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Dark water

Kelian_


A little party never killed nobody
16.01.1463


Utopisch zu denken, dass ich mich zu dieser Stunde auch nur schon rühren würde. Das Weib, welches sich da so leise in das Zimmer schleicht, braucht keine Angst zu haben. Angst. Wüsste ich, dass sie diese auch nur irgendwie verspürt, was meine Person angeht, so würde ich mich gewaltig schämen und sicherlich noch einmal sehr viel gründlicher über die letzten Wochen nachdenken. Habe ich so auch, auch wenn es vielleicht unmöglich scheint. Nein, ich habe schon oft darüber nachgedacht und auch gestern entzieht sich leider nicht meinen Gedanken. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn sie das Fenster zu dieser frühen Stunde aufgemacht hätte. Macht sie aber nicht und so hat sie alle Zeit der Welt.
Es dauert noch eine ganze Weile bevor ich mich das erste Mal rühre. Erwartungsgemäß tut mir alles weh. Ich bin keine zwanzig mehr, eine Prügelei sollte nicht das sein, womit ich mich herumschlage. Im wahrsten Sinne des Wortes. Das Blut ist in meinem Gesicht verkrustet, meine Hand die vorsichtig darüber fährt, spürt es sofort. Leise kommt ein Stöhnen von mir - es geht mir nicht sehr gut. Mir der wirklichen Ausmaße des gestrigen Abend nicht bewusst, nicht wissend das Rondra nicht einmal die Nacht in diesem Zimmer verbracht hat, ist mein erster Impuls nach ihr zu rufen. Krächzend, heiser. Ron-dra? Als gutes Weib wäre sie doch sicherlich in der Nähe, oder nicht? Die Erkenntnis, dass sie es nicht ist, kommt schnell und es stellt sich mir nicht einmal die Frage, ob sie nun kein gutes Weib ist, sondern eher, warum sie nicht hier ist. Einzelheiten des gestrigen Abends drängen sich auf, wissend, dass ich mich nicht von meiner besten Seite gezeigt habe. Wie auch? Die letzten Wochen, Monate waren so anstrengend, haben uns immer wieder ans Äußerste getrieben, dass ich manchmal an uns beiden zweifle. Ich sollte es nicht, ich sollte daran arbeiten. Hab ich die letzten Tage auch, es hat ganz wunderbar funktioniert und dann habe ich mein Glück für das Glück ihrer Tochter geopfert. Ihrer Tochter. Nein, mein Denken ist aus den Bahnen, genauso wie die letzten Wochen. Nichts was uns weiter bringt und dass sie nicht hier ist, ist wohl ein sicheres Zeichen für mich. Ich weiß um mein Benehmen des letzten Abends, weiß auch, was mich deshalb wohl erwarten wird. Verdammte Scheiße.
Es dauert noch eine Weile bevor die Kopfschmerzen und meine allgemeine Verfassung es überhaupt zulassen mich zu erheben. Die Erkenntnis, dass ich ihr nicht ganz egal zu sein scheine, wiegt einiges. Tee. Wasser. Tücher. Brot. Alles wird benutzt, ich setze die Idee um, die das Weib schon früher am Tag hat. Fenster auf. Langsam und vorsichtig wische ich mir das Blut weg, das Hemd würde ich wegschmeißen müssen. Egal wie, es ist alles Scheiße und mein Weib steht mir nicht zur Seite. Schwer nur kriege ich das Brot runter, selbst der Tee scheint nicht ganz Willkommen zu sein. Ganz in Schwarz und als ob ich um einige Jahre gealtert bin, verlasse ich das Zimmer. Rondra suchen oder nicht? Manchmal braucht man ein wenig Abstand und mir scheint so, als ob es für uns gerade ein guter Zeitpunkt wäre. Könnte der Tag bei meiner Verfassung besser werden? Wahrscheinlich nicht. Fürchterlich langsame Schritte führen mich hinunter, mein Gesicht deutlich von der letzten Nacht gezeichnet. Ich würde wochenlang so aussehen und Rondra sowie auch mich an diesen Abend erinnern. Wo stehe ich? Zwischen sauer und verletzt, alleine und gemeinsam. Die Kopfschmerzen machen es wirklich schwer einen klaren Gedanken zu fassen. Dies sicherlich auch der Grund, warum ich Rondra nicht sehe, erst darauf hingewiesen werden muss. Dies aber nachdrücklich, anscheinend will sie mich sehen. Es ist nur ein winzige Zögern, dann wird dem Wirt - der mich natürlich in einer Mischung aus Neugier und Ablehnung mustert - meinerseits gedankt. Sie möchte mich also sprechen, huh? Langsam geht es in ihre Richtung, Worte suchend, die irgendwie in meinem Kopf herumfliegen und keinen klaren Satz ergeben wollen.

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Rondra
19. Januar 1463
{Esslingen}


Was für ein Abend. Wieviele Runden Rondra nun schon durch das Zimmer gestiefelt ist, die Holzdielen könnten es sicherlich erzählen. Vier Schritte vom Bett zum Fenster, von dort bis zum Waschtisch drei, Waschtisch zur Tür schlägt mit ganzen sechs zu Buche. Meisten verharrt der Blondschopf an der Tür für einige Sekunden. Manchmal presst sie sogar ihr Ohr gegen das Holz, um herauszufinden ob sich nicht langsam Schritte nähern. Nein, bisher wurde sie in ihrem Warten nicht erlöst, weshalb sie die Runde auch immer wieder aufnimmt. Ab und an starrt am Fenster stehend kurz hinunter auf die grauweiße Gasse. Doch nichts findet sich, was den Blick der Blauaugen auch nur länger als für zwei Herzschläge fesseln könnte.
Warten. Sie. Ein Ding der Unmöglichkeit und doch hat sie sich selbst dazu verdammt am heutigen Abend. Kelians Angebot stand immerhin, sie hätte ihn begleiten können. Doch sie hat abgelehnt, aus zwei Gründen. Zum einen vertraut sie ihm. Rondra hat ihren Standpunkt in diesem Vertrag mehr als deutlich gemacht – und auch wenn jene Nacht so katastrophal endete für sie beide, ihre Anmerkung würde er mit zu Kaylis nehmen, daran besteht kein Zweifel. Der andere Grund ist genauso simpel. Rondra kennt ihre Schwächen, nicht dass sie das davon abhalten würde gewisse Dinge manchmal doch zu tun, oder zu sagen – aber in diesem Fall ist es vielleicht besser die beiden Männer alleine zu lassen und gar nicht erst in die Versuchung zu kommen sich einzumischen.
Das Gespräch mit Balthasar hat ihr Aufwind gegeben. Der Plan scheinbar ein Sieg auf der ganzen Linie und er hat nicht einmal versucht sie herunter zu handeln. Klar, fünftausend im Jahr und ein Gasthaus würde die Familie Peverell nun nicht mit Reichtum und Wohlstand segnen, aber die zu tragende Last auf den Schultern wird etwas leichter. Dass sie beide diese Last gemeinsam zu tragen haben ist klar, auch wenn sie Kelian nicht großartig helfen kann.
Wieder also eine neue Runde angetreten, während sie beginnt die Hände vor ihrem Körper ineinander zu verkneten. Langsam müsste er doch zurückkommen? Am Ende begießen sie den Abend noch stundenlang feuchtfröhlich. Ein Alptraum.

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Kelian_


Do or die
19.01.1463


Das Problem dabei ist einfach, dass ich selbst gar nicht mehr so richtig daran denke, dass Rondra im oberen Stockwerk auf und abtigert. Wir Männer sind in einem Gespräch versunken, welches sich eben nicht nur um Johanna dreht, sondern auch noch um andere Dinge. Vor allem aber bringt dieser Abend im Wirtshaus unverhoffte Wiedersehen. Zum einen auf meiner Seite, aber auch auf Kaylis' Seite. Was machen? Dem so gut begegnen, wie man es eben machen kann. So dauert es also tatsächlich länger als geplant bis meine Schritte im Flur zu hören sind. Schwerer als normal, immerhin trage ich wenn ich den gemeinsamen Raum verlasse Schuhe. Barfuß gibt es erst dann, auch wenn ich es tatsächlich liebe und dies wahrscheinlich das erste ist, was ich tun würde - Schuhe ausziehen.
Egal wie, die Unruhe, die mich den ganzen Abend ein wenig befallen hat, ist sicherlich nicht ganz verschwunden. Wie auch? Die letzten Tage haben sicherlich Erleichterung gebracht zwischen Rondra und mir, aber dennoch ist es immer noch ein wenig wie auf heißen Kohlen wandeln. Nichts falsches sagen, diesen Frieden zwischen uns nicht zum Einsturz bringen. Es ist angenehm, aber sicher nicht endlich, oder? Die guten Nachrichten von vor wenigen Tagen haben natürlich auch dazu beigetragen, auch wenn es mich von den heutigen Entscheidungen und Bitten nicht abgehalten hat. Kaylis kann sicherlich nicht einschätzen was genau ich ihm da entgegen gebracht habe, aber ich denke, dass Rondra es erkennen wird. Das Zimmer ist erreicht, ich halte einen Moment inne, atme tief durch bevor ich die Tür vorsichtig öffne. Nur noch einen Moment in dem ich jegliche Deckung fallen lassen kann, bevor ich mich wieder leicht straffe. Auf geht es also. Hey. Leise, etwas brummig aber nicht unfreundlich. Ich lächle das Weib leicht an als ich sie im Zimmer auf und ab gehend gefunden habe. Wie schon angedacht, sind es zunächst meine Stiefel, die ich aus ziehe, bevor ich mich weiter in den Raum wage. Es lief gut. Das Ergebnis vorweg stellen, damit sie sich nicht unnötig weiter aufregt. Etwas zögerliche Schritte bringen mich in ihre Nähe. Nein, es ist nichts mehr selbstverständlich zwischen uns. Wir haben das Recht den potentiellen Heiratsvertrag mitzuverhandeln. Dann können wir selbst Sorge tragen, dass Johanna einen angemessenen Standard erhält. Das erste von den Dingen, die sie besprochen haben. Da kommt aber noch mehr, was man mir auch ansehen kann. Klar, ehrlich gesagt wirke ich fast ein wenig euphorisch.

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Rondra
19. Januar 1463
{Esslingen}


Leise öffnet sich die Tür, aber letztlich ist genau das das Geräusch, auf welches all ihre Sinne ausgerichtet sind, auf das sie seit einer gefühlten Ewigkeit wartet. Wahrscheinlich fühlen sich werdende Väter bei der Niederkunft ihres Weibes ähnlich – nur dass Rondra keinen Schnaps hatte um die Warterei erträglicher zu gestalten. »Kelian!« Ein bisschen zu stürmisch klingt es sicherlich. Ungeduldig wartet sie ab, bis die Stiefel von den Füßen sind. Etwas, was sie eigentlich sehr an ihm liebt, diese Macke barfuß zu laufen, heute schiebt sein Treiben sie ein Stückchen näher an den Wahnsinn.
Wäre er nun freudestrahlend hereingeplatzt, vielleicht wäre alles einfacher gewesen. Sein ‚Es lief gut‘ kann sie nicht einordnen. Bei aller Liebe, wer weiß was für Welten bei dieser Interpretation womöglich zwischen ihnen liegen. Natürlich hat der Blondschopf es aufgegeben große Kreise zu ziehen, dafür bewegt sie sich nun unruhig vor dem Fenster auf und ab, immer nur wenige Schritte. Rondra ist kein Weib welches gut ruhig sitzen oder stehen kann, aber das müsste er wissen.
Als er weiterspricht bleibt sie schließlich stehen, bei ihm und doch irgendwie mit Sicherheitsabstand. Kein bösartiger und eigentlich auch kein geplanter, ein vorsichtiger, zaudernder.
»Den Heiratsvertrag?«, wiederholt sie überrascht. Das ist nicht, was sie selbst fordern wollte, aber deshalb ist es nicht gleich schlecht. Nachdenklich runzelt sie die Stirn, prüft die Sache für sich selber um dann langsam zu nicken. »Das klingt sehr vernünftig.« Ja, so wäre das Geld, welches Johanna einst zur Verfügung hätte dem Stand angepasst, den sie einnehmen würde. Natürlich ‚mitverhandeln‘ ist sehr, sehr dehnbar, aber das würden sich sicherlich finden, oder? Es ist nicht so, dass sie schlechtes von Kaylis denkt, schon lange nicht mehr. Das Misstrauen hier gilt einzig und allein der Befürchtung nicht das Beste für Johanna zu bekommen, oder irgendetwas zu übersehen was sie einst in ihr Unglück stürzen könnte und sie als Eltern machtlos zusehen lassen zu müssen. Fragend neigt sich ihr Kopf ein bisschen zur Seite, während Rondra Kelians Gesichtszüge studiert. »Was noch?« Ja, auch ihr scheint klar zu sein, dass er noch mehr für sie parat hat, wenn auch ihre Miene eher verhalten und abwartend ist.

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Kelian_


Do or die
19.01.1463


Natürlich ist es nicht genau das, was sie jetzt wahrscheinlich erwartet hat und es ist ganz natürlich, dass sie für sich überlegt, ob es in Ordnung ist. Zu guter Letzt ist es eben wirklich ihre Entscheidung, sie hat die Tochter mit in die Ehe gebracht. Ich liebe Johanna, so sehr, dass sie mein eigenes Kind sein könnte. Ach was, sie ist es und doch bin ich über das Ziel hinaus geschossen. Sie muss wissen, was sie möchte und ob es gut genug ist für Johanna. Nicht ich. Ich kann mich noch so sehr als ihr Vater aufspielen, letztendlich bin ich es nicht. Diese Erkenntnis ist wieder aufgeflammt, nicht bösartig sondern einfach als Mahnung. Vielleicht hilft es sogar die Lage ein wenig zu entspannen. Ich muss mich eben nur daran erinnern. Ich denke auch, dass es vernünftig ist. Wir hatten zunächst über eine Art Rente gesprochen, aber so können wir so etwas selbst aushandeln. Naja, oder eben Rondra. Man würde sehen. Dies ist ja nun aber besprochen. Dass sie so nervös ist, ihren üblichen Tick auslebt, belustigt mich leicht. Langsam komme ich näher, versuche sie einzufangen. Ist ja nicht auszuhalten. Wie ein Räuber, der seine Beute gewittert hat. Ist auch schon länger her. Ich...ich habe meinen Teil beigetragen. Sie wird schon wissen, was ich meine. Wir schulden Kaylis viertausendfünfhundert Taler, zu dem Zeitpunkt, in dem Johanna verheiratet wird. Dies wird ihre Mitgift sein. Diese Summe verringert sich um weitere tausend Taler, wenn ich das Kind, welches wir aufnehmen zum Ritter schlage. Im gleichen Atemzug verpflichte ich mich, ihn nicht zu den Waffen zu rufen, sollte es für ihn einen Konflikt geben, weil es gegen das deutsche Königreich oder seine Sippe geht. Man weiß ja nie, gegen wen die Steiermark Krieg führt. Zuletzt gab es viele Möglichkeiten sich seine Sporen zu verdienen. Nun, da ich es so ausspreche, kommen leichte Zweifel in mir hoch. Würde sie das überhaupt gut finden? Ich bin mir nicht mehr so sicher.

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Rondra
19. Januar 1463
{Esslingen}


Mehrmals nickt sie, während ihre Unruhe zwar weniger wird, die kleinen Schritte hin und her aber vorerst bleiben. Ja, auch eine Rente klingt vernünftig und ist absolut nicht unüblich. Trotzdem ist diese Lösung für sie vollkommen in Ordnung. Nein, sie ist besser als das was sie eigentlich wollte. »Irgendwann müssen wir vielleicht klären wie weitläufig dieses Mitspracherecht ist. Es kann viel bedeuten und nicht – aber ich bin dagegen es bis ins kleinste Detail aufzudröseln.« Na ja, irgendwie schon, aber dann eben auch wieder nicht. »Ein bisschen Vertrauen gehört dazu, hm?« wie grotesk dies nun in Verbindung mit Kaylis zu sagen. Aber Kelian weiß sicherlich wie es gemeint ist. Wer, wenn nicht er?
Unbewusst wird Rondras Bewegungsraum noch ein bisschen kleiner, je näher Kelian herankommt. Einerseits, weil sie keines seiner Worte verpassen will und die Blauaugen förmlich an seinen Lippen hängen (ausnahmsweise nicht vor verzehrender Sehnsucht). Andererseits, weil ihr Körper einfach auf seine Nähe reagiert, in diesem Fall mit Ruhe.
»Viertausendfünfhundert? Guter Gott, Kelian!« ein ungläubiges Keuchen begleitet ihre Worte und genauso starrt sie in die Grauen. Dieses Mal kein entsetztes Keuchen, wie bei der letzten Summe, die er ihr genannt hat. Wo sind die achttausend Taler geblieben? Was beim Namenlosen hat er mit Kaylis da unter veranstaltet um ihn dermaßen nach unten zu treiben? Ja, Unglauben, aber gleichzeitig Respekt liegt in den Blauen. »Dreitausendfünfhundert?« Ja, heute ist es also an ihr ein bisschen dümmlich nachzuplappern. Immerhin hat sie gerade bewiesen, dass sie die Grundzüge der Mathematik beherrscht. Alles was daran gekoppelt ist, klingt mehr als gerecht. Eine Freiherrschaft gegen eine Ritterschaft. Mehr oder weniger, aber egal.
»Und das erst in…. ungefähr zehn Jahren?« Mehr als genug Zeit. Da wäre Rabenstein, dem es bis dahin sicherlich besser geht als jetzt. Außerdem womöglich die Zahlung des Klosters und das was ein Gasthaus abwerfen würde. Die Zahlungen deutlich früher beginnend. Es bleibt genug Zeit und es gibt genügend Möglichkeiten für diese Summe.
Oh, die Blonde ist nicht dumm, aber es dauert eben ein bisschen bis die Erkenntnis durchsickert, dass sie vorerst sorgenfrei sind. Die nachdenklichen Wolken schieben sich von ihrem Gesicht und machen Platz für ein Strahlen. Wie nahe er ihr ist, merkt sie erst als sie selbst wenige Schritte auf ihn zu macht und damit plötzlich direkt vor ihm steht. Egal, denn in ihrer Erleichterung ist es nun sie, die ihre Arme um seinen Hals schlingt. Stürmisch, beinahe jubelnd und sicherlich allzu feinfühlig.
»Aber das ist…. phantastisch…. unglaublich großzügig und…. absolut machbar.« Irgendwo an seinen Hals wird es gejauchzt. Ja. Alles würde gut werden, oder zumindest besteht die Chance darauf. Leise lacht sie, erleichtert und wirklich amüsiert. »Wieviel Bier musstest du ihm ausgeben?« ein necken, das so selbstverständlich über ihre Lippen fließt. Nein, nein, Rondra weiß schon was ihm gebührt. »Du bist großartig.« leise gemurmelt, während ihre Lippen seine Wange suchen wollen und dann verharren. Vielleicht nicht die allerbeste Idee ihn gerade derart anzugehen. Rondra stockt, als sie den Bluterguss wieder wahrnimmt. »Darf ich…?« Ihr Blick liegt auf seinen Lippen und eigentlich heißt es sicherlich ‚Kann ich?‘.

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Kelian_


Do or die
19.01.1463


Wie süß sie manchmal sein kann, der kleine Papagei. Dabei ist sie gar nicht so farbenfroh und ihre Stimme ist auch sehr viel schöner. Innerlich amüsiere ich mich leicht, auch wenn ich sicherlich nicht vergessen habe, was ich da unten getan habe. Leider keine von den Vermutungen, die sie anstellt, trifft darauf zu. Ich bin mir noch nicht sicher, wie genau sich dies auf mich auswirken würde. Wahrscheinlich hängt viel davon auch von Kaylis ab. Wie würde er mit den Informationen umgehen, die er bekommen hat? Ich schätze den Kerl, schätze ihn mittlerweile wirklich. Als Freund. Als Vertrauten. Trotzdem hätte ich dies alles lieber für mich behalten, noch ein wenig länger vorgegaukelt, dass wir in der Steiermark unantastbar sind. Natürlich weiß der Kerl, dass es nicht so ist, aber wer spricht schon gerne über seine Probleme? Bisher hat der Blonde ganz phantastisch reagiert, allerdings gehört dies sicherlich nicht ins Schlafzimmer. Nicht heute. Nicht zwischen mein Weib und mich, welches sich da gerade wieder ein wenig locker macht. Eigentlich ist sie in meinen Armen vollkommen Willkommen, allerdings sind da natürlich noch die Verletzungen meiner kleinen Partynacht. Stürmisch, jubelnd. Aua. Ich zucke ein klein wenig zusammen, aber automatisch schließen sich auch meine Arme um das Weib. Ist ja nicht so, dass ich nicht genau dies vor hatte. Warum auch sonst sollte ich mich langsam an das Weib heranpirschen. Trotz der Schmerzen, die sie mir bereitet hat, lache ich leise. Das weißt du doch schon lange, Weib. Ihre nächste Frage lässt mich ein wenig die Lippen verziehen, bevor ich den Kopf schüttle. Ablehnung einer Art, die sie so direkt sicher nicht von mir kennt. Allerdings greifen meine Arme sogleich fester um sie. Sie kann nicht weg. Ein Ding der Unmöglichkeit.
Ernst schaue ich sie an, bevor ein kleines Lächeln sich den Weg bricht. Für sie wahrscheinlich nicht mehr sichtbar, denn ich bin es, der mein Weib küsst und nicht anders herum. Euphorie, Hunger. Ja, Hunger auf sie, den ich schon lange habe, weshalb es keiner dieser überlegenden Küsse ist, die wir zuletzt hatten, sondern ein drängender. Was ich am liebsten machen würde? Das Weib langsam nach hinten drängen bis wir irgendwo Halt hätten und sie dann auf meine Höhe heben. Wunschdenken, weshalb ich mich mit diesem doch recht forschen Kuss begnügen würde. Es ist auch eine Art Antwort. Ja. Ich habe Kaylis herunter gehandelt und dafür nur mit meinem Stolz bezahlt. Früher oder später würde auch Rondra dies erfahren. Wahrscheinlich noch am gleichen Abend. Ja, wir müssen diese Summe wahrscheinlich erst in acht bis zehn Jahren erbringen, je nachdem wie schnell man einen Kandidaten für Johanna finden würde. Durch das zusätzliche Arrangement mit Balthasar sind wir zur Zeit sehr gut gestellt und könnten uns ganz in der Manier, was interessiert mich morgen, einfach weiteren, möglichen Geschwistern widmen. Soweit meine Gedanken. So schnell kann es gehen. Ein wenig Alkohol, ein Glückserlebnis und schon ist der Körper außer Kontrolle.

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Rondra
19. Januar 1463
{Esslingen}


Natürlich weiß sie das schon lange und Rondras Lächeln bestätigt das auch. Manchmal scheint es nur etwas verschüttet zu sein, wie großartig er eben ist. Ihr breites Strahlen droht schon zu versacken. Er verneint die Frage? Allerdings steht die feste Umarmung im vollkommenen Gegensatz dazu, weshalb der Blick des Weibes auch eher verwirrt ist, als bestürzt. Natürlich nicht lange, denn natürlich schließt sie die Augen als sie geküsst wird.
Ja, der Kuss ist anders als die Küsschen, die sie in den letzten Wochen ausgetauscht haben. Auf die Stirn, die Wange und ganz selten vorsichtig sanft auf die Lippen. Dieser Kuss erfasst das Weib wie eine unerwartete Windböe und bevor sie ihn richtig einordnen kann, katapultiert es sie gefühlstechnisch mitten in den Orkan. Ein Kuss, der längst vergessen schien und sich nun reißerisch den Weg bahnt. War da eine Mauer? Möglich dass sie noch da ist, fühlen kann sie Rondra gerade nicht. Es dauert zwei Herzschläge lang, bevor sie wirklich reagieren kann. Ihre Arme wandern wieder in seinen Nacken, wo ihre Hände erst zögerlich über seine Haare streichen, doch irgendwo muss sich Rondra festhalten und so klammern sich ihre Finger schließlich an seinen Hinterkopf. Halten sich und ihn. Verwirrend wie selbstverständlich ihr Körper sich an seinen schmiegt, während in ihrem Kopf gähnende Leere herrscht und die Schmetterlinge in ihrem Bauch zeigen wie sehr sie noch fliegen und durcheinander wirbeln können. Natürlich schafft Kelian es ihre Lippen im Handstreich zu nehmen, auch hier findet er Antwort auf ungestellte Fragen.
Nein. Seine Anziehungskraft auf sie scheint ungebrochen, zumindest ist das hier ein kleiner Beweis dessen. Abbrechen unmöglich, auch wenn sich diese leise Stimme in ihrem Hinterkopf warnend melden will, manchmal ist es einfach taub zu sein.

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Kelian_


Do or die
19.01.1463


Es sind Millionen Dinge, die mir in diesem Moment durch den Kopf rasen. Ich will sie. Natürlich will ich sie, ich will sie seit Monaten doch es scheint, dass irgendwie immer etwas dazwischen gekommen ist. Zuerst die Geburt meines Sohnes und das Verständnis, welches Weiber in diese Moment sicher brauchen. Hatte ich. Ich habe gewartet, dass sie erste Anzeichen gibt, dass sie wieder bereit wäre mich meinen ehelichen Rechten zu widmen. Ich bin mir sicher, dass ich sie nicht übersehen habe, sie waren einfach nicht da. Vollkommen in Ordnung, denn irgendwann ging dies fließend darin über, dass ich so wütend auf das Weib war, dass ich ihr nicht einmal in die Augen schauen konnte. Trotz steigenden Verlangens. Seitdem ist eine Menge Wasser den Mühlbach herunter geschwommen, ich habe Dinge getan, die ich nicht für möglich vor allem aber nötig gehalten habe. Lange, lange ist es her, dass wir nun also so nah beieinander waren und uns dabei auch noch in dieser Art berührt haben. Es fühlt sich gut an. Fremd vertraut. Aufregend. Richtig. Sind es die berühmten Dämme, die da zwischen uns brechen? Kann man sicher noch nicht beurteilen, der Wunsch sie einfach gegen eine Wand zu pressen ist stark. Sehr stark. In meinem Kopf spielt sich alles einmal ab, während ihre Hände sich da so wundervoll in meinen Haaren vergraben und mich dabei unterstützen. Ein leises Brummen, so tief und kehlig, wie sie es seit Monaten nicht mehr gehört hat. Ich will mehr, soviel mehr. Richtig oder falsch? Mir egal, ist mir alles egal in diesem Moment, ich würde wahrscheinlich zunächst nicht mal bemerken, sollte sie sich wehren. Da wäre heute ein heftigeres Wehren erforderlich, denn ich verfolge zumindest so ähnlich wie ich es mir vorgestellt habe, die Phantasien in meinem Kopf.
Ein Anfang dazu ist sicherlich das Weib aus diesem fürchterlichen Kleid zu bekommen. Eigentlich ist es hübsch, aber gerade natürlich viel zu viel. Meine Hände, die sich bis zu diesem Zeitpunkt fest an beiden Seiten ihres Hinterns festgehalten haben, gehen auf Wanderschaft, fassen an, was sie so lange nicht mehr gespürt haben. Ihre Hüften, die Taille entlang. Es macht mich wahnsinnig. Ihr Geruch, ihr Körper an meinem, der Kuss, den ich natürlich nicht unterbreche. Warum auch? Kurz nur dauert die Wanderschaft an, bevor sich die rechte Hand wieder um sie schleicht, sie fest hält, während die Linke ohne darüber nachzudenken ihre Schnürung angreifen will. Sie ist wie eine reife Frucht die an einem Baum hängt und ich der Verhungernde. Es wird ein Spiel zwischen zärtlicher Rücksicht und feurigem Verlangen - gepaart mit der Tatsache, dass ich schon lange nicht mehr auf diese Spielwiese durfte. Leistungsverzeichnis liegt dementsprechend anbei, Frau Peverell - sie ernten jetzt, was sie vor Monaten gesät und danach gehegt haben.

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Rondra
19. Januar 1463
{Esslingen}


Es ist heftig, es ist viel. Im gesamten Zimmer scheint es nur Kelian zu geben. Falsch. Das Zimmer scheint sich auf ihn zu reduzieren. Seine Lippen, sein Haar zwischen ihren Fingern, sein Körper, sein Duft – das Gasthaus könnte niederbrennen und Rondra würde es nicht richtig bemerken. Sein tiefes Brummen geht ihr durch Leib und Seele. Es heilt nicht, aber es legt sich wohlig über die Wunden der letzten Monate. Es erfährt ein Echo: ihr leises nach Luft schnappen, dann ein schwaches Keuchen. Jede seiner noch so kleinen Berührung hallt in ihr nach, wie ein Stein der ins Wasser fällt und dann immer größere Kreise zieht.
Ein betörender Rausch, dass seine Fortsetzung der Angriff auf die Schnürung ihres Kleides ist, scheint vollkommen logisch – sofern Logik hier überhaupt Anwendung findet. Begehren und Leidenschaft sind Raubtiere deren leichteste Beute Logik und Verstand sind. Die Gier nach mehr, auch Rondra kennt sie. Es ist dieses Gefühl von dem man nicht genug bekommen kann, egal wieviel es nun wirklich ist. Diese allesverzehrende Sehnsucht, die sogar anhält wenn sie bei ihm liegt. Lange nicht gespürt.
Ihre Hände lösen sich, um im Gegensatz zu seinen wiederum an Kelians Seiten hinab zu gleiten. Rechts und links an seiner Hüfte bleiben sie liegen – kein Klammern, aber doch ein festerer Griff. Nein. Es wäre gelogen zu behaupten, dass sie ihn nicht will. Will sie, mit aller Macht. Trotzdem schlägt ihr Herz nicht nur aus Lust derart stürmisch gegen ihre Rippen. Eine bange Unternote ist dabei. Angst. Wovor genau kann sie nicht festmachen. Jedenfalls nicht vor Kelian. Davor, dass es anders sein könnte als früher. Ihnen irgendetwas abhandengekommen ist, in all den Monaten. Sieht nicht danach aus, fühlt sich gerade auch nicht danach an, aber diese Angst ist wie ein niedrig dosiertes Gift, das langsam eben doch seine Wirkung entfalten kann.
Rondra ist es schließlich die den Kuss löst. Weder schnell noch gleich endgültig. Immer wieder legen sich ihre Lippen nochmal auf seine, schmeckt ihr Mund den seinen, bis sie irgendwann wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. Gerade weit genug um ihn mustern und sprechen zu können. Trotz seiner Blessuren, er könnte kaum schöner sein, oder? Es verschlägt Rondra sprichwörtlich die Sprache, die sie doch so verzweifelt versucht zusammen zu kratzen.
»Ich…« Großer Gott, wie bescheuert ist sie eigentlich? Rondra schluckt schwer und startet einen anderen Versuch. »Es ist so lange her…« Nicht ganz das was sie sagen wollte, aber vielleicht besser. Jedenfalls zieht sie sich nicht weiter zurück und gibt auch ansonsten keine Signale, dass das hier nicht gewollt sein könnte. Gegen dieses mulmige Gefühl hilft es ihr aber auch nicht weiter.

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Kelian_


Do or die
19.01.1463


Da sag noch mal einer, dass wir Männer nicht multitaskingfähig sind. Sind wir nämlich wohl, wie man gerade unschwer erkennen dürfte. Vielleicht nicht in vollendeter Perfektion, allerdings hat davon ja nun auch wieder niemand geredet. Ich erhalte den Kuss aufrecht, auf diesem liegt sicherlich die Hauptaufmerksamkeit, immerhin haben wir dies schon lange nicht mehr gemacht. Mit der einen Hand halte ich mehr oder minder das Weib, ist ja nicht so, dass sie sich nicht selbst halten kann - also keine große Anforderung an diese Aufgabe. Allerdings ist da die dritte und die hat es in sich, denn Schnüre sind schon bei voller Aufmerksamkeit eine Herausforderung. Es ist also nicht verwunderlich, dass es noch nicht gefallen ist, das gute Kleid. Ist allerdings auch nicht allzu schlimm, es hindert mich einfach über sie herzufallen - was durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Es ist das eine, monatelang zu warten, die Versuchung immer neben einem liegen zu haben. Ich habe - finde ich - starken Willen bewiesen und gezeigt, dass ich mich durchaus beherrschen kann. Nun aber, da sie die Lust in mir geweckt hat - oder war ich es selbst? -, sich nicht dagegen gewehrt hat. Pah! Ein Ding der Unmöglichkeit. Dass ich den Stoff des Kleides nicht zerreiße, liegt allein daran, dass ich diesen Fall der Fälle nicht vorgeplant habe und den Stoff leider nicht irgendwo heimlich angeritzt habe, damit ich auch reißen kann. Wer ist schon stark genug dafür?
Als Rondra also ihre kleine Geschichte versucht zu erzählen, bin ich noch lange nicht fertig mit den Schnüren. Kommt mir also ganz gelegen, dass ich mich auf die Hauptaufgabe gerade nicht konzentrieren kann und so die Prioritäten verschieben kann. Ihre Worte, klar, kommen bei mir an, aber man mag mir mein Mangel an Feinfühligkeit in diesem Moment verzeihen - mein Blut ist ausreichend anderweitig beschäftigt, als dass mein Gehirn derart versorgt werden könnte. Viel zu lange. Gut, genauso meinte sie es ja schließlich auch. Wie auch sonst? Ich würde nicht mal im Traum auf die Idee kommen, dass sie jetzt anfangen könnte darüber nachzudenken, dass sie es nicht wollen würde. Könnte mal wieder böse enden, dies hier. Ich jedenfalls halte die Angelegenheit mit einem breiten, frechen Grinsen für erledigt. Klar, dass es dann dazu führt, dass ich die Schnüre endlich aufbekommen habe, komplett. Die Aufmerksamkeit meinerseits rutscht daher auch sichtlich eine Etage tiefer, vergessen sind Rondras Worte und nie bemerkt ihre leichte Besorgnis. So lange nicht mehr so nah gesehen und schon gar nicht berührt. Nicht ganz frei, leider immer noch verborgen von einem Unterkleid liegt da ihr Oberkörper, das Kleid ist immerhin bis zu den Hüften gerutscht. Erste Amtshandlung? Kleid ganz entfernen, es bedarf nur eines leichten Zugs meiner rechten Hand, damit es ganz fallen kann. Wieder brumme ich leicht - was würde folgen? Ein weiterer Kuss, meine linke Hand genau wieder da, wo sie zuvor schon war nur diesmal eindeutig mit ihrem Busen beschäftigt und nicht mehr mit der Schnürung. Nun doch ein wenig mehr drängend, mein Körper an ihren, im Gesamten. Meiner Meinung nach kann sie ruhig merken, dass ich bereit bin - bin ich schon lange. Seit Monaten eigentlich. Sicherlich würde ich versuchen das Weib Richtung Bett zu führen, was dann sicherlich auch sobald sie darauf befindlich wäre Kleidungsverlust auf meiner Seite zur Folge hätte. Ich will sie. Jetzt. Verdammt. Hauptsache sie spielt mit.

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Rondra
19. Januar 1463
{Esslingen}


Hatte sie erwartet er könnte ihre Gedanken lesen, oder in ihr Innerstes blicken? Nein, irgendwie nicht und trotzdem war da der blassrosa Hoffnungsschimmer Kelian könnte den kleinen Zwischenton verstehen. Zugeben, er war ziemlich schwächlich, denn das was Kelians Finger da veranstalten bleibt natürlich auch nicht ohne Regung ihres Körpers. Vielleicht ist es wirklich lächerlich, denn das sie nach ihm verlangt dürfte genauso klar ersichtlich sein, wie andersrum – gut, vielleicht nicht ganz so sehr, aber dafür ist sie ja auch ein Weib und er ein Kerl. Das freche Grinsen ist es, das schließlich jedes weitere Wort dazu verdammt unausgesprochen zu bleiben. Rondra ist kein Backfisch mehr und hat durchaus genug Erfahrung um zu wissen wann es für die Diskussionskerze zu spät ist. Die letzten Monate waren außerdem belastend genug, um nun mit Hirngespinsten und Ängsten um die Ecke zu kommen – die womöglich vollkommen unbegründet sind.
Angriff ist die beste Verteidigung, oder nicht? Da diese Entscheidung binnen eines Wimpernschlags gefallen ist, lässt Rondra ihren Kopf leicht nach vorn sinken. Die Blauaugen schließen sich erneut, als Kelian sie berührt. Körper an Körper, dank seiner linken Hand dürfte ihm klar sein, dass sie dies Spiel nicht kalt lässt. Ähnlich wie es andersrum nun wirklich kaum zu ignorieren ist.
Vorsichtig beginnt sich ihr Kopf zu regen, ihre Lippen wandern seine Halsbeuge hinauf, nur um schließlich von seinen Lippen und dem erneuten Kuss abgefangen zu werden. Plötzlich ist es wieder ganz leicht die Schmetterlinge wirbeln zu lassen und das Stimmchen einfach zu ignorieren.
Das leichte Drängen in Richtung des Bettes, ein Richtungswechsel – wie lange ist diese Art von Tanz her? Blind für den Weg, dicht aneinander gedrängt, die Füße halb über den Boden schiebend, meistens kurz davor zu straucheln. Rondras Idee unterwegs nun ihrerseits zu beginnen an der Schnürung seines Hemdes zu nesteln, ist also sicherlich nicht die allerbeste. Immerhin sorgt der Versuch für einiges Gekicher und leises Lachen – was wiederum die eigene Anspannung etwas mindert. Sanft und ziemlich vorsichtig wird das Hemd aber irgendwann über den braunen Schopf gezogen. Da man schon dabei ist, fällt ihr Unterkleid diesem Spiel auch gleich zum Opfer. Nunmehr Haut an Haut, auch wenn Rondras Berührungen darauf bedacht sind ihm keine weiteren Schmerzen zu verursachen. Immer noch schillert sein Oberkörper fast so bunt wie ein Regenbogen, so dass man kaum weiß wo man nun unbefangen anfassen kann.
Als das Bett schließlich erreicht ist, fallen auch die letzten Hüllen. Eine Mischung aus stürmischer Leidenschaft und vorsichtigem Wiederkennenlernen bricht über sie herein. Vertraut und doch so lange nicht gespürt. Nicht nur körperlich, schließlich sind sie auch auf anderer Ebene auseinandergedriftet. Nun das Bett wieder miteinander zu teilen ist zumindest für Rondra mehr als eine kleine Annäherung. Was danach wäre und wohin es führt, steht auf einem anderen Blatt.
Natürlich erntet nicht nur Rondra was sie gesät hat, hier ist es nun auch umgekehrt der Fall. Jede kleine Berührung, jeder Kuss findet seine Antwort und wird zurückgegeben. Nein, von dieser Sucht nach ihm würde es wahrscheinlich niemals Heilung geben. Trotzdem, so ganz mag sie der Sturm nicht mitziehen. Je mehr sie sich dem Unvermeidlichen nähern, desto nagender wird diese bescheuerte Angst in ihr. Sie sollte unbegründet sein, doch was kann man gegen seine eigenen Gedanken schon tun? Es funktioniert, es ist gut. So zärtlich und behutsam, wie es unter diesen Voraussetzungen nur sein kann und Rondra weiß, dass dies nicht selbstverständlich ist – sie ist eben kein Backfisch mehr. Erfüllt von zärtlicher Dankbarkeit und Liebe zu Kelian ist es wirklich gut, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Aber es genügt ihr vollkommen für den Moment, denn dass sie sich nicht in dem Maß fallenlassen kann, wie es vielleicht wünschenswert wäre, liegt allein an ihrem Kopf und den kreisenden Gedanken. Trotzdem reicht es Kelian zu fühlen, diese unfassbare Nähe. Ihn mit Armen und Beinen zu umfangen. Eine Nähe die lange so ersehnt war und doch so weit entfernt.
Es endet wie so etwas eben endet. Ihr Herz schlägt heftig in ihrer Brust, wenn es auch nicht zerbersten will. Zärtlich schlängeln sich die Finger ihrer rechten Hand über seinen Rücken, fahren sanft seine Wirbelsäule hinab. Doch. Sie ist glücklich.
»Ich brauche dich….« ihr Lächeln ist in den leise gewisperten Worten sicherlich zu hören.

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Kelian_


Do or die
19.01.1463


Wer behauptet, dass es für uns Kerle einfach ist, der war noch nie in einer solchen Lage, wie ich es bin. Es ist nicht einfach den eigenen Anspruch und den wahrscheinlich vorhandenen vom Weib zu erfüllen. Wie auch? Es ist Ewigkeiten her und so geht mir Rondras Zögern oder ihr unwohles Gefühl völlig ab. Ich bin viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt, darauf zu achten, dass es nicht zu kurz dauert. Nicht, dass es so ein Marathon wird, wir reden hier wirklich nur von kurzer Zeit - aber vielleicht kommt es dem Weib entgegen. Egal wie, es tut so unendlich gut. Ihre Haut, die Reibung unserer Körper, ihr Geschmack. Ich rieche sie, rieche uns und es ist so vertraut, als ob es erst gestern gewesen wäre. Die Gedanken daran kommen mir zwischendurch auch wieder in den Kopf. Ist nichts, was unbedingt hilft.
Egal wie, ich denke wir haben beide das Beste daraus gemacht. So sehr, wie man es eben genießen kann nach so langer Zeit, war es eben unabhängig davon doch aufregend. Zu schauen, ob wir noch miteinander funktionieren, ob wir noch so aufeinander reagieren. Es hätte doch auch gut sein können, dass wir uns nicht mehr attraktiv oder anziehen finden. Letztendlich endet es tatsächlich so, wie so etwas enden muss. Es ist danach ein breites Grinsen, welches auf meinem Gesicht zu sehen ist. Ja, ich habe mich angestrengt und bei der Anstrengung auch noch versucht einigermaßen zärtlich zu sein. Mehr für mich als für sie, aber das ist ja nun egal, schließlich muss ich meine Motive nicht darlegen. Für mich ist es nun nicht so der riesen Schritt wie für sie, für mich ist es einfach eine riesen Erleichterung. Wir Kerle bewerten Sex eben anders als Weiber, aber sicherlich ist es generell gut, dass wir wieder welchen haben. Würden wir doch? In Gedanken bin ich schon später in dieser Nacht, wie ich mich erneut an dem Weib gütlich tue, allerdings bin ich da körperlich nicht so ganz dabei. Ich mache mir nicht einmal die Mühe ganz von dem Weib runter zu rutschen, bleibe halb auf ihr liegen. Leise hört sie sicherlich mein zufriedenes Brummen, denn ich bin es wirklich. Zufrieden und glücklich, für den Moment. ...mh i-ch dich auch. Meine Kehle ist ausgedorrt, weshalb meine Stimme ein wenig angeschlagen klingt und es nicht ganz flüssig aus meinem Mund herauskommt. Außerdem habe ich meine Augen schon geschlossen - ich bin müde. Allerdings nutze ich diesen Auftrieb sogleich, um sie zu küssen. Nur auf die Haut, gerade da wo ich mit meinem Gesicht auf ihr liege, vielleicht ist es auch nur der Hals. Eine der Decken habe ich halb über uns gezogen, sie würde mich wohl herunterschubsen müssen, insofern sie sich anders hinlegen möchte. Fakt ist, wir haben einen Schritt aufeinander zu gemacht, weshalb ich nun ganz beruhigt einschlafen kann. Ja, sicherlich nicht die ganz feine englische Art, aber es muss doch auch mal einer verstehen, wie anstrengend dies für uns Kerle ist.

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Rondra
16. März 1463
{Reutlingen}


Dem Lauf des Lebens muss Freiraum gegeben werden, man muss ihn loslassen und sehen wohin der Allmächtige einen trägt, ansonsten bleibt man auf der Stelle stehen und wundert sich am Ende seiner Tage, wo all die wertvollen Stunden geblieben sind.
Bisweilen ist es aber nicht ganz einfach loszulassen und die Führung anderen zu überlassen. Sei es nun der HERR oder lediglich der Ehemann.
Einige Tage ist das abendliche Gespräch in der Zuflucht bereits her und Rondra hat das Gesagte durchaus in sich bewegt. Sicherlich mehr als man vermuten könnte, denn es war weder ein langes, noch ein intensives Gespräch.
Was ist die Definition ihres Glücks und hat man es definiert, wo liegt es, innerlich und äußerlich?
Weder die erste, noch die daraus resultierenden Fragen sind leicht zu beantworten. Genau genommen gar nicht. Man kann sich der Antwort annähern, aber man wird sie wohl niemals vollumfänglich und zufriedenstellend festmachen können.
Es ist der sechszehnte des Frühlingsmonats. Noch ist die Kraft der erwachenden Natur nicht bahnbrechend, aber es lässt sich auch nicht leugnen, dass im Reigen der Jahreszeiten der Winter vertrieben wurde. Was das bedeutet weiß man im Hause Peverell sehr gut, zumal Kelian den Zeitpunkt ihrer Abreise festgelegt hat. Später als ursprünglich geplant, doch viel zu früh in den Augen einer Mutter – und gleichzeitig verwirrend, da die Zukunft ungewiss ist.
Was ist Glück? Wo liegt es verborgen und kann es manchmal seine ganz eigene Meinung zu allem haben?

Nach dem Frühstück hat sich Rondra zurückgezogen. Briefe. Dieser Tage nicht das erste Mal, dass welche zu schreiben sind. An Sofia wurde vor einigen Tagen geschrieben, ebenso an Feliciana, deren Antwort auch bereits vorliegt. Keine einfache Hochzeit, aber was ist dieser Tage schon einfach?
An ihrem Schreibtisch sitzt sie schließlich. Dieser Brief ist fürchterlich überfällig und bei weitem nicht so ein einfacher, wie man vielleicht vermuten würde. In ihm liegen viele Entscheidungen und Gefühle verborgen. Doch es ist ohnehin unmöglich jetzt erst zu schreiben, noch länger wäre mehr als ungerecht. Zögerlich nur taucht sich die Feder in das Tintenfass, denn die Schreibende hat noch wenig Ahnung von dem, was sie zu Papier bringen wird.




Mein lieber Fifi,

ich kann dich schwerlich um Verzeihung bitten, dass ich dir erst heute antworte, denn dieser Brief ist lange überfällig. Doch es war nicht so leicht eine Antwort auf deine Frage zu finden wann wir zurückkehren und ich das Amt der Dekanin wieder übernehmen kann.
Wir reisten nach Württemberg um der Hochzeit von Arioste beizuwohnen, doch diese fand bisher noch nicht statt und nach einigen Planungswidrigkeiten hoffen wir darauf sie womöglich noch recht kurzfristig Anfang des nächsten Monats feiern zu können.
Mein Mann hat die Mitte des nächsten Monats als spätesten Abreisetermin festgelegt und ich denke kaum, dass wir frühzeitiger abreisen können, da wir die Planung der Hochzeit übernommen haben.
Sicherlich ist dir damit meine eigentliche Aussage dieses Briefes bereits bewusst geworden. Ich werde nicht rechtzeitig zurück sein, um die Arbeit in der Universität zu übernehmen, wenn du dich ins Kloster zurückziehen musst. Ich selbst werde Adam heute noch schreiben und ihm dies mitteilen, damit er für deine Vertretung sorgen kann.
Es tut mir sehr leid dass es nicht klappt, aber ich will ganz ehrlich sein. Die steirische Universität liegt mir sehr am Herzen. Ich habe die anderthalb Jahre dort sehr genossen und die Leitung hat mir unglaublich viel Freude bereitet. Natürlich hängt diese Freude sehr mit den Menschen zusammen, mit denen ich zusammenarbeitete – was in erster Linie du gewesen bist. Ihre Umstrukturierung und der Erfolg dessen hat mich sehr stolz gemacht. Auf uns beide und auf die Steiermark.
Ich weiß, das klingt schon sehr nach Abschied und leider muss ich auch in dieser Hinsicht ehrlich sein. Ich werde auch nach meiner Rückkehr in die Steiermark weder an die Universität zurückkehren (zumindest nicht als deren Leitung), noch in den steirischen Kronrat. Beides sind keine leichten Entscheidungen, aber überfällige die unbedingt getroffen werden mussten – und ich glaube es sind die richtigen, wenn ich auch noch nicht genau weiß wo mich das hinführen wird. Sicherlich liegen diese Entscheidungen weder an dir noch an der Universität, wie gesagt, ich habe die Arbeit dort stets unabdingbar geliebt und mich in diesem Umfeld mehr als wohl gefühlt. Aber das reicht nicht um mich auf anderer Ebene auf Dauer in der Steiermark dauerhaft glücklich sein zu lassen.
Dir Fifi will ich danken. Danken für die wunderbare und kreative Zusammenarbeit, für deine Verlässlichkeit und die vielen lieben Briefe in den letzten Jahren – es hat großen Spaß gemacht.

Viele Grüße und vielleicht auf bald nach deiner Rückkehr aus dem Kloster.
Rondra


Der Blondschopf hat es gewusst. Manchmal ist es besser all die Grübeleien sein zu lassen und einfach zu beginnen. So ist es auch dieses Mal gewesen, denn die Feder hat sich kaum vom Papier gelöst, während sie den Brief an einem Stück heruntergeschrieben hat. Das hat ihn nicht leichter gemacht, aber das Tohuwabohu in ihrem Kopf ein wenig geordnet.
Dann soll es auch gleich der nächste Brief sein, der im ersten bereits angekündigt wurde. Das eng beschriebene Blatt wird zur Seite geschoben, ohne es zu falten, oder gar den Brief zu versiegeln. An seinen Platz kommt ein neues, leeres Blatt und die ganze Angelegenheit beginnt haar genauso von vorne. Worte finden, für die es keine bestimmte Erklärung gibt.




Liebster Adam,

es ist eine ganze Weile her und leider schreibe ich dir heute nicht, um endlich die Einladung zur Hochzeit zu übersenden. Kelian und ich haben nunmehr deren Planung übernommen, doch die Terminfindung scheint das allerschwierigste daran zu sein, deshalb musst du dich in dieser Hinsicht noch etwas in Geduld üben, verzeih.
Doch scheinen zuerst Glückwünsche angebracht. Klatsch und Tratsch verbreitet sich langsam, aber dafür umso sicherer. Über Borona und Arioste erfuhr ich, dass Nachwuchs im Hause Fugger ansteht. Es ist ein schöner Gedanke, dass Klein-Graufang bald ein großer Bruder sein wird. Richte bitte auch Ana meine besten Wünsche und Gedanken aus.
Ich schreibe dir heute auch, weil Fifi mir mitteilte, dass er sich Ende diesen Monats für einige Zeit ins Kloster zurückziehen wird und anfragte ob ich dann wieder zu Hause sein würde, um die Universität zu führen.
Dies wird leider nicht der Fall sein. Kelian hat als späteste Abreise Mitte April vorgesehen und ich denke nicht, dass wir es viel früher schaffen werden. Du müsstest dich also um eine anderweitige Vertretung kümmern. In diesem Zusammenhang ist es sicherlich auch wichtig, dass du weißt dass ich auch nach meiner Rückkehr in die Steiermark nicht vor habe dem steirischen Kronrat wieder beizutreten – und somit auch die Universität nicht wieder übernehmen kann und werde.
Ich denke wir sehen uns bald wieder und freue mich darauf, entweder noch hier im Königreich, oder Ende nächsten Monats in der Steiermark.

Rondra


Dieser Brief folgt dem anderen, doch lange bleibt er nicht auf der Ecke des Schreibtisches liegen. Rondra selbst erhebt sich, um beide Papiere mit sich zu nehmen. Kelian suchen, denn dieser hat schließlich bereits vor Tagen angemerkt dass sie reden müssen. Recht hat er.
Sind die Würfel gefallen? Nein, aber sie wurden geworfen und wie sie fallen bleibt abzuwarten, denn sie zu beeinflussen liegt nicht in ihrer Macht.
Nein, eine echte Suche ist es nicht, hinaus aus ihrem Zimmer, einige Meter über den Flur und dann hinein ins Arbeitszimmer. Ihre Briefe hätte Rondra sicherlich auch hier schreiben können, doch genau dies nicht zu tun, war Absicht. Manchmal muss man mit seinen Gedanken ein Weilchen alleine sein.
»Hast du einen Augenblick?« Noch in der Tür wird es gefragt, wobei es eigentlich keine Frage ist, denn Rondra tritt bereits ein und schließt die Tür hinter sich. Viele Schritte sind es nicht zum Schreibtisch, auf den dann beide Briefe gelegt werden, erst der längere an Fifi und darunter der an Adam. »Briefe an die Steiermark, lies sie bitte.« Vielleicht keine normale Art eine Entscheidung mitzuteilen, aber vielleicht eine recht bequeme. Außerdem zweifelsohne die Eröffnung eines Gesprächs. Denn dieses hier war nur eine Entscheidung. Entscheidungen die getroffen werden müssen und so zahlreich aus dem Boden sprießen wie die Schneeglöckchen in den Gärten draußen. Frühling. Lange haben sie ihn nicht thematisiert.
Das Weib selbst würde einfach den Tisch umrunden und bei ihm stehenbleiben bis er geendet hat.

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Kelian_


Roll the dice
16.03.1463


Fast spiegelbildlich ist es, was in unserem Hause geschieht, denn auch ich sitze an einem Schreibtisch und schreibe Briefe. Mit wem? Natürlich mit Thomas, dem guten Mann. Regelmäßig trudeln die Briefe ein, was Rabenstein betrifft und was es neues auf meinem Lehen gibt. Natürlich, unsere Rückkehr wird heiß ersehnt, denn es gibt viel zu beschließen und letztendlich ist es auch ein Dialog, den wir mehr oder minder aneinander vorbei führen und der immer ein wenig hinterher hinkt. Wie auch nicht? Es gibt zu vermelden, dass sich wenig geändert hat. Ein paar Burschen mehr als letztes Jahr, die auf den Feldern helfen können, aber wenige, die heiratsfähig und willig sind. Selbst die Auslobung, dass die leerstehenden Gehöfte als Mitgift fungieren würden, haben wenige angelockt. Na klar, wo herholen, wenn kaum welche da sind. Daher sicherlich auch das Gespräch mit Kaylis, das Angebot, das mehr ein Hilfeschrei war. Der andere kennt die Steiermark und in einem hat er zumindest recht gehabt. Es sollte mich wirklich kaum wundern, dass die anderen scheinbar die Probleme nicht haben, denn wie hat er so schön gesagt? Die Steiermark war schon immer groß darin vorzutäuschen, dass es ihnen gut geht. Ohja. So muss es sein, denn es kann doch nicht sein, dass ausgerechnet mein Lehen das Einzige ist, welches mit Problemen zu kämpfen hat. Es gäbe zwei Möglichkeiten dafür. Man hat mir Schund angedreht - glaube ich aber nicht. Ehrlich nicht, weshalb der Gedanke eigentlich vollkommen außerhalb meiner Reichweite liegt. Der andere ist, dass ich einfach zu blöd bin, ein Lehen zu verwalten. Dagegen spricht aber auch einiges. Nicht jetzt unbedingt meine Person, die ich in die Waagschale werfen würde, auch wenn man mir da sicherlich widersprechen kann, aber mein Weib und Thomas. Beide können und wissen es, der Mann ist mir eine große Hilfe und so muss es also so sein, dass die Probleme eher allgemeiner Natur sind. Nur, dass ich eben der einzige bin, der sie auch zugibt.
Dass das Gespräch mit Kaylis eine solch unerwartete Wendung genommen hat, hätte ich irgendwie doch erwarten sollen. Es ist nicht das erste Mal, dass der Kerl mir seine uneingeschränkte Hilfe anbietet und tief in meinem Inneren hat sich irgendwie Erleichterung eingestellt. Ich weiß noch nicht worüber. Vielleicht, weil ich weiß, dass ich einen guten Freund gefunden habe. Vielleicht, weil ich das erste Mal seit langem so etwas wie eine Wahl habe. Vielleicht auch nur, weil ich schon lange eine Entscheidung getroffen habe. Ich weiß es nicht. Leise kratzt die Feder ein letztes Mal, als ich meinen Namen doch recht schwungvoll unter das Papier setze. Wie gesagt, spiegelbildlich. Leicht puste ich, damit die Tinte schneller trocknet, mein Blick gleitet durch den Raum. Ich habe mich recht gut hieran gewöhnt. Dennoch, es ist nicht meins. Ein Schmunzeln huscht über mein Gesicht. Der Wettiner. Dumm ist er keinesfalls. Es wäre eine Win-Win-Situation für ihn - aber für mich auch, oder nicht?
Das Öffnen der Tür vertreibt die Gedanken, ich schaue mich leicht um. Rondra. Ein kleines Lächeln erscheint auf meinem Gesicht, als ob ich sie aufmuntern möchte. Manchmal glaube ich, dass sie nur hier herein kommt, um vielleicht einen Blick auf das Bild zu erhaschen. Ich habe nicht weiter darüber geredet, aber die Möbel im Schlafzimmer sind so stehen geblieben, was doch andeutet, dass sie irgendwann wieder da sitzen müsste, oder? Wer weiß das schon, außer mir. Natürlich. In welcher Dimension hätte ich keinen Augenblick für sie? Müsste schon arg verquer sein. Schon will ich sie ein wenig aufziehen, mich lustig machen - aber die Briefe lassen dies im Keim ersticken. Ein wenig runzelt sich meine Stirn, ich ziehe die Briefe an mich und beginne zu lesen. Zuerst den Brief an Adam. Nach diesem hat sich die Falte auf meiner Stirn vertieft, ich brumme leise. Ich werde, denke ich, zurückkehren müssen in den...Rat. Mehr eine Feststellung als ein Ausdruck des Möchtens. Dann der zweite Brief, denn sicherlich hat sie mir nicht umsonst beide hingehalten. Fifi. Kein Mann, mit dem ich viele Berührungspunkte hatte, allerdings einer, auf den Rondra schwört. Zuverlässig. Ergeben. Einfach...alles. Keine Ahnung, wird schon so sein. Die Worte, sie treiben nun endgültig tiefe Falten auf meine Stirn, ich muss recht böse dabei aussehen, dabei versuche ich eigentlich nur alles gleich zu erfassen. Wir wollen ja auf einem Niveau miteinander reden. Hm. Ich kann abschätzen, wie schwer ihr dies gefallen ist. Nur die Gründe dafür sind mir nicht ganz bekannt. Kurzes Schweigen. Heißt das, dass du eine Entscheidung getroffen hast? Dass eine bezüglich der Universität gefallen ist, ist klar. Auch, dass ich diese nicht hinterfragen würde, denn ich denke, dass sie genau weiß, was sie da tut. Was bleibt also? Ein Recht fragender Blick, außerdem meinerseits ein Aufstehen. Diskutieren und dabei nicht auf Augenhöhe sein? Undenkbar. Allerdings suche ich nicht unbedingt ihre Nähe, es wäre sicherlich nicht förderlich. Wie auch?

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