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Dark water

Kelian_


Voices of Violence
12.-15.05.1461


Tatsächlich ist es mir egal, wie ich von dem Anwesen komme. Vor allem auch, wie ich nach Graz gelange. Das Wichtigste ist, dass ich überhaupt hier verschwinden kann. Die eine Nacht hat mir gereicht, außerdem mag ich weder Vater noch Tochter. Wer hier in diesem Fall für mich verliert, ist Sofia und ich bin mir sicher, dass es noch viel Tränen deswegen geben wird. Vielleicht keine offenen, aber stille.
Je weiter meine Schritte mich vom Anwesen der Murtals entfernen, umso leichter wird mir um die Seele. Als ob ein großer, dunkler Schatten von ihr weicht. Dies ist natürlich Quatsch, aber es fühlt sich für mich so an. Die Nichtbekanntschaft von Benni, die weitaus bequemere Unterkunft. Natürlich, das Gespräch mit August nagt an meinem Stolz und jedes Mal, wenn ich ihn sehen würde, würde ich genau daran denken. Wie er mich ein ums andere Mal gedemütigt hat, einfach weil er Spaß daran hat. Aber, er würde auch büßen dafür. Vielleicht nicht heute. Vielleicht auch nicht morgen, aber es würde der Tag kommen, an dem ich mich rächen könnte. Vielleicht sogar seine eigene Medizin schlucken lassen könnte. Ich freue mich bereits heute schon auf diesen Tag. Fast würde ich in diesem Moment soweit gehen, dass ich mit Genuss diese biestige Stück von Weib heiraten würde, nur um den Kerl an seinem eigenen Atem ersticken zu sehen.
Doch, meine Gedanken gefallen mir selbst nicht. Zu August lastig. Vielmehr gibt es wohl Grund diesen Abend zu feiern. Ausgiebig. Abseits der üblichen Wege. Außerdem ist es ebenso an der Zeit sich Gedanken zu machen. Gedanken, welches Leben ich in Zukunft führen möchte.
Der Weg von den Murtals nach Graz ist nicht weit. Nicht, wenn man ein Pferd oder eine Kutsche hat. Zu Fuß jedoch dauert es recht lange. So lange, dass jemand der zu spät vor den Stadttoren ankommt Pech hat. Also, so jemand wie ich an diesem Abend. Eine Nacht draußen im Kalten. Danke, blöder Pfau. Da ich die Schließung der Tore nur knapp verpasst habe, kommt es mir nicht in den Sinn, davor herumzulungern. Eher streife ich an der Mauer entlang, auf der Suche nach... Nichts. Eigentlich. Aber es dauert nicht lange bis ich und mein geschundener Körper ein recht großes, vor allem aber unbewohntes Haus entdecken. Eher, ein Kontor. Schnell ist es aufgebrochen, ich darin und meine Augen vermitteln durchaus ein erfreuliches Bild an mein Gehirn. Mir fallen einige Dinge ein, die man mit diesem Gebäude anstellen könnte. Nachteil, es liegt außerhalb der Mauern und so würde man, egal wer, der Schließzeit der Tore zum Opfer fallen. Im letzten Tageslicht habe ich mir genau dies gesucht: Licht.
Die Nacht in dem leeren Ding war angenehmer als alles, was mich vor dem Stadttor erwartet hat. Mein Magen knurrt wie wild, immerhin sind bereits zwei Mahlzeiten ausgefallen. Ich weiß nur vage, welcher Tag ist, aber mittlerweile müsste Dienstag sein. Es nervt mich. So sehr, dass ich meiner Wut auf dem Weg zum Stadttor Raum machen muss. Ein Ast, mein Fuss - was soll ich sagen? Es tat weh. Der Eintritt in die Stadt wird mir natürlich diesen Morgen gewährt, aber nicht ganz ohne Spott. Immerhin begegne ich so früh einigen Männern, mit denen ich sonst zusammenarbeite. Mein Veilchen? Kann man sehen. Meine Geschichte von August? Mittlerweile unglaubwürdig. Geübte Augen sehen, dass das Veilchen nicht erst von gestern stammt, denn mittlerweile gibt es meinem Gesicht ein wirklich...buntes Aussehen. Egal, ich bin endlich wieder zurück und es gibt Dinge zu erledigen.
Zuerst, nachdem ich in mein Heim zurückgekehrt bin, habe ich gezubert, ausgiebig gegessen und dann? Dann habe ich mich endlich an das Plakat von Rondra gemacht. Schlechtes Gewissen und Wut sind durch meinen Körper gezuckt. Es hätte schon längst bei ihr sein sollen, jedoch war August dazwischen gefunkt. Das Allerschlimmste? Ich stehe als unzuverlässig da und kann mich nicht einmal erklären, fürchte ich. Ärgerlich.
Den ganzen Tag hat es gedauert bis ich wenigsten einen Teil der Schmach beseitigen konnte. Immerhin erhält sie drei Exemplare und da ich ihr ungerne mit meiner zur Zeit unwiderstehlichen Schönheit unter die Augen treten möchte, habe ich Otto besucht. Der Kleine hat wie immer beflissentlich und ganz aufgeregt meine Neuigkeiten angehört und die Gelegenheit genutzt, Laverna zu sehen. Ich selbst habe keine Ahnung, wer das ist, aber anscheinend kennt sie Rondra oder arbeitet für sie. Mir egal, ich bin einfach nur froh gewesen, dass jemand verlässliches die Plakate zu ihr bringt.
Der Abend...ich weiß nicht mehr viel von dem Abend, außer dass ich gefeiert habe. Gefeiert, wie man das Leben jeden Tag feiern sollte. Mit viel Rum und mit viel Weibern. Wie ein echter Seemann es eben machen würde. Ich habe gesoffen, schlechte Witze gemacht, die ein oder andere Frau ein wenig zu nah an mich herangelassen und bin irgendwann mitten in der Nacht stockbesoffen aber alleine nach Hause gewankt. Das ein oder andere Mal habe ich den Staub der Großstadt zu schmecken bekommen. Der Alkohol hat mich nicht einmal davon abgehalten mir Gedanken zu machen. Gedanken über das Leben allgemein, dass wir es leben sollten, dass jeder Tag der letzte sein könnte. Ist es nicht unsinnig sich an solch starre Regeln zu halten? Ich weiß es nicht. Natürlich - wie auch nicht - sind meine Gedanken auch zu der Blonden geglitten und meine unguten Gedanken bezüglich des Weibes nehmen zu. Ich mag sie, mehr als ich sollte. Sie wäre jemand, in die man sich verlieben könnte. Genau dies jedoch, weckt ungute Erinnerungen, die lieber schlafen sollten. Das Gesicht erscheint so einfach vor meinem geistigen Auge, als ob es nicht schon fast zehn Jahre her wäre. Das Lachen klingt in meinen Ohren. Oh Welt, was bist du ungerecht. Vielleicht sollte ich wirklich rennen. Rennen, bevor es für mich mehr ist, als es sein darf. Bevor ich mich in eine Frau verliebe, die mich niemals auch nur angeschaut hätte, wenn ihr Mann sie nicht betrogen hätte.
Wieder einmal haben sich die alten Gedanken in meinen Kopf geschoben. Ich habe sie dort, seitdem wir gemeinsam die Doppellilie an ihren Bestimmungsort gebracht haben. Vielleicht würde ich es irgendwann in die Tat umsetzen und mit 'meinem' Schiff fortsegeln. Weg von hier, denn hier gibt es weniger als einen Blumentopf zu gewinnen. Zumindest für mich - und doch brennt dieses Verlangen in mir, sie wiederzusehen. Die Zukunft verheißt nichts Gutes, höchstens verbrannte Luft mit dem Gestank von Menschenfleisch.

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Kelian_


Falling free
15.-18.05.1461


Man könnte es vielleicht als Trauerspiel bezeichnen, doch bin ich kein Oxymoron und man kann wohl auch kaum sagen, dass ich aus dem Bürgertum stamme. Im Übrigen ist das Trauerspiel auch noch nicht erfunden, dennoch - es ist eines. Die Begegnung mit August hat mich auf eine Art gelähmt, wie ich es mir selbst nicht erklären kann. Er hat eine Angst in mir geweckt, die ich bis dato gut unter Kontrolle hatte. Doch nun ist es so, dass ich seit Tagen zu Hause hocke und mich nicht aus dem Haus traue. Ich weiß einfach nicht, wie es weiter gehen soll. Einfach in den Löwen spazieren? Riskieren, erklären zu müssen, was passiert ist? Ich kann es nicht, ich will nicht lügen - ich KANN darüber nicht lügen. Außerdem, wer würde es mir schon glauben?
Ich sitze in meinem Malzimmer, auf meinem neuen Stuhl und vor mir steht meine Staffelei. Sie ist nicht leer, ein angefangenes Bild ist zu sehen. Es ist nicht so riesig wie das, welches ich für die Hochzeit gemalt habe. Ob der Forderung des Pfaus könnte man denken, dass ich sein Bild male, aber das ist sicher nicht so. Eigentlich habe ich keine Lust, dieses jemals anzufangen. Vielleicht musste ich es ja auch nicht. Es ist nicht das erste Bild, welches ich dieser Tage male. Sie sind geprägt von der Unruhe des Alkohols. Noch immer ist mir der Rum nicht ausgegangen, vielleicht aber auch, weil ich nur wenige Eskapaden mit ihm hatte. Eher, halte ich ein stetiges Level. Meine Gedanken sind unruhig, springen von einem zum nächsten Thema, obwohl es nicht soviel aktuelle gibt. Während der Pinsel sanft über die Leinwand streicht, rekapituliere ich die Tage. Nicht, dass es neue Gedanken geben würde.
Alkohol kann ein böser Feind sein, bei dem richtigen Gebrauch jedoch auch nicht. Ich bewege mich auf einem Gebiet dazwischen. Ich kenne sowohl das eine als auch das andere. Nachdem ich die erste Nacht in Freiheit kräftig gefeiert, den ersten Tag gemalt hatte, musste natürlich weiter gefeiert werden. Kräftig. Für mich alleine. Es war zuviel gewesen und ich hatte den Feind in meinem Haus. Ich war umher gelaufen und hatte darüber geredet. Kelian, es ist Zeit - du musst gehen. Du weißt, dass ich recht habe, deine Zukunft hier sieht grausig aus. Ich weiß es, wenn ich selbst recht habe und auch, wenn meine Angewohnheit mit mir selbst zu reden eine fürchterliche ist, so kann ich sie mitunter nicht abstellen. Nein, mitunter entstehen so sogar ganze Streitgespräche. Ich will aber nicht gehen. Hier ist es...nett. Die Menschen sind nett. SIE ist hier. Ich habe mir die Haare gerauft, habe die leere Flasche an die Wand geschmissen, habe geflucht, geschrien - ja, sogar fast geheult. Alkohl, er lässt uns vergessen, wer wir sind. Doch, er bringt auch Wahrheiten ans Licht, die wir uns in anderen Dingen nicht eingestehen. Ob wir sie am nächsten Tag noch wissen? Es hängt viel davon ab, wie viel wir von dem feindlichen Gesöff genossen haben. In einer dieser vielen Handlungen, inmitten meiner kleinen Wanderung durch das Haus, hatte ich mich auf der Treppe umgedreht, war rückwärts hinunter gegangen nur um meinen Streitgesprächspartner - aus Nettigkeit nenne ich ihn Kelian Zwei - die Meinung zu sagen. Mit einem Becher in meiner Hand hatte ich auf den imaginären Kerl gezeigt - ich denke, dass es ein gutes Zeichen ist, dass ich weiß, dass er nicht existiert - und wollte ihm so richtig die Meinung geigen. Immerhin geht es ihn wirklich nichts an, was ich mit meinem Leben anfange, doch dazu war es im Endeffekt nicht gekommen. Das Glück ist mit den Dummen und den Besoffenen. Ich weiß nicht, ob dies noch viel mit Glück zu tun hat. Natürlich hat mein Fuß die nächste Stufe verpasst und so bin ich so elegant wie man es kann, wenn man betrunken ist, gefallen. All die Stufen. Von der Schwerkraft angezogen auf meine Seite, ein Purzelbaum und das Ende des Aufstieges hatte mich so sanft, wie es ein Holzboden eben vermag, aufgefangen. Mein Gesicht hatte einen guten Anfang gemacht. Der Luft beraubt, hatte ich nur zusammenhangsloses Keuchen von mir geben können. Es hat wirklich gedauert, doch irgendwann ist es aus mir herausgebrochen. Stupid b**** of stairs. Bloody hell, I'm gonna burn you pretty damn well. Minutenlang hatte ich geschimpft bis ich das Blut bemerkt hatte. Oh natürlich. F***. Meine Lippe ist aufgeplatzt gewesen. Mein Rücken hat sichtbare Spuren an der Seite. Mein Gesicht...ist noch lädierter als zuvor. Das Veilchen, dass dank Karlmar meine linke Gesichtshälfte geziert hat, ist in ein einziges großes Veilchen übergegangen. Ärgerlich. Nachdem ich mich selbst versorgt hatte, bin ich zum Malen übergegangen. Zum kontrollierten Saufen und zum Malen.
Genau dies tue ich auch heute noch. Malen und Trinken. Die Rumflasche neben mir ist nur noch zu einem Drittel voll, allerdings habe ich sie auch schon eine Weile bei mir. Das Bild ist das Zweite, welches ich in diesen Tagen male. Es ist...eine Übertragung meiner Gedanken. Wirr. Geprägt von Rondra, der Flucht, meiner Angst. Das andere hingegen zeigt eine Idylle, die ich einmal gekannt habe und die aus mir herausgebrochen ist, sobald ich den Gedanken gehegt habe, dass es mehr sein könnte für mich. All die Erinnerungen sind es, die mich selbst dazu veranlassen mein Selbst nicht aus dem Haus zu bewegen, denn eigentlich wäre es doch perfekt. Wer würde nach diesem letzten Abend an dem man mich gesehen hatte glauben, dass ich die Treppe heruntergestürzt bin? Es wäre eine perfekte Ausrede für jemanden, der zusammengeschlagen worden ist und es nicht erzählen will. Ob August sich dagegen würde zur Wehr setzen können? Unter anderen Umständen könnte es mir diebische Freude bereiten. So jedoch, folge ich diesem tristen Dasein und versuche meine Gedanken unter Kontrolle zu bringen, eine Entscheidung zu treffen. Ist manchmal gar nicht so einfach.

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Diana_carnesir


~ Nimm die Sache selbst in die Hand - 19. Mai, 1461 ~


Es nervte sie, es nervte sie ungemein. Natürlich bedachte sie, das sie ihre Aufgabe erst ganz neu inne hatte, aber sie wusste ganz genau, das vor ihrer Zeit dieses Haus noch nicht besetzt war. Immerhin wohnte sie selbst in der Nähe. Und nun war es das und sie hatte keine Ahnung wer dort wohnte. "Oh, ein adretter junger Mann, stets ein Lächeln auf den Lippen und so sympathisch. Aber geredet habe ich noch nicht mit ihm." Aha. Wenn die gute Marktfrau noch nicht mit ihm geredet hatte, wie konnte sie dann wissen das er sympathisch war? Diana schüttelte innerlich den Kopf, bedankte sich aber mit einem höflichen Lächeln bei der Frau, die sogleich zu dem Haus sah und - Diana musste blinzeln - scheinbar verliebt lächelte. Die gute Frau war mehr als 40 Sommer alt und sie benahm sich wie eine junge Maid. Diana konnte geradeso ein Grinsen unterdrücken, denn es sah einfach zu drollig aus. Scheinbar musste der Kerl - wie sie nun wusste - eine atemberaubende Ausstrahlung haben. Naja, manche hatten es, manche nun einmal nicht. Aber Diana fiel keiner ein, der so eine Wirkung haben könnte.

Der Kopf wurde geschüttelt, dafür hatte sie keine Zeit. Zwar war das Geschlecht des Hausbewohners klar, aber nicht wer oder warum. Und sie hatte es Leid zu warten, das man sich vielleicht mal bei ihr meldete, denn es war immerhin einige Zeit seit ihrem Amtsantritt vergangen. Also wollte die Kleine die Sache selbst in die Hand nehmen und diesem ominösen Charmeur einen Besuch abstatten. "Aber seit geraumer Zeit hat er sich nicht mehr sehen lassen." Ein trauriger Seufzer folgte. "Hoffentlich ist ihm nichts geschehen." Diana wurde aus ihren Gedanken gerissen und sah die Frau fragend an. Doch diese wurde von ihrem Ehegatten zu sich gerufen, er schien weniger erfreut von dem Benehmen seiner Frau zu sein. Sie konnte Beide verstehen, verkniff sich aber einen Kommentar, denn sie wollte sich gewiss nicht einmischen. Sie hatte anderes zu tun. Der Blick wurde wieder auf das Haus gelegt, wo es derzeit wohl ruhig war. Die Nase wurde gewackelt und die Haube mit dem Schleier zurecht gerückt, ehe sie sich auf den Weg zur Haustür machte.

Er wurde also länger nicht mehr gesehen. Hoffentlich würde sie keinen Toten im Haus vorfinden, denn ja, Diana hatte vor in das Haus zu gehen, sollte ihr keiner aufmachen. Einbrechen? Gewiss nicht, es war dank der Marktfrau nun die Sorge, ob da drin etwas vor sich hin moderte oder nicht. Vor der Tür legte sie den Kopf in den Nacken und besah sich das gute Haus. Die Nasenflügel zitterten leicht, aber sie nahm kein Verwesungsgeruch wahr, das war schon mal gut. Die Hand wurde gehoben und schon klopften die kleinen Knöchel auf das Holz der Tür, dessen Hall im Inneren gut zu hören sein sollte. Sie war vielleicht klein, aber klopfen konnte sie gut. Nach der ausgeführten Tat liess sie die Hand wieder sinken und strich den Stoff ihres türkisen Kleides glatt, das so gut zu ihren Augen passte. Sie würde nach einer Minute nochmal klopfen, dann nochmal warten und dann würde sie schauen, wie sie in das Haus kommen würde. Entweder Tür oder Fenster, irgendwas würde sich finden lassen. Oder sie würde ein anderes Mal wieder kommen, das würde sie noch sehen.

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Kelian_


Undesirable People

Malen. Trinken. Immer abwechselnd. Das Bild macht gute Fortschritte und es sieht wohl so aus, als ob ich demnächst noch eines anfangen würde. Das erste hängt bereits. Verschwendung. Vielleicht wäre ich bald nicht mal mehr hier um es mir anzuschauen, denn trotz meines überzeugenden Selbstdialoges, dass Rondra hier ist und ich gerne bei ihr sein möchte, sind die Gedanken zum Abhauen nicht verstummt. Im Gegenteil, sie werden immer lauter, da die Aussichtlosigkeit der ganzen Situation immer deutlicher wird. Ich kenne die Blonde kaum, doch scheint sie mir eine Frau zu sein, die kaum ihre Ehe über den Haufen werfen wird - meinetwegen. Allerdings erschien sie mir auch nicht als ein Weib, welches eine Affaire eingehen würde und doch ist sie es. Mit mir. Widersprüchliche Gedanken. Ich weiß es selbst und so haben sich meine Gedanken darauf gepinnt, dass wir reden müssten, wenn sie wieder einmal hier auftauchen würde. Vielleicht ist es auch gerade dies. Es sind bereits mehr anderthalb Wochen seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Keine Nachricht. Keine verheißungsvollen Blicke. Ich zweifele und eigentlich zweifle ich nie. Nicht an mir, nicht an meinen Weibern. Oh Rondra, warum musste ich ausgerechnet dir begegnen? Ich bin kurz davor diesen Tag zu verfluchen, denn wenn es auch am Anfang wie ein Spiel gewirkt hat, bei dem sie sehr viel mehr zu verlieren hat als ich, so habe langsam ich das Gefühl zu verlieren. Jeden Tag mehr ein Stück meiner Männlichkeit.
All diese Gedanken werden von einem Klopfen unterbrochen, welches mein Herz schneller schlagen und mich Fluchen lässt. Idiot. Bescheuertes Ich. Wer würde schon an meine Tür klopfen? Niemand, außer Rondra, denn meine Bekanntschaften, meine engeren zumindest, in Graz halten sich sehr begrenzt. Zumindest seitdem Borona nun auch weg ist. Ein Seufzen verlässt meine Lippen, während ich mich bedächtig erhebe, den Pinsel aus der Hand lege, kurz mit der Rumflasche liebäugel, bevor ich mich dann auf den Weg mache. Die Tür zum Malzimmer schließe ich, die Bilder sind nicht für fremde Augen bestimmt und sicher nicht durch Zufall. Ich würde wenn dann selbst dazu einladen. Langsam geht es die Stufen herunter, immerhin behindern mich die Verletzungen vom vorangegangenen Sturz. Eventuell kann man mich vor der Tür schon hören. Meinen Auftritt inszeniere ich im Übrigen. Nicht hinsichtlich meiner Aura oder meiner Schönheit, eher um meine Verletzungen auf den ersten Blick zu verdecken. Mein Gesicht beziehungsweise die linke Hälfte ist abgewendet. Ich öffne die Tür, lehne mich mit dem Arm daran und will schon eine lapidare Begrüßung loswerden, als ich früh genug erkenne, wer da steht. Nämlich nicht Rondra. Der freudige Gesichtsausdruck, der sich ganz unbewusst gebildet hat, der verschwindet und meine Augen verengen sich etwas. Nicht, dass ich irgendetwas gegen Diana hätte, im Gegenteil der Spaziergang mit ihr war nett, aber ich habe jemand komplett anderen erwartet.
Tut mir Leid, gute Frau, aber Höflichkeit ist heute aus. Ja? Abwartend mein Blick, keine Frage ob sie hereinkommen möchte. Ich habe keine Lust auf Gesellschaft, keine Gesellschaft die Fragen loswerden möchte.

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Diana_carnesir


~ Was muss, das muss ~


So nah wie möglich stand sie an der Tür, drehte den Kopf gar etwas zur Seite, um besser lauschen zu können. Zum Glück war sie mit einem ausgezeichneten Gehör gesegnet worden, das manches mal mehr verstand als andere um sie herum. Deswegen hörte sie wohl auch die Geräusche im Inneren. Zuordnen konnte sie diese nicht, aber immerhin rührte sich etwas hinter den Mauern. Sie glaubte zu hören wie eine Tür geschlossen wurde, ehe die Treppe benutzt wurde. Ein wenig kräuselte sich ihre Stirn, denn die Stiegen wurden recht langsam bewältigt. Kurz darauf schmunzelte sie und lehnte sich wieder zurück, trat sogar ein Schritt nach hinten, um nicht all zu nah vor der Tür zu stehen. Es war also kein Wunder das die Marktfrau mit dem Mann hier liebäugelte, er schien etwas älter zu sein, auch wenn sie ihn als jung beschrieben hatte. Vielleicht war er ja noch jünger als die Frau selbst oder aber er hatte sich gut gehalten. Diana würde es zumindest gleich erfahren.

Nachdem die Treppe nicht mehr genommen wurde, dauerte es nicht lange und die Tür wurde geöffnet. Diana lächelte bereits freundlich, doch wenn man genau hinsah, bröckelte dies kurzzeitig, als sie erkannte wer da in der Tür stand und wie sich dessen Gesichtsausdruck ziemlich schnell veränderte. So viel zum Thema ständig am Lächeln. Schoss es ihr durch den Kopf. Sie unterdrückte den Drang auf die Innenseiten ihrer Wangen zu kauen und auch das Luft holen wurde nur innerlich gemacht. Sie hatte mit Sicherheit nicht mit Luftsprünge gerechnet sie zu sehen, aber sowas war nun auch... sie winkte innerlich ab, er hatte gewiss Jemand anderes erwartet oder fühlte er sich einfach nur ertappt? Unmerklich strafften sich die Schultern, auch das Kinn wurde etwas angehoben und trotz seiner Mimik blieb ihr freundliches Lächeln. "Mister Peverell, ich bin erfreut und erleichtert Euch wohl aufzusehen." Zumindest wenn man daran dachte, was die Marktfrau gesagt hatte. Aber war er wirklich wohl auf? So langsam wie er die Treppen herunter gekommen war?

Die Nasenflügel bebten wieder etwas und zum Glück nicht merkbar, roch das nach Alkohol? Sie konnte sich auch täuschen, aber sie meinte auch etwas anderes zu riechen. Farbe. Aber das konnte sie sich auch nur einbilden, denn sie wusste ja, das er Maler war. "Ich bin gekommen um heraus zu finden, wer und wie viele in diesem Haus wohnen, denn bei mir hat sich keiner diesbezüglich gemeldet. Habt Ihr beim Bürgermeister oder meinem Vorgänger der Hausverwaltung bescheid gesagt?" Ob er merkte, das sie förmlicher als sonst sprach? Wohl eher nicht, sie kannten sich ja kaum, hatten sich vielleicht ein oder zwei mal gesehen. Und doch schien er Diana schon nicht leiden zu können. Wieder wurde der Gedanke bei Seite geschoben. Und wenn schon? Er war nur ein Kerl den man ab und zu gesehen hatte, nicht jeder konnte jeden leiden. Und doch schwand die förmliche Haltung etwas und ihr Gesichtsausdruck wurde ein wenig besorgt. "Geht es Euch gut?" Die leise Frage kam schneller als sie ihren Mund schliessen konnte und das ärgerte sie mal wieder, das sie trotz dessen noch Mitgefühl zeigte.

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Kelian_


Undesirable People

Es ist ein langer Blick, der Diana trifft. Ihre Mimik ändert sich nicht und wenn ich könnte, dann würde ich mich schütteln. Vor dieser Freundlichkeit, die zur Zeit weniger als Willkommen ist. Dies ist der Nachteil daran, wenn man sich irgendwo niederlässt. Leute lernen einen kennen, machen sich Sorgen um einen. Sie suchen einen auf, obwohl man sich kaum kennt. Meine Gedanken werden Lügen gestraft, als das Gespräch in eine völlig andere Richtung geht, als ich es erwartet habe. Nun, dann unterhalten wir uns eben über dieses kleine Häuschen. Man sollte wohl meinen bei den vielen leerstehenden Häusern stört es niemanden, wer wo wohnt. Zumal wohl deutlich ist, dass ich nicht eingebrochen bin und mich auch ansonsten wohl nicht so frei bewegen würde. Eine nach der anderen von den Fragen prasselt auf mich ein und meine Lippen kräuseln sich ein wenig. Ob es mir gut geht? Ob ich bescheid gesagt habe? Was für komische Fragen in der Kombination und womit fange ich an? Die Entscheidung wird mir abgenommen, als die Marktfrau, welche sich immer freut mich zu sehen, egal wie sehr ich mein Desinteresse bekunde, mit fröhlichem Ausdruck zuwinkt. Wenn sie könnte, würde sie vielleicht sogar persönlich rüberkommen. Es findet alles mein Missgefallen, was wohl aber deutlich an meiner eigenen schlechten Laune liegt, als an den anderen.
Ich stoße mich also von der Tür hab, nur um meine Hand Richtung des Weibes zu heben und einen unverbindlichen Gruss loszuwerden. Dies dürfte gleichzeitig auch Dianas Frage nach meinem Befinden beantworten, denn der Versuch meine linke Gesichtshälfte zu verstecken ist mir damit missglückt. Vielleicht denkt sie ja, ich bin auf meine Palette mit Farben gefallen. Allerdings halte ich sie nicht für dumm. Nun also - wie werde ich sie am schnellsten los? Miss Carnesir. Ein flüchtiges Lächeln lässt mein geschundenes Gesicht wahrscheinlich nicht hübscher wirken und doch gönne ich es ihr. Nun, soweit ich weiß sollte Borona dies übernehmen, sie hat mir auch den Schlüssel gegeben. In diesem Haus wohne ich allein. Ob nun wohl der Zeitpunkt wäre, um zu erwähnen, dass ich noch die zwei Schlüssel von zwei anderen Häusern besitze? Wahrscheinlich, aber ich habe gerade keine Lust sie zu suchen und so erwähne ich es nicht. Da aber auch die zweite Frage eine Antwort verdient, beuge ich mich leicht vor, um dieselben leisen Töne wie das Weib anzuschlagen. Nein, es geht mir nicht gut, aber ich fürchte, dies ist etwas, was ich mit mir alleine ausmachen muss. Ich würde nun also gerne zu meinen äußerst wichtigen Studien - Rum und Malen - zurückkehren, wenn Ihr nicht noch weitere Fragen habt. In einiger Zukunft stehe ich Euch gerne wieder längere Zeit zur Verfügung. Naja, oder auch nicht, denn die Zeichen, dass ich lieber verschwinden sollte, werden immer deutlicher. Tag Zwölf ohne Rondra. Ich glaube, ich werde verrückt. Vielleicht bin ich es auch schon.

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Diana_carnesir


~ Gegen den eigenen Willen ~


Sie konnte immer freundlich Lächeln, egal wie es in ihrem Inneren aussah. Einmal lernte man das, zum anderen war es sehr praktisch. Zumal Diana eh kein Kind von Traurigkeit war, sondern eher gut gelaunt durch die Welt wanderte. Sicher gab es auch mal Tage, wo sie sich zurück zog und schlechte Laune hatte, gewiss nach den Ereignissen, die ihr widerfahren waren, aber die waren doch selten. Denn ein Tag ohne Lächeln war ein verschenkter Tag, zumindest in ihren Augen. Deswegen war es auch nicht schwer den langen Blick von Kelian stand zu halten, ohne das die Mundwinkel nach unten sanken. Sie hätte auch den Blickkontakt aufrecht erhalten, wenn da nicht die gute Marktfrau wäre, die den Beiden, oder eher gesagt Kelian, erfreut zuwinkte. Sie war wohl sehr erleichtert den 'jungen und adretten' Mann wieder zu sehen. Jedoch liess sich Diana nur kurz von ihr ablenken und sah bald darauf wieder zu Kelian. Und was sie da sah, hätte sie die Luft scharf einsaugen lassen, wenn sie sich nicht so gut unter Kontrolle hätte. Ihre Reaktion war deswegen: Nichts.

Trotzdem musterte sie den Mann vor sich nun etwas mehr, war sie nicht umsonst angehende Medizinerin und Verletzungen hatten schon immer etwas in ihr bewirkt, was man wohl als Helfersyndrom bezeichnen konnte. Dieses Gesicht erklärte jedoch nicht den langsamen Treppenabstieg. War ihm etwas zugestoßen? Ein Unfall? Überfall? Diana schob die Gedanken bei Seite. Es ging sie schlicht und einfach nichts an. Die erste sichtbare Reaktion von ihr war das Heben ihrer Braue, als er erwähnte Borona hätte ihm den Schlüssel gegeben. Ob er auch die anderen Schlüssel hatte die fehlten? Diana wackelte kurz mit der Nase und furchte etwas die Stirn. Nein, wohl eher nicht, die wurden bestimmt von Borona an wen anderes verteilt. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf und sah ihn wieder aufmerksamer an, mit dem Lächeln. "Danke Mister Peverell, ich werde mich dann an Borona wenden." Nicht das es ihn etwas anging, aber somit war er was das betraf entlassen.

Eigentlich hatte sie nicht damit gerechnet das er antworten würde und auch nicht, das er eine ehrliche Aussage von sich gab. Das liess die Anerkennung ihm gegenüber steigen und gleichzeitig sagte er soviel, das sie ihm am liebsten eine Ohrfeige gegen hätte. Die Lippen pressten sich aufeinander und ja, das Lächeln war fort und wenn sie sich nicht zusammen gerissen hätte, würde sie leise schnauben. "Niemand muss etwas alleine mit sich ausmachen." Kam die erste leise Antwort, wo sie leider ihren Unmut nicht ganz verbergen konnte. "Nein, ich habe keine Fragen mehr, Ihr könnt Euch weiter mit Rum ertränken." Dies kam zwar etwas lauter, aber immer noch leise genug. Vermutlich sah er so aus, weil ihm im betrunkenen Zustand irgendetwas passiert war. Das Mitgefühl verflog so schnell, wie es aufgeglommen war. "Aber habt keine Sorge, ich werde Euch bestimmt nicht mehr mit meiner Anwesenheit belästigen. Ich hätte nicht gedacht das Ihr Eure Probleme nur im Suff bewältigen könnt. Und das als Maler." Vorurteile? Mit nichten. Zumindest konnte man ihre Enttäuschung gut heraus hören. Ein letztes aufgesetztes Lächeln wurde ihm noch zu Teil. "Einen schönen Tag noch, Mister Peverell." So kühl wie ihr Lächeln war auch ihre Stimme, ehe sie sich abwandte um zu gehen. Rum und Malen in einem Satz, das lief ihr wirklich eiskalt den Rücken runter. Trotzdem muss sie sich doch noch mal umdrehen. "Falls Ihr doch Hilfe annehmen wollt..." Sie liess den Satz unausgesprochen, es war wohl sowieso vergebene Mühe. Nein, sie wandte sich wieder ab.

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Kelian_


Undesirable People

Nun, entweder mein Gesicht ist nicht so schlimm, wie ich es mir vorstelle oder sie ist wirklich gut. Egal wie, es interessiert mich heute nicht. An vielen anderen Tagen hätte ich sicherlich einen Witz gemacht, sie sogar eingeladen hereinzukommen und einen Tee zu trinken, Geschichten über das Reisen auszutauschen. Nur jetzt gerade nicht. Ich bin zu schlechter Laune, zu sehr in meinen Gedanken versunken, als dass ich Höflichkeit aufbringen könnte oder sogar einen ganzes Gespräch ertragen könnte. Vielleicht nennt man sowas auch Selbstmitleid. Ich nicke ihr zu, soll sie mit Borona reden oder auch nicht, es interessiert mich ebenso wenig.
Natürlich bedarf es einer Erwiderung meiner Worte, vielleicht ist es auch ein wenig blauäugig, aber wer fragt, der bekommt Antworten. Ein Frage wie diese, sollte eigentlich implizieren, dass es einen interessiert und nachdem sie mein Gesicht gesehen hat, sollte die Antwort klar sein. Dass ich es nicht weiter diskutieren möchte, sollte vielleicht klar sein. Auch einem Weibe. Ich mein - wie oft haben wir uns gesehen? Mehrmals, aber unterhalten erst zweimal und so sollte sie wohl nicht erwarten, dass ich meine Probleme mit ihr bespreche. In diesem Fall ist es sowieso nur eine, die mir helfen kann. Es ist schon komisch, da begegnet man tausend Menschen, die einem nichts bedeuten und dann finde ich ausgerechnet an diesem Ort jemanden, der es tut. Nur leider, ist sie unerreichbar, zumindest aus meiner Sicht. Sicherlich würde ein Gespräch helfen, doch erzwingen kann ich es wohl nicht. Den Wechsel der Emotionen auf Dianas Gesicht kann ich nachvollziehen, sowohl hinsichtlich des Sehens, als auch des Verstehens. Ich bin wohl nicht gerade ein Ausbund an Höflichkeit. Dennoch, ich füge nichts weiter an. Ist es nicht egal, was sie für eine Meinung über mich hat? Ich stehe gerade, ich kann reden. Es sollte klar sein, dass ich mich nicht in Rum ertränke. Nur soviel, um den Pegel zu halten und die Schmerzen ein bisschen weniger zu spüren. Außerdem - ich bin Seemann. Rum fließt mir quasi durch die Adern. Das eiskalte Lächeln, die Stimme empfange ich mit Routine. Es ist nichts, was ich nicht gewohnt bin und so entgegne ich ganz entgegen ihrer Stimmlage fast freundlich. Thank's, but no. Goodbye, Miss Carnesir. Die englischen Worte gleiten sanft über meine Lippen, mit ihnen überrollt mich eine Sehnsucht, die mich fast zu Boden schlägt. England.
Weg. Alles, nur nicht hier? Immerhin scheinen die Menschen sich schon zu gewöhnen. Langsam ziehe ich mich zurück, schließe die Tür hinter mir und genauso langsam und bedächtig wie ich hinunter gekommen bin, gehe ich wieder hinauf. Ins Malzimmer, wo der Rum genauso wie ich ihn verlassen habe auf mich wartet. Zum Glück bin ich nicht alleine, Gesellschaft kann man sich auch malen. Lässig greife ich die Flasche, proste der Person auf dem Bild zu. Skoal.

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Rondra
20.05.1461

Die ersten Sonnenstrahlen sind es die Graz aus dem Morgengrauen holen, ein sonst so liebgewonnenes Schauspiel, heute quält es die Blonde als sie ins Freie tritt. Unangenehm stechend fahren die Strahlen in ihre müden Augen, der bisher dumpfe Kopfschmerz verwandelt sich in ein heftiges Pochen in den Schläfen.
Sei’s drum, als käme es darauf nun noch an.
Trotz der frühen Stunde wählt sie die Gassen abseits des Marktes. Rondra merkt es nicht, aber die Bewegung und die Kühle tun ihr dennoch gut. Hätte sie kein klares Ziel vor Augen und würden ihre Gedanken nicht gerade deshalb von neuem beginnen zu wirbeln, vielleicht würde sie einfach ewig weitergehen.
Je näher sie ihrem Ziel kommt, desto langsamer werden ihre Schritte, unsicher spielen ihre Finger mit den Enden ihres Tuches. Reden, sie würden reden müssen, auch wenn sich jetzt bereits die zurechtgelegten Sätze in Wohlgefallen auflösen, sich wieder zusammensetzen ohne noch einen Sinn zu ergeben und auf diese Weise ihr Spiel mit der Fuggerin treiben. Hatte all das Grübeln der letzten beiden Tage überhaupt einen Sinn ergeben?
Vierzehn Tage ist es her. Für sie eine gefühlte Ewigkeit und doch eigentlich eine geradezu lächerliche Zeitspanne. Wie lang genau ist ihr Aufeinandertreffen im Stall her? Die Stirn runzelt sich, während sie überlegt und schließlich auf ungefähr sechs Wochen kommt. Sechs Wochen, die genügten um ihr Leben auf den Kopf zu stellen, beziehungsweise gehörig auseinander zu nehmen. Doch auch jetzt treibt es sie jetzt zu ihm, eine unerklärliche Anziehung, die von Mal zu Mal unheilvoller wird.
Fast ist es ein wenig wie ein Déjà-vu. Die letzten Schritte legt sie eilig und ohne weitere Gedanken zurück. Wieder ist da die nagende Angst die Haustür könnte verschlossen sein, Sekundenbruchteile bevor Rondra sie erreicht, mit der Hand den Griff umfasst – und die Tür zur eigenen Erleichterung aufdrücken kann. Eintreten, Tür schließen, verriegeln, eine fließende Bewegung, wie gehabt.
Erst dann setzt die andere Angst wieder mit voller Wucht ein, etwas was sie umgetrieben hat im Löwen und sie letztendlich auch hergetrieben hat, unter anderem. Neytiras kleine Geschichte über Kelian und den neu angeheirateten Verwandten. Nein, sie will der Stille im Haus nicht lauschen müssen, die Tür war offen, da wird er also zumindest sein, oder?

„Kelian?!“ ihr fragender Ruf wird lauter durchs Haus getragen als sie sonst die Stimme erhoben hätte, atemlose Angst lässt sie schriller klingen. Ziellos irrt der Blick umher, ob von dem Kerl irgendwo eine Spur zu sehen ist, ansonsten wird sie die Treppe hinauf nehmen, vermuten würde sie ihn in seinem Malzimmer.

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Kelian_


Don't you worry child
20.05.1461


Die ersten Sonnenstrahlen sind etwas zu früh, um mich bereits auf den Beinen zu wähnen. Das Leben, welches ich zur Zeit führe fordert seinen Tribut, vor allem aber die Fertigstellung des Bildes. Ich liebe und hasse es zu gleich. Es ist so wunderschön, denn es ist genauso, wie ich sie sehe. Perfekt. Es erschreckt mich bis in den tiefsten Teil meines Selbsts, so dass mehr dazu gehört hat, als nur ein bisschen Selbstbeherrschung um es nicht wieder zu zerstören. Ich hätte es tun sollen, ich hätte es niemals fertigstellen, geschweige denn anfangen sollen. Es würde mich bis in die Ewigkeit und darüber hinaus verfolgen. Ändern kann ich es nun nicht mehr und so hätte auch zerstören nicht geholfen, zumindest rede ich es mir ein.
Der Rum ist mittlerweile alle, das Haus riecht noch dezent danach, vielleicht aber auch weil ich die Flasche an die Wand geschmissen habe und der Geruch dadurch ausströmen konnte. Es muss eine komische Mischung sein, die man im Haus riechen kann. Das lustige an der Geschichte ist wohl, dass ich nicht wirklich ungepflegt umherlaufe, immerhin habe ich insgeheim gehofft, dass Rondra hier auftauchen würde. Rum und Malen. Meine Beschäftigung für die letzten Tage ist also diese Nacht zu Ende gegangen, wobei ich vielleicht bei einiger Anstrengung eine neue Flasche und auch ein neues Motiv finden würde. Hm.
Mein Traum nimmt eine merkwürdige Richtung an, als ich ihre Stimme unterbewusst höre. Nein, ich werde nicht wach, aber ich rege mich langsam, denn neue Aspekte müssen selbst in einem Traum beachtet werden. Es ist verrückt, dass meine Tür um die Zeit offen steht, während ich mich noch tief in meinen Träumen wähne. Aber wer sollte schon kommen, außer August oder Rondra und die Tür auch probieren? Niemand, also habe ich nichts zu befürchten, denn beides ist, was ich verdient habe.
Die Stimme hat ihren Erfolg nicht verfehlt, denn meine Sinne kommen doch langsam zu mir zurück. Allerdings ohne die Gewissheit, dass sich noch jemand in dem Haus befindet. Ich strecke mich, gähne leise, kämpfe mit mir selbst und beschließe, dass es keinen Sinn macht. Tag Dreizehn ist angebrochen. Vielleicht wäre es Zeit, Dinge die ich angedacht habe in die Tat umzusetzen? Nein, ich sollte noch ein wenig warten. Ich bin ein elender Selbstbetrüger, ich weiß es, aber ich will es gar nicht ändern. Ich schäle mich aus der Decke, die mich die Nacht über warmgehalten hat. Aus dem Bett steige ich, so wie ER mich geschaffen hat, doch zum Glück ist es nicht meine Art so durch das Haus zu laufen. Ich schnappe mir eine von meinen nicht mehr ganz so guten Hosen, beginne sie überzuziehen, dabei aber ebenfalls schon loszulaufen. Es ist ebenfalls Glück, dass Rondra noch nicht weit gekommen ist.
Meine Ideen für diesen Tag? Ich würde etwas Tee machen, meinen Erfolg suchen, indem ich eine weitere Rumflasche suche und vielleicht den Tee verfeinere, vielleicht würde ich ein wenig lesen oder mir aussuchen, wo ich hingehen würde. Ich werde doch gehen? Ich bin entschlossen dazu, wie ein Frosch, der seinen Teich verlassen will. Dazu durchringen kann ich mich allerdings weiterhin nicht. Ich stolpere also langsam die Treppe herunter, immer noch leicht beim Gehen beeinschränkt, auch wenn es wohl fast mehr meiner Wehleidigkeit als allem anderem zuzuschreiben ist. Das jemand mit mir in dem Haus ist, bemerke ich erst recht spät, doch als es so ist, schießt mein unheilvoller Blick zu der Person. Was sie sieht? Meine dunklen Augen, die mit Augenringen verziert sind. Mein Gesicht, welches zwar langsam heilt, aber immer noch deutlich die Geschichte erzählt, dass es nicht pfleglich behandelt wurde. Meinen nackten Oberkörper, dessen Seitansicht sicher auch mitwispern würde. Zu allerletzt natürlich meinen überraschten Gesichtsausdruck, der so gar nicht zu meinen Augen passen möchte. Vor allem wohl aber, dass ich gerade erst aufgestanden bin. Rondra? Es klingt ein wenig ungläubig, denn weder wäre es normalerweise eine Zeit, zu der sich mich besuchen würde, noch ist es ihre Art von Kleidung. Ein kleines bisschen Angst durchfährt meinen Körper, die Gedanken ähnlich wie ihre. Ist ihr etwas widerfahren?

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Rondra
20.05.1461

Grausam und scheinbar endlos ist die Zeit die verrinnt während sie auf eine Antwort, oder ein sonstiges Lebenszeichen lauscht. Um genau zu sein hat Rondra noch nicht begonnen die Treppe zu erklimmen als sie von oben die erste leise Regung vernimmt, bald darauf gefolgt vom Tapsen nackter Füße. Ihr eigentliches Vorhaben findet sein frühes Ende am Fuß der Treppe, wo die Blonde wie gelähmt verharrt und hinaufblickt. Er lebt, er ist da und augenscheinlich ist er in der Lage alleine zu gehen. Für die Dauer eines Wimpernschlags schließt sie die Augen und atmet erleichtert aus, während ein kleiner Teil ihrer Sorge vom Herzen rollt.
Lange hält die Erleichterung nicht an, denn auch wenn einige Zeit ins Land gegangen ist, noch zeigt sein Körper zu deutliche Spuren – das sieht das Weib ohne ihn lange und eingehend mustern zu müssen. Gerade noch erleichtert ausgeatmet, wird nun die Luft wieder scharf eingesogen. Miserabel ist noch ein netter Ausdruck für den Anblick den Kelian bietet. Augenringe, da kann das Weib mithalten und doch gehören sie einfach nicht zu ihm. Aber es ist der Rest, der sie wirklich entsetzt ein langsam verblassendes Veilchen, die Lippe aufgeplatzt, die Seite ebenfalls bunt. Was um alles in der Welt…? Sekundenbruchteile vergehen, die knappe Bestandsaufnahme seiner Blessuren ist beinahe schon beendet, als seine ungläubige Stimme ertönt. Sie liebt es ihren Namen aus seinem Mund zu hören, selbst wenn es sich anhört wie jetzt. Ohne dass es mehr benötigt beschleunigt sich Rondras Herzschlag, geschuldet der immer noch anwesenden Angst und der plötzlich einsetzenden eigenen Unsicherheit.

„Ja. Ich.“ antwortet sie leise. Wo bleiben die fein säuberlich zurechtgelegten Sätze, die Erklärung für ihr kommen? Fort, als hätte Rondra sie gemeinsam mit der Tür zugesperrt. Ohne den Blick von seinem geschundenen Gesicht zu nehmen, nimmt sie die erste Stufe. Über ihren eigenen, ungewohnten Aufzug denkt sie gar nicht mehr nach. Lediglich die Ärmel sind es die Rondra, ohne ihnen tatsächlich Beachtung zu schenken, immer wieder zurück schiebt, so auch jetzt, als sich ihre Hand auf das Geländer legt. „Verzeih die frühe Stunde, ich habe es nicht mehr ausgehalten und…. Und wohl nicht richtig nachgedacht.“ viel fehlt nicht mehr und sie würde ihm anbieten später wiederzukommen, verrückt. Aber auch die nächste Stufe nimmt Rondra rasch, um dann zwei unter dem Kerl stehenzubleiben. Der Blickkontakt wird jetzt zwangsläufig unterbrochen, der ihre richtet sich unfokussiert auf seine Brust. „ich hab‘ im Löwen von August und Dir gehört… erst nach Deinen Zeilen.“ Ihre freie Hand hebt sich, bewegt sich auf seinen Unterarm zu und verharrt schließlich doch in der Luft. Will er das überhaupt? Verdammte Unsicherheit. „Ich konnte nicht viel früher herkommen, verzeih….“ Kläglich klingt es, denn nun bereut sie es bitter nicht eher nach ihm gesehen zu haben. Sie hätte sich schließlich nicht im Löwen verkriechen müssen. Wäre sie doch nur gleich hergekommen.
Elendige Gedanken, Dinge die nicht mehr zu ändern sind und doch das Herz zusätzlich quälen. Wie so häufig in seiner Nähe wird der Drang ihn zu berühren übermächtig und schließlich gleitet die Hand weiter herab, bis sie die seine erreicht. Behutsam und fast schüchtern streichen ihre Fingerspitzen fragend an der Seite seiner Hand entlang.
Mittlerweile könnte Rondra hundert und eine Frage stellen, doch stattdessen verstummt sie. Die Blauaugen gleiten seinen Oberkörper hinauf, ein wenig muss sie den Kopf in den Nacken legen, damit sie seinen Blick suchen kann. In ihren müden und ausgetrockneten Augen steht Besorgnis geschrieben, kein Mitleid, dafür aber der ehrliche Schmerz darüber nicht früher hier gewesen zu sein. Alles in allem könnten sie bei genauer Betrachtung eine Menge bisher Unausgesprochenes verraten.


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Kelian_


Don't you worry child
20.05.1461


So, wie sie ihre Musterung bei mir beginnt, so lasse ich meine Augen über sie gleiten. Langsam, aber nicht aufdringlich. So, wie sie sich Sorgen um mich macht, mache ich mir Sorgen um sie. Warum ist sie um diese Uhrzeit hier? Es ist nichts unwillkommenes, dennoch drängt sich die Frage auf. Ich bin mir nicht sicher, wie spät es genau ist, aber wie es mir scheint ist die Sonne gerade erst dabei die Nacht zu verdrängen. So wenig habe ich geschlafen? Auch ihre Aufmachung gibt mir zu denken, die Farbe, der Stoff des Kleides ist nichts, was Rondra normalerweise tragen würde - da bin ich mir recht sicher - zumindest nicht, wenn sie durch die Gassen und Straßen von Graz läuft. So drängt sich also ziemlich sicher der Gedanke auf, dass etwas nicht in Ordnung ist.
Ihr leise Antwort auf meine eigentlich nicht wirklich gestellte Frage lässt mich leicht lächeln. Es ist ein Deja-vú, immerhin habe ich sie seinerzeit genauso begrüßt im Stall. Nur, die Vorzeichen stehen diesmal anders. Zweifel schwappen in mir auf. Verschiedene. Zum einen ist es viel schwieriger (also noch schwieriger) an Weggehen zu denken, wenn sie vor mir steht und eigentlich habe ich schon nicht mehr damit gerechnet, dass ich sie noch einmal sehen würde. Zum anderen sind da aber auch die Zweifel, bezüglich ihrer Handlungen. Ihre Hand, die sich so zögerlich bewegt, fast Angst davor zu haben scheint mich zu berühren. Warum? In mir kommt nicht einmal die Idee, dass es mit August zu tun haben könnte, immerhin könnte sie denken, dass ich denke... Kompliziert. Mir ist dieser Gedanke vielleicht auch nur noch nie in den Sinn gekommen, weil der Besuch auf Augusts Anwesen definitiv nicht so schlimm war, wie er hätte sein können. Ironie, nicht wahr? Immerhin verstecke ich mich seit anderthalb Wochen in meinem Haus. Eher gehen meine Zweifel in die Richtung, wie diese Beziehung, diese Sache zwischen uns funktioniert und dass sie wohl hier ist, um es zu beenden. Warum sonst sollte sie Hemmungen haben mich zu berühren, schließlich haben wir uns bisher recht gut vorgegaukelt, dass es nur genau darum geht.
All diese Gedanken werden von ihrer kleinen Berührung unterbrochen. So wenig und doch so viel. Natürlich will ich es, gleichzeitig eigentlich auch nicht und doch kommt Leben in mich. Meine Finger sagen Hallo zu ihren, berühren ebenfalls, bevor ich die Treppen zwischen uns nehme. An anderen Tagen wäre ich sie vielleicht runtergesprungen, so nehme ich bedächtig erst die eine, dann die andere. Auf gleicher Höhe schlinge ich so selbstverständlich wie immer meine Arme um sie, und während ich noch eine Stufe gehe, drehe ich sie mit mir. Wunderschöne Frau, dein Blick ist zuviel. Er gehört nicht zwischen uns und doch kommen genau diese Worte nicht über meine Lippen. Ich kann es nicht. Wir haben versprochen ehrlich zu sein und für gewöhnlich halte ich meine Versprechen. Ich habe dich vermisst. Eigentlich auch etwas, was nicht zwischen uns gehört, was ungesagt bleiben sollte. Sie darf mir diesen Blick zuwerfen? Ich darf sagen, dass ich sie vermisst habe.
Mein Körper strahlt Wärme aus. Noch mehr als sonst, da ich gerade erst dem warmen Bett entkrochen bin. Diese Szene hier zwischen uns ist so unwirklich, dass ich mich am liebsten selbst kneifen würde. Aber ich lasse es. Ich halte sie einfach, so wie ich sie eben genommen habe - nur ein kleines Lächeln erscheint. Das war nicht August. Alles in allem ist es die volle Wahrheit. Denn wenn, dann war es Karlmar, aber auch nur eines von den Veilchen und eigentlich würde man es auch nicht mehr sehen. Aber diesen kleinen Umstand muss ich nicht berichtigen, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass sie sich Vorwürfe machen würde. Nicht meinetwegen, aber wer würde sich nicht um seine Lieben sorgen, vor allem wenn man sie in eine Ehe gezwungen hat, wenn jemand vermeintlich von genau diesem Mann zusammengeschlagen vor einem steht? Ich wahrscheinlich schon und wie ich das Weib kenne, sie auch.
Langsam löse ich die Umarmung, setze nicht einmal zu einem Kuss an. Es ist nicht, dass ich es nicht möchte, aber ihre eigene Unsicherheit hat mich verunsichert. Vielleicht wäre ein Kuss auch nicht gerecht, denn es scheint Einiges zu klären zu geben, auf beiden Seiten, vor allem, wenn ich an den Blick denke, welcher mir einen Schauer über den Rücken jagd. Es ist ein bisschen wie mit dem Bild von ihr. Was möchtest du machen? Frühstücken? Tee trinken? Dich hinlegen? Es ist keine direkte Frage, wie es ihr geht oder warum sie hier ist. Warum auch? Wenn sie es ansprechen möchte, dann wird sie es tun, dann werde ich ihr zuhören, sie in den Arm nehmen oder eben auch nicht. Ich werde sie aber sicher nicht dazu drängen. Nur eins sollte klar sein, während meine Finger sich langsam mit den ihren verweben. Sie ist hier nicht unwillkommen - egal um welche Uhrzeit -, es gibt nichts, was ich verzeihen müsste und all diese Dinge beinhalten meine Gesellschaft, wenn sie sie nicht ausdrücklich ablehnt. Nur, irgendwann würde ich mich kurz davonschleichen, um dem natürlichsten auf der Welt nachzugehen - meine Blase leeren. Aber, dies hat Zeit, zumindest noch ein bisschen. Erst das Weib, dann ich.

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Rondra
20.05.1461

Wer mustert darf gemustert werden. Die Blonde versucht gar nicht erst irgendetwas zu verbergen, wie auch, wenn sie das gewollt hätte, hätte sie die ganze Sache hier anders angehen müssen. Möglich dass es einfach an der Zeit ist die Scharade zu beenden, zumindest ein Stückchen, so weit dass ein Leben außerhalb der Gedankenberge wieder möglich wird. Kann es das überhaupt? Egal, denn für den Moment schrumpfen sie in sich zusammen, als Rondra sich in der vertrauten Umarmung wiederfindet. Wahrscheinlich wird sie nie herausfinden wie genau er das anstellt, aber es wirkt, einmal mehr. Als Erwiderung legen sich ihre Arme auf seine Schultern, die Hände treffen sich in seinem Nacken und die eigenen Finger verweben sich miteinander. Rondras Kopf sinkt gegen seine Schulter, nun da er unter ihr steht ein leichtes Unterfangen, ungewohnt und schön zugleich.
Der eigene Blick ist ihr sicherlich so nicht bewusst gewesen, sein Geständnis auf ihn allerdings entzündet ein kleines flackerndes Lichtchen in den Blauen. Ja, auch das ist zu viel. Beides, dass der Kerl sie vermisst hat und dass diese Tatsache sie beruhigt. Eingehüllt in ihn, seine Nähe und sein Halt spenden Kraft, die wahrhaft notwendig ist.
Nicht August. Der Blondschopf regt sich ein wenig, auf der Stirn bildet sich eine leichte Falte. Ob sie ihm das abnehmen soll? Rondra kennt den Edlen kaum, der erste Eindruck ist ein guter gewesen, doch ein wenig hat sich ihr Bild von ihm bereits gewandelt. Die Hochzeitsfeierlichkeit selbst und sein letzter Auftritt im Löwen tragen die Schuld daran. Zumal, wenn nicht August, wer dann? Über eine zünftige Wirtshausschlägerei hätte man doch im Nachhinein bestenfalls gelacht. Zumindest nachdem die Wunden versorgt sind und ein wenig Gras über die Sache gewachsen ist. Vielleicht auch nur ihre verquere Vorstellung davon, denn mit soetwas kennt sich die Fuggerin nicht aus. Doch würde er Lügen? Vielleicht, auch wenn Rondra ihm das tatsächlich nicht zutraut. Kennen tut sie Kelian einfach zu wenig um ihn gut genug einschätzen zu können. Eher würde er die Wahrheit ein wenig… anpassen. Mit ihren Gedanken kommt sie der Wahrheit über den Verursacher recht nahe, denn dass August selbst Hand an jemanden legen würde, hätte sie auch gar nicht erwartet.
Weiter bohren? Auch wenn es Rondra interessiert, sie verwirft die Möglichkeit. Später womöglich, oder er würde von selbst darauf zurückkommen, sofern er es will, oder ihr gegebenenfalls nebenbei mehr preisgeben.
Als Kelian sich von ihr zu lösen beginnt, gibt das Weib ihn ebenfalls langsam frei. Ein Kuss wäre wohl bei jedem vorangegangenen Treffen der nächste Schritt gewesen. Es verlangt sie danach seine Lippen zu spüren, mehr von der kranken Gewissheit zu bekommen dass zwischen ihnen alles ist wie gehabt. Ein spürbares Kribbeln, eher ein Brennen auf den Lippen, Ausdruck der Sehnsucht danach, als bräuchte sie dazu physische Beweise. Aber die letzten achtundvierzig Stunden wären vergebliche Marter gewesen, würde sie sich jetzt an seinen Hals werfen und diesem Trieb nachgeben. So ist der Blondschopf erleichtert als es von seiner Seite aus beim verweben ihrer Finger bleibt.
Was möchte sie machen? Ihr leises Lachen darauf klingt ein wenig überspannt, mit Sicherheit neigt sie nicht zu Hysterie, aber schließlich ist das beinahe genau die Frage, welche sie unaufhörlich quält. Wenn darauf die Antwort nur auch so leicht zu finden wäre, wie die auf seine Vorschläge.
Nur einer davon kommt tatsächlich in Frage und es erstaunt Rondra selbst wie gut sein Angebot ist. Hatte es sie im Löwen nach Bier oder Rum verlangt, etwas was sie sich verwehrt hatte – er sich offensichtlich nicht, denn mittlerweile hat selbst sie den noch leicht im Haus stehenden Geruch wahrgenommen, so scheint eine belebender Tee gerade noch verlockender.

„Tee klingt ganz wunderbar.“ Auch wenn sie sich bisher die meiste Zeit oben aufgehalten hat, um zu wissen wo sich die Küche befindet kennt sich Rondra bereits gut genug aus, zumal sie direkt an den untern Flur anschließt. Die Stiegen werden wieder hinuntergegangen und während sie vorangeht lässt sie seine Hand nicht los. Allerdings würde er sie für die Zubereitung des Tees wohl benötigen, weshalb sie die Finger in der Küche zögerlich entknotet.
Sie überlässt Kelian den Tee, auch wenn er ihr die heilige Prozedur der Zubereitung bereits gezeigt hat, einmischen will sie sich nicht. Untätig herumzusitzen, oder zu stehen liegt ihr nicht, außerdem ist es gut wenn die Hände beschäftigt sind, es hält den Kopf frei. Deshalb nimmt sich Rondra der Asche in der Feuerstelle an. Während die Hände mit der Arbeit beginnen, versucht sie einen Anfang zu finden. Es liegt ihr fern mit der Tür ins Haus zu fallen und es wäre so wunderbar einfach Belangloses auszutauschen. Wunderbar einfach und so gar nicht zielführend. Zielführend, gibt es überhaupt ein Ziel?

„Danke für die Plakate, sie sind großartig geworden, auch wenn ich sie leider noch nicht verwenden konnte.“ mit Bedacht legt Rondra die nur noch leicht schwelende Glut unter der Asche frei, bevor sie trockene Äste darüber schichtet. Der Anfang ist gemacht, nicht nur was das Feuer angeht. Die Überleitung zu wichtigeren Themen würde auch passen, aber damit nun anfangen? Nein, erst der Tee. Wie Kraut und Rüben geht es in ihrem Kopf zu, bis das Feuer endlich munter flackert.

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Kelian_


Dont you worry child
20.05.1461


Vielleicht könnten wir auch einfach ewig so stehen bleiben. Dieser Gedanke durchzuckt mich, noch während ich mich bereits aus der Umarmung löse und unsere Hände verbinde. Was wäre denn so falsch daran? Vielleicht genauso viel, dass wir hier gerade zusammen stehen. Egal, wir haben diesen Schritt gewagt, die Folgen dessen in Kauf genommen. Vielleicht sind die eingetreten, die wir am wenigsten erwartet haben. Nein, nicht wir. Es ist die Konsequenz aus diesem Spiel, welche ich am wenigsten erwartet habe. Gefühle für ein Weib zu entwickeln, andere als Freundschaft oder Bewunderung. Ja selbst Gier. Mit vielem habe ich gerechnet, aber sicher nicht hiermit.
Ich trabe ihr folgsam hinterher, ein Lächeln auf meinem Gesicht, welches vielleicht gar nicht angemessen ist, aber diese ganze Situation ist einfach lustig. Ich bin nun eigentlich wirklich nicht der Kerl, der einfach hinter jemandem folgsam gehen würde und doch mache ich es. Ein leichtes Bedauern darüber, dass unsere Finger die jeweils anderen verlassen müssen, aber ich sehe ein, dass es nötig ist. Vor allem, wenn ich darüber schon Bedauern empfinde, wie werden erst andere Ereignisse einschlagen? Ich geh eben Wasser holen. Die Plakate könnten wir danach noch besprechen und so auch alles andere. Mein erster Weg führt mich durch die Küchentür hinaus auf diesen Art kleinen Hof, der hinten angefügt ist. Ein Eimer steht dort bereit, dennoch lasse ich ihn zuerst liegen. Die perfekte Gelegenheit meine Bedürfnisse zu erledigen. Genau dies mache ich auch, weswegen es wohl einen kleinen Moment dauert, bevor ich die Küche wieder durchquere - mit Eimer. Bevor ich die Tür entriegel, hinaus auf den Markt trete, werfe ich mir meinen Mantel über. Es ist das eine, wenn Rondra sieht wie ich aussehe, dass andere, wenn es fremde Menschen erblicken. Der Brunnen ist nicht weit und eben doch ein Stück. Vereinzelt sind schon Marktleute auf den Beinen, drapieren ihre Waren, doch ich kann ihnen aus dem Weg gehen. Ich hole Wasser und weil es mir in den Sinn kommt, bringe ich auf einem kleinen Umweg frisches Brot mit.
Insgesamt war ich vielleicht zehn Minuten weg. Das Brot lege ich auf den Tisch, das Wasser fülle ich in den Kessel um und hänge diesen über das bereits entfachte Feuer. Während ich die Kräuter raussuche, beginne ich zu reden. Es freut mich, dass sie dir gefallen und ich bin froh, dass sie noch rechtzeitig angekommen sind. Offensichtlich, denn ansonsten hätte sie sie schon gebraucht und ich gesehen oder ich hätte wohl eine Antwort erhalten. Nachdem die ersten Arbeiten erledigt sind, ich meinen Mantel wieder weggebracht habe, 'schleiche' ich mich an das Weib heran. Wir wissen beide, dass es anders ist und doch kann ich den Eindruck aufrecht erhalten. Also ist nichts natürlicher, als mich zu ihr zu begeben. Meine Arme schlingen sich von hinten um sie, drücken sie an mich und treiben die Wärme durch den unfeinen Stoff ihres Kleides. Hast du schon gegessen? Da mein Kopf nah an ihrem einen Ohr ist, rede ich nicht gerade laut. Es betont die Kratzigkeit meiner Stimme und lässt wohl durchblicken, dass ich in den letzten Tagen nicht gerade viel geredet habe.
Mit ihr - sie hat kaum eine Wahl - steuer ich den Tisch mit dem Brot an. Leise murmel ich. Es ist noch warm... Normalerweise bin ich wohl jemand, der besser unterhalten kann, aber zuviele Gedanken schwirren mir in meinem Kopf herum. Nimm dir welches. Ich breche es einfach so, warum es fein säuberlich schneiden, wenn es auch so geht und viel mehr Spaß macht. Das Blubbern vom Kessel deutet an, dass es Zeit für die Kräuter ist und genau dem widme ich mich auch, während ich mich darauf verlasse, dass sie sich etwas nehmen wird. Tee kochen ist eine heilige Sportart, die man nicht unterschätzen sollte. Genau nach Maß, bereite ich den Tee zu, hole zwei Krüge heraus - ich besitze wirklich welche - und gieße das heiße Getränk hinein, als es fertig ist. Beide Gefäße stelle ich auf dieselbe Seite des Tisches, rücke den einen Stuhl zurecht und lasse mich darauf fallen. Mein linker Arm hat sich zu ihr ausgestreckt, darauf wartend, dass sie zu mir kommt, sich auf meinen Schoß setzt. Natürlich hat sie die Wahl, auf der anderen Seite würde auch ein Stuhl stehen. Meine rechte hingegen bricht etwas von dem Brot heraus. Auf Wunsch würde ich sicher auch noch etwas anderes auftischen, doch ich hab weiterhin das Gefühl, dass wir an ganz anderen Dingen schwer zu kauen haben werden.

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Rondra
20.05.1461

Ein feines Lächeln begleitet seinen Aufbruch zum Brunnen. Es ist ungewohnt solche alltäglichen Dinge zu tun. Sie macht es äußerst selten, abgesehen von den helfenden Arbeiten ab und an im Löwen. Seltsam und äußerst surreal dies nun gemeinsam hier zu machen. Die Zeit während Kelians Abwesenheit nutzt Rondra dazu Atem zu schöpfen. Das hier verspricht kompliziert zu werden, kompliziert auch deshalb weil sie keinen Schimmer hat was genau sie eigentlich tut. Dass sie hier sein will steht außer Frage, aber darum geht es nicht. Egal wie Rondra es auch dreht und wendet, natürlich kann sie auch in diesen Minuten das Chaos nicht lichten.
Als er wieder eintritt zuckt ihre Braue verwundert nach oben. Brot. Keine dumme Idee, denn gegessen hat sie noch nichts, dazu ist es schlicht zu früh gewesen. Abgesehen davon dass sie ganz anderes im Sinn gehabt hat. Ein rascher Blick auf den Laib genügt um ihr ihre Vermutung bezüglich seiner Herkunft zu bestätigen. Ihre Lippen verziehen sich zu einem spöttischen Lächeln, das dem Brot gilt, aber wie Sofias Hochzeitsbild, würde es wohl ebenfalls schweigen.
Die Plakate. Seine Worte reißen sie vom Brot los. Ein leichtes Nicken ist Rondras Antwort, während sie seinen geübten Handgriffen mit den Augen folgt. Es hat etwas entspannendes Kelian beim Teekochen zu beobachten. Ganz zu Anfang mochte es nicht in das Bild passen, welches sie sich von ihm gefertigt hatte. Doch mit jedem weiteren Mal gehörten das Ritual und er mehr und mehr zusammen. Ähnlich wie einst Sofia, ihr Duftöl, sie selbst und der Zuber. Warum schießt ihr diese längst vergangene Angewohnheit ausgerechnet jetzt durch den Kopf? Vielleicht weil beide Handlungen in irgendeiner Weise etwas vertrautes inne haben, oder hatten. Denn zwischen Kelian und Sofia vermag sie beim besten Willen keine Verbindung knüpfen. Im Gegenteil, fast ist es schändlich die Cousine gemeinsam mit ihm in ihre Gedanken zu lassen.
Wieder ist es Kelian der Rondras Gedanken zerstreut, sein Schleichen ist nicht zu ignorieren, geschweige denn die festen Arme die das Weib gleich drauf umfangen. Herr im Himmel. Rondra schließt die Augen als ihr Körper auf Kelians Nähe von ganz allein reagiert. Seine Wärme lässt Hitze in ihr aufflammen. Die raue Stimme die in ihr Ohr raunt lässt sie trocken schlucken. Ein kurzer Augenblick, bis sie die Blauen wieder aufschlägt und sich wieder in ihrer Gewalt hat. Kurz, aber eben lang genug um die Blonde daran zu erinnern mit welcher Leichtigkeit er ihr Verlangen wecken kann.

„Nein.“ ist die Antwort auf die Essensfrage. „warm und gut, nehme ich an.“ Und wirklich als er sich dem Wasserkessel zuwendet, greift Rondra nach dem Brot. Ja, es ist noch warm und frisch genug dass die Kruste leise knackt als sie sich ein Stückchen abbricht. Zufrieden lächelt Rondra als sie es sich in den Mund schiebt. Natürlich ist es gut und gutes, frisches Brot braucht kaum mehr. Butter vielleicht, aber für ihren Geschmack reicht es so, zumal sie Tee haben würde.
Sie zögert als Kelian seinen Arm ausstreckt, nicht aus missfallen, sondern weil sie sich selbst nicht genug traut. Reden, würde das auf diese Art gehen? Andererseits, wer weiß wie oft sie Kelian noch nahe kommen kann, sollten bestimmte Dinge tatsächlich angesprochen werden. Der von ihm angedachte Platz wird eingenommen. Seitlich sitzt Rondra auf seinem Schoß, ihr linker Arm schlingt sich um seinen Oberkörper. Während Kelians Rechte sich für Brot entschieden hat, so ist es bei Rondra der Tee. Noch ist er zu heiß um getrunken zu werden, doch die zierliche Hand umfasst vorsichtig den warmen Krug.
Fein. Und nun?

„Ich glaube mir war nicht ganz klar wie es sein würde, als Du mir im Stall angeboten hast weiterhin Wahnsinn zu sein.“ Die Flucht nach vorn und doch gleichzeitig ein vorsichtiges aber ehrliches Herantasten, woran auch immer. Rondra sieht ihn dabei nicht an, halb abgewandt studieren die Blauaugen den Krug eingehend. Es ist leichter so, zumindest um einen Anfang zu finden. Die Satzkonstrukte in ihrem Kopf gabeln sich. Rechts oder links? Wie viel der Wahrheit ist sie bereit zu geben? Wie viel ist er in der Lage zu verkraften? Wahrheit, als würde sie sich ihrer sicher sein. Nachdenklich schweigt Rondra für einige Atemzüge.
„Ich habe die letzten Nächte im Löwen verbracht.“ fast mag es wie ein nüchterner Informationsaustausch klingen. Ob sie ausführen sollte weshalb? Nein, nicht wenn er es nicht hören will. Dazu ist ihr ‚Arrangement‘ bisher doch zu eindeutig. Obwohl, manchmal schleichen sich selbst bei Rondra mittlerweile Zweifel ein. Es fällt ihr schwer zu glauben dass sich Affairen tatsächlich auf diese Art abspielen, oder doch? Dank ihm hat sie sich abgewöhnt offen auf ihrer Unterlippe herumzubeissen, was Rondra nicht davon abhält ihre Schneidezähne von innen in sie zu graben, wenn sie nervös oder unsicher ist - wie jetzt
Ihr Gesicht wendet sich dem seinen zu, fragend, beinahe etwas kühl sieht sie den Kerl an. Vielleicht ist Angriff die beste Verteidigung, es ist seine Entscheidung ob sie weiterspricht.


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