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Dark water

Rondra
16. März 1463
{Reutlingen}


Hat sie eine Entscheidung getroffen? Na ja, ja. Die eine. Nimmt man es genau, ist es nicht mal eine Entscheidung bezüglich der Universität, sondern vielmehr die gegen den Kronrat, welche die viel schwerwiegendere eben mit sich bringt. Manchmal fallen Entscheidungen eben nicht nur einfach, sondern gleich im Doppelpack. So wie vor gut einem Jahr. Schwierig, denn oftmals muss man bevor man sich den Entscheidungen selber widmet feststellen, welche Sache Priorität hat.
Nachdenklich streichen ihre Fingerspitzen über das glatte Holz der Tischkante, den Blick ihm entzogen, ebenfalls dorthin gesenkt.
»Ja, aber nicht direkt auf unser Gespräch vor einigen Tagen bezogen.« Indirekt sicherlich schon, aber es fällt eben eine Entscheidung nach der anderen und nicht jede findet und trägt man in einer Ehe allein.
Tut der Abstand gerade wirklich gut? Rondra fühlt sich nicht so, auch wenn ihr klar ist, dass sich diese Wahrnehmung auf diesem Eis schnell ändern kann und sie womöglich in einigen Minuten froh darum ist.
»Du hast gesagt du weißt nicht, ob ich in der Steiermark noch glücklich sein kann. Darüber habe ich mir Gedanken gemacht.« Offensichtlich, denn sonst gäbe es die Briefe nicht in dieser Form. »Ich weiß es nicht. So wie es das letzte Jahr lief sicherlich nicht.« Natürlich auf die Steiermark bezogen, nicht auf ihn, aber er wäre kaum so weibisch das nun auf sich zu beziehen. Natürlich war sie nicht unglücklich mit ihm, doch das hat mit der Steiermark nichts zu tun. »Ich dachte damals alles würde sich irgendwann wieder einspielen, mehr oder weniger.« Ein kleines bisschen hebt das Weib die Schultern. Möglich dass sie eben doch ziemlich naiv ist. Wann hat sich schonmal etwas wieder vollkommen eingefügt, was vollkommen ausgerenkt gewesen ist? Bei ihrer früheren Familie jedenfalls niemals. Ein Teil ihres Wesens, Rondras eingenommen.
»Doch nun muss ich die Entscheidung die ich damals traf bis ans Ende konsequent ziehen.« Die Schultern entspannen sich ein wenig, ohne allerdings allzu locker zu fallen. »In all meinen Entscheidungen, in all den Jahren, war ich stets vollkommen loyal gegenüber meiner Familie – bis auf dieses eine Mal, als es mir um mein Glück ging.« Die Blauen lösen sich von der Tischkante und huschen hinauf zu den so vertrauten Grauen. Ein Blick voller glücklicher Liebe, der mehr als tausend Worte zeigt, dass Rondra diese Entscheidung nicht bereut und ein ums andere Mal wieder so fällen würde. Nein, es geht heute gar nicht mehr um diese Entscheidung, sondern das was aus ihr gemacht wurde. »Er führt die Familie anders als ich es tat, das ist sein gutes Recht. Genauso wie es sein gutes Recht ist, dass ich nicht mehr Teil von ihnen bin. Doch dann ist es mein Recht ihm nicht mehr folgen zu wollen.« Privat und politisch, auch wenn es aktuell keinen brennenden Grund gibt ihm letztere Gefolgschaft zu entziehen. Gibt es keinen? Vielleicht doch. Vielleicht sind es auch einfach mehrere. Sicherlich Themen die das Ehepaar auch noch streifen würde.
»Das Wissen, dass ich auf der steirischen Burg nicht mehr glücklich werden würde, gilt allerdings weder für Rabenstein, noch für das Deutsche Königreich. Ich weiß es nicht. Ich sagte es dir bereits, es gab damals Gründe weshalb meine Familie das Königreich verlassen hat.« Unter ihr. Sie war es, die der Cousine folgte und schließlich einen Verwandten nach dem anderen dazu brachte zu folgen. »Diese Gründe haben sich in den Jahren nicht geändert. Es ist etwas anderes hier einige Monate zu überwintern, als hier gänzlich leben zu wollen. Mehr als ein Argument würde mir gegen letzteres einfallen.« Natürlich, es gäbe auch einige Gründe dafür, aber diese hat er bereits in der Zuflucht benannt.

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Kelian_


Roll the dice
16.03.1463


Worte um Worte reichern das Gesagte an und doch sagt sie eigentlich nichts. Nichts, was ich nicht schon weiß, was nicht schon von uns festgestellt wurde. Die Frage, die noch nicht einmal gestellt wurde, ist sicherlich, was ich gerne möchte. Kann ich so aber auch gar nicht sagen, denn ich bin nicht unbedingt in der Steiermark zu Hause. Ich bin dort, weil Rondra da ist und weil ich ein Lehen erhalten habe. In erster Linie würde ich jedem, der es hören möchte, erzählen, dass ich Engländer bin. Bin ich ja auch. Außerdem Rondras Mann. Ein Gefolgsmann von Adam Fugger. Lehnsherr über Rabenstein. Genau dies sind die Attribute, die ich nennen würde, aber nicht unbedingt, dass ich Steirer bin. Hängt die Entscheidung wirklich alleine bei der Blonden? Natürlich nicht, aber eben irgendwie doch. Allein, dass ich ihr die Frage gestellt habe, zeigt doch, dass ich nicht abgeneigt bin, den Vorschlag anzunehmen. Nur würde ich es nicht machen, wenn Rondra absolut dagegen ist. Was würde mir fehlen, sollte sie sich für das deutsche Königreich entscheiden. Die Nähe zu Mirabel. Meine beste Freundin. Ein Teil meiner Familie. Danach kommt jetzt nicht so wirklich viel, denn irgendwie ist meine Freundschaft zu Adam an der Situation bezüglich der Familien zerbrochen. Vielleicht hat er gar das Gefühl, dass ich ihn hintergangen habe, aber Antworten kann nur bekommen, wer auch Fragen stellt. Hat er noch nie, wird er wohl auch nie mehr.
Wie ernst ist es mir mit dem Eid? Ich bin ein Seemann. Ich beuge mein Knie normalerweise nicht, sollte man also annehmen, dass ich mir das alles sehr gut überlegt habe. Habe ich auch und ich bin damals zu einem Ergebnis gekommen: Ich habe keine Wahl. Dies alleine heißt nun aber wirklich nicht viel. Nun habe ich eine Wahl. Könnte den einen Eid festigen oder einen neuen begründen, den ich aus viel freieren Stücken spreche. Die Frage ist nur: Möchte ich dies?
Mein Arm legt sich wie so oft in meinen Nacken, leise hört man sicherlich das Geräusch, wie die Haut an meiner eigenen reibt bis eben meine Hand dort ist und wieder anfangen kann, eine rote Stelle zu produzieren. Es gibt keine Garantie, dass es nicht alles... Ja was eigentlich? Ich zucke leicht mit den Schultern, denn auch das Leben hier würde uns kein Glück bescheren, wenn wir nicht daran arbeiten. Liegt es also an uns? Sollten wir uns einfach mehr bemühen? Ich mag die Steiermark. Ich liebe Rabenstein. Es ist ein wundervoller Platz auf der Erde. Ist es wirklich und doch sprechen auch Argumente gegen Rabenstein. Ich war nicht unglücklich in der Steiermark. Werde es sicherlich auch nicht sein - nur, ich frage mich wie gesagt, ob es dies bei dir auch sein wird. Deine beste Freundin weg, kein Ersatz da. Deine Tochter weg, die die trüben Gedanken vertreiben kann. Nora zählt da wahrlich nicht als Ersatz. Ich grinse ganz leicht. Ich werde es sicherlich nicht zulassen, dass du Graham zu einem Muttersöhnchen verziehst. Der Junge würde ein Mann werden und nicht bei seiner Mutter am Rockzipfel hängen. Auch wenn es im Spaß gesagt ist, so sollte sie den Ernst dahinter erkennen. Es wäre eine Möglichkeit, die wir gut abwägen sollten. Ich erkenne einige Vorteile, allerdings... Wieder ein Schulterzucken. Wenn es nie in Betracht stand, hierher zu ziehen, dann brauchen wir auch nicht weiter darüber reden. Es klingt wie eine Entscheidung, ist natürlich aber keine. Vielleicht weiß sie ja längst, was sie möchte und dies würde ihr den Anstoß geben, um es auszusprechen? Ich selbst kreise ja irgendwie auch darum, spreche die wahren Probleme, die mich umtreiben gar nicht an. Noch nicht.

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Rondra
16. März 1463
{Reutlingen}


Nein, eine Garantie gibt es wahrlich nicht. Gab es aber selten in ihrem Leben und die Blonde hat mehr als ein Mal unter Beweis gestellt, dass sie diese nicht braucht. In dieser Hinsicht sind ihre Gedanken einander nicht unähnlich. Man ist seines eigenen Glückes Schmied und keinem fällt sein Glück so einfach in den Schoß. Rondra ist gewohnt sich einfach zu holen, was sie meint dazu zu benötigen, egal wie unbequem es sein mag, oder was es am Ende kostet.
Hier nun allerdings ist weder absehbar ob dieser Handel Erfolg haben könnte, noch ob der Preis dafür vielleicht nicht ein sehr hoher sein könnte. Da nun schlägt die Kaufmannstochter durch und steht der wagemutigen Lilie im Weg. Wohl dem, der nur eine Seele in seiner Brust schlagen hat.
Graham ein Muttersöhnchen. Das Bild ist es, welches ihr wieder ein Lächeln über die Lippen treibt. Bei seinem Vater wohl ein Ding der Unmöglichkeit.
»Graham nicht? Nun, dann nehme ich mir einfach einen der zahlreichen folgenden peverellschen Söhnen, hm?« Seltsam, wie man in solch ernsten Themen doch ein wenig necken kann. Klar würden noch zahlreiche, stramme Burschen folgen. Jahre die noch vor ihnen liegen und seitdem sie das Lager wieder miteinander teilen, scheint es doch nur eine Frage der Zeit, bis sich ihr Leib wieder wölben würde. Um ganz ehrlich zu sein: hätte sie es in der Hand, es könnte noch ein wenig dauern, doch die Geschenke des Herrn nimmt man an, ohne zu Fragen.
Ist sie unglücklich in der Steiermark? Leicht schüttelt sie den Kopf.
»Ich bin ebenfalls nicht unglücklich dort. Ich liebe die Steiermark, wie man ein Land nur lieben kann. Ich bin mir sicher, fällen wir eine Entscheidung gegen das Herzogtum, so wird gegenteiliges behauptet werden, doch ich bin durch und durch Steirer. Das ist etwas, was man schwerlich loswird, wenn es einen einmal durchdrungen hat. Vielleicht ist es dieser ominöser Stempel, oder eher ein inneres Glühen, was es für jeden anderen ersichtlich macht.« Zumindest er behauptet das doch ständig. Man würde es ihr auf Meilen ansehen, dass sie steirisch ist. Dabei ist sie es nicht mal von Geburt an. Wie würde sie selber sich definieren? Eine Gretchenfrage. Nein, Rondra würde ohne zu zögern antworten was sie ist, würde man sie fragen. Keine Steirerin, keine Augsburgerin, oder Esslingerin. Nein, nicht einmal Rabensteiner. Fuggerin ist sie, auch wenn sie den Namen nicht mehr trägt und so sehr sein Weib – und damit eine Peverell ist – wie ein Mann es sich nur wünschen kann. Fugger auf Lebenszeit.
Hat sie eine Entscheidung getroffen? Nein, denn das können sie nur gemeinsam. Sie kann anbringen was ihre Gedanken und Befürchtungen sind und am Ende würden sie schauen was am ehesten passend wäre.
»Was ist hier, Kelian? Nach Reutlingen? In dieses Haus?« Eine kleine Handbewegung, kreisend und somit das Arbeitszimmer und ihn umfassend unterstreicht ihre Frage. »Natürlich ziehe ich das Deutsche Königreich in Betracht. Wie sollte ich das nicht? Es ist naheliegend, oder nicht? Selbst obwohl ich es einst aus guten Gründen verlassen habe, ich hing stets an ihm, wenn mir das sicherlich auch einige absprechen wollen würden.« Verquer wie manchmal Gedankengänge sein können. »Nur schau, so sehr ich Arioste liebe und die Nähe zu Johanna begrüßen würde – und ja, auch zu Kaylis…«… wie auch immer der Siedlerbürgermeister das hinbekommen hat, das mittlerweile unnötige Eingeständnis der Zuneigung zum Wettiner lässt sie wieder lächeln. »So gab es Gründe dafür Johanna in die Fremde geben zu wollen, oder nicht?« eindringlich liegen die Blauaugen nun auf seinem Gesicht, bereit seine Regungen aufzufangen. Verquer, aber wie verlockend war damals der Gedanke Johanna zu den von Murtals zu geben? Nahe des eigenen Heims? Verworfen, nicht nur weil die Wettiner ein anderes Kaliber sind, oder die Steiermark in dieser Hinsicht hoffnungslos. Nein, auch weil es zu nah gewesen wäre. Nun in dieselbe Stadt? Gar in dieselbe Straße? Oh, nicht dass das heftig schlagende Mutterherz diese Nähe nicht wollen würde, aber es wäre definitiv nicht das Beste für ihren kleinen Augenstern. »Sie würde es für sich ausnutzen, oder es würde sie verwirren. Ich selber könnte nicht garantieren mich womöglich nicht einzumischen, wenn ich der Meinung bin es sei nötig…« Frauen sind das ja gerne mal. Anders wäre es, wäre sie in der Steiermark und so weit weg, dass Johanna ihre Kämpfe alleine führen müsste. Jede Niederlage wäre die ihre, aber auch jeder davongetragene Sieg.
Was folgt ist das, was zu erwarten ist, denn nimmt man es genau, verharrt Rondra schon eine ganze Weile auf einer Stelle. Eine halbe Linksdrehung und das Weib nimmt ihre Wanderung auf. Keine weite, mitnichten nutzt sie die Fläche des Arbeitszimmers aus. Kleine Schritte sind es, am Schreibtisch entlang, an dessen anderer Längsseite entlang. Langsam, aber eben Bewegung für die eigenen Gedanken.
»Ich weiß, wir sprachen bereits kurz darüber. Kaylis Zusicherung ist unglaublich großzügig. Vieles mag ich vielleicht ein wenig anders sehen als du, doch ich glaube mir wäre wohler dabei du wärst ihm verpflichtet als der Steiermark.« Reines Kalkül bis hierhin. Sie wären beide beinahe drauf gegangen für ihr Pflichtgefühl und bisher kann Kelian von Glück sprechen, dass er nie zwischen die Fronten geraten ist, was seinen Eid und sein Weib angeht. Ein leises Lachen, als sie an der Ecke des Tisches stehen bleibt. »Er wäre mir einst in den Tod gefolgt, wenn es so hätte sein sollen.« Dann blinzelt sie leicht, nein nicht ganz, oder doch? Es war ein seltsames Treffen damals. »Vielleicht wäre er auch einfach nur seinem Weib gefolgt, was wiederrum mir….« oder so ähnlich, ist auch egal. »Ich glaube er ist sehr loyal, was sein Wort und seine Überzeugung angeht und es mögen mir all die tapferen gefallenen Steirer verzeihen: Ich glaube so unterschiedlich sind wir in unseren Ansichten nicht.« Vielleicht auch nicht mehr.
Ein tiefer Seufzer folgt, denn trotzdem schmeckt ihr dabei irgendwas nicht ganz. Vielleicht sieht sie die Wahlmöglichkeit auch nicht ganz so gegeben wie er. Nachdenklich runzelt sie die Stirn, bevor sie mit der rechten Hand darüber streicht und die Falten wieder glättet.
»Wie stellst du es dir vor? Was sind deine Gedanken, außer dem einen, dass du um mein Glück besorgt bist?« Dass er Gedanken hat steht außer Frage, sonst hätte es die Bewerbung nicht gegeben.

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Kelian_


Roll the dice
16.03.1463


Wieder viele Worte, aber diesmal hat sie einiges gesagt, Dinge, die es wert sind beantwortet zu werden. Ich habe sie ausreden lassen, die kleinen Scherze nur mit einem Lächeln quittiert und ganz kurz sind meine Augen auf ihren Bauch gerutscht. Sollte dies eine verquere Ansage sein, dass wir einen weiteren Sprössling erwarten? Natürlich wäre ein Knabe wünschenswert, aber auch gegen eine kleine Prinzessin hätte ich nichts, nun da mein kleiner Pirat bald auf seinem eigenen Schiff davon segelt. Ob Rondra eigentlich weiß, dass es mir mindestens genauso schwer fällt wie ihr? Vielleicht sogar ein wenig schwerer, weil ich eigentlich ständig den Part übernehmen muss, der beide Weiber dahin drängt, dass der Abschied bald gekommen ist. Welch undankbare Rolle. Ein kleines Seufzen, auch wenn es mehr innerlich ist und sich nicht so richtig über die Lippen schleicht. Dafür bilden sich aber zunehmend rote Flecken in meinem Nacken, da wo meine Hand mehr oder minder kräftig reibt. Einige der Dinge, die sie gesagt hat, die schiebe ich gedanklich einfach weit weg, denn es ist egal, was Kaylis einmal getan hat oder eben nicht. Wir sind im Hier und Jetzt.
Was also liegt mir auf dem Herzen? Was ist meine Entscheidung. Was sind die Vor- und die Nachteile? Wer hätte gedacht, dass ich jemals so berechnend werde. Ich nicht und doch sind es genau diese Dinge, die mich im Moment umtreiben. Nun, es ist soweit, so wie Rondra das Wandern zuvor aufgenommen hat, bin ich es nun, der sich bewegt. Das Raubtier hat seine Beute schon vor langer Zeit erblickt. Keine Frage, dass ich hier das Raubtier bin und Rondra meine Beute. Bald schon habe ich sie eingefangen, meine Arme legen sich sacht um ihre Hüften. Oh du wunderschönes Weib, was hast du nur aus mir gemacht? Der Gedanke schließlich bringt ein kleines Lächeln hervor inmitten dieser wirklich für mich sehr ernsten Situation. Wie eine Person eine andere nur derart in ihren Bann ziehen kann. Es ist voller Bewunderung gemurmelt, während meine Grauen in ihrem Gesicht umherirren. Es geht nicht darum, was sie vielleicht hören möchte, es ist eine gemeinsame Entscheidung. Das hier alles hat Potential, auch wenn ich auf ein eigenes Heim bestehen würde. Wir können Kaylis nun wirklich nicht überstrapazieren in seiner Gastfreundschaft. Es könnte auch ein anderer Ort sein, am anderen Ende der Stadt. Es bräuchte definitiv klare Regelungen im Umgang mit Johanna. Dies ist wahrlich eine Schwachstelle. Das sehe ich ein und habe ich so auch schon bedacht, denn so würde sich das Mädchen wahrscheinlich veralbert vorkommen. Allerdings plane ich nach wie vor fest die Reise diesen Sommer ein. Außer natürlich sie ist wirklich schwanger. Ob sie es ist? Ein kleines Glücksgefühl durchbohrt mich. Es wäre ganz wundervoll - auch wenn wahrscheinlich noch nicht endgültig sicher, weshalb das Weib sicher auch noch schweigen würde. Geduld heißt es also, auch wenn meine Augen sicherlich vor diebischer Freude blitzen. Passt so semi zu allem anderen. Die größeren Möglichkeiten liegen hier. Kaylis würde uns einen guten Ausgangspunkt bescheren, er versprach mir, dass wir unseren Stand nicht verlieren würde. Ob dies nun eine Grafschaft oder eine Freiherrschaft beinhaltet, weiß ich nicht - aber Rabenstein selbst hat nur die Größe einer Freiherrschaft, wie du weißt. Außerdem sind da die Probleme, die wir nicht kleinreden sollten und die uns noch viele Jahre begleiten werden. Die Burschen sind rar, das Land wild. Du weißt es selbst, wir werden jederzeit aufpassen müssen, wie unsere Finanzlage aussieht. Bei einem Lehen, welches Kaylis mir geben würde, wäre dies nicht der Fall. Thüringen ist fruchtbar und wurde nicht von mehreren Kriegen überrollt. Es würde uns Wohlstand sichern - uns und unserem Sohn. Denn es wäre vererbbar. Leise und ruhig gesprochen.
Dies sicherlich einige der ganz großen Vorteile. Die Frage nach dem Lehnsherr, habe ich ihr neulich bereits fast beantwortet. Mir ist es egal, ob Adam oder Kaylis. Sie sind beide Männer, die nach Großem streben. Wobei Adam da in letzter Zeit Züge entwickelt hat, die etwas unbedingt Verzweifeltes enthalten. Definitiv ist die Wahrscheinlichkeit in der Steiermark zu den Waffen greifen zu müssen, sehr viel höher. Was meinen wahrscheinlichen Tod und Rondras gesellschaftlichen Tod bedeuten würde. Das Geld, welches ich für sie angefangen habe zu horten, würde sicherlich irgendwann alle sein. Allerdings, würde ich mich vollends in die Hand des Wettiners begeben. Ich schätze ihn unendlich, mittlerweile. Man kann sich auf ihn verlassen in den wichtigen Dingen, er hat Witz und ist ein kluger Kopf. Wir sind uns nicht ganz unähnlich in manchen Dingen und ich vertraue ihm, allerdings würde mich das tief in seine Schuld stellen. Ob ich ihm dies auch nur im Geringsten wiederzahlen könnte, weiß ich nicht. Das hier hat mal wieder was mit Stolz zu tun. Meinem Stolz, den ich in letzter Zeit arg oft verkauft habe. Everything comes at a prize. Was gibt es noch zu beachten? Die Steiermark ist ein schönes Land, ich bin gerne dort. Allerdings habe ich das Gefühl, dass wir seit deiner Entscheidung meiner Bitte nachzukommen, als Aussätzige stigmatisiert sind. Vielleicht bilde ich mir dies nur ein. Sicherlich wäre es hier ähnlich. Die Steirer, die einfach ins Königreich kommen. Auf der anderen Seite, schau wer hier noch wohnt: Sowohl Arioste und Kaylis als auch Ronda haben den Sprung zurück geschafft und mein Name sollte nicht allzu sehr mit der Steiermark in Verbindung stehen. Also...unserer. Gemeint ist Peverell, ganz klar. Letztendlich habe ich uns den Weg bereitet, wir können ihn gehen, müssen aber nicht - warum auch? Niemand zwingt uns und wir würden auch glücklich sein, wenn wir in die Steiermark zurückgehen und bleiben. Fakt ist, würde ich das Lehen zurückgeben, dann würde ich mir sehr wahrscheinlich einen Feind für's Leben erschaffen und so ganz wohl ist mir bei dem Gedanken nicht. Nur, kommt es darauf noch an? Sieht so aus als ob ich nun viel geredet, aber doch nicht viel gesagt habe.

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Rondra
16. März 1463
{Reutlingen}


Da stellt sich der eine die Frage, wann er so berechnend wurde, während der andere fast überlegen muss, seit wann sie es nicht mehr so sehr ist.
Alles hat immer zwei Seiten und es steht außer Frage, dass nicht nur er in einem Bann steht. Ein strahlendes Lächeln, dann hebt sich ihre rechte Hand, eigentlich um ihm die Haarsträhnen aus der Stirn zu zausen, doch dazu kommt es nicht, zumindest noch nicht.
Viele Worte sind es, die er loswird. Aber so wie er, kann auch Rondra selektieren. Einiges davon kann hinten über kippen und ist keinen weiteren Gedanken wert. Natürlich ist die Steiermark ein schönes Land, doch auch das Königreich hat einiges zu bieten in dieser Hinsicht. Sich in Kaylis Hand zu begeben, am Ende in seiner Schuld zu stehen – etwas was Kelian für sich entscheiden müsste, zumindest im großen Ganzen. Möglich dass es sich Rondra da etwas einfach macht, für sie ist es da leichter zu sagen Adam nicht mehr folgen zu wollen. Allerdings ist sie eben auch das Weib, das hinter ihrem Mann steht – und oft genug auch vor ihm.
»Ich habe nicht daran gedacht, dass es vererbbar wäre.« Verblüfft stellt sie es leise fest. Verblüfft weil es so vollkommen naheliegend ist und sie schließlich einst selbst Sigmaringen geerbt hatte, gerade sie müsste es wissen. Vielleicht ein Zeichen wie sehr die Steiermark und ihre Verfassung das Weib bereits durchdrungen hat. Taucht dieser Umstand alles in ein anderes Licht? Nicht vollkommen, aber es ist auch kein Punkt, den man missachten sollte.
Wie oft hat sie bereits alles verloren, ob nun aus eigener Entscheidung heraus, oder unfreiwillig? Meistens ist sie einfach schneller als die Gegenseite – aber sie weiß wie wichtig es ist vorzusorgen, den Kindern eine gute Ausgangslage zu schaffen, was auch immer sie dann damit anfangen mögen.
Allein das ist auch der Grund, weshalb sie ihren eigentlichen Wunsch nicht äußert. Es geht nicht nur nach ihr und ihren Wünschen und Träumen. Sind sie wirklich berechnend, oder vielleicht einfach nur vorausschauend?
»Nein! Um Himmelswillen, auch ich würde Kaylis Gastfreundschaft hier nicht weiter in Anspruch nehmen wollen.« wird dieser Gedanke weit von sich gewiesen. Abkaufen wäre eine Möglichkeit, aber in Hinblick auf Johanna eben keine sonderlich gute. »Eine Reise wäre womöglich eine gute Sache.« spinnt der Blondschopf diesen Gedanken weiter. »Johanna hätte Zeit sich in ihrem neuen Umfeld einzufinden. Alleine, ohne uns in Kaylis direktem Dunstkreis.« Dort würden sie stehen, zum einen weil sie beide recht eng mit dem baldigen Ehepaar befreundet sind, zum anderen weil Kelian womöglich Vasall werden würde. Aber das ist nicht allein alles. »Außerdem würdest du dich nicht direkt von einem Lehnsherren an den nächsten begeben.« Man mag sie schimpfen wie man will, aber ein solches Fähnlein im Wind ist sie dann doch nicht – zumindest nicht allzu sehr. Natürlich würde auch die Reise ein Monster sein, das gierig alle möglichen Kosten verschlingen würde. Doch so ganz ohne Polster und Einnahmen stehen sie nicht da. Trotzdem ein Schritt der wohl überlegt sein müsste.
Die Gedanken purzeln wild durcheinander, wie aber auch nicht? Dazu spricht man immerhin miteinander.
»Mir ist bewusst, dass Kaylis uns den Stand sichern würde und womöglich einige Türen öffnen. Doch gerade das ist die Frage. Inwieweit wollen wir das?« Nein, so ganz genau ist das vielleicht nicht die Frage. Kann er sie für sich beantworten? Sie hat da eine andere Geschichte und geht nicht so unbefleckt heran wie er. »Ich weiß nicht inwieweit ich das möchte. Nochmal. Zum einen eigne ich mich nicht dazu nur Heim und Hof zu führen, zum anderen ist mir die Glätte und Kälte des öffentlichen Parketts des Königreiches noch in allzu guter Erinnerung. Weder möchte ich mir darauf den Knöchel brechen, noch zusehen wie du darauf ausrutscht.«
Nachdenklich wird auch auf diesem Argument herum gekaut. So ganz zählt es nicht für sie, zumindest meint Rondra das so zu beurteilen.
»Arioste war nie Steirerin. Sie hat Duria verlassen und war auf einen längeren Besuch dort. Kaylis kam als Siedler, so sehr ich ihn heute mag, es reicht nicht um diesen Stempel zu tragen – auch wenn er sicherlich den einen oder anderen trägt.« Zweifelsohne. »und Ronda…« wieder heben sich die Schultern etwas, es fällt schwer die einstige Weggefährtin in dieser Hinsicht zu beurteilen. »Ich glaube sie hat einfach eine Heimat gesucht, so wie ich vor einigen Jahren. Ob sie diese in der Steiermark wirklich gefunden hat, wage ich zu bezweifeln.« die Wahrheit, die sicherlich auch ihr selbst geschuldet war. Wo wenn nicht hier sollte man sie aussprechen können?
Sind sie bereits an einem Punkt angekommen, an dem man sich nur noch im Kreise dreht und die eigentliche Entscheidung umtanzt? Nicht ganz, es fühlt sich jedenfalls noch nicht so an für das Weib, aber sie nähern sich.
»Ich denke wir werden es nur herausfinden, wenn wir uns darauf einlassen, in welchem Rahmen auch immer. Adam wird es sicherlich verstehen, wenn nicht gar erahnen. Er ist nicht dumm und weiß genau was er tut – auch wenn man das manchmal nicht ganz glauben mag. Verzweiflung sehe ich darin nicht, eher Feigheit und Verrat beim Versuch der Diener zweier Herrn zu sein, dass dies nicht funktioniert sollte er vorher gewusst haben.« Ein scharfes Urteil, doch auch hier gilt: Wo wenn nicht hier?

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Kelian_


Roll the dice
16.03.1463


Damit haben wir sicherlich viele Argumente hin und her geschmissen. In anderen Gefilden hätte ich definitiv Angst belauscht zu werden und allein deswegen schon zum Opfer zu werden. Legt man es eng aus, könnte man hier eindeutig große Zweifel an meiner Gefolgschaft und an meinem Eid bekommen. Worauf sicherlich eine schicke Strafe steht. Sowas wie Hochverrat. In der Steiermark noch weniger lustig als woanders, weshalb ich sehr froh bin, dass wir dies hier besprechen. Unbelauscht, zumindest von Ohren, die uns gefährlich werden könnten. Haben wir nun also festgelegt, was wir machen würden? Nicht so ganz richtig. Aber in jedem Fall besteht ein grober Plan. Wir würden in jedem Fall die Reise machen, die die ich ihr schon vor...einiger Zeit versprochen habe. Kann es sein, dass ich ihr dies bereits schon vor fast zwei Jahren versprochen habe? Dies würde einige Vorbereitungen in Anspruch nehmen, immerhin müssten wir die Doppellilie holen und dann noch reparieren. In dieser Zeit könnte ich mich um Rabenstein kümmern, in welcher Art auch immer. Ob es abzuwickeln und zu verkünden, dass ich nicht länger der Graf dieses wunderschönen Fleckchen Erde sein würde oder um die Vorbereitungen für das neue Erntejahr zu treffen.
Wie dem auch sei, wir haben zumindest einen kleinen Schritt vorwärts gemacht, weshalb ich nur leicht nicke. Ich rede mal mit dem Wettiner. Müssten wir sowieso. Ein neues Datum muss gefunden werden, die Gästeliste verglichen werden und so weiter. Es gibt wirklich einiges zu bereden. Allerdings - für den Moment - sind wir noch unter uns, weshalb das Weib nun in den Genuss meiner Lippen kommt. Es wäre phantastisch, wenn sie schwanger wäre. Ein kleiner Bruder für Graham, der gar nicht so weit entfernt ist - altersmäßig. Die Knaben könnten zusammen aufwachsen und zusammen lernen. Die Vorstellung erwärmt mein Herz, zeigt mir, dass wir beide irgendwie auch die richtigen Dinge in Betracht ziehen. Wie viele Minuten ich mir jetzt wohl stehlen könnte? Sicher einige, nur um ein wenig die Zweisamkeit am Tag genießen zu können und vielleicht würde ich mich noch an diesem Tag aufmachen, um mit dem Blonden zu reden. Aufgehoben ist ja irgendwie dann doch auch aufgeschoben. Leider. Da stehen schwierige Entscheidungen an, denn als endgültig kann man dies hier nicht bezeichnen. Leider. Wäre doch schön, wenn zur Abwechslung einmal alles einfach wäre.

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