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Traumjagd

Amaalia
Passau- Keine Antworten auf falsche Fragen

Weitere mögliche Überschriften, die diesen Tag perfekt beschreiben würden:

Diesen Tag einfach aus dem Kalender streichen.

Die Nacht rumbringen.

Schlaflos.

Leiden.

In Linz ankommen.

Hoffen.

Bangen.

Die Lücken mit Inhalten füllen.

Anderes Thema:

Sie war immer der Meinung, sie wären wie Feuer und Eis. Anna das Feuer, sie selbst das Eis. Zwei völlig unterschiedliche Menschen mit völlig unterschiedlichen Lebensweisen, Ansichten, Vergangenheiten, Charakteren. Eigentlich ist es ein Wunder, dass gerade diese beiden so gut befreundet waren. Mit niemandem verstand sich Amaalia aber besser, wie mit dieser besonderen Freundin. Es brauchte keine Worte, damit sie sich verstanden. Ein Blick genügte und Anna wusste bescheid. Auch heute. Gerade heute!

Amaalia bemerkte die Unruhe und Verzweiflung, die in Anna zu brodeln schien. Sie wünschte, sie könnte ihr helfen, doch fühlte sich hilflos. Nutzlos? Sie musste sich selbst zusammenreissen. Sich wieder in den Griff bekommen. Anna würde sie blind vertrauen. In allem. Und sie würde wieder für sie jedes Risiko eingehen, wie schon einmal. Ohne Kompromisse. Auch jetzt. Gerade jetzt!

Es galt eine Stadt zu bauen. Zu finden war sie nicht, also mussten sie diese mit eigenen Händen bauen. Nicht aus Dreck und Staub, nein. Das Material musste erst noch gefunden werden. Vielleicht bildeten Wolken und Glas die Hauptkomponenten.
Und endlich konnte sie sich in andere Gedanken flüchten. Nicht mehr darüber nachdenken. Sie widerstand dem Drang, vor der Konfrontotation davonzulaufen. Körperlich gelang es ihr. Geistig floh sie in die Stadt, die es noch gar nicht gab. Heute Nacht würde sie nichts träumen, denn dazu musste sie schlafen. Sie hatte nicht vor, sich den Schatten hinzugeben, denn sie fühlte sich heute nicht mehr stark genug dazu.
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Loganblack
Manchmal...Irgendwo Richtung Osten, Uhrzeit und Aufenthalt unbekannt

Ich fluchte. Nicht laut, denn das lag nicht in meinem Sinne, ich war immerhin verflucht gut erzogen worden. Trotzdem murmelte ich weniger schöne Worte vor mich hin, als ich durch den Wald stapfte. Die Sonne brannte ungewöhnlich heiß auf mich hinab, und die Bäume standen genau so weit auseinander, dass die Strahlen mich trafen und der feuchte Waldboden dampfte. Ich hasse es, ohne Pferd zu reisen - doch die Stute hatte sich einen Stein eingetreten und war somit wertlos für mich. Für weniger Geld, als ich bezahlt hatte, musste ich sie verkaufen, und da es in dem letzten Dorf keinen Pferdehändler gab, durften sich meine Beine selbst bewegen. Wie gesagt - ich hasste es.
Doch die ganze Sache abblasen? Bestimmt nicht. Man hatte das Weib zwar nicht gesehen, doch ich wollte mein Glück im nächsten Dorf versuchen - und einen Gaul kaufen. Leise brummend zog ich im Gehen ein Stück Brot hervor und verschlang es, spülte die restlichen Stücke im Mund mit klarem Wasser nach und trat nach einer Wurzel. Verdammtes Weib. Verdammter Gaul. Verdammtes Wetter. Nein, ich hatte richtig miese Laune und suchte jemanden, an dem ich sie auslassen konnte - einen armen Tropf am Straßenrand, oder einem Reisenden...einem Weib, dem ich zeigen konnte, wo es hingehörte, oder einfach nur ein Kaninchen, das meinen Weg kreuzte. Irgendwas! Doch wie es immer war - wenn man etwas ma dringendsten benötigte, kam es nicht.
So blieb mir nichts anderes übrig, als weiter zu marschieren. Abends sollte ich das nächste Dorf erreichen.

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Amaalia
Weg aus Linz- Alles wird gut oder endgültig

Sie war wieder unterwegs. Diesmal mit Anna. Auf Zack würde man warten, aber das ist ja nichts neues. Zuerst dachte sie, sie wird mit einem schlechten Gefühl auf die Reise gehen- und zu Fuß. Doch das schlechte Gefühl konnte beiseite gewischt werden und wich der Zuversicht, dass es noch nicht kaputt war und doch noch gut wird. Aber dazu musste sie erst einmal weg. Diesmal wars keine Flucht vor der Konfrontation, sondern logische Konsequenz und sie waren sich darin einig.

Sie klopfte ihrem Pferd den Hals, dann schloß sie die Augen und ließ den letzten Tag Revue passieren. Ein Wechselbad der Gefühle. Ein Abschiedsbrief. Ein Gespräch. Ein Kuss. Ein Abschied. Alles gut. Wenn es doch immer so einfach wäre.
Jetzt war sie unterwegs, auf der Suche nach Utopia, so hatte es Anna genannt. Aber sie hatte auch noch eine andere Aufgabe: Sie musste sich ihren eigenen Schatten stellen. Dann erst wäre sie dazu in der Lage, mit sich selbst ins Reine zu kommen und sich dem Leben zu widmen.
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Amaalia


Im Kloster hatte sie viel Zeit, zu meditieren. Anfangs gelang es ihr nicht. Sie war ein recht unruhiger Geist, der immerzu in Bewegung sein musste. Mit der Zeit aber konnte sie sich mit der Ruhe abfinden und fand einen Weg, die unendlich lang wirkenden Stunden zu überbrücken. Das Mädchen floh in eine Traumwelt. In ihrer Fantasie stellte sie sich vor, wieder auf der Burg zu sein. Margarethe war bei ihr und sogar Elisabeth. Sie konnte den kleinen Jakob herumtoben sehen. Vater und Mutter lebten zusammen auf der Burg. Es war alles beim Alten und sogar noch besser, denn alle lebten. So spann sie sich täglich ihre Traumwelt zusammen, versuchte, alles andere zu verdrängen. Doch manchmal packte sie die Erinnerung am Schopf und schüttelte sie durch. Sie sah Brigitta, sah ihren Vater und wie er tot auf dem Boden lag, umringt von Feuer. Sie sah die Szene vor sich, wie der Vater auf dem Burghof zusammengeschlagen und weggeschafft wurde und sie sah ihre Mutter, die schwach in ihrem Bett lag und schon bald darauf verstarb. All das raubte ihr die Luft. Sie versuchte mit aller Kraft zu verdrängen, um nicht zu verzagen. Wann immer sie konnte, und durfte, las sie in den Büchern des Klosters. Es interessierte sie eigentlich nicht, was darin stand, ihr waren andere Bücher lieber. Doch die Äbtissin war zufrieden mit ihr und es gab nichts, was sie stattdessen hätte tun können.

Die Zeit zog sich ewig dahin. Amaalia feierte zusammen mit Nonnen und Novizinnen das Osterfest, dann das Pfingstfest. Auch Allerheiligen war sie dort und schon wurden die Vorbereitungen für das Weihnachtsfest getroffen. Sie glaubte schon nicht mehr, dass ihr alter Hoflehrer sich für ihr Schicksal interessierte. Hatte die Äbtissin ihm wirklich geschrieben? Hatte er sie vergessen? Er war sicherlich sehr beschäftigt. Außerdem hatte er als Bischof eine mächtige Position und Menschen, die Macht erlangten, veränderten sich. Gewiss lag ihm nichts mehr an dem kleinen Mädchen, dass er einst unterrichtete und dem er das kleine Büchlein schenkte.

Das Büchlein! Amaalia schrak aus ihren Gedanken auf und kniete sich vor ihr Bett. Darunter befand sich eine kleine Truhe mit ihren wenigen Besitztümern: Ein Beutel, ein Umhang, ein Kleid (Eine Nonne konnte es restlos reinigen, doch konnte sie dieses Kleid nicht im Kloster tragen), ein Paar Stiefel und ihre Büchlein. Sie nahm es und setzte sich damit an den kleinen Tisch unterm Fenster. Es war nicht gefüllt. Sie konnte sich nie überwinden, etwas hineinzuschreiben. Und auch jetzt wollte sie nichts schreiben, sondern löschen. Sie hatte es von den Nonnen gelernt, die oft Manuskriptseiten löschten, um das kostbare Pergament noch einmal verwenden zu können.
Das Mädchen schlug die erste Seite auf. Mit den Fingern fuhr sie die Worte nach, die Handschrift des einstigen Burglehrers. Es könnte ihr zum Verhängnis werden, wenn jemand das Buch bei ihr fände und den Namen läse. Also nahm sie ihr Vespermesser vom Gürtel und begann vorsichtig die Buchstaben weg zu kratzen. Ihr war, als würde sie mit jedem Wort einen Teil ihrer Vergangenheit unwiederbringlich auslöschen. Doch sie konnte sich keine Sentimentalität leisten und machte so lange weiter, bis nur noch ihr Vorname übrig war. „Amaalia“- Sie brachte es nicht fertig, auch ihn zu löschen. Sie nahm den Brief ihrer Mutter zur Hand und las ihn. Sie hatte ihn schon oft gelesen, konnte ihn fast auswendig, doch er gab ihr immer noch Trost. Ein letztes Mal las sie ihn noch, prägte sich jedes Wort ein, sie wollte die Schrift der Mutter verinnerlichen. Dann nahm sie das Buch und öffnete die letzte Seite. Mit ihrem Vespermesser schnitt sie vorsichtig in die Falte zwischen Buchdeckel und Pergamentblock. Dann bog sie beides auseinander, so dass sie den gefalteten Brief mit etwas Mühe und Fingerspitzengefühl hinter den Einband schieben konnte.
Sie hörte, dass die Glocke geläutet wurde. Es war Zeit für die Sext, danach würde es Mittagessen geben und hinterher hätte sie gewiss Gelegenheit die Schwestern in der Klostereigenen Buchbinderei aufzusuchen. Dort würde man ihr helfen, das Buch wieder in stand zu setzen.

Hartung. Das Weihnachtsfest war bereits vorbei, Väterchen Frost hatte sie fest im Griff und breitete seinen weißen Mantel über die Welt aus. Im Kloster war es bitterkalt, das Mädchen sehnte sich nach der väterlichen Burg. Auch dort fror man im Winter, denn die Burg war kalt und zugig. Doch in der Kemenate wurde geheizt und für die Betten gab es Bettsteine und dicke Vorhänge, die im Winter die Kälte vertrieben.
In dem Kloster wurde auf derlei Annehmlichkeiten bewusst verzichtet. Amaalia trug lediglich einen dicken Umhang aus grober Schafwolle, den sie nicht einmal beim Schlafen auszog. Ihre Hände waren immerzu klamm, sie fühlte sich, als würde die Kälte nie mehr aus ihren Knochen weichen. Wenn sie während der Ruhe und Meditationszeiten auf ihrem Zimmer war, verkroch sie sich in ihr Bett und versuchte sich unter der dünnen Decke zu wärmen.

Eines Tages wurde sie zu der Äbtissin gebracht. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, es schien Neuigkeiten zu geben. Als sie deren Raum betrat, saß sie genau so dort, wie beim ersten Mal, als sie gerade in das Kloster kam. Sie grüße höflich und sollte sich dann setzen. „Wie alt bist du nun, mein Kind?“ „Fünfzehn im Wonnemond, hochwürdige Mutter Äbtissin.“ Die Äbtissin nickte nur und nahm ein Pergament zur Hand. Sie schrieb etwas. Die Anspannung des Mädchens war beinahe zu greifen, doch sie traute sich nicht, etwas zu sagen. Es kam ihr schier endlos vor, bis sie wieder aufsah und zu ihr Sprach „Wir erhielten Botschaft seiner bischöflichen Gnaden. Bischof Berthram von Munden hat veranlasst, dass du nach Florenz gebracht wirst. Dort stehst du unter dem Schutz des bischöflichen Stuhls. Bis dorthin bist du in Gefahr, sobald du die Klostermauern verlässt. Ich frage dich deshalb nun: Möchtest du hier bleiben, als Schwester mit uns leben oder möchtest du dich hinauswagen?“ Das Mädchen musste nicht lange überlegen. Alles war ihr lieber, als in dem langweiligen, kalten Kloster zu bleiben. Dementsprechend fiel auch ihre Antwort aus und die Äbtissin nickte. „So wirst du schon bald von hier aufbrechen. Du hast Glück, denn es ist bereits viel Zeit vergangen, seitdem du hier untergetaucht bist. Doch auch wenn wir lange nichts gehört haben von deinen Verfolgern, so bedeutet das nicht, dass sie dich vergessen haben.“

Amaalia konnte ihr Glück nicht fassen. Sobald das Wetter milder wurde, ging die Reise los. Sie reiste mit einer Gruppe Priester und Nonnen, die auf dem Weg nach Florenz waren und ihretwegen einen Umweg zu dem Kloster machen mussten. Niemand wusste, wer sie war und keiner fragte danach. Sie bemerkte aber die Blicke und sie wusste, dass sie sich Gedanken darüber machten, wen sie mit nach Florenz begleiteten. Vielleicht kannten sie auch die Gerüchte von einem Mädchen, dass den Grafen von Falkenhorst hinterrücks getötet haben soll. Amaalia war jedenfalls froh, dass sie niemand etwas fragte.

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Die Reise war beschwerlich und dauerte lange. Manchmal wollte sie einfach nur zurück in das Kloster, wollte nicht mehr reisen, hatte die Nase voll von den Herbergen und Klöstern, in denen sie die Nächte über rasteten. Wenn sie durch Städte kamen, zog sie die Kapuze weit ins Gesicht. Sie hatte immer noch Angst. Bestimmt würde Brigitta sie suchen und sie wusste nicht, wie weiter ihr Arm reichte. Allein die Angst trieb sie an, immer weiter, obwohl sie keine Kraft mehr hatte, sich auf dem Maultier zu halten.

Vier Monate waren sie unterwegs, hatten die Alpen hinter sich gelassen, was Amaalia für ein wahres Wunder hielt und durchschritten dann endlich die Tore zur Stadt Florenz. Das Mädchen war wie gebannt von dieser Stadt. Ihr Hauslehrer hatte ihr vom Reichtum erzählt, doch konnte sie sich das in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen. Sie wurde ohne Umwege zur bischöflichen Residenz gebracht. Es schien, als würden sich die Priester beeilen, das Mädchen endlich loszuwerden, als könnten sie es gar nicht erwarten. Dabei hätte sie gerne zuvor eine Herberge aufgesucht und ihr altes Kleid angezogen, welches sie in einer Tasche mit sich rumschleppte, sich gewaschen und frisiert, ehe sie Bischof Berthram von Munden wieder sah. So stand sie nun in einer großen Eingangshalle und schämte sich für ihren Aufzug. Das schlichte Kleid war dreckig, notdürftig geflickt und fühlte sich für die Umgebung reichlich unpassend an. Einer der Priester unterhielt sich leise mit einem Mann und reichte ihm ein Pergament. Der Brach das Siegel, las die Zeilen und nickte. Dann kam er zügigen Schrittes auf Amaalia zu. Er sagte auf Italienisch „Folge mir“ und drehte sich um. Das Mädchen ging ihm verunsichert hinterher. Sie gingen eine breite Treppe hinaus und einen langen Gang entlang, bis sie eine große Flügeltüre erreichten. „Warte hier“ sagte der Italiener, dann klopfte er an und verschwand hinter der Türe. Amaalia trat von einem Bein auf das andere. Es dauerte nicht lange und die Türe wurde schwungvoll geöffnet. „Amaalia Henrietta von Kohlscheid“ wurde sie standesgemäß angekündigt. Hinter einem großen, kostbarem Schreibtisch saß der Bischof auf einem reich verzierten Stuhl. Er sah älter aus, doch er lächelte immer noch so gütig wie vor sechs Jahren, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Sie betrat den Raum und die Türe wurde wieder verschlossen, sie waren allein. Der Mann stand auf und kam auf sie zu „Ich wünschte, wir hätten uns unter anderen Umständen wieder getroffen.“ Amaalia nickte, versuchte sich an einem Lächeln. „Ich bin euch unendlich dankbar. Bitte verzeiht meinen Aufzug, ich hatte keine Gelegenheit...“ „Das ist unwichtig. Ihr lebt. Alles andere wird sich nun fügen.“ „Was wurde aus Vater?“ „Er sollte zu Tode verurteilt werden, doch man konnte seine Schuld nicht gänzlich beweisen. Daher kam er mit dem Leben davon und lebt im Exil.“ „Vater lebt! Wo?“ „Das darf ich euch nicht sagen.“ In dem Moment kam ein Diener herein, verneigte sich tief uns besprach etwas mit dem Bischof. „Giuseppe wird euch nun zu einer befreundeten Familie bringen. Dort werdet ihr euch zurechtmachen und ausruhen, bis...“ er sieht das Mädchen eine Weile an „nun,... das besprechen wir, wenn wir uns das nächste Mal sehen.“ Amaalia hatte keine Gelegenheit mehr, zu fragen, was das zu bedeuten hatte. Sie war außerdem müde und hoffte, ihre Gastgeber hätten einen Zuber, den sie benutzen durfte. Sie hatte kein Vollbad mehr nehmen können, seit sie von der heimischen Burg geflohen war.

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Ihre Gastgeber stellten sich als vornehme Händlerfamilie heraus. Luciano de Loredano und dessen Frau Marietta behandelten Amaalia sehr freundlich und zuvorkommend, sie statteten sie mit neuen Kleidern aus und behandelten sie, als wäre sie eines der acht Kinder, die in dem großen Haus herum wuselten. Sie fühlte sich schon nach wenigen Tagen ein wenig heimisch. Nun machte es sich bezahlt, dass sie als Kind von ihrem Burglehrer Italienisch gelernt hatte. Es war eingerostet und sie war nicht wirklich gut darin, aber es half ungemein, sich in einfachen Dingen zu verständigen.

Dann war es so weit. Sie waren an einem Dienstag in den Privatpalais des Bischofs eingeladen. Amaalia war aufgeregt. Sie erinnerte sich, dass es etwas zu besprechen gab und sie wollte endlich wissen, worum es ging. Als auch noch andere Italiener dazukamen, wunderte sie sich. Sie hatte damit gerechnet, dass es ein vertraulichen Gespräch werden würde und maximal ihr Gastgeber dabei sein sollte. Endlich kam der Bischof samt Geleit hinzu. Er deutete den Anwesenden, sich hinzusetzen. Er selbst saß auf einem gepolsterten Sessel. Nach ein paar üblichen Höflichkeiten auf Italienisch kam der Bischof dann endlich zur Sache. „Ich habe mir lange Gedanken gemacht, wie ich für eure Zukunft sorgen kann, Amaalia. Ich fühle mich für euch verantwortlich, als wärt ihr eine Tochter. Also möchte ich euch behandeln, als wäre ich euer Vater. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen und ich hoffe, ihr könnt euch damit anfreunden. Es ist aber die einzige Möglichkeit, die ich finde. Ihr seid nun fünfzehn Jahre alt. Es gehört sich nicht, euch noch länger bei eurer Gastfamilie verweilen zu lassen.“ Er machte eine kurze Pause, dem Mädchen schlug das Herz bis zum Hals. Ein kurzer Blick auf die drei fremden anwesenden: Eine in schwarz gekleidete ältere Dame, ein älterer Herr mit gütigen Augen und ein angespannt wirkender Mann Mitte dreißig. Der Bischof fuhr mit fester Stimme fort „Ihr werdet euch mit Giuliano di Martin de Colleone da Firenze verloben.“ Dabei glitt sein Blick kurz auf den anwesenden Mann. Amaalia fiel wie in ein tiefes Loch. Die Worte hallten in ihrem inneren Ohr nach... verloben... warum... sie war ein Mädchen... wer sollte sie schützen... Der Bischof riss sie aus ihren Gedanken und sprach weiter „Habt keine Angst. Ich kenne diese Familie sehr lange und ich kenne auch Giuliano sehr gut. Er ist höflich, gebildet, lebt vom Handel mit Gewürzen und nach dem Tod seiner Frau ist er auf der Suche nach einer neuen Frau.“ Amaalia schossen tausend Gedanken durch den Kopf. Sie musste an Elisabeth und deren Mann denken. „Ich bezahle die Mitgift, ihr müsst euch keine Gedanken darüber machen....“ Die folgenden Worte hörte das Mädchen nicht mehr. Den Blick gesenkt starrte sie auf ihre Hände. Sie hatte nicht mehr geglaubt, dass dieses Schicksal sie ereilen würde, dass man sie mit einem wildfremden Mann verheiraten könnte. Ihre Mutter war tot, der Vater im Exil, die beiden Schwestern konnten ihr nicht helfen und ihr alter Lehrer fiel ihr nun in den Rücken. Sie kämpfte gegen Wut und Verzweiflung, die in ihr aufkeimten. Das kam zu überraschend. Und sie wird sich fügen müssen. Die letzten Zeilen der Mutter stahlen sich langsam in ihre Gedanken. Fast unmerklich nickte sie. So soll es sein. Als sie ihren Blick wieder hob, endete der Bischof seinen Monolog gerade „... wenn wir uns nun alle einig sind, lege ich den Tag der Hochzeit für kommenden Sonntag in der Kirche Santi Apostoli fest.“ Damit war alles gesagt. Amaalias Schicksal war besiegelt, sie würde den Händler heiraten und konnte nur hoffen, der Bischof kenne ihn wirklich so gut, wie er dachte. Doch sie vertraute ihm. Er würde ihr nicht schaden und hatte sicherlich mit bedacht gewählt.



Abreisetag aus Passau

Nach außen hin gefasst, doch innerlich zerrissen. Sie wollte sich keine Blöße geben. Die Entscheidung war richtig. Lächeln war die Devise, sich nichts anmerken lassen. Die Sehnsucht ganz hinten im Unterbewusstsein vergraben. Doch das gelang ihr nicht. Anna hatte sie schon durchschaut. So falsch konnte Amaalia gar nicht lächeln und die kühle Blonde spielen. Das wirkte bei jedem, aber nicht bei Anna. Es folgte ein Gespräch, dass sie nur noch mehr verwirrte. Sich den Kerl aus dem Herzen schneiden. Mit dem besonderen Messer, welches mit einem kleinen Vogel geziert war. Am liebsten hätte sie ihr an den Kopf geworfen „Du spinnst doch!“ Aber sie hatte ja Recht, also schwieg sie. Es gab nur zwei Alternativen. Einen Mittelweg gab es nicht. Verdammt noch mal! Es hätte so unkompliziert sein können. Und jetzt konnte sie nur noch dran denken, wie sie auf dem schnellsten Weg diese Reise zu Ende bringen könnte. Sie wollte zu ihrem Wort stehen. Das konnte nicht abgebrochen werden. Aber ein Blick auf die Karte und ihr drehte sich der Magen um. Schaffhausen war so weit weg. Es würde mindestens einen Monat dauern, bis sie wieder in Linz war. Ein Monat! Sie war schon nach einem Tag völlig überfordert. Aber zugeben... das Würde sie das nie.
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Amaalia
Deggendorf- Die Vernunft kann nur reden, es ist die Liebe, die singt


Diese Reise stand unter keinem guten Stern, dessen war sich Amaalia bewusst. Sie hätte in Linz bleiben sollen, dort hätte sie vielleicht einmal zur Ruhe kommen können, sich über ihre Vergangenheit Gedanken machen können. Stattdessen bildete sie sich ein, das ginge nur unterwegs. Unsinn! Es hat bisher nicht geklappt und das wird es auch dieses Mal nicht tun. Und dieses Mal wird es erst recht nicht funktionieren, denn die Gedanken sind wo anders. Sie kann sich nicht konzentrieren, schläft kaum und isst gar nicht. Nun muss sie auch noch Kommentare über ihr Aussehen über sich ergehen lassen. Die Krönung "Unsere blühende Schönheit hat auch schon mal bessere Tage gesehen." Danke auch! Unter normalen Umständen hätte sie demjenigen nun die Freundschaft gekündigt. Doch sie wusste, er hatte recht. Eine Lösung musste gefunden werden und sie quälte sich den ganzen Tag in Passau damit, bis der Bote einfach mit dem Pergament davonrannte, obwohl sie noch nicht sicher war, ob sie es so abschicken wollte. Der hatte auch genug von dem ewigen Hin und Her und hat Fakten geschaffen. Nun hieß es abwarten. Und das war sicherlich keines ihrer Talente.

Wenn man sich hier nur ablenken könnte. Aber es war Deggendorf und sie erwartete nicht viel. Man kommt einfach nicht dran vorbei. Ob man will oder nicht, man musste hier durch.
Also setzte sie sich in eines der Wirtshäuser und wartete auf Ablenkung und Antworten.
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Nantosuelta
Anna hatte gesehen, wie Lia litt. Wie sich unter ihren Qualen ständig alles änderte. Schnell nach Linz - überhaupt nach Linz? - Ich muss sofort wieder fort aus Linz, bitte komm mit - auf, irgendwo hin... nach Schaffhausen, ja gut - ich will nicht nach Schaffhausen - erstmal nur bis Freising - ich geh zurück nach Linz..... .

Anna hatte ihr das Messer in die Hand gegeben und gesagt: Entweder du schneidest dir den Kerl jetzt aus dem Herzen oder du ritzt hier ein Herz in den Tisch mit euren Anfangsbuchstaben drin. Es gibt nur diese beiden Möglichkeiten. Natürlich war es nur symbolisch gemeint, aber Lia hatte sie entsetzt angesehen. Immerhin gab es nun bei Lia klarere Gedanken.

Nun sitzt Anna hier mit ihren unerwünschten Grübeleien. Warum kann nicht zur Abwechslung mal alles ganz einfach sein? Sie will nicht nachdenken, weder über ihre Vergangenheit noch ihre Zukunft, noch über Lia, noch über sonstwen. Wenigstens scheinen Annas Anfälle hilfloser Wut langsam von ihr zu weichen. Darüber ist sie froh, denn es hatte zusätzlich Kraft gekostet, sich selbst im Zaum zu halten.

Es geht nun erst einmal nach Freising. Wo soll sie auch sonst hin? Kann sein, dass sie Lia noch zurück nach Linz begleitet, also wohl bis nach Passau und dann umkehrt. Vielleicht geht sie auch allein los in die Gegenrichtung, einfach so und am besten sofort. Sie hat einen ganzen Monat Zeit.

Sie langt prüfend nach ihren Messern, dann macht sie es sich so gemütlich, wie es geht.... sie hat ein bisschen Schlaf nachzuholen auf dieser eiligen Reise.
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Amaalia
Mitten im Wald, kurz vor Landshut

Gedankenverloren führte sie ihr Pferd durch den Wald. Am Vorabend hatte sie sich zum ersten Mal seit Tagen ein klein wenig amüsieren können, konnte ihre Sorgen vergessen, ein bisschen loslassen. Ihr Ego wurde gestreichelt und es tat ihr gut. Doch die Reise danach zog sich wieder ewig. Selbstzweifel zerrissen sie innerlich, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. An der Situation war sie selbst schuld, doch wenn er sie lieben würde, wie er behauptete, würde er sie nicht noch zusätzlich quälen.
Sie wollte endlich Gewissheit. Wie deutlich musste sie noch werden? Am liebsten würde sie zu ihm reisen, ihn mehr oder weniger durchschütteln und schreien "lass mich endlich frei, oder sag, dass du mich bei dir haben willst. Aber quäl mich nicht weiter!"

Im Laufe des Tages nahm die ganze Sache Gestalt an. Gekränkter Stolz? Eifersucht? Egal. Es war ihr zu viel. Sie hielt dem Druck nicht mehr stand und war sich sicher, es würde ihr nicht mehr gut tun. Jetzt nicht und auch in Zukunft nicht. Das würde immer zwischen ihnen stehen. Also neue Entscheidung: Vergiss Linz. Auf nach Freising und danach so weit weg, wie es nur ging.
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