehr noch, ich bin nicht derjenige, der ihr das Leben absichern kann und nachdem wir erst einmal auf diesem Pfad sind, wird es doch eher hässlich. Gekränkt, ist es einfacher die falschen Worte zu finden und so fällt natürlich am Ende keine Entscheidung bis auf die, dass ich gewillt bin diesen Vertrag mit dieser kleinen von ihr gewünschten Änderung zu unterschreiben, sollte sie keine bessere Lösung parat haben. Bedeutet also auch, dass ich auf ihre Meinung pfeife und wir uns immer weiter voneinander entfernen.
Logisch, dass dieser Abend nicht gemeinsam ausklingen wird, denn während ich Rondra das Papier schon im Aufstehen und Trinken zurück über den Tisch schiebe - soll sie damit machen was sie möchte - ist mein Ziel klar. Kaylis ist irgendwann im Gespräch dazu gekommen, auch der Buntfuß vom Abend davor und was gäbe es schöneres als eine Männerrunde nach all diesem weibischen Geflenne. Bier für uns Jungs, Ignoranz für mein Weib, so dass ich nicht einmal bewusst wahrnehme, dass sie den Schankraum verlässt.

Runde um Runde habe ich mit den anderen getrunken. Nicht darauf geachtet, wer bezahlt oder ob überhaupt bezahlt wird und auch nicht darauf geachtet, wie sehr mein Pegel steigt. Es ist mir schlicht egal. Mein Weib hält mich für einen Nichtsnutz. Früher hätte mich dies amüsiert, heute jedoch ist es etwas ganz anderes. All die letzten Monate, all die Zeit, die ich für sie gearbeitet und geschuftet, mein Leben komplett umgekrempelt habe. Ohja, ich kann ein Nichtsnutz sein und irgendwie bin ich fest entschlossen ihr dies zu beweisen, auch wenn es natürlich nicht gerade förderlich ist. Sie hat mich in meinem Stolz gekränkt, meine Ehre angegriffen, tiefer hätte sie wahrscheinlich nicht zulangen können. Zwischen uns ist schon vor einiger Zeit etwas kaputt gegangen, aber vielleicht war dieser Abend das letzte bisschen Hoffnung, welche auf dem Fußboden des Wirtshaus zerschellt ist. Dass ihre Einwendungen mehr als berechtigt sind bezüglich des Geldes, dies weiß ich irgendwo ganz tief in mir drin auch, habe ich schließlich selbst vorsichtig bei dem Blonden angeklopft, wie notwendig diese Summe wirklich ist. Wir kommen aus verschiedenen Welten, er kann sich nicht vorstellen, was ein Lehen in der Steiermark bedeutet. Obwohl er es wissen sollte, schließlich ist er einer der Invasoren gewesen. Dennoch, meine Wut richtet sich nicht gegen den Freund, denn die Wahrheit habe ich irgendwo in eine ganz dunkle Ecke meines Kopfes verbannt. Meine Wut richtet sich gegen Rondra und sicherlich halten mich die falschen Gründe von schlimmeren Vergehen in dieser Nacht ab. Huren sind eben nicht mein Stil.
Vollkommen betrunken verabschiede ich mich gar nicht so spät von den beiden Männern, die wohl auch - hoffentlich - ihrer Wege gehen und suche meinen Weg nach oben. Gar nicht so einfach, wenn sich alles zu drehen scheint. Egal, ich bin schlimmeres gewohnt und Glück ist hierbei sicherlich, dass die Kinder in Reutlingen sind. Ich brauche mehrere Anläufe, um in das Zimmer zu gelangen, immer wieder findet sich der Schlüssel am Boden wieder - Schade, dass das Zimmer gar nicht verschlossen ist. Zugeschlossen habe ich es irgendwann, dann muss es wieder auf. Sicherlich wäre es das Vernünftigste sich nun in das Bett zu legen, meinen Rausch auszuschlafen und am nächsten Morgen mit dem Weib zu reden. Allerdings ist mir bereits schon unten im Schankraum eine andere Idee gekommen und so ist es mein Mantel, der bald den Weg über meinen Körper findet. Nicht gerade so wie man ihn trägt, aber neue Moden werden eben so begründet. Ist doch egal, dass er auf halbacht hängt und irgendwie...egal. Meine Unzulänglichkeiten muss ich ja nun sicher nicht weiter ausführen, zumal mein Weg mich mehr oder weniger elegant wieder nach unten führt. Dass ich dabei zumindest einmal hinfalle ist sicherlich nicht dem Alkohol geschuldet sondern wahrscheinlich eher meiner Ungeschicktheit. Außerdem habe ich vergessen die Zimmertür zu schließen - aber hey. Ich bin ein Nichtsnutz, Beweis angetreten, Frau Richterin.
Mein Weg führt mich wie am gestrigen Tage schon zum Hafen. Dass ich nicht kläglich ersaufe ist sicherlich dem Glück zu verdanken, aber wie sagt man so schön? Das Glück ist mit den Kindern und den Besoffenen. Die Kneipe des gestrigen Abend ist schnell gefunden, man kennt mich schon, nur dass diesmal das hübsche Weib an meiner Seite fehlt. Umso besser. Lässt sich besser Saufen. Nicht nur dies, sondern eben auch das, was mir am Abend zuvor verwehrt geblieben ist. Ein Boxkampf. Ach, was rede ich? Einer?! Mehr. Es fällt mir nicht wirklich einfach mein Hemd und meinen Mantel los zu werden, vor allem ist es irgendwie nicht ganz gerecht, dass ich gegen mehrere antreten muss - was allein meiner betrunkenen Wahrnehmung geschuldet ist -, aber es läuft zunächst gar nicht so schlecht. Der Kampfstil of the drunken fist. Wer kennt ihn nicht? Zwei der jüngeren Burschen müssen sich mir geschlagen geben, wahrscheinlich aufgrund der Tatsache, dass ich eigentlich ein sehr geübter Boxer bin. Blöd ist dann eben, wenn so jemand wie ich auf einen weitaus weniger betrunkenen, aber genauso erfahrenen Kämpfer trifft? Ordentlich einstecken. Faustschläge auf den Oberkörper und schließlich auch ins Gesicht. Alles erlaubt, wir sind ja nicht auf einem Kindergeburtstag und so sieht man mich bald heftig bluten. Cut an der Augenbraue, auf die Zunge gebissen, so dass ich immer wieder Blut spucke. Aufgeben? Quark. Ich bin ein mindestens genauso guter Boxer wie Ernährer. Zumindest in meiner Vorstellung, die nun aber nicht gerade davon getragen wird, dass ich schließlich auf die Bretter geschickt werde.
Keine Ahnung wie lange mich das Schwarz gefangen hält, in jedem Fall blute ich immer noch und irgendwer ganz schlaues hat sowohl das weiße Hemd als auch meinen Mantel (wenigsten ist der rot) auf mich geschmissen. Nur noch halb so betrunken, aber betrunkener als die meisten, nehme ich zuerst den Kampf mit diesen Dingen auf, bevor ich mich wie ein verprügelter Hund von dannen mache. Der Vergleich trifft sich. Mein Auge, es ist das linke, welches auch schon den Cut darüber hat, schwillt langsam zu, so dass es alles nicht einfacher wird. Wie ich nach Hause gekommen bin? Weiß ich nicht so genau, in jedem Fall bin ich recht nass, da ich mir öfter mal den Schnee genauer anschauen musste. In mir brodelt es, mehr als zuvor. Wäre das Weib im Zimmer, dann wäre sie sicherlich unangenehm überrascht. Mein Fuß findet seinen Weg kräftig gegen das Bett, begleitet von leisen, englischen Flüchen. Dafür aber umso heftiger. Hört sie natürlich nicht, denn sie ist nicht da - was ich aber nicht bemerke, denn sonst wäre diese Nacht immer noch nicht zu Ende. Wie ich ihr einmal prophezeit habe, ist das einzige Bett, in welchem sie zu liegen hat meins. So aber lasse ich mich in dem Glauben, dass das Weib da liegt und sich nur tot stellt, auf meine Seite des Bettes fallen. Blut würde sich also nicht nur auf dem Boden befinden oder auf meinem Hemd, sondern somit auch noch im Bett, welches sich da weiter fröhlich verteilt.
Was würde man sehen? Einen lädierten Oberkörper, der Spuren der vielen Faustschläge aufweist, die ich einstecken musste - allerdings wohl denen vorbehalten, die mich mit ausgezogenen Hemd sehen würden. Das Gesicht hingegen, dies würde wohl nicht verborgen bleiben. Ein Cut über dem linken Auge, der nur halb so schlimm ist, wie er geblutet hat. Dazu ein zugeschwollenes Auge und gleich daneben, allerdings am rechten Auge, noch einen kräftigen Bluterguss auf meinem Wangenknochen. Alles in allem sehe ich jetzt eindeutig wie der Nichtsnutz aus, für den Rondra mich meiner Ansicht nach hält. Vor allem rieche ich wahrscheinlich auch so, denn dem Schnaps habe ich ausgesprochen fröhlich zugesprochen. Der nächste Tag würde wohl mit einem heftigen Kater beginnen.

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Rondra
15./16. Januar 1463
{Heilbronn - Vertragsverhandlungen}


Was genau so fürchterlich furchtbar an diesem Vertrag ist, vermag Rondra gar nicht zu fassen. Es ist so vieles und gleichzeitig ist er unglaublich großzügig. Das weiß sie, das wissen sie alle, inklusive Kaylis.
Doch Johanna wäre damit eine Wettinerin. Ganz dem Gutdünken von Kaylis ausgeliefert – und dem Mann, den er eines Tages für sie wählen würde. Das schmerzt und keinesfalls soll ihr Augenstern in die vollkommene Abhängigkeit eines Mannes gelangen, noch dazu womöglich gegen ihren Willen.
Ja, Rondra hat sich in eben diese Abhängigkeit bugsiert und niemals war ihr das so klar, wie in der auf dies Gespräch folgende Nacht. Achttausend Taler scheint der Marktwert der Peverellkinder zu sein und Rondra selber kann dazu nichts, aber rein gar nichts beitragen. Es wurmt sie, frisst in ihr und das Gehabe das Kelian dabei an den Tag legt, macht alles nicht besser. Falscher, englischer Stolz gegen heißkochende Muttergefühle. Das kann nicht gutgehen und tut es auch nicht.
Als Kelian sich den Saufkumpanen für diesen Abend zuwendet und Rondra darunter ausgerechnet Kaylis ausmacht, ist es Zeit für sie zu gehen.
Nicht etwa hinauf in ihr Zimmer, dort würde sie mit Sicherheit ersticken, sondern nach draußen. Dort ist es allerdings kalt, bitterkalt, so ohne Umhang und Mütze – und auch mit wenig Bargeld, denn immerhin war es als Wirtshausabend gedacht.
Sich einen anderen Gasthof zu suchen, fällt also flach, weshalb es erstmal der Stall ist, wohin das Weib flüchtet. Allein mit ihren Gedanken, darauf wartend, dass die Kerle sich aus der Schankstube verziehen. Was passiert eigentlich, wenn der Vertrag in Kelians Todesfall Bestand hat, sie selber allerdings ohne jegliche Einkünfte dasteht, mitsamt den Kindern? Lehen werden nicht vererbt. Tatsächlich, sie hat alles aufgegeben für ihn und fragt sich heute, ob sie weiß für wen genau sie das getan hat.
Ewigkeiten scheinen vergangen zu sein, als sie sich endlich in ihr Zimmer begibt. Das Zimmer – und somit auch das Bett – ist leer. Natürlich. Was hat sie auch anderes erwartet? Dass das selbe für ihn wie für sie gilt? Das gemeinsame Bett?

Nein, nicht in dieser Nacht, sie würde nicht warten bis er zurückkommt, falls er es tut. Recht schnell geht es wieder hinaus und über den Gang. Nun, da sie zumindest diese kleine Entscheidung gefällt hat, geschieht was schon vor Wochen hätte passieren müssen – sie verzweifelt und die lange zurückgehaltenen Tränen bahnen sich ihren Weg. So öffnet ihr also Arioste die Tür, womit Rondras Platz für die Nacht gefunden ist. Viel ist aus der Blonden nicht heraus zu bekommen, zu aufgewühlt ist sie, um die ganze Geschichte auch nur annähernd zusammenhängend zu erzählen. Zumal sie ihren eigentlichen Anfang schon viel früher genommen hat. Also bleibt es weitestgehend dabei, dass Rondra sich in den Armen der Freundin ausweint – reden würden sie später, bei ihrer Rückkehr nach Reutlingen.
Irgendwann übermannt die Müdigkeit die Dunkelhaarige und Rondra erhebt sich. Meilen muss sie im Zimmer auf und ab gelaufen sein, während sie sich das müde und nebelige Hirn zermartert. Wut auf Kelian, Ekel vor sich und ihrer eigenen Machtlosigkeit. Beides keine guten Gefühle, aber sie treiben die einstige Fuggerin zu wahren gedanklichen Höhenflügen an.
Ein kleiner Faden zeigt sich ihr, nicht mehr als ein Fussel, doch als sie ihn ergreift und beginnt weiter und weiter zu spinnen, ergibt sich schließlich ein geordnetes Knäul. Ein Plan und noch nichtmal ein dummer, wenn er sich umsetzen lassen würde.
Mit diesem Plan kehrt sie zurück. Die Fuggerin. Das blonde Gift. Die Eiskönigin. Wie immer man es nennen will. Schließlich, in den frühen Morgenstunden verlässt sie leise das Zimmer der Freundin. Viel Zeit bleibt ihr nicht, das eine oder andere gilt es vorzubereiten, bevor die Reisegesellschaft erwacht. Wieder über den Flur, ins eigene Zimmer. In graublaue Schattenspiele taucht das Ende der dunkelsten Nacht das Zimmer. Dieses Mal ist es nicht mehr leer. Rondra riecht es, bevor sie Kelian sieht. Schnaps, kalter Rauch, klebriger Schweiß, trockenes metallisches Blut – ach, sie weiß gar nicht was sie alles riecht, aber das Gemisch steht im Raum und zwingt ihr Übelkeit auf.
Der Drang das Fenster einfach aufzustoßen und die kalte, klare Winterluft herein zu lassen ist groß. Die Angst ihn zu wecken größer. Ihre Entscheidungen sind gefallen, seine scheinbar auch.
Nur kurz stockt ihr Schritt, als sie seine Bettseite erreicht. Viel Licht dringt nicht durch den kleinen Spalt der angelehnten Zimmertür, aber es reicht aus um ihr seine lädierte rechte Gesichtshälfte zu präsentieren. Ein kleiner Schock durchfährt sie, wie von selbst stellt sich ihr Körper darauf ein an seine Seite zu eilen. Den zu pflegen, den sie liebt. Doch es scheint ein Impuls aus einem anderen Leben zu sein. Es ist nicht schwer eins und eins zusammenzuzählen und die grimmige Wut wieder in ihrem Brustkorb toben zu lassen. Ein Nichtsnutz? Nein. Ein Idiot, den sie nicht zu kennen glaubt.
Zu ihrer Truhe geht es. Ein neues Kleid. Die Spuren der Nacht wird sie aus ihrem Gesicht nicht tilgen können, aber aus ihrem Auftreten. Umhang und Mütze, dazu Handschuhe. Schließlich noch etwas.
Mit dieser Beute soll es hinunter gehen, in den Gastraum. Frühstück, Papier, Feder und Tinte wären ihr Wunsch – unter anderem.

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