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Traumjagd

Loganblack
Freising, 7.Tag des Wonnemonats

Mein Blick ging zu dem Bauern, der anscheinend Probleme mit seinem Darm hatte. Jedenfalls verpesteten seine Fürze die Umgebung, und ich hoffte für ihn, dass er mir das Geld ohne Sperenzchen geben würde. Ich wollte nicht gleich ungut auffallen. Der feiste Kerl erwiderte meinen Blick, doch mit Genugtuung sah ich Angst darin aufflackern. Gut. Ich mochte es, wenn man mir mit Angst begegnete. Mein Lächeln ist sanft, erreicht jedoch meine Augen nicht. Die Hure im letzten Jahr hatte gesagt, ich sei hässlich, mit einer Nuance Schönheit. Interessante Wortwahl. Ich glaube nicht, dass sie mich nochmals empfangen würde.

Die Arbeit ging in der leichten Maisonne leicht von der Hand, und ich war schnell mit der Saat fertig. Viel zu spät, doch der Bauer faselte irgendetwas von seiner toten Mutter. Als würde es mich interessieren. Ich hielt die Hand auf, starrte ihn an. Sein Gesicht veränderte sich, wurde missmutig, doch er gab mir den vollen Betrag. Gut so. Ich wollte nicht auffallen.
Lieber marschierte ich durch die Gassen und beobachtete die Leute. Es kam mir immer wieder mal einer unter, den ich kannte, der einst einen Auftrag bestellte. Der sich an einer blutigen Klinge erfreut hatte. Das waren dann die, die mir schnell auswichen, als wollten sie nicht mit mir gesehen werden. Als hätte ich eine ansteckende Krankheit. Amüsiert werfe ich dem Marktweib zwei Münzen zu und bekomme einen Apfel dafür. Genüsslich beiße ich hinein. Ich glaube, hier wird es mir gefallen.

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Amaalia


Gute gelaunt machte sich Amaalia auf den Weg zum Zimmer ihres kleinen Bruders. Sie hatte mit Hilfe der Amme einen kleinen Bären für ihn genäht und wollte ihm das Spielzeug bringen. Sie dachte an nichts Böses, öffnete die Tür zu Jakobs Zimmer und war von der Szene überrascht, die sich vor ihr in Sekundenbruchteilen abspielten. Jakob saß auf dem Boden und schlug vergnügt seine kleine Holzrassel auf den Boden. Seine Amme aber stand dort nahm gerade etwas von Brigitta entgegen. Was es war konnte Amaalia nicht sehen, denn sie ließ es blitzschnell in einer Rockfalte verschwinden. Brigitta erschrak für einen kurzen Moment. Es war kaum zu merken, aber Amaalia bildete sich ein, es in ihren Augen gesehen zu haben. Was ging hier vor sich? Argwöhnisch betrat sie den Raum und versuchte sich nichts anmerken zu lassen „Gott zum Gruße, Brigitta“ sagte sie zuckersüß. Diese antwortete ebenso zuckersüß „Gott zum Gruße, liebes Kind.“ „Was führt euch zu so früher Stunde schon zu Jakob?“ Sie versuchte, es so unbedarft wie möglich klingen zu lassen. „Oh, ich wollte mich nur vergewissern, dass es dem Jungen gut geht und die Amme ihren Aufgaben gewissenhaft nachkommt.“ Sie warf mit ihren grünen Augen der Amme einen kurzen Blick zu. Diese lächelte mechanisch und knickste kurz. „Nun muss ich wieder gehen und im Saal nach dem Rechten sehen“ Sie lächelte noch einmal kurz Amaalia an und verschwand dann mit raschelnden Röcken durch die Tür. Das Mädchen schaute ihr verwundert hinterher und sah dann die Amme an. „Was wollte sie?“ „Wie die Herrin schon sagte. Sie wollte nach dem Rechten sehen“ Amaalia war sich sicher, dass sie log. „Was hat sie dir gegeben?“ „Das möchte ich nicht sagen.“ Die Amme senkte den Blick, doch Amaalia wurde allmählich ungeduldig. „Du bringst dich in große Schwierigkeiten, wenn du mir jetzt nicht die Wahrheit sagst. Wenn du deine Stellung behalten willst, dann sprich!“ Das Mädchen versuchte dabei so abgeklärt wie möglich zu klingen und es schien zu funktionieren, denn Jakobs Amme antwortete „Sie hat mir ein paar Taler gegeben, sie meinte, ich würde es verdienen, weil ich mich so gut um den Jungen kümmere“. Das reichte ihr als Erklärung. Für sie klang es plausibel.
Dann schob sie die Gedanken beiseite und widmete sie sich ihrem kleinen Bruder, der schon die Ärmchen nach ihr ausstreckte.

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Wochen später. Alles wurde für das Weihnachtsfest vorbereitet. Amaalia freute sich darauf. Es war seit jeher Tradition, dass die Bauern der näheren Umgebung am ersten Weihnachtsfeiertag auf die Burg kamen und gespeist wurden. Anschließend wurde stets ein fröhliches Fest im Saal gefeiert. Im Jahr zuvor fiel das Fest wegen der Trauerzeit aus, doch nun sollte es wieder stattfinden. Ulrich von Kohlscheid wirkte zum ersten Mal seit langem weniger niedergeschlagen. Brigitta war sehr beschäftigt. Sie scheuchte Mägde und Knechte durch die Burg und stritt mit dem Koch. Das Mädchen nutzte die Gunst der Stunde, mit ihrem Vater zu sprechen. Er saß gerade in seinem Sessel am großen Kamin und blickte in die Flammen. Schüchtern trat sie näher und räusperte sich. Er schien sie nicht zu bemerken, also trat sie neben ihn und griff sanft nach seiner Hand. „Vater“ Er blickte sie an, seine Augen sahen müde aus, darin lagen Kummer, Schmerz und Sorgen. Es war, als wäre er seit Mechthilds Tod um 10 Jahre gealtert. Der Bart war nun mehr grau, als dunkel und auch die Lachfalten um seine Augen wirkten wie tiefe Kummerfalten. Amaalia tat es im Herzen weh, den geliebten Vater so zu sehen. Sie konnte nicht mehr an sich halten, obwohl sie es sich vorgenommen hatte. Schluchzend warf sie sich auf die Knie, verbarg das Gesicht im Schoß des Vaters und weinte hemmungslos. Zuerst tätschelte Ulrich hilflos die Schulter seiner Tochter, doch dann brach auch bei ihm der Damm. Ein lautes Seufzen, es klang, als würde jemand gegen das Ertrinken ankämpfen. Dann rutschte er von seinem Sessel, kniete auf dem Boden und hielt sein Kind fest im Arm. Gebeutelt von Tränen saßen sie beide so eine lange Zeit. Sie brauchten keine Worte, sie verstanden, was sie einander sagen wollten. Es war wie ein Versprechen, ein Schwur, sich nicht mehr zu vergessen, sich nicht mehr im Stich zu lassen, sich nicht mehr in Trauer zu verkriechen.
Ulrich von Kohlscheid fing sich zuerst. Er hielt das kleine Gesicht seiner Tochter in seinen großen Händen und sah sie liebevoll an und sprach ganz leise zu ihr „Verzeih mir, Lia-Kind. Ich habe große Fehler begannen. Ich werde versuchen, es wieder gut zu machen.“ Ehe Amaalia etwas erwidern konnte, drückte er sie an sich, doch nun war es kräftiger als zuvor, es hatte etwas von Zuversicht. Das Mädchen konnte sich beruhigen. Sie standen gemeinsam auf „Geh und wasch dir dein Gesicht.“ Er klang wieder beinahe so wie früher. Amaalia nickte und rang sich ein Lächeln für den Vater ab, dann lief sie mit gerafften Röcken davon und vergaß, dass Burgfräulein das eigentlich nicht tun.
Ulrich stand da, schaute seiner Jüngsten hinterher und lächelte zum ersten Mal seit Langem wieder. Doch das Lächeln wich schon bald von seinem Gesicht. Die Sorgenfalten gruben sich wieder Tief in die Haut. Das Kind hatte keine Ahnung, von welchen Fehlern er gesprochen hatte. Sie würde es früh genug erfahren, wenn es ihm nicht gelang, sie wieder gut zu machen.

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Jakob wurde krank. Es kam schleichend. Er war nicht mehr das aufgeweckte Kleinkind, sondern wirkte müde und apathisch. Seine Amme tat dies ab und meinte, er bekäme nur Zähnchen, es sei alles im Bereich des Normalen. Doch es wurde schlimmer. Der Kleine übergab sich oft, nahm an Gewicht ab und wimmerte leise, wenn er mal wach war.

Amaalia konnte das nicht mehr mit ansehen, sie bat ihre alte Amme, sich Jakobs anzunehmen und diese tat das gerne, denn sie konnte die andere Amme nicht ausstehen. „Die kennt sich doch nicht aus!“ schimpfte Martha „Statt sich um den Jungen aufopferungsvoll zu kümmern, treibt sie’s heimlich...“ dann besann sie sich, denn ihr fiel wieder ein, dass dies nichts für die Ohren ihres Zöglings war. Sie erreichten zusammen mit einer Dienstmagd Jakobs Zimmer und betraten es, ohne anzuklopfen. Das Kind lag wimmernd im Bett, seine Amme versuchte, ihm etwas Brei zu füttern, doch er weigerte sich, den Mund zu öffnen.

Die dicke Martha schob sie unsanft zur Seite und befühlte seine Stirn. Er fühlte sich warm an. Es war noch kein Fieber, aber es war spürbar, dass der kleine Körper gegen etwas ankämpfte. Sie entriss der völlig perplexen Amme das Schälchen mit dem Hirsebrei und roch daran. Sie runzelte die Stirn, langsam fing sich die jüngere Frau wieder „Was soll das? Das ist eine Frechheit“ Sie wirkte nervös und trat unruhig von einem Bein aufs andere. Martha tupfte völlig unbeirrt den kleinen Finger in den Brei und hielt ihn sich an die Zungenspitze. Ihr Gesicht verzog sich ganz langsam zu einer zornigen Fratze, dann nahm sie mit dem Löffel eine gute Portion des Breis und hielt ihn der anderen hin „Koste mal!“ Die aber ging einen Schritt zurück und hob abwehren die Arme vor sich. Martha kam ihr hinterher, den Löffel immer noch in der Hand, als wäre sie bereit, ihn der anderen in den Mund zu schieben. „Iss das du dreckige Tochter einer elendigen Hure!“ Es war nun völlig egal, wer sie hören konnte. Amaalia beobachtete die Szene fassungslos „Geh hol Vater!“ Befahl sie der Dienstmagd leise, dann fragte sie: „Was geht hier vor sich? Was ist in dem Brei?“ Martha spuckte mit den folgenden Worten vor die Füße der anderen: „Gift! Nicht genug, um gleich davon zu sterben, aber es reicht, um den kleinen Jakob langsam dahinsiechen zu lassen. Ein paar Tage länger, und er wäre tot. Wir wären alle der Meinung, er wäre schrecklich krank gewesen.“ Wütend warf sie der jungen Amme den Teller Brei ins Gesicht. Sie versuchte, sich wegzudrehen, doch es gelang ihr nicht und der Brei tropfte nun von Gesicht und Haaren hinunter auf ihr schlichtes Kleid. Amaalia trat an das Bettchen ihres Bruders und nahm ihn behutsam auf den Arm. Er war vor Erschöpfung eingeschlafen und atmete ganz flach. Sie weinte leise für ihn und drückte ihn sachte an sich. „Brigitta“ sagte sie ganz leise zu sich. Es war offensichtlich, was hier gespielt wurde.

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis der Burgherr endlich in der Türe stand. Amaalia sah keinen Grund, diplomatisch zu sein, also sagte sie ihm die Wahrheit direkt ins Gesicht „Brigitta hat versucht, Jakob zu vergiften! Sie gab seiner Amme das Gift, dass sie in kleinen Dosen in sein Essen mischte. Vater, Jakob wäre beinahe gestorben!“ Sein Gesicht verfinsterte sich. Seine Augen tasteten die Amme ungläubig ab. Die stand mittlerweile heulend in einer Ecke des Raumes, den Kopf gesenkt und traute sich nicht aufzublicken. Ulrich schritt langsam auf sie zu. „Sag etwas zu deiner Verteidigung, du Abschaum!“ Die Luft vibrierte von der Lautstärke seiner tiefen Stimme. „Herr, ich... eure Gemahlin hat mich unter Druck gesetzt... Ich... ich wollte nicht, dass... Herr, bitte seid gnädig mit m...“ Weiter konnte sie nicht sprechen, das versetzte ihr der Burgherr einen donnernden Schlag „Gnade?! Du wolltest meinen Sohn töten und sprichst von Gnade?! Du kannst von Gnade sprechen, wenn du diesen Tag nicht überlebst!“

Martha packte Amaalia am Arm und zog sie zur Tür. „Los Kind, wir sollten gehen. Dein Vater wird tun, was nun richtig ist.“ Das Mädchen ließ sich wie in Trance hinaus und auf ihr Zimmer führen. Der kleine Jakob schlief immer noch an ihre Brust gedrückt. Sie setzte sich auf ihr Bett und küsste sein kleines Gesicht viele Male. „Wird er es überleben, Amme?“ Sie sah Martha flehend an, als könne sie darüber entscheiden. Etwas Zweifel lag in deren Blick, doch sie versuchte zuversichtlicher zu wirken, als sie war. „Er wird, mein Kind. Ich werde gleich in die Küche gehen und etwas für ihn zubereiten, was ihm hilft, das Gift schnellstmöglich auszuscheiden.“ Der Dienstmagd bedeutete sie, die Tür von innen zu verschließen und nicht zu öffnen, bis sie wieder zurückkam. All dies war längst nicht ausgestanden und es war zu befürchten, Brigitta würde sich noch einmal daran versuchen, dem Kleinkind etwas anzutun. Die Geschehnisse hatten sich sicher längst auf der Burg herumgesprochen. Die Frau musste sicher in Panik geraten vor dem Zorn des Burgherren und war nun zu allem fähig.


Amaalia hatte eine Nacht in Landshut hinter sich. Eine weitere, ungeplante würde folgen. Wie sie dann weiter reisen, war noch unklar. Ein Freund brauchte Chris. So etwas hatte natürlich Vorrang. Anna kam ihnen entgegen. Sie würden sich endlich wieder sehen.

Sie hockte sich neben das Lager, dass sie Annas Katzen in der Scheune gerichtet hatte. Schnickschnack war weg. Der fing wohl Mäuse. Doch Mizu lag kugelrund im Heu und schlief. Amaalia hatte noch etwas kleingeschnittenes Fleisch für sie. Später würde sie neues besorgen. Sie dachte schmunzelnd an Annas letzten Brief. Jagen sollte sie für die Katze? Die spinnt ja! Und Hebamme sollte sie für Mizu spielen. Sie hoffte inständig, Anna käme rechtzeitig und würde das selbst übernehmen.

Dann nahm sie ihr Buch und ging damit nach draußen Sie suchte sich ein sonniges Plätzchen im Obstgarten und setzte sich auf einen Baumstumpf. Sie dachte die ganze Zeit an die eingerissene Stelle in ihrem Buch. Es wäre schlimm für sie, wäre es kaputt, also untersuchte sie die Stelle noch einmal. Sie hatte sich am Vortag nicht getäuscht. Es sah tatsächlich so aus, als wäre die Stelle schon einmal geleimt worden. Sie bog den Buchdeckel etwas nach hinten und begann vorsichtig mit dem Fingernagel zu kratzen. Langsam öffnete sich der Schnitt und dann hing der hintere Buchdeckel nur noch am Buchrücken. Jetzt war es wirklich nötig, einen Buchbinder zu finden, der den Schaden beheben konnte, ehe es richtig kaputt ging. Doch da war bei genauerer Betrachtung noch etwas, das ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Es war beinahe zu übersehen, aber eine winzige Ecke eines Pergaments lugte zwischen Ledereinband und Deckel hervor. Das Buch lag auf ihrem Schoß. Mit spitzen Fingern zog sie an der Ecke und zum Vorschein kam ein mehrmals gefaltetes Pergament. Mit klopfendem Herzen faltete sie es auf. Wer hatte es dort versteckt? Warum war es versteckt? Was stand darin? Sie hatte den Brief kaum fertig aufgefaltet, sah die Schrift und erkannte brühend heiß, was sie in den Händen hielt. Erschrocken sprang sie auf, das Buch fiel zu Boden, doch das war egal. Ungläubig starrte sie auf den Brief ihrer Mutter...
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Loganblack
Freising, 8.Tag des Wonnemonats - Die Geister, die ich rief..

Es ist kalt und dunkel. Die Äste schlagen mir ins Gesicht und ich habe Angst. Das ist seltsam- ich fühle kaum etwas, sei es Freude, Trauer, Kummer...oder Angst. Doch die Angst, die mich erfasst, ist unbeschreiblich, seltsam stark und fordernd. Ich drehe mich um, sehe nichts und weiß doch, dass mich etwas verfolgt. Jemand. Mehrere. Ich stolpere, falle.

Und wachte schweißgebadet auf. Ein Traum, nur ein Traum! Der Traum, den ich seit dem ersten Mal hatte. Und nach jedem Mal wurde er stärker. Ich schluckte, wischte mir über die Stirn und schlug die Decke zurück. Im Zimmer war es warm und vom Schankraum darunter konnte ich die letzten Besoffenen hören. Abschaum! Sie waren es nicht wert, am Leben zu sein! Doch trotzdem hielt ich mich noch immer zurück, denn ich tötete nicht ohne Auftrag. Wozu auch? Warf doch kein Geld ab.
Trotzdem fand ich es seltsam, erneut geträumt zu haben. Ich hatte nun schon länger nicht mehr getötet, und eigentlich...Etwas war anders. Kennt ihr das? So etwas wie eine Erinnerung, tief versunken in der Seele, da und doch nicht greifbar. Etwas, das mich berührte. Etwas, das mich störte. Etwas...jemand. Ich ließ die letzten Tage Revue passieren. Es waren ruhige Tage für mich gewesen. Ein paar Leute kennen gelernt, das kranke Mädchen und seine Freundin, dessen...Ich erstarrte. Mein Körper spannte sich an, als würde er angreifen wollen. Die Freundin. Ich war so mit der Verrückten beschäftigt gewesen, dass mich das andere Weib nicht gekümmert hatte. Doch jetzt? Ich betrachtete das innere Bild, fuhr über ihre Gesichtszüge, kramte in den Erinnerungen. Auch in der Kiste, die ich in die letzte Ecke meiner Gedanken gestellt hatte. Mein eigenes Gesicht ist ausdruckslos. Ich erinnere mich. Und wie ich mich erinnere.

Es war ein versuchter Mord. Ein Auftrag, verdammt gut bezahlt. Und er hätte blutig werden sollen - langsam und grausam, hinauszögern hätte ich ihn sollen. Und ja: ich hatte mir Dinge überlegt. Dinge, die so grausam waren, dass jeder schon bei dem Gedanken daran gekotzt hätte. Ich hatte mir Ideen von meinem Bruder eingeholt, das Werkzeug baumelte an meiner Hüfte. Sogar die Zange (von Rhage liebevoll Zungenzange genannt) hatte ich auftreiben können. Es war alles bereit gewesen. Das leere Anwesen im Wald, von dem man die Schreie nicht hören konnte. Ich war sogar im Voraus bezahlt worden, jedenfalls mit einem Teil. Und dann hatte ich es vergeigt.

Ich mochte offene Aufträge nicht. Doch jetzt war das Weib in meiner Nähe, und ich hatte mich sogar schon bekannt gemacht. Hatte sie mich erkannt? Anscheinend nicht. Sonst wäre sie schon schreiend davongerannt. Ob sie noch die Narbe hatte? Ich schloss die Augen und erinnerte mich, wie der Dolch sanft in das weiche Fleisch schnitt, den Blick ihrer Augen, dieser sture Stolz, den Weiber oft hatten. Meine Nasenflügel blähten sich und endlich spürte ich wieder die Lust am Töten. Deshalb mochte ich meine Arbeit.

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Nantosuelta
Der Rabe trifft ein.




Liebe Lia. Ich bin nun unterwegs. Ich bin nicht gern aus Linz weggegangen, aber es war wohl besser. Nicht dass noch jemand mich mit dem verletzten Kerl... oder vielleicht liegt er auch inzwischen tot irgendwo rum.... in Verbindung bringt. So ein Mist aber auch. Das passt mit überhaupt gar nicht in den Kram. Grad Linz..... Naja, wie auch immer....
Heut Nacht hat mich son Wicht "ausgeraubt". Ich hab in aller Ruhe meine Kräuter und das bisschen Kram ausgeräumt, was ich nicht in Linz gelassen habe. Du hättest mal sein enttäuschtes Gesicht sehen sollen. Aber jetzt kann er ein feines Kräuterbad nehmen, dabei ein paar Sack Mais und ein einsames altes Brot essen und sich mit meinem Stock schlagen. Und ein paar Bier trinken.

Gibts denn schon Pläne? Ich für meinen Teil müsste doch noch mal irgendwann nach Freising, aber es eilt nicht. Und - wenn du nicht geübt hast, dann kannst du einiges erwarten. Falls dein Messer wieder ganz plötzlich "weg" ist, ich hab meine alle noch. Die hat der Kerl heut Nacht nicht gefunden....

Ach, und es gibt dies und das zu erzählen.

Die arme, arme Anna. Gibt nicht mal ein Bier heute.




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Amaalia


Brigitta wurde noch am selben Tag von der Burg gejagt Wäre ihr Vater kein reicher und mächtiger Graf, hätte Ulrich sie sicherlich ausgepeitscht und anschließend im Burggraben ertränkt. So aber kam sie mit einem blauen Auge davon, im wahrsten Sinne des Wortes.

Jakob erholte sich allmählich und wurde wieder aufgepäppelt Er war nun in Sicherheit, das wollte man zumindest glauben. Ein neues Kindermädchen kümmerte sich liebevoll um den Jungen und Amaalia hatte stets ein wachsames Auge auf ihn. Sie vertraute niemandem mehr.

Ulrich von Kohlscheid wurde wieder etwas fröhlicher. Es wurde Frühling, Brigitta war beinahe vergessen und er überraschte seine Tochter „Lass uns ausreiten. So wie früher“ Das ließ sie sich nicht zweimal sagen, zog sich ihre Reitkleidung an und wartete dann vor dem Stall auf ihren Vater. Die Pferde wurden gesattelt und die beiden ritten hinaus. Sie unterhielten sich kaum, sondern genossen einfach die warme Frühlingssonne, die Ruhe und den Frieden in den weiten Ländereien

Erst nach ein paar Stunden, erreichten sie die Burg wieder. Doch etwas schien verändert. Alle waren heillos durcheinander. Jeder Knecht, jede Magd war aufgeregt auf der Burg unterwegs. Es sah aus, als würden sie etwas suchen. Vater und Tochter ritten auf den Hof. „Was geht hier vor sich?“ Fragte der Burgherr, noch während er auf dem Pferd saß. Ein Soldat meldete „Euer Sohn, Jakob wird vermisst“ Da sprang Ulrich vom Pferd und rannte in die Burg. Amaalia blieb verwirrt zurück. Was war geschehen? Eine Entführung? Sie glitt vom Pferd und suchte nach Martha. Ihr Amme wüsste vielleicht mehr. Sie fand sie in den Kemenaten, wie sie dort jeden Winkel nach dem Kleinkind absuchte. „Amme, was ist passiert?“ Die suchte weiter und warf ihr wie nebenbei hin „Jakob ist verschwunden. Seine Amme lag besoffen in seinem Zimmer und schlief. Der Junge wollte wohl die Burg allein erkunden.“ Amaalia blieb fast das Herz stehen vor Sorge. Ihr geliebter Bruder. Die Burg war gefährlich für so ein kleines Kind. Es gab viele Treppen und Brüstungen, die er hinunterfallen konnte. Sie suchte fieberhaft mit der Amme. Alle auf der Burg waren damit beschäftigt, die Gebäude und schließlich auch die nähere Umgebung abzusuchen. Allmählich wurde von einer Entführung gemunkelt. Dann aber hörte sie auch schon ein Wehklagen vom Hof her. Sie erstarrte, bekam keine Luft mehr. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Immer mehr Menschen schrien, weinten, klagten. Sie wollte nicht wissen, was das zu bedeuten hatte, dann erkannte sie die Stimme des Vaters, unter allen anderen „NEIN! Nicht mein Sohn!“ Es klang wie ein Tier, das ums überleben kämpfe. Amaalia kämpfte dagegen an, sich kraftlos auf den Boden sinken zu lassen. Sie musste hinausgehen. Wie in Trance bewegte sie sich. Der kurze Weg schien ihr unendlich weit. Als sie im Saal angekommen war, kam ihr auch schon eine Menschenmenge entgegen. Ulrich ging inmitten der Leute, im Arm hielt er den kleinen Jakob, er war nass, das Wasser tropfte noch von seiner Kleidung. Amaalia ging auf ihn zu, sie konnte die Augen nicht abwenden von ihrem kleinen Bruder. Wäre sein Gesicht nicht so weiß und seine Lippen nicht so blau, wären seine Augen nicht halb geöffnet gewesen, dann hätte sie sich einbilden können, er würde schlafen. „Nein! Jakob!“ schrie sie aus Leibeskräften und sank vor dem Vater auf die Knie. Durch ihren Körper schoss das Blut, ihr war heiß und kalt zugleich. In ihr fühlte es sich an, als würden sich ihre Gedärme umdrehen. Sie wünschte, sie wäre tot. Sie fühlte sich zu kraftlos, um überhaupt noch zu atmen, doch es funktionierte bedauerlicherweise wie von selbst Immer wieder schrie sie auf. Jemand berührte ihre Schulter, wollte sie beruhigen, doch sie schlug die Hand weg und weinte noch lauter, bis sie völlig kraftlos in sich zusammenbrach. Dass sie jemand hochhob und zu ihrem Zimmer hinauftrug, bemerkte sie kaum. Der Schock saß zu tief. Sie flüsterte immer nur „Sie hat mir Jakob genommen. Brigitta hat ihn mir genommen.“

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Jakob wurde beerdigt und jeder, der auch nur laufen konnte, war auf der Beerdigung. Die Menschen auf der Burg und auch die Bauern der Umgebung waren wie unter Schock, seitdem Jakob im Bach nahe der Burg ertrunken gefunden wurde. Dass der Junge dort allein hingegangen war, bezweifelte man. Es war ein Komplott, dessen war man sich sicher. Man hörte die Menschen überall flüstern „Dahinter steckt Brigitta“ doch Beweise hatte man nicht.

Ulrich von Kohlscheid war nun völlig gebrochen. Sein einziger Sohn war tot, seine durchtriebene Frau hatte er weggeschickt. Er hätte sie im Affekt töten sollen, als er noch die Gelegenheit dazu hatte, das wurde ihm nun bewusst. Es hätte bedeutet, dass Krieg ausgebrochen wäre, doch würde sein Sohn dann jetzt noch leben. Er tröstete sich mit Wein, doch seine Tochter war untröstlich. Sie weinte wochenlang, aß kaum und sprach mit niemandem ein Wort.

Die Wochen zogen ins Land und die Intrigen hinter den Kulissen wurden weitergesponnen. Trauer konnte davor nicht schützen.
Brigitta hatte es geschafft. Ihr Vater hatte sich nun eingemischt, er schien etwas gegen Ulrich in der Hand zu haben, von dem Amaalia keine Ahnung haben konnte. Die Rothaarige kam zurück auf die Burg und lächelte triumphierend Gefolgt von ihrem eigenen Gesindel betrat sie die große Halle. Eine junge Frau stand neben ihr, sie hielt einen Säugling auf dem Arm „Komm her mein Kind“ sagte sie mit falscher Freundlichkeit „Begrüße deinen kleinen Bruder Saul.“ Amaalia trat ungläubig näher und starrte den Säugling an. Er hatte keinerlei Ähnlichkeit mit ihrem Vater. Sicherlich war er das Resultat einer ihrer unzähligen Liebschaften. Brigitta lächelte süffisant vor sich hin, als könne sie Amaalias Gedanken lesen.
Sie hatte gewonnen.
Sie hatte acht Monate, nachdem sie von der Burg gejagt wurde, einen Sohn geboren und feierte nun lächelnd ihren Triumph. „Du falsche Schlange“ flüsterte das Mädchen so leise, dass es nur Brigitta hören konnte. „Aber nicht doch Kind. Wer wird denn so beleidigend sein.“ Sie senkte die Stimme und ging ganz nah ans Amaalias Ohr „Besser, du bist nett zu mir und deinem kleinen Bruder. Er ist der rechtmäßige Erbe der Burg und ich hab genug gegen deinen Vater in der Hand, um ihn köpfen zu lassen und dich für 5 Taler an ein Hurenhaus zu verkaufen“ Dann gab sie ihr einen Kuss auf die Wange und verkündete etwas lauter „Sie freut sich ja so, mich wieder zu sehen und wieder einen kleinen Bruder zu haben. Das Mädchen ist so reizend. Doch nun möchte ich in meine Räumlichkeiten gebracht werden. Die Reise war anstrengend für mich und Saul“ So schritt sie davon, Amaalia blieb im Saal zurück. Die Wut kochte in ihr, doch Brigittas Drohung zeigte Wirkung. Sie könnte es nicht ertragen, auch ihn noch zu verlieren.

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Die Zeit verstrich. Amaalia wurde dreizehn. Saul war nun in dem Alter, als Jakob starb. Das Mädchen konnte und wollte keine Bindung zu ihm aufbauen. Er war ein kleines, unschuldiges Kind, doch sie fühlte sich, als wäre er verantwortlich für Jakobs Tod. Sie würde den Sohn ihrer Mutter verraten, so fühlte es sich für sie an.

Amaalia verhielt sich ruhig und mied Brigitta. Meistens gelang es ihr, denn die Frau lebte ohnehin in ihrer eigenen Welt.
Eines Nachts wachte sie auf. Durch das Fenster hörte sie, wie auf dem Burghof gestritten wurde. Sie stand auf, um zu sehen, was dort vor sich ging. Es war ein seltsames Bild, das sich ihr bot: Der Hof war hell erleuchtet von vielen Fackeln. Dunkel gekleidete Männer umringten Ulrich von Kohlscheid. Einer stand ihm gegenüber, er hatte sein Schwert gezogen und schrie den Burgherren an. Amaalia konnte den genauen Wortlaut nicht verstehen, dann überschlugen sich auch schon die Ereignisse. Drei Männer packten ihren Vater, der wehrte sich aus Leibeskräften, war aber unterlegen. Er wurde niedergeschlagen und in einen Wagen gesteckt, der ein paar Schritte weiter bereitstand. Dann knallte eine Peitsche und der Wagen preschte davon. Amaalia klopfte das Herz bis zum Hals, was sollte sie tun? Zum Glück kam gerade ihre Amme herein. Sie war völlig aufgeregt und in Tränen aufgelöst. „Schnell, zieh das über“ Sie warf ihr ein einfaches Kleid zu. „Du musst fort von hier, schnell“ Sie drückte ihr liebevoll einen letzten Kuss auf die Stirn, wobei sie sich etwas strecken musste, denn ihr kleiner Zögling war mittlerweile ein paar Zentimeter größer, als sie. „Gehe durch den Geheimgang, in dem du dich als Kind immer aus der Burg geschlichen hast. Ich habe dem Stallburschen befohlen, ein Pferd zu satteln und an den Bach zu bringen“ Während sie sprach, warf sie dem perplexen Mädchen einen Umhang über und schob sie weiter. „Aber Amme. Wo haben sie Vater hingebracht? Was wird mit dir?“ „Mach dir keine Gedanken um mich. Reite nur so schnell du kannst zu Margarethe, meide die Wege, ich weiß, du kannst das.“ Amaalia wollte gerade protestieren, da hörten sie Stimmen und Schritte. Sie schoben ein Regal zu Seite, hinter der sich eine Öffnung befand. Sie verschwand in dem engen Gang und drehte sich noch ein letztes Mal zu Martha um „Großmütterchen“ „LAUF! Lia, lauuuf!“ Dann wurde es dunkel und sie lief blind den Gang entlang, bis sie endlich nach draußen gelangte. Der Ausgang war zugewachsen. Sie kämpfte sich durch Gestrüpp. Dornen zerkratzten die Haut an ihren Armen, zerrissen ihr Kleid. Als sie sich endlich befreit hatte lief sie zum Bach, dort stand ein Pferd, nicht ihres, aber das war nun Nebensache. Sie schwang sich in den Sattel und ritt los, so schnell das Pferd konnte.

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Loganblack
Freising, 9. Tag des Wonnemonats - Welch Gefühl, so lebendig zu sein

Die Nacht hatte ich mit offenen Augen und dem Pläne-Schmieden verbracht. Es musste schließlich perfekt werden, und diesmal durfte es mir nicht misslingen. Das Geld würde ich wohl nicht mehr bekommen, war ich selbst nur knapp dem Tod entflohen, als meine Auftraggeberin erfuhr, dass ich versagt hatte - doch der Tod der jungen Frau war meine Nemesis, mein weißer Wal...mein Schicksal. Ich erinnerte mich zurück, als ich den Auftrag bekam. Ich saß in einer Taverne, als eine Gruppe Reisender eintrat. Es war eine kleine Gruppe, bestehend aus sieben Kerlen und einem Weib. Sie flüsterten, bestellten Wein und ab und an hörte man ein Fluchen aus dem Gemurmel raus. Ich beobachtete sie, ließ meinen Blick über die Kerle schweifen. Ein Komplott? So sah es jedenfalls aus. Und irgendwann, als der Wirt an den Tisch schlurfte, kam ich ins Spiel. Denn der Kerl zeigte auf mich, und alle drehten sich zu mir. Endlich hatte ich Blick auf das Weib. Kennt ihr die Weiber, deren Lebensziel "Macht" heißt? Genau so sah sie aus. Einen verbitterten Zug um den Mund, die Augen stechend kalt. Sie war wie ich.

Der Auftrag war einfach. Finde das Mädchen. Quäle das Mädchen. Lasse sie nicht gleich sterben. Je länger sie lebt, desto mehr bekommst du bezahlt. Ich sah die Taler vor meinen Augen, wusste, dass ich mir ein schönes Leben machen konnte - denn die Erfahrung lehrte mich, den Tod immer und immer wieder zu umgehen. Ich spürte schon das warme Blut über meine Hände tropfen, labte mich an der Vorstellung des Blickes des jungen Mädchens, leckte meine Lippen bei der Vorstellung ihrer weichen Haut unter meinen Händen. Es war ein Auftrag nach meinem Geschmack. Doch es gab ein Problem. Sie ist weg. Ich musste sie erst finden...

Ich erwachte aus der Erinnerung, schüttelte leicht den Kopf, um wieder in die Gegenwart zurückzufinden. Ich konnte es noch immer nicht glauben, dass ich sie nicht erkannt hatte. Die Möglichkeiten...doch es war gefährlich. Ich wusste um die Fähigkeit der Weiber, ihren Freundinnen immer und überall hinterher zu laufen - außerdem schien ihr Kerl nicht derjenige zu sein, der sich kampflos ergab. Ich musste etwas anderes finden. Und da fiel es mir ein: ich musste ihr Vertrauen gewinnen. Ich musste ihre Freundschaft erlangen. Und vielleicht...ein kaltes Grinsen erschien auf meinem Gesicht. Und vielleicht konnte ich ihre Liebe erwecken. Ohja, ich konnte ein richtiger Charmeur sein. Und immerhin hatte ich noch ein Ass im Ärmel - meinen Bruder. Doch versuchen wollte ich es zuerst allein.
Mein Spieltrieb war geweckt, alles, was ich denken konnte war die Erfüllung meiner neuen Träume. Ich wollte alles ausnutzen - ich wollte sie finden, ich wollte ihre Fruendschaft stehlen, ich wollte sie vögeln und ich wollte sie so lange quälen, bis sie um ihren eigenen Tod betteln würde. Doch den würde ich ihr nicht geben - denn ich gab ihr die Schuld an der schwärzesten Zeit meines Lebens. Die Wochen, Monate, nach dem misslungenen Auftrag. Und dafür würde sie mir büßen.

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Amaalia



Jener Winterabend vor vier Jahren. Sie befand sich im Freisinger Rathaus. Es war nachts und es brannte nur das Feuer im Kamin und ein paar Kerzen auf dem Schreibtisch. An der Szene war nichts ungewöhnliches, denn sie arbeitete oft bis spät nachts in ihrem Arbeitszimmer. Obwohl das Feuer den Raum mit Wärme erfüllte, fröstelte sie. Ein Blick zum Fenster, es war einen Spalt breit geöffnet, der Vorhang bewegte sich leicht vom Wind. Gewiss war es nicht richtig verschlossen gewesen und der Wind hatte es aufgedrückt. Sie stand auf, um es wieder zu verschließen und setzte sich dann an ihre Arbeit. Doch sie fröstelte immer noch, obwohl ihr warm sein müsste. Sie konnte sich nicht auf ihre Arbeit konzentrieren. Sie fühlte sich beobachtet. Das war Blödsinn, denn es war niemand mehr im Rathaus zu dieser Zeit. Sie verschloss dann immer die Türe von innen. Sie hatte ihre Gründe, die sie niemanden verriet. Fieberhaft schrieb sie die letzten Briefe, versuchte sich zu konzentrieren. Doch ein Gefühl flammte in ihr auf, dass sie seit Jahren vergessen hatte. Sie hatte Angst. Ihr Hand zitterte, die Schrift sah dementsprechend aus. Sie beschloss, für diesen Abend Schluß zu machen und nach Hause zu gehen. Der Umhang wurde über die Schultern geworfen, wichtige Papiere eingeschlossen und die Kerzen gelöscht... bis auf eine. Sie nahm den Kerzenständer und wollte gerade die Türe aufschließen, da bemerkte sie eine Bewegung hinter sich. Sie drehte sich um, atmete schnell, versuchte etwas zu sehen, doch die Kerze konnte den dunklen Raum nicht genügend erhellen.
Panik.
„Wer ist da?“ Die Frage war lächerlich. Sie wusste, wer da war. Nicht beim Namen, aber sie wusste, dass er geschickt wurde und von wem. Dann kam er auf sie zu. Vor Schreck fiel ihr der Kerzenständer aus der Hand, die letzte Lichtquelle war erloschen und sie konnte sein Gesicht nicht mehr sehen. Er war lediglich ein großer Schatten, der langsam auf sie zukam...


Sie war nur kurz eingeschlafen. Doch sie schlief tief genug, um diesem Traum Platz zu schaffen, mit ihren Gefühlen zu spielen. Ein ewig wiederkehrender Traum, von dem sie nie jemandem erzählte. Die Handlung war stets die Gleiche, der Ablauf ebenso, wie das Ende. Sie war gefangen und konnte nicht ausbrechen. Sie wünschte sich zu verstehen, was es zu bedeuten hatte, doch so war es lediglich ein Streich ihrer Fantasie. Nichts weiter. Nur ein böser Traum...
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Loganblack
Freising, noch immer der 9...

Unruhig wanderte ich im Raum herum. Ich hatte das Weib nicht finden können, und keiner konnte mir Auskunft geben. Ich war gut im Finden, doch hier schien mir mein Schicksal erschwert zu werden. Dieses vermaledeite Weib. Wut, Begehren und Hass wechselten sich ab, und ich war erstaunt, wie sehr mir diese Geschichte auf die Eier ging. Gut, ich hasste es zu versagen.
Knurrend lehnte ich den Kopf an die Mauer und schloss die Augen, wanderte zurück in die Vergangenheit.

Es war kalt gewesen. Und ich hatte sie endlich gefunden. Ohja, es war so leicht gewesen, sie zu finden, wenn man nur erst wusste, wo man suchen musste. Meine Finger kribbelten und ich stellte mir vor, was ich mit dem Geld machen konnte. Auf alle Fälle meinen Bruder suchen. Und dann? Das süße Leben genießen. Mein Grinsen war amüsiert, erreichte die Augen jedoch nicht. Der Plan stand also, ich hatte sie gefunden und würde sie in die abgelegene Ruine bringen. Ja, ich mochte Ruinen. Ich mochte die Stille, die Geschichten, die sie erzählten und die Verschwiegenheit, die sie boten. Ich würde meiner Auftraggeberin den schönsten und längsten Mord bieten, den sie je gesehen hatte. Und deshalb machte ich mich auf den Weg.
Die Winternacht hatte mir Schutz gegeben, die Unachtsamkeit des Weibes ebenso. Die Normalität war es, die Menschen so oft in den Abgrund trieben, der Gedanke, im Alltag in Sicherheit zu sein. Und so hockte ich in einer dunklen Ecke, mein graues Gewand hob sich kaum von der düsteren Dunkelheit ab. Grau, nicht schwarz musste es sein. Das SChwarz hob sich zu sehr ab. Ein Wissen, dass viele Räuber, Diebe und Mörder vor dem Schafott bewahrt hätte, hätten sie es auch gehabt.
Ich beobachtete das Weib. Es war hübsch, eindeutig. Ich wusste nicht, wieso ich meine Auftraggeberin sie töten wollte, und es interessiertet mich auch nicht. Für mich war das Weib die Inkarnation des Geldes in Menschenform. Doch ihr Körper war ein Spielfeld - ich stelle mir vor, wie ich meine Finger über ihren Hals gleiten ließe, hörte das Knacken der brechenden Finger, labte mich an den Schmerzenslauten, die sie von sich geben würde. Und ich wartete.
Das Feuer war abgebrannt, die einzelnen Kerzen flackerten noch. Sie erhob sich, der Blick gehetzt und ängstlich. Ich konnte die Furcht beinahe riechen. Es würde gleich losgehen...Als sie die Kerzen löschte, bewegte ich mich, schnell und geschmeidig, ging auf sie zu. Ihre Stimme klang ängstlich, als sie den Satz sagte, den jeder fragte. Wer ist da? Der Tod, mein Schatz. Ich hauchte die Worte, ließ meine eigene Stimme knarren. Der Kerzenständer fiel ihr aus der Hand und endlich war es dunkel: ich liebte die Dunkelheit, und endlich konnte ich auch mein Opfer riechen. Ja, das war es, was mich berauschte, was beinahe so herrlich war wie die Taler, die ich bekommen würde. Der Duft der Angst, gepaart mit dem herrlich satten Geruch des Weibes, ein Hauch nach Frühling. Ich konnte ihre Silhouette sehen, hob meine Hand, um ihr über die Wange zu streichen. Ohja, das war noch viel unheimlicher, als sie gleich zu packen. Sanfte Berührungen. Vorsichtig legte ich meine Handfläche um ihre Wange, suchte nach dem sanften Schwung ihrer Taille und versuchte sie, an mich zu ziehen. Ich wollte meine Nase in ihr Haar vergraben, wollte alles von ihr in mich aufnehmen, und sie dann mit einem geschickten Griff im Nacken ruhig stellen. Nur so lange, bis sie in der Ruine war. Bis sie aufwachte. Und mich sah - ihren Alptraum, ihren Erlöser.
Ruhig. Ich flüsterte, unheilvoll, sanft. Spürte ihr Herz schlagen, es pochte gegen meine Brust und ich konnte beinahe ihre rasenden Gedanken hören. Ob sie wusste, von wem ich geschickt wurde? Meine Hand wanderte zu ihrem Haar, der Griff wurde fester und ich zog ihren Kopf grob zurück. Der Hals lag nun frei, ich stelle mir die pulsierende Ader vor. Ja,das war meine Arbeit, und verdammt, ich liebte sie! Der Daumen meiner Hand fuhr über den zarten Hals, suchte nach dem Zeichen von Leben. Ein leichter Druck an der richtigen Stelle, und es würde ihr die Luft wegbleiben. Ich liebte es, damit zu spielen. Es war wie ein Instrument, und ich war ein perfekter Musiker.
Ohja, ich hätte noch einige Lieder des Todes spielen können. Doch dann ging alles schief.

Ich erwachte aus meinen Erinnerungen, als ich merkte, dass meine Handfläche blutete. Ich hatte die Faust in die Wand gerammt, immer und immer wieder. Wütend wischte ich das Blut an meiner Hose ab, und begann wieder, im Zimmer auf und ab zu laufen. Diesmal durfte es nicht schief gehen. Dafür würde ich sorgen.

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Amaalia
Die Sache ließ ihr keine Ruhe. Wieso verdammt noch mal erinnerte sie sich nicht? Was war damals in Freising wirklich geschehen?
Sie versuchte es wieder. Erst krampfhaft, dann mit Entspannung. Doch es kam nichts. In ihrem Kopf nur Leere... Es machte sie wahnsinnig. Aber warum plötzlich? Sie konnte es doch sonst immer einfach so zur Seite schieben. Menschen träumten nun mal wirres Zeug. Das ist nicht ungewöhnlich und muss nichts zu bedeuten haben. Der Schatten aus ihrem Traum symbolisierte bestimmt nur die Ungewissheit.

Amaalia schloß die Augen und dachte sich in das Kloster zurück, in dem sie vier Jahre verbracht hatte. Was erzählten ihr die Nonnen? Es war nicht viel. Das Banner kam, die Rathaustüre zu öffnen... warum? Niemand wusste es. Sie wurde bewusstlos gefunden und auf direktem Wege ins Kloster gebracht.

Sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, dass diese Geschichte von hinten bis vorne hinkte. Sie hatte doch Freunde in Freising, war verlobt. Warum kümmerten die sich nicht um sie, sondern brachten sie ins Kloster? Irgendetwas stimmte nicht. Sie nahm sich vor, das noch herauszufinden.
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Amaalia


Sie ritt, als wäre der Teufel höchstpersönlich hinter ihr her und trieb das Pferd im starken Galopp quer über die Felder, in eine völlig andere Richtung, bis sie endlich den Wald erreichte. Erst hier gönnte sie dem Tier eine langsamere Gangart. Sie mied die Wege, ritt immer tiefer in den Wald, den sie seit ihrer Kindheit gut genug kannte. Unterholz, Steine und Wurzeln erschwerten ihr den Weg. Manchmal musste sie absteigen, um das Pferd am Zügel zu führen. Sie erreichte einen Bach, lies das Pferd kurz trinken, hetzte dann aber weiter. Immer tiefer in den Wald hinein, endlich Richtung Götzburg. Es würde lange dauern, bis sie bei Margarethe war, doch nur so war sie sicher. Brigitta konnte sich denken, wo das Mädchen Unterschlupf suchen würde.

Sie war beinahe zwei Stunden geritten, als sie das Plateau eines baumlosen Hügels erreichte. Zum ersten Mal drehte sie sich um, schaute in die Richtung, in der die väterliche Burg stand. Sie konnte sie gerade noch erkennen. Der Morgen dämmerte und die Sonne stieg hinter der Burg auf. Es sah aus, als würde sie lichterloh brennen. Einen Moment lang glaubte Amaalia tatsächlich, dass die Burg in Flammen stand. Doch die Sonne stieg allmählich höher. Es war nur ein Trugbild. Ihre Fantasie spielte ihr einen Streich. Sie besann sich, lenkte das Pferd wieder gen Westen und ritt weiter.

Das Mädchen war völlig erschöpft, als sie am Abend endlich die Götzburg erreichte. Auch das Pferd war verschwitzt und wirkte, als würde es jeden Moment zusammenbrechen. Sie ritt durch die Tore und wurde sofort erkannt. Niemand stellte ihr Fragen, sie wurde ohne Umwege in die Kemenaten zu Margarethe gebracht. Es schien, als würde sie bereits erwartet werden. Margarethe schien rastlos. Sie schloss die jüngere Schwester in die Arme “Lia, du bist hier nicht sicher! Es waren Reiter hier. Sie suchen nach dir. Ich will gar nicht wissen, wie du es ungesehen hierher geschafft hast. Doch auf unserer Burg gibt es sicher genügend undichte Stellen und sie werden schon bald zurück sein, um dich zu holen.” Das Mädchen sah die große Schwester aus müden und verzweifelten Augen an. “Aber Margarethe. Wo soll ich hin?” Eine Magd brachte etwas zu essen auf das Zimmer “Iss. Wir haben nicht viel Zeit, aber wenn du unterwegs nicht entkräftet zusammenbrechen willst, dann iss!” Und das Mädchen aß ein paar Brocken, obwohl sich der Körper dagegen wehrte. Seitdem sie in der Nacht aus dem Schlaf gerissen wurde, stand sie unter Anspannung. Und selbst jetzt konnte sie es sich nicht leisten, schlapp zu machen. Sie war noch nicht in Sicherheit. Schlimmer noch, auch Margarethe brachte sich in Gefahr. In diesem Moment wurde an die Tür geklopft. Margarethes Schwiegervater Götz trat ein “Sie kann hier nicht bleiben! Das Kind muss augenblicklich die Burg verlassen oder uns passiert das gleiche wie Ulrich von Kohlscheid.” Amaalia sah ihn fassungslos an, doch Margarethe nickte nur wissend.

“Unten steht ein frisches Pferd bereit. Ein vertrauter hat sich bereit erklärt, das Kind wegzuschaffen” Amaalia konnte nur fieberhaft überlegen, was Götz mit “wegschaffen” meinte, da wurde sie auch schon von Soldaten nach unten geführt. Margarethe rief ihr hinterher “Werd nicht leichtsinnig, Lia! Du kannst niemanden mehr retten!” Doch für Leichtsinn war das Mädchen ohnehin zu eingeschüchtert und erschöpft. Der Ritter, mit dem sie zu Einbruch der Dunkelheit davon ritt, nahm die Zügel in die Hand, sie hatte lediglich zu folgen und zu hoffen, dass sie ihm und Götz vertrauen konnte.

Sie ritten lange und weit. Immer wieder war sie knapp davor, auf dem Pferd einzuschlafen und lief Gefahr, hinunterzufallen. Nur mit viel Mühe konnte sie sich wachhalten und ihre Gedanken schweiften immer wieder ab zu ihrem Vater. Ob er wohl noch lebte? Was wurde ihm vorgeworfen? Bisher war sie zu beschäftigt damit gewesen, zu fliehen. Doch nun holten sie viele finstere Gedanken ein. Auch an die Amme musste sie denken und hoffte, sie sei wohlauf. Dass sie aber nur Sekunden nachdem sie im dunklen Gang verschwunden war, von Brigittas Schergen erstochen wurde, kam ihr nicht in den Sinn.

Sie kannte den Weg nicht. Es war außerdem stockfinstere Nacht und es hingen bedrohlich schwarze Wolken am Himmel, die weder den Sternen noch dem Mond erlaubten, etwas Licht zu spenden. Der Wind frischte auf und das übermüdete Mädchen fror. Zu allem Überfluss begann es zu regnen. Es schien, als würden die Wolken auf einen Schlag alles auf die Erde schleudern, was sie in sich gesammelt hatten. Bald schon war sie völlig durchnässt und zitterte wie Espenlaub. Der Weg wurde noch beschwerlicher, denn die Pferde kamen auf dem schlammigen Pfad nur sehr langsam voran.

Irgendwann erreichten sie aber ein Gebäude. Es tauchte wie aus dem Nichts vor ihnen auf. “Wir sind da” sagte der Mann knapp, dann deutete er ihr, sie solle vom Pferd steigen und zum Haus gehen. Der Regen ließ nach und sie erklomm ein paar Stufen hinauf zu einer Tür. Das Haus war nicht erleuchtet, doch sie erkannte nun, dass es sich um einen herrschaftlichen Landsitz handeln musste. Die Türe stand offen. Drinnen brannten nur wenige Kerzen und ein Feuer im Kamin. Sie erkannte aber sofort, wer vor ihr stand: Graf von Falkenhorst. Brigittas Vater höchstpersönlich. Sie ist verraten worden, schoss es ihr durch den Kopf. Götz hatte sie und ihre Schwester angelogen, denn nun war sie gefangen. Der Raum wirkte, als wäre lange niemand mehr hier gewesen. Die Holzmöbel waren mit Tüchern abgedeckt, überall hingen Spinnweben, die man im Flackern des Kerzenlichts nur gespenstisch erahnen konnte. Die ganze Szene wirkte erschreckend gespenstisch. Sie müsste todmüde sein, doch das Adrenalin ließ sie wieder hellwach werden.

Zögerlich trat sie ein paar Schritte näher. Der Graf stand einfach nur lässig da, wartete ab, betrachtete sie mit einem spöttischen Grinsen auf dem Gesicht. “Du hältst dich wohl für besonders schlau!” es war keine Frage, eher eine belustigte Feststellung. “Du warst immer schon ein freches, törichtes Miststück, seit jeher bekannt dafür keinen Respekt vor jenen zu haben, die sie fürchten sollte “ Sie musste unwillkürlich an Friedrich von Plassen denken, und wie sie ihn einst als kleines Mädchen anschrie. Das hing ihr bis zum heutigen Tag nach? Der Mann vor ihr war nicht besonders groß, seine Statur eher hager. Doch er strahlte etwas bedrohliches aus, was Amaalia erschaudern ließ. In seinem Blick lag kein bisschen Güte, lediglich blanker Hass war zu sehen. “Was wollt ihr von mir? Ich habe euch nichts getan!” der Graf lachte kurz auf “Dein Vater ist ein Betrüger! Er hat mich belogen, den Namen meiner Familie in den Schmutz gezogen und das werde ich ihm nun heimzahlen. Ich werde ihm höchstpersönlich jedes Detail erzählen von dem, was ich heute Abend mit dir machen werde “ Vater lebt, hämmerte es durch den Kopf des Mädchens. Der Graf kam langsam auf sie zu, während er sprach und sie ging in derselben Geschwindigkeit rückwärts, um den Abstand zu halten. “Niemand wird dich hören, du brauchst nicht zu schreien.”

Sie ging einen Bogen, herum um einen abgedeckten Tisch, auf dem eiserne Kerzenständer standen. Das Möbelstück stand zwischen ihr und dem Mann, der sie beobachtete, wie eine Wildkatze, die jederzeit bereit war, ihre Beute zu packen und mit einem instinktiven Biss zur Strecke zu bringen. Dann ging alles schrecklich schnell. Er machte einen Satz zur Seite und das Mädchen versuchte zu fliehen, doch er packt sie am Arm, riss sie harsch an sich und drückte sie auf den Tisch. Sein Gesicht lag auf dem ihren. Er stank nach Alkohol und Schweiß. Er hauchte bedrohlich “Du bist wohl noch ein unberührtes Pflänzchen. Es wird mir eine Ehre sein, das zu ändern und deinem Vater zu berichten, wie du wie eine Hure unter mir gestöhnt hast.”
Amaalia tastete mit der freien Hand in Panik nach etwas, irgendetwas. Sie konnte kaum denken, ihr Körper funktionierte, als wäre sie eine Marionette und jemand anders würde ihre Arme bewegen. Sie bekam einen der Kerzenständer zu greifen. Seine Form erinnerte an Speerspitzen. Der Graf zwang ihre Beine auseinander und positionierte sich dazwischen. Als er sich einen kurzen Moment aufrichten wollte, um seine Hose zu öffnen, war sie in der Lage, ihn zu überraschen. Sie nahm all ihre Kraft zusammen, denn sie wollte so nicht enden. Sie stieß ihn weg, raffte sich auf und stieß mit aller Kraft zu. Er hatte nicht mehr mit Gegenwehr gerechnet, stolperte nach hinten, sie fiel mit ihm- Durch ihr Körpergewicht gelang es, die Eisenspitze in seinen Leib zu rammen. Wie sie das alles bewerkstelligte, konnte sie nicht verstehen, doch es war geschehen. Sie konnte die Augen nicht abwenden, sah ihm ins Gesicht. Überraschung und Wut lagen in seinen kalten Augen. Die Hand, die sie am Arm gepackt hatte, verlor an Kraft und lies sie schließlich los. Er bewegte den Mund, doch anstatt etwas zu sagen, brachte er nur noch gurgelnde Geräusche hervor. Blut lief aus seinem Mund und dann bewegte er sich nicht mehr. Kein Atem mehr. Ungläubig starrte sie den Toten unter sich an. Was hatte sie getan?

Panisch stand sie auf, ging ein paar Schritte zurück. Er lag da, tot, in einer Blutlache. Sie sah an sich herab, sah ihre Hände, die Blutrot im Kerzenschein glänzten. Das nasse Kleid war ebenso mit seinem Blut befleckt. Sie musste hier weg. Wohin? Der andere Kerl wartete gewiss draußen, würde sofort kurzen Prozess mit ihr machen, wenn er bemerkte, was sie getan hatte.
Gehetzt suchte sie den Raum nach einer Möglichkeit ab. Eine Hintertüre, verschlossen. Wo konnte der Schlüssel sein? Ihr Blick fiel auf den Schreibtisch. Schubladen. Sie riss das weiße Tuch hoch, um sie öffnen. Eingetrocknete Tintenfässer, alte Schreibfedern, Pergamentbögen, Siegelwachs. Nächste Schublade. Eine Schatulle. Endlich, ein Schlüssel. Keine Zeit verlieren.
Sie riss in der Hast das Tuch vom Tisch, die restlichen Kerzenständer fielen um, lagen am Boden. Mit zitternden Händen versuchte sie, die Tür zu öffnen, schickte tausend Bittgebete gen Himmel, er möge passen. Währenddessen fing das Tuch am Boden Feuer. Schon bald brannten auch die nahestehenden Holzmöbel. Sie hatte keine Zeit mehr, doch der verdammte Schlüssel wollte nicht in das Schlüsselloch, sie zitterte zu sehr. Wenn es nicht bald klappte, würde sie die Vordertüre nehmen müssen, oder sich ihrem Schicksal ergeben und im Feuer verbrennen. Zu ihrem Entsetzen bemerkte sie, wie die Vordertüre geöffnet wurde und der Mann herein kam, der sie zu dem Gebäude brachte. Das Feuer breitete sich schnell aus. Es gelang ihm zunächst nicht, sich einen Weg zu ihr zu bahnen, ohne durch das Feuer zu gehen.

Endlich. Der Schlüssel steckte. Sie drehte ihm im Schloss, es klackte, mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung schob sie die Türe auf und verschwand nach draußen, verschloss die Tür hinter sich wieder. Es dauerte ewig, doch gelang ihr endlich. Noch ein kurzer Gang und sie war wieder im Freien. Es regnete nicht, doch es war immer noch stockfinster. Sie rannte zum Stall, vor dem eine Fackel brannte. Drei Pferde waren dort angebunden. Sie wählte das des Grafen, es war sicherlich am ausgeruhtesten. Die anderen beiden band sie los und jagte sie mit schrillem Gekreische davon in die Dunkelheit. Sie wollte es dem Kerl nicht zu leicht machen, sie zu verfolgen. Dann schwang sie sich in den Sattel und ritt im Galopp davon, gerade rechtzeitig, denn schon kam der Mann auf sie zu, hielt seinen Dolch in der Hand. Er erreichte sie nicht mehr, sie konnte ungehindert fliehen.


Ein Knoten zwischen Landshut und Deggendorf

Es ging ihr alles zu langsam. Drei Tage Landshut und nun ein Knoten. Sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen, lächelte, es war ohnehin nicht zu ändern. Und ja, sie sah ein, dass es so sein musste, denn Freunde ließ man nicht im Stich. Zack hatte es mittlerweile zu ihnen geschafft, sie konnten weiter reiten und sie würde Anna endlich wieder sehen. Ihre Freundin war die einzige, der sie sich anvertrauen konnte. Nur sie würde Verständnis für das haben, was sie nicht einmal in Briefen schreiben konnte. Es waren Gedanken, Ideen, die sie sich selbst nicht eingestehen konnte. Vielleicht half es ihr, wenn sie darüber sprach.
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Loganblack
Freising, der 10.Tag des Wonnemonats

Und wieder hatte ich nicht geschlafen. Es war wie eine Sucht, der Gedanke an meine Rache. Und jede Minute hasste ich das Weib mehr für das, was sie mir angetan hatte. Ich war es nicht gewohnt, zu verlieren. Und damals hatte ich verloren. Nicht einmal Rhage hatte ich davon erzählt...

Als ich meine Hände über ihren Körper wandern ließ, erfreute ich mich an dem ängstlichen, schnellen Atmen, an dem Herzklopfen unter meinen Handflächen und meiner eigenen Lust am Spielen. Die Dunkelheit umgab uns, wie ein dicker, kalter Schleier, draußen war es still und ruhig. Ich wollte noch nicht die Hand in den Nacke legen, wollte noch mehr auskosten und ihren Körper entdecken, wollte mir selbst etwas gönnen. Meine Gedanken spazierten zur Ruine, überlegten, womit ich anfangen würde. Ein leises Lachen ertönte aus meinem Mund, denn es war klar, was mein erster Schritt sein würde: die Haare. Es war immer ein Akt der Grausamkeit, den Weibern die Haare zu nehmen. Es schmerzte nicht, doch es war der Beginn einer Reihe von Quälereien.
Ein weiteres Mal verbarg ich meine Nase in das blonde Haar und sog ihren Duft ein. Und da geschah es. Ich versagte. Es war, als würde sich die Dunkelheit gegen mich wenden, als würden die Hände meiner vergangenen Opfer nach mir greifen. Ich spürte die kalten, klammen Finger an meiner Haut, bemerkte, wie die Luft dünn wurde. Zuerst wollte ich die Angst, die in mir aufstieg noch abschütteln - ich HATTE keine Angst! - doch sie war zu mächtig. Mein Puls beschleunigte sich, und ich bemerkte, dass ich die Hände um den Hals der Blonden geschlungen hatte. Als hätte ich mich verbrannt ließ ich los, und der schlaffe Körper sank zu Boden. Taumelnd prallte ich gegen den Tisch, warf die verloschenen Kerzen hinunter und sank schließlich selbst zusammen. Ich sah die Gesichter meiner Opfer vor mir, die klagenden Münder und die toten Augen, spürte, dass sie mich selbst in den Tod ziehen wollten. Ich hatte eine Scheißangst.
So kam es,dass ich floh. Wie ein verdammtes, kleines, feiges Kind riss ich das Fenster auf, verschwand im Schneetreiben, um mich meinen eigenen Geistern zu stellen.

In der Gegenwart angekommen blinzelte ich drei,viermal, stellte meinen Blick wieder scharf. Ich saß in der Taverne, vor mir einen Humpen Bier und mein Messer in der Hand. Im Tisch war ein großes, rissiges Loch, das wohl ich produziert hatte. Ich musste sie irgendwo finden, und sei es das Letzte, das ich tat! So hieß es wohl auf Wiedersehen Freising und herzlich willkommen Reisebeutel...

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Amaalia
Immer noch der langweilige Knoten

Die Ruhe im Wald war unerträglich. Sie hatte zwei Kerle dabei und die schliefen die ganze Zeit, pflückten Blümchen oder sangen lustige Räuberlieder. Ok, dann war die Stille endlich gebrochen, aber zu welchem Preis?! Auf jeden Fall fraß sie ihre innere Unruhe beinahe auf. So laut konnten die beiden gar nicht singen.

Sie nahm einmal mehr ihr Büchlein zur Hand. Es war kaputt und sollte bald repariert werden, damit der Bucheinband nicht völlig abriss.
Hatte sie wirklich gedacht, es wäre so einfach, einen Teil ihrer Vergangenheit wieder zurück zu bekommen? Damit kam sie einfach nicht weiter. So viel Zeit war vergangen, seit sie die ersten Worte hineinschrieb. So viele Träume kamen und gingen und nichts davon blieb. Sie nahm den Brief ihrer Mutter zu Hand und las ihn leise. Sie schloß die Augen und ließ die Worte auf sich wirken. Vor ihrem Inneren Auge konnte sie die Mutter sehen. Sie stand ganz klar vor ihr, schaute sie streng, aber dennoch liebevoll an, als würde sie sagen wollen "Denk an meine letzten Worte aus dem Brief, dann wirst du auch das meistern".

Amaalia öffnete die Augen und blätterte die Seite mit der Zeichnung auf. Ihr Gesicht? Nein. Sie wusste nun, dass es ihre Mutter war, die sie gezeichnet hatte. Sie sah ihr ähnlich. Vielmehr war sie das genaue Ebenbild der Mutter. Sie schaute das Bild lange an und nickte ihr dann zu. Ja, sie wird sich an das halten, was im Brief stand.

Sie riss sich los, steckte das Buch samt Brief wieder ein und machte sich daran, an Blanche zu schreiben. Irgendetwas musste herauszufinden sein über die Nacht damals, vor 4 Jahren...
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Loganblack
Die Reise beginnt oder: wie man ein Mädchen fängt

Meine wenigen Habseligkeiten waren schon längst gepackt, als die Sonne über dem Horizont aufging. Nicht, dass ich mir nicht mehr leisten konnte: ich hielt es sehr pragmatisch. Nimm nur das mit, was du auch tragen kannst, nimm das mit, was du verstecken kannst, nimmt das mit, das dich beim Töten nicht behindert. Ganz einfache Merksätze. So befanden sich in der schwarzen Satteltasche ein Paar Socken (ich hasste es, nasse Füße zu haben), ein paar "Werkzeuge", angefangen von der Zungenzange meines Bruders, bis hin zu dem Fingerbrecher meines Vaters (ja, wir ließen die Namen sprechen). Außerdem noch die Flasche mit Wasser und ein paar Stücke Fleisch und Brot. Ich würde jagen gehen, Hasen würde es wohl genug in den Wäldern geben.
Als ich auf die Straße trat, war schon einiges los. Marktweiber gröhlten herum, Vieh wechselten die Besitzer, und die Straßenjungen klauten giggelnd frisches Brot. Herrlich! Es war ein perfekter Tag, um auf die Jagd zu gehen. Doch zuerst brauchte ich Informationen.
Meine Füße trugen mich in die dunkle Ecke Freisings, dorthin, wo sich nur das Gesock verirrte. Huren, Söldner, arme Schlucker, deren Leben nicht mehr lebenswert war. Und dort befand sich Heinrich, ein alter Freund von mir. Er war ein dicker, großer Kerl, mit einer dunkelroten Narbe im Gesicht. Als ich in die Spelunke trat, spuckte er gerade in einen Humpen und wischte ihn mit einem dreckigen Tuch aus. Ein Grinsen entstand in seinem Gesicht, als er mich erblickte. LOGAN! donnerte er Du alter Sack, dich hab' ich ja ewig nicht mehr gesehen! Ich lachte, ließ mich in seine Pranken ziehen und väterlich umarmen. Du bist noch immer so hässlich wie früher. Heinrich schlug mir auf die Schultern, und ich bemühte mich, nicht zu ächzen - seine Pranke wog wohl mehr als mein Gaul. Ich dachte, ich passe mich meinen Freunden an. Pisst du immer noch ins Bier,um es zu strecken? Heinrich legte den Finger auf den Mund. Pscht! Meine Geschäftsgeheimnisse muss niemand wissen. Willst du einen Schluck Roten? Ausgezeichnetes Gesöff, fährt ein wie ein Blitz! Ich schüttelte den Kopf. Ich musste klar sein, wenn ich das Weib finden wollte.
Ich brauche Informationen von dir. Heinrichs Augen begannen zu funkeln. Bist wieder auf der Jagd, hm? Was springt für mich raus? Ich beugte mich vor. Ein Drittel. Wie immer. Ich suche nach einem Weib, blond, hübsches Gesicht, Amaalia nennt man sie. Heinrich nahm wieder seinen Humpen und das Tuch auf. Ist sie in der Stadt? Ich verneinte kopfschüttelnd. Sie scheint auf Reisen gegangen zu sein. Ich will nur die Richtung wissen. Der Hüne nickte. Ich find dir das raus. Aber wenn sie so hübsch ist ,will ich teilen. Sein perverses Grinsen zeigte ein paar schwarze Zähne. Ich lachte leise auf. Die teil ich nicht. Aber gönn' dir trotzdem was Schönes - sind ja einige gute Häuser hier. Ich kramte in der Hosentasche und legte ihm einige Taler auf den Tisch. Heinrich hatte etwas Spaß verdient.
Mein Freund versprach mir mehr Informationen um die Mittagszeit, und so nutzte ich die Stunden bis dorthin, um mehr über das blonde Weib herauszufinden. Irgendwo musste es doch etwas geben.

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Amaalia


Sie wusste nicht wohin. Eines wusste sie aber: Sie musste weg. So weit wie möglich. So schnell wie möglich. Einfach nur so viele Meilen wie möglich zwischen sich und dem toten Grafen bringen. Wie viel Zeit würde sie haben, ehe seine Scherge ihre Spur aufnehmen konnten? Wo sollte sie hin? Wo war sie überhaupt? Sie irrte völlig orientierungslos durch die Gegend, gab dem Pferd kaum Gelegenheit, zu rasten. Sie selbst war hellwach. Sie hatte einen Menschen getötet, ihm zugesehen, wie er seine letzten Atemzüge tat. Es war der Überlebenswille, der sie dazu befähigte, mit ihren dreizehn Jahren. Ein Instinkt, so alt wie die Menschheit. Sie tat es mit ihren eigenen Händen und sie wusste, es war notwendig, denn nur deshalb lebte sie selbst noch. Aber wie lange?

Nach vielen Stunden erreichte sie eine Waldlichtung. Das Pferd weigerte sich, weiter zu reiten. Es war erschöpft. Der Schaum tropfte ihm vom Maul. Auch Amaalia spürte nun die Anstrengung der letzten zwei Tage. Sie musste sich ausruhen und dem Pferd die Möglichkeit geben, zu grasen und zu trinken, ansonsten würde sie nicht mehr sehr weit mit ihm kommen.

Als der Morgen graute zog sie weiter. Sie hatte kaum geschlafen, war nur hin und wieder eingenickt. Doch das Pferd war ausgeruht und so konnte es wieder weitergehen. Als die Sonne am höchsten stand, erreichte sie schließlich ein Kloster. Sie konnte ihr Glück kaum fassen und weinte leise, als sie näher kam. Es galt zu hoffen, dass sie sie einließen und ihr helfen würden. Sie stieg vom Pferd und klopfte kraftlos an die Pforte. Ein kleines Guckfenster in der schweren Türe wurde geöffnet und zwei gütige Augen blickten sie an. “Gott zum Gruße. Was begehrt ihr?” Sie nahm ihre letzte Kraft zusammen und sprach “Gott zum Gruße, ehrwürdige Schwester. Ich bitte um Einlass und um Hilfe.” beim letzten Wort wurde ihr schwarz vor Augen, alles drehte sich, sie sah den Boden auf sich zukommen, danach war Dunkelheit.

Sie erwachte und lag in einem schmalen Bett. Sie trug ein schlichtes, braunes Kleid aus grobem Leinen. Neben sich saß auf einem Stuhl eine betende Nonne. Sie setzte sich mühsam auf und die Nonne wurde auf sie aufmerksam.”Wo...?” “Ihr seid in Sicherheit.” Sie lächelte gütig und das Mädchen fasste sofort Vertrauen. Ihr fiel wieder ein, dass sie an die Klosterpforte geklopft hatte. Wo, wenn nicht hier, wäre sie nun sicher?
Nachdem sie ein karges Frühstück bekommen hatte, wurde sie zur Äbtissin gebracht. Die alte Frau saß an einem schlichten aber schweren Schreibtisch und erwartete sie offenbar. Sie deutete ihr, sich ihr gegenüber zu setzen. „Du musst schreckliches durchgemacht haben, Amaalia Henrietta von Kohlscheid. So ist doch dein Name?“ Amaalia sah sie mit großen Augen an. „Wie.. woher...?“ Sie reichte ihr das kleine Büchlein, in der ihr Name stand. Sie trug es die ganze Zeit in einem kleinen Beutel bei sich. Jetzt erst fiel ihr auf, dass der fehlte. Natürlich, die Nonnen hatte sie ausgezogen, sie vom Blut gereinigt und ihr neue Kleider angezogen. So fanden sie auch das Buch und die Äbtissin wusste, wer vor ihr saß. Sie senkte den Blick, starrte auf ihre Hände und wusste nicht, was sie sagen soll. Die Frau bemerkte ihre Unsicherheit und sprach ruhig „Wir sind hier zwar weit abgelegen in unserem Kloster, dennoch erreichten uns die Reiter, die nach dir suchen.“ Amaalia sah die Nonne mit weit aufgerissenen Augen an und schüttelte langsam den Kopf. Das Unglück riss nicht ab. „Hab keine Angst. Ich kenne Graf von Falkenhorst sehr gut. Das heisst... ich kannte ihn...“ Sie bedachte Amaalia mit einem strengen Blick und fuhr dann fort „Ich nehme an, ein Mädchen in deinem Alter tötet einen Mann nicht einfach so.“ Amaalia nickte „Ich nehme auch an, ein Mädchen deines Standes hat sich nicht aus freien Stücken in eine Lage gebracht, in der sie töten musste“ Amaalia nickte wieder. Die Äbtissin musterte sie eine Weile, dann sagte sie „Ich kenne Bischof Berthram von Munden und werde ihm einen Brief schicken. Es wird lange brauchen, bis der Bote ihn erreicht, denn er befindet sich in Florenz. Wenn er geantwortet hat, werden wir weiter sehen. Bis dahin steht es dir frei, zu gehen, oder bei uns zu bleiben. Bleibst du im Kloster, so musst du dich an unsere Regeln halten. Du nimmst an den Gebeten Teil, darfst die Bücher zum Studium nutzen und verbringst die meiste Zeit mit Meditation.“ Sie sah nicht aus, als würde sie Widerspruch erwarten oder dulden. Amaalia hatte ohnehin keine andere Wahl. Sie würde ausharren, hoffen, dass Pater Berthram ihr zu Hilfe kam. Was sagte die Äbtissin? Er war Bischof? Das kam völlig unerwartet, doch bedeutete es, sie hatte einen sehr mächtigen verbündeten. Eine Nonne brachte sie hinaus und der Alltag im Kloster begann.


Deggendorf- Zivilisation?

Sie hatten endlich Deggendorf erreicht. Bis auf ein paar Fresinger traf sie vorerst niemanden. An sich nichts besonderes, doch diese Begegnung machte ihr etwas klar, worüber sie noch ein wenig nachdenken wollte.
Die Vorfreude war aber dennoch ungebrochen, denn sie würde endlich mit Anna sprechen können.

Wie so oft nutzte sie die Zeit, um Briefe zu lesen und zu beantworten. Der halbe Nachmittag war ausgefüllt damit. Ein Brief ihrer Adoptivmutter freute sie sehr. Ihr würde sie nun auch von ihren Träumen schreiben. Besonders von dem Traum, der im Freisinger Rathaus spielte. Vielleicht wusste sie etwas. Irgendetwas, eine Kleinigkeit, die ihr half, die Zusammenhänge besser zu verstehen.
Dann verfasste sie einen Brief, der nach Freising ging. Der Inhalt: "Zwei Maisfelder zu je 400 Taler auf dem Bodenmarkt anbieten."
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Loganblack
Nicht mehr Freising, dafür der 12.Tag im Wonnemonat

Ich war nicht müde. Obgleich ich schon seit Stunden wach war, blieb die bleierne Müdigkeit aus. Ich war die Nacht durchgeritten, hatte mir nach dem zweiten Besuch bei Heinrich noch ein Pferd gekauft. Eine dunkelbraune Stute, weiß gestiefelt war sie und ein wahrlich hübsches Tier. Robust und schnell genug, um weiter zu kommen.
Heinrich hatte mir einen Laib Brot spendiert und die Information zugesteckt, dass man das blonde Weib an den östlichen Toren gesehen, und dorthin hatte ich den Gaul geführt. Die Dörfer würde ich nur für weitere Informationen betreten - je weniger man von mir sah, desto besser war es.
Als ich nach der langen Nacht pausierte und mein trockenes Fleisch mit dem Brot aß, dachte ich zurück an die Nacht vor vier Jahren. Nach dem Malheur im Rathaus hatte ich mich zurückgezogen, wie ein Hund, der an seinen Wunden leckt. Vergessen hatte ich es nie, jedoch in die dunkleste Ecke meiner Erinnerungen zurückgestellt, die Tür davor fest verschlossen und eine Kiste davorschiebend. Jetzt war die Tür wieder aufgebrochen, und ich war gezwungen, mich dort umzusehen.
Leise brummend packte ich den restlichen Laib wieder ein. Mir war der Appetit vergangen. Ich musste meine Aufgabe zu Ende bringen - und dann würde ich Rhage schreiben.

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